Pirckheimer-Blog

Mi, 18.01.2023

Das neue Heft der "Marginalien" mit einer der sieben Beilagen: "Stillleben mit Dame" von Inka Grebner.
Urte von Maltzahn-Lietz, Julia Penndorf und Petra Schuppenhauer (v. l. n. r.) beim Drucken der Beilagen im Atelier Carpe Plumbum. Foto: augen:falter.

Marginalien 247 erschienen

Gleich mit sieben, wenn auch gerecht auf die Hefte der Vereinsmitglieder verteilten Wundern wartet die kürzlich erschienene Ausgabe 247 der Marginalien, der Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie der Pirckheimer-Gesellschaft auf. Die originalgrafischen Beilagen des Journals entstanden dieses Mal in Leipzig: Die Redaktion hatte die Mitstreiterinnen der Künstlerinnen-Gruppe augen:falter eingeladen, die besondere Beigabe zu fertigen. Und wie es das Glück will, lieferte jede Künstlerin ein Blatt für den gemeinsamen Zyklus Persephones Wintergarten: Inka Grebner, die einzige, die mittlerweile nicht mehr in der Pleißestadt, sondern in Mainz lebt, ein Stillleben mit Dame, Urte von Maltzahn-Lietz die Gartenmondviole beschwörend, Katja Zwirnmann den Totenkopfschwärmer präsentierend, während es bei Franziska Neubert Zicke Zacke ... geht, Petra Schuppenhauers Blumen mit Julia Penndorfs still alive parlieren und es auf Nadine Respondeks Blatt fruchtig, fuchtig & verblichen zugeht. Alle Werke als zweifarbige Linolschnitte auf einem Bogen bei Carpe Plumbum gedruckt, könnten sie, so mußmaßt der leitende Redakteur Till Schröder, dereinst ein Signet sein für eine Pirckheimersche Sammelwut, ausgelöst im eben angebrochenen Jahr. Christiane und Norbert Grewe berichten derweil von einem goldenen Zeitalter der Buchillustration, es gibt Texte zu berühmten Büchern von Matthias Wehry, Maria Bogdanovich und Elke Lang zu lesen im Heft, eine Sichtung der legendären Leipziger Bilderbogen, die Fortsetzung des ABCs der Druckkunst von Thomas Glöß sowie den Bericht Ralf Weges vom Pirckheimer-Jahrestreffen in Oldenburg. Die Typografische Beilage widmet sich indes G. A. E. Bogeng, es gibt Rezensionen, Mitteilungen aus dem Leben der Pirckheimer und anderer Sammelverrückter. Auch zum 600. Mitglied der Gesellschaft findet sich gute Kunde im Heft. 

(André Schinkel)

Di, 17.01.2023

Im ehrwürdigen Gotha (hier: Schloss Friedenstein) findet vom 22. bis 24. September das Jahrestreffen 2023 der Pirckheimer-Gesellschaft statt.

Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft 2023 in Gotha

Nach der letzten Zusammenkunft in Oldenburg 2022 empfängt dieses Jahr die Pirckheimer das thüringische Gotha. Vom 22. bis 24. September feiern wir in der alten Residenzstadt ein Jubiläum: Es ist das 50. Jahrestreffen unserer Gesellschaft, organisiert durch Peter Arlt. Das erste Treffen dieser Art fand 1972 in Dresden statt. Gotha bietet Führungen durch die Forschungsbibliothek Gotha, eine musikalische Reise in der Schlosskirche zu Willibald Pirckheimer und seinen Zeitgenossen mit Sabine Lindner, Bildende Kunst und Musik von Thomas Offhaus, eine Ausstellung im Spiegelsaal mit Neujahrsgrafiken aus fünf Jahrzehnten der Sammlung Peter Arlt, und auch das Sammlerpaar Christiane und Norbert Grewe gibt im Vortrag und Gespräch Einblicke in ihre Buch- und Grafikschätze. Das endgültige Programm und die Modalitäten der Anmeldung werden bis zum Frühsommer auf der Internetseite der Pirckheimer und in Heft 249 (Ausgabe 2023/2) der Marginalien, der Zeitschrift unserer Gesellschaft, veröffentlicht. 

(Till Schröder)

Mo, 16.01.2023

P.F. 2023: Neujahrsgruß von der Kurischen Nehrung.

P.F. 2023: Landschaftsidyll Kurische Nehrung

Die Klarheit des Horizontes schneidet linealgerade das Meer vom Himmel. Dort münden zugleich die sanft und strophisch sich reimenden Dünen. Das blaue Himmelsfenster, von grauen Wolkengardinen freigezogen. In den Strand modelten Wasser und Wind Erhebungen und Vertiefungen, wie Rippel auf dem Waschbrett. Wellen zeichneten in den Sand kaum erkennbare Muster schwankender Amplituden. Alle Bewegungen sind in Landschaftsstrukturen gefasst. Keines Menschen Fuß wurde in sie gesetzt. Nur Fahrspuren vor den Dünen melden menschliche Aktivität. Ein zarter Wellengang schmirgelt sanft des Sandstrandes Glattheit. In flachen Kurven wird das breite besonnte Ufer durchflossen und umspült, in spiegelnden weiten Bögen, wie aus der hyperbolischen Geometrie Caspar David Friedrichs hergezaubert zur Schönheit ruhiger Regung und zur Deutlichkeit der Ratio mit einer Harmonie sondergleichen.

(Mit Sehnsucht nach schöner Regung und Frieden und Harmonie: Peter Arlt)

So, 15.01.2023

The Best of 2022: Bei Druck & Buch in Wien sind die schönsten Neuzugänge bis zum 28.02. zu sehen.

Galerie Druck & Buch: Best of 2022

Best of 2022 – die schönsten Neuzugänge des alten Jahres gibt es in der Galerie Buch & Druck in der Nachfolge der Wagner-Schau Borderline in Wien zu sehen! Susanne Padberg lädt bis Ende Februar zum Schauen, Staunen und Auswählen ein: „Die besten Wünsche zum neuen Jahr sind immer verbunden mit einem Rückblick aufs alte Jahr! Mit großem Vergnügen zeigen wir die Best of bis 28. Februar in der Galerie Druck & Buch in der Wiener Berggasse.“ Die Galerie ganz in der Nähe des Freud-Hauses (Berggasse 21/2, A-1090 Wien) zeigt Werke von Stefan Gunnesch, Anja Harms, Romano Hänni, Katrin von Maltzahn, Tricia Treacy, Ulrich Wagner, Hyewon Jang, Hannah Darabai, Veronika Schäpers, Wolfgang Buchta und Natalia Weiss u. a. Eine Liste mit Preisen und Details gibt es auf Anfrage unter der Mail info@druckundbuch.com. Am 26. Januar findet um 19 Uhr in der Schau ein Buchgespräch mit Katrin von Maltzahn statt, am 28.2. eine Finissage-Feier. Die Galerie im 9. Bezirk Wiens ist von Montag bis Freitag 11 bis 18 Uhr geöffnet.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Fr, 13.01.2023

Wundervoll: "Ritter Dieter" erschien, illustriert von Thomas Leibe, kürzlich im Mitteldeutschen Verlag.

Ritter Dieter reitet wieder

Es gibt sie zum Glück noch: die wunderbaren Kinderbücher, in denen alles stimmt, bei denen man sich zugleich bekringeln möchte und sanft belehrt über die mögliche Schönheit und Einfachheit der Welt nach Hause geht. Letztlich geht es Ritter Dieter auch so, denn er möchte vor allem, dass alles auf seiner Zuhauseburg gerichtet ist und sich jede Art von Ungemach glücklich verhindern lässt. Das geht, wie man weiß, nicht ohne Abenteuer, Zumutung und Umsicht vonstatten, und so muss Ritter Dieter von jedem dieser drei einiges bewältigen und bestehen. Aber er tut das mit Bravour, der schwerhörige Riese rülpst nicht mehr soviel, und der Drache, der das Dorf unterhalb der Dieter-Burg bedroht, muss nur einmal im Jahr gewässert werden, damit er nicht die ganze Gegend ankokelt. Der jährliche Hilferuf im besten ostthüringischen Dialekt („Is dor Diedor da?“) wird dabei zum geflügelten Wort, das heute jedes Kind kennt und liebt. Detlef Färber, ein Weltenwandler zwischen Halle und Gera, hat Kolumnen, Geschichten und Gedichte veröffentlicht, seinen erfolgreichen Kinderbüchern Märchenstraße 4 wohnt Familie Wir (2018) und Immer Stress mit Nessie (2021) hat der Autor, der lange als Redakteur der Mitteldeutschen Zeitung wirkte, aber immer ein in der Wolle gewaschener Schriftsteller war, mit Ritter Dieter einen würdigen Nachfolger gegeben. Seit Beginn seiner Bücherkarriere arbeitet Färber kongenial mit Thomas Leibe zusammen, der sich einen Namen als Illustrator machte, unter anderem für Titanic und den deutschen Rolling Stone tätig war und auch Ritter Dieter so berührend wie die Schmunzelmuskeln strapazierend in Szene setzte. Am Ende singt Dieter, und kein Auge bleibt trocken: „Ritter Dieter reitet wieder / singt beim Reiten Ritterlieder ...“ Das 48-seitige Bändchen, das im Mitteldeutschen Verlag (ISBN 978-3-96311-685-8) erschien und die Dieter-Geschichte in Form von Ballade, Märchen und Liedlein durchgehend farbig erzählt, ist für 16 Euro im sortierten Fachhandel, im digitalen Weltweitweb und natürlich beim Verleger höchstselbst zu erwerben. Genuss auf die schöne wie fröhliche Art! 

(André Schinkel)

Do, 12.01.2023

Die "Buchhandlungs"-Bücher von Petra Hartlieb erschienen/erscheinen bei Dumont und Carlsen.

Bibliophiles des Monats: „Zuhause in unserer Buchhandlung“

Lieben Sie Petra Hartlieb auch so sehr wie ich? Beginnend mit dem gelegentlichen Kauf ihres ersten Buches über eine Buchhandlung bei Dussmann bis hin zum klaren Wunsch, nach Wien zu reisen und ein Autogramm der Autorin zu bekommen? Eine lebenslange Erfolgsgeschichte, die in Hamburg begann: Vom impulsiven Kauf einer alten Buchhandlung zu zwei erfolgreichen Geschäften in Wien, eine Website, Podcasts, einer Zeitschrift ... Petra Hartlieb erzählt ihre Geschichte einer Buchhändlerin mit überraschendem Humor

„In letzter Zeit werde ich immer öfter eingeladen, auf irgendwelchen Branchenveranstaltungen zu sprechen. Wenn man innerhalb von zehn Jahren zwei kleine Buchhandlungen eröffnet und überlebt hat, ist man eine Erfolgsstory. Und wenn man als Buchhändlerin öfter mal den Mund aufmacht und Stellung bezieht, haben sie alle irgendwann deine Telefonnummer gespeichert. Die Themenkomplexe ähneln sich: Hat das Buch eine Zukunft? Wird es in Zukunft noch Buchhandlungen geben?

Natürlich hat das Buch eine Zukunft, und es wird auch weiterhin Buchhandlungen geben. Ich kann gar nichts anderes sagen, denn das wäre so, als würdest du einen Bauern, der den Stall voller Milchkühe hat, fragen, ob er glaubt, dass man in Zukunft noch Milch und Kakao trinken wird. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als das zu glauben. Sowohl dem Bauern nicht als auch dem Buchhändler. Ob beide in zehn Jahren noch davon leben können, ist fraglich, aber das sind Dinge, die wir kaum beeinflussen können. Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, und paradoxerweise besteht unser Erfolgsrezept darin, den Kunden vorzuspielen, alles sei wie ‚früher‘. Viele Bücher auf wenig Raum, volle Bücheregale bis unter die Decke, engagiertes Personal, das in seiner Freizeit nichts anderes macht als lesen. So wie früher eben.

Allerdings reicht es längst nicht mehr, eine gute Buchhändlerin zu sein. Da musst du dir schon ein bisschen mehr einfallen lassen: Marketingexpertin, Werbefrau, Grafikerin, Controllerin, Webdesignerin, Veranstaltungsprofi, Verpackungskünstlerin, Psychotherapeutin. Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen. Und eigentlich ist es gerade auch das, was uns antreibt, einfach weiter zu machen, alles andere wäre langweilig. Weiter machen in Zeiten, in denen so anachronistische Läden wie unserer einmal pro Woche totgesagt werden. Weiter machen, weil uns nichts anderes übrig bleibt. Weil wir nichts besser können. Weil wir nichts lieber tun.“

Die beiden bei Dumont erschienenen Bände Meine wundervolle Buchhandlung (2014) und Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung (2018) Petra Hartliebs tragen Umschlag-Illustrationen von Martin Haake, das Kinderbuch Zuhause in unserer Buchhandlung, das in Kürze bei Carlsen erscheint, illustrierte Nini Alaska.

Meine wundervolle Buchhandlung
Köln: DuMont 2014, 208 S.
ISBN 978-3-8321-743-8, 10 Euro.

Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung
Köln: DuMont 2018. 160 S., 
geb. mit farb. Vorsatz u. Lesebändchen
ISBN 978-3-83219-887-9, 18 Euro.

Zuhause in unserer Buchhandlung
Hamburg: Carlsen 2023. 128 S. Ab 5 Jahren.
ISBN 978-3-55152-217-7, 12 Euro. 

(Maria Bogdanovich)

Di, 10.01.2023

Der zweite Band der Schriftenreihe "Verborgene Schätze des Gutenberg-Museums" widmet sich der Exlibris-Sammlung des Hauses.

Neue verborgene Schätze des Gutenberg-Museums

In der bibliophilen Schriftenreihe des Gutenberg-Museums Verborgene Schätze des Gutenberg-Museums wurde soeben das zweite Buch veröffentlicht: Exlibris. Klein, nützlich, schön von Annette Ludwig und Elke Schutt-Kehm. Die Geschichte der Sammlung begann in den 1950er Jahren, als der Bibliophile und Kunstsammler Richard Doetsch-Benzinger (1877–1958) dem Museum seine Sammlung schenkte. Unter den Gebern waren auch der erste Vorsitzende der Deutschen Exlibris-Gesellschaft, Willy Tropp (1884–1972), der italienische Restaurant-Besitzer Mario De Fillippis und viele andere. 

Heute umfasst die Exlibris-Sammlung des Museums über 130.000 Exemplare. Rund 7.000 Künstler aus mehr als 60 Ländern sind vertreten. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlung begann in den 1980er Jahren. Das Werk gibt einen umfassenden Einblick in die Zusammensetzung der Sammlung, einzelne Kapitel sind stilistischen und und technischen Aspekten gewidmet. Neben der Liste der Künstlerinnen und Künstler, Eignerinnen und Eigner geben die Autorinnen eine ausführliche Analyse in „Motivvielfalt von A bis Z“: Architektur und Landschaft, Bibliotheksansichten, Blumen und Pflanzen, Buchherstellung und -vertrieb ... 

Das Buch enthält 150 Abbildungen, der Anhang die Auflistung der Ausstellungen des Museums, die Veröffentlichungen zur Sammlung etc. „In der Tat: Exlibris können mitreißen, beglücken, zum Nachdenken anregen. Sie zu sammeln, ist für viele kein Hobby, sondern eine Leidenschaft! Durchblättert man die Bestände der Exlibris-Sammlung des Gutenberg-Museums, so taucht man ein in die Geschichte und die Geschicke der Menschen, für die die kleinen Blätter geschaffen wurden.“ 

Annette Ludwig/Elke Schutt-Kehm:
Exlibris. Klein, nützlich, schön.
Herausgegeben vom Gutenberg-Museum,
Wismar: Nünnerich-Asmus 2022,
160 Seiten, 150 Illustrationen,
ISBN 978-3-96176-208-8.

(Maria Bogdanovich)

Sa, 07.01.2023

Karol Schauers Interpretation der Schamanin auf dem Cover orientiert sich an den originalen Funden.

Das Rätsel der Schamanin

Wer sagt denn, dass wissenschaftliche Erkenntnis trocken daherkommen muss? Dass dem nicht so ist, zeigt seit Jahrzehnten das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie von Sachsen-Anhalt unter Leitung des Landesarchäologen Harald Meller, der seinerzeit durch seinen Coup, die mittlerweile hochberühmte Himmelscheibe von Nebra für die Öffentlichkeit zu retten, bekannt wurde. Das dem Haus angeschlossene Museum für Vorgeschichte, dessen Direktor Meller in Personalunion ist, kann sich mit den großen globalen Museen messen und macht immer wieder durch Aufsehen erregende Sonderausstellungen von sich reden. Der eigentliche Schatz des Hauses aber ist die Dauerausstellung, die für ihren 300.000 Jahre überspannenden Bestand an Funden ihresgleichen sucht. In ihr ist auch die Schamanin von Bad Dürrenberg zuhause, die reichste, bedeutendste Bestattung der Mittelsteinzeit in Ostdeutschland. Technischer Fortschritt, eine Nachgrabung und intensive Forschung führten zu atemberaubenden neuen Erkenntnissen zu dieser Vertreterin der letzten Wildbeuterepoche in Europa. Mit seinem Mitautor Kai Michel zeigt und diskutiert Meller diese in einem neuen und wunderschönen Buch: Das Rätsel der Schamanin (Hamburg: Rowohlt 2022, 368 Seiten, ISBN 978-3-49800-301-2, 28 Euro), das als Musterbeispiel dafür gelten darf, wie komplexe Sachverhalte mittels Text, Tabellen und Bildern dargeboten sein können. Zwei bedeutende Künstler haben sie dabei an Bord, den Maler Karol Schauer und den vielfach preisgekrönten Fotografen Juraj Lipták. Ein Buch, das über die Prähistorie Europas, ausgehend von einer zentralen Landschaft der archäologischen Forschung, berückend erzählt. 

(André Schinkel)

Do, 05.01.2023

Shakespeare-Porträt auf dem Deckblatt des "First Folio", Kupferstich von Martin Droeshout.
Ein "First-Folio"-Exemplar im Globe Theatre.

Will’s Book – 400 Jahre Shakespeare’s First Folio

Anlässlich des 400. Jahrestages der Veröffentlichung von William Shakespeares (1564–1616) First Folio veranstalten das Literaturarchiv Marbach und das Globe Theatre London eine Wechselausstellung im Literaturmuseum der Moderne in Marbach. Die Veröffentlichung wurde 1622 in einem Katalog der Frankfurter Buchmesse angekündigt und erschien 1623 unter dem Titel Mr. William Shakespeares Comedies, Histories, & Tragedies.

Im Rahmen des vom Globe initiierten Folio-400-Projekts fanden im Oktober des letzten Jahrs eine wissenschaftliche Konferenz sowie zahlreiche Veranstaltungen statt, darunter die Eröffnung der Ausstellung Will’s Book – 400 Jahre Shakespeare’s First Folio in Marbach. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Rezeption von Shakespeares Stücken im deutschen Sprachraum und der Einfluss des elisabethanischen Theaters. Seit dem späten 18. Jahrhundert ist Shakespeare der beliebteste Autor auf den deutschen Bühnen. Die Ausstellung soll die folgenden Fragen beantworten: 

Wie hat sich die Bedeutung des First Folio und der darin enthaltenen Stücke im Laufe der Jahrhunderte verändert? Wie wurden seine Stücke vom 18. bis zum 20. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt, von der klassischen Übersetzung, die von August Wilhelm Schlegel begonnen und von Ludwig Tieck und anderen fortgesetzt wurde, bis hin zu den Übersetzungen von Johann Heinrich Voß und Rudolf Alexander Schröder und Thomas Brasch? Welchen Einfluss haben die Übersetzungen von Shakespeares dramatischen Werken auf die deutschsprachige Literatur gehabt? Wie wurden die Schriftsteller von Shakespeare und seiner Bühnenkultur inspiriert?

Der Höhepunkt der Ausstellung ist das First Folio selbst, von dem nur 235 Exemplare (von 750 insgesamt) erhalten sind, von denen etwa vierzig in gutem Zustand sind. Das zweite, dritte und vierte Folio (1632, 1664, 1683) sowie Manuskripte, Bücher, Folianten und andere Exponate aus dem Londoner Globe Theatre und dem Deutschen Literaturarchiv Marbach sind ebenfalls ausgestellt. Vierzig Exponate beschäftigen sich mit Shakespeare und dem Einfluss seiner Werke auf den deutschsprachigen Raum. Die Ausstellung im renommierten Literaturmuseum der Moderne im Deutschen Literaturarchiv (Schillerhöhe 8–10, 71672 Marbach am Neckar) wird noch bis zum 9. Februar 2023 gezeigt.

Will’s Book – 400 Jahre Shakespeare’s First Folio  
Ausstellung im Deutschen Literaturarchiv Marbach,
Museum der Moderne, im Kooperation mit dem
Globe Theatre London, 12.10.2022 bis 09.02.2023,  
Schillerhöhe 8–10, 71672 Marbach am Neckar.

(Maria Bogdanovich)

Di, 03.01.2023

PF 2023: Neujahrsgruß von Harald Kretzschmar.

PF 2023: Grüsse zum neuen Jahr

Von allen Seiten treffen gerade bei der Blog-Redaktion wie auch beim Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft Grüße und Wünsche im Form von Zeichnungen, Drucken und Exlibris ein, so auch von Seiten befreundeter und verschwisterter Gesellschaften und Vereine wie der DEG und der FISAE. Über den Newsletter und die Mailverteiler der FISAE etwa treffen Exlibris-Grüße aus ganz Europa (Italien, Ungarn, Frankreich, Belgien, Deutschland ...), Kleinasien und Nordamerika ein. Auch aus den eigenen Reihen ist Gutes und den Mut Ansprechendes zu vernehmen und zu erblicken. In aller gebotenen Eile, dennoch genauso herzlich grüßt mit einem wunderbaren, herrlich farbigen Blatt Harald Kretzschmar aus Kleinmachnow seine Pirckheimer-Freunde und -Kollegen zum Neuen Jahr: „alles BESTE – bitte an pirckheimer-BLOG geben – in eile KRETZSCHMAR“, weitervermittelt von unserem geschätzten Freund und leitenden Redakteur der Zeitschrift der Pirckheimer, der Marginalien, Till Schröder. In Harald Kretzschmars Gruß stellt der für seine Karikaturen, Porträts und Texte (zuletzt: Stets erlebe ich das Falsche, Berlin: Quintus 2017) viel und mit jedem Recht Gerühmte die Frage nach dem „Oberwasser“, das zu behalten wäre ... oder ob nicht lieber eine zünftige „Bodenhaftung“ nicht die bessere Wahl wäre. Sicher eine Frage des Typs oder wie man es mit den sanften Maßgaben der Aufklärung hält. Ein wenig mehr irdischer Halt in den notwendigen, ein wenig Flug in den schönen Dingen – das ist vielleicht ein guter Vorsatz für das noch junge Jahr. Wir danken im Namen der Gesellschaft und grüßen mit gutem Wunsch zurück!

(André Schinkel)

Mo, 02.01.2023

"Alles Dada? Die absurde Welt und die Welt des Absurden": Michael von Hintzenstern und Jens-Fietje Dwars laden am 10.01.23 um 19.30 Uhr nach Leipzig ins Literaturhaus (Haus des Buches) im Gerichtsweg 28 ein. Zugleich wird eine Ausstellung mit 36 "Palmbaum"-Einbänden eröffnet.

Dada im Literaturhaus Leipzig

„Wahre Wunderkammern“, nennt sie Volker Braun, „in die man sich gerne setzt.“ Gemeint sind die Hefte der Zeitschrift Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen. 1993 von Detlef Ignasiak gegründet, übernahm 2005 der Jenaer Autor Jens-Fietje Dwars die Redaktion. Seitdem werden die Einbände von mitteldeutschen Künstlern und Künstlerinnen gestaltet. Die Spannweite reicht von Gerhard Altenbourg und Angela Hampel über Moritz Götze, Karl-Georg Hirsch und Ticha bis zu Strawalde, Max Uhlig oder Baldwin Zettl. Eine Ausstellung im Literaturhaus zeigt 36 Andrucke der Zeitschrifteneinbände, dazu in Vitrinen sämtliche Hefte der Zeitschrift, Briefe, Manuskripte und Korrekturfahnen mit handschriftlichen Vermerken von Volker Braun, Reiner Kunze, Wulf Kirsten, Reinhard Jirgl, B. K. Tragelehn und anderen Autorinnen und Autoren.

Zur Eröffnung der Ausstellung stellen Jens-Fietje Dwars und Michael von Hintzenstern am 10. Januar ab 19.30 Uhr das aktuelle Palmbaum-Heft vor: Alles Dada? Die absurde Welt und die Welt des Absurden. Es erinnert unter anderem an den Dada-Kongress in Weimar und Jena 1922, der in einem Skandal endete. Hintzenstern wird Schwitters-Gedichte rezitieren und Dwars am Klavier begleiten, wenn der Texte von Scheerbart bis Hussel liest. Am Ende verzaubert der Pianist und Impresario der Weimarer Dada-Dekade das Publikum in einen mehrstimmigen Dada-Chor. Dabei ist höchstes Vergnügen garantiert. Es darf aber auch von Herzen gezischt und gepfiffen werden – je lauter, desto dada. Der Eintritt für die Veranstaltung im Leipziger Gerichtsweg ist frei.

„Alles Dada? Die absurde Welt und die Welt des Absurden“
Lesung und Dada-Chor mit Michael von Hintzenstern
und Jens-Fietje Dwars zur Eröffnung der Palmbaum-Ausstellung.
Donnerstag, 10. Januar 2023, 19.30 Uhr, Literaturhaus Leipzig,
Haus des Buches, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig.
Die Ausstellung ist bis zum 3. März im Literaturhaus zu sehen.

(Pressemitteilung/Jens-Fietje Dwars)

Sa, 31.12.2022

Constanze Kreiser grüßt zum Jahresende/-anfang.
Auch aus Neuhaus/Österreich kommen gute Grüße.
Matthias Frohl grüßt aus Brandenburg (Havel) ...
... und Matthias Gubig aus der Hauptstadt Berlin.

Grüsse zum Jahreswechsel

Nun ist das Licht im Steigen,
Es geht ins neue Jahr.
Lass deinen Mut nicht neigen,
Es bleibt nicht, wie es war.
So schwer zu sein, ist eigen
Im Anfang immerdar,
Am Ende wird sich’s zeigen,
Wozu das Ganze war.
Nicht zage gleich dem Feigen
Und klag’ in der Gefahr!
Schwing auf zum Sonnenreigen
Dich schweigend wie der Aar!
Und wenn du kannst nicht schweigen,
So klage schön und klar!

Friedrich Rückert (1788–1866)

Am Ende eines solchen Jahres tun die Grüße der Kunst- und Gleichgesinnten gut. Mögen sie doch eine Ermutigung und ein Ansporn sein, sich wieder und wieder in Hoffnung und Weitblick zu fassen, in der leisen Aussicht, 2023 möge ein friedlicheres und ein gutes Jahr für die Kunst und die fortgesetzte Freude am Buch sein. Bekanntlich blüht das Wachsende und Beschauliche im Frieden am besten. Schon die großen Dichter von F. G. Klopstock über Hölderlin bis hin zu Karl Mickel sangen so eine jeweilige Friedens-(oder Frühlings-)feier. Und nicht zuletzt sind die Hingabe selbst und auch die Leidenschaft so paradiesische wie irdische Künste zugleich.

Und ist es nicht so, wie es einstmal Friedrich Rückert, einer der wohl meistunterschätzten Dichter deutscher Sprache, in seinem aus lediglich zwei Reimen bestehenden, wunderbar ghaselenartigen Neujahrs-Text beschreibt: „Nun ist das Licht im Steigen, / Es geht ins neue Jahr. / Lass deinen Mut nicht neigen, / Es bleibt nicht, wie es war.“ Das hat viel Wahrheit in sich, auch Ermutigung und Ermahnung zum Bei-Sinnen-Sein und -Bleiben. Und ist vielleicht ein Ausblick in eine Zeit, in der die Maßgaben der im besten Sinne Aufklärung wieder ihre Bedeutung erlangen: als Teil der Conditio humana. Und die Klage der Künstler nicht auch ein Weg, die Welt auszubessern?

Was bleibt also zu wünschen im Verstreichen eines Jahrs, das nicht als Sternstunde der Aufklärung und Nähe zwischen den Menschen in die Annalen eingehen wird? Viele Zumutungen der Jetzt-Zeit sind neu und zugleich uralt ... sie entspringen dem Gegenspiel dessen, woher Menschenliebe und Kunst stammen. Ein neues Jahr trägt zugleich die Hoffnung in sich, dass im Beginnen ein Aufbruch möglich ist. Das ist auch der Tenor der Grüße und guten Wünsche, die die Pirckheimer-Gesellschaft erreichen: eine lichtvolle Ambivalenz, die sich in neue Aussicht und eben Hoffnung fasst. 

Erzeuge mit Gedankenblitzen
– zu Ost und West in Symmetrie –
und ohne Dich zu überhitzen
erneuerbare Energie

So kommt es als geschnittener Gruß/Wunsch von Matthias Gubig aus Berlin. Und Constanze Kreiser gibt ihrem Blatt aus einem Gewirr aus Linien und Lücken Folgendes mit: „2022 als ein verwirrendes Netz aus Linien, Höhen und Tiefen, die sich als plötzliche Löcher entpuppten: möge 2023 für alle mehr Klarheit und Übersicht bringen!“ Aus Brandenburg (Havel) schreibt Matthias Frohl: „Lieber André Schinkel, Jahreswechsel – Zeit zum Orakeln – noch ist das neue Jahr ein fernes Rauschen. Wie sind die Zeichen zu deuten? In der Hoffnung, dass die ankündigenden Signale auf ein friedvolles 2023 verweisen, wünsche ich Ihnen und allen Pirckheimern alles Gute für die kommenden Monate.“ Allen Grüßen sei mit Altmeister Goethe geantwortet und gedankt: 

Zwischen dem Alten,
Zwischen dem Neuen
Hier uns zu freuen,
Schenkt uns das Glück,
Und das Vergangne
Heißt mit Vertrauen
Vorwärts zu schauen,
Schauen zurück.

Am Ende von Zum neuen Jahr heißt es:

So wie im Tanze
Bald sich verschwindet,
Wieder sich findet
Liebendes Paar;
So durch des Lebens
Wirrende Beugung
Führe die Neigung
Uns in das Jahr.

So sei es. Zum Schluss in eigener Sache: Großen Dank an meine Redaktionskolleginnen für den Blog, die Mitglieder von Vorstand und Gesellschaft, die mir seit der Übernahme der Blogleitung im Juli zuarbeiteten und so die anstehenden Aufgaben auch zum Vergnügen werden ließen. Sich mit Buchkunst, Bibliophilie und Grafik zu befassen ist die Passion, die uns alle verbindet. Dafür soll auch 2023 das Glück und die Freude nicht nachlassen, sind sie doch auch Ausdruck des Humanen und des Willens zum Austausch. Mit den besten Wünschen für alle: Auf ein Neues!

(André Schinkel)

Fr, 30.12.2022

Blick auf die "Targi Plakatu", die größte Plakatmesse Polens, die am 4.12. in Warschau stattfand.
Plakat von Agata Małecka.
Plakat von Szymon Szymankiewicz.

Plakatmesse in Warschau

Am 4. Dezember 2022 fand die größte polnische Plakatmesse in Warschau statt. Zu der seit 2012 regelmäßig stattfindenden „Targi Plakatu“ versammelte sich die überwiegend junge Szene aus den Bereichen Grafik und Illustration im historischen Kaufhaus Jabłkowski. Über 130 Aussteller zeigten auf drei Etagen die neuesten Tendenzen in der polnischen Plakatgestaltung. Kuratiert wurde die Messe von Karla Kiepas und Małgorzata Piotrowska unter der Schirmherrschaft des Grafikers Andrzej Pągowski.

Die „Polnische Schule der Plakatkunst“ schaut auf eine lange Tradition zurück. Seit 1948 der Grafiker Henryk Tomaszewski auf der internationalen Postermesse in Wien prämiert wurde, wuchs die weltweite Anerkennung polnischer Plakate. Befreit von den kommerziellen Zwängen der Konsumwerbung auf der einen Seite und dem Druck der allgegenwärtigen politischen Zensur auf der anderen Seite, entstand im sozialistischen Nachkriegs-Polen eine auf Metaphorik und Expressivität bauende Ästhetik, die Motiv, Farbgebung und Schriftgestaltung gleichermaßen zu einer individuellen Bildsprache auf hohem Niveau verband.

Die Werke entstanden dabei überwiegend für Kino-, Theater- und Musikveranstaltungen. Aber auch die staatspolitische Agitation, ebenso wie die Protestbewegung der 1980er Jahre, fand ihren ikonischen Ausdruck in der Postergestaltung. Insbesondere die großen Namen der polnischen Plakatkunst der 1950er bis 1980er Jahre wie zum Beispiel Jan Lenica, Wiktor Górka, Janusz Stanny, Wojciech Fangor, Waldemar Świerzy, Barbara Baranowska und Jan Młodożeniec sind bis heute bei Sammlerinnen und Sammlern gefragt. Durch ein halbes Dutzend Galerien war diese ältere Generation mit ihren Arbeiten auch auf der aktuellen Postermesse vertreten und bildete in visueller Opulenz – vom Friedensfahrt-Motiv bis zum E.T.-Filmplakat – den designhistorischen Kontext, in dem sich die neue Generation präsentierte.

Die Jüngeren zeigten sich auf der diesjährigen Schau mit einer beeindruckenden Vielfalt individueller Gestaltungsansätze. Anschließend an das Formbewusstsein der Meister fielen untere anderem die Plakate von Agata Małecka mit ihrem fantasievollen Spiel aus Farbe, Form und Typografie auf. Als typische Vertreter der digitalen Illustration ließen sich Marta Róża Żak und Adam Kosik nennen, die ihre Motive überwiegend in der Architektur finden und diese in Sehnsuchtsmetaphern verwandeln. Allerlei Fauna und Flora bevölkern die farbenfrohen Gestaltungswelten von Magdalena Koźlicka und Natalia Oskiera. Die dekorative Grafik dominiert bei Paulina Adamowska mit ihren farbigen Abstraktionen von Interieursujets. Demgegenüber besticht der Designer und Buchgestalter Łukasz Piskorek mit minimalistischen Linienstrukturen, die zeitgenössischer Literatur ein modernes Erscheinungsbild geben.

Politische Motive fanden sich nur vereinzelt, hier aber in großer Themenbreite bei Szymon Szymankiewicz, der es mit seiner pointierten, piktogrammartigen Gestaltung bereits zu einiger Bekanntheit gebracht hat. Seine Poster sind in Polen aktuell auf vielen Demonstrationen zu sehen, wenn es um Antikriegsproteste, Frauenrechte, Queerthemen oder Kirchenkritik geht. Queere Themen dominieren auch die Arbeiten der Illustratorin Samsara, die in ihren neonfarbenen Kontrastwirkungen und mittels überbordender Staffage übliche Sehgewohnheiten herausfordert. Ähnlich prägnant sind die futuristisch-surrealen Kompositionen von Maciek Wolański. Die eher klassische Illustration findet sich bei Kamila Kozłowska, deren Arbeiten auch Stilmittel aus Mangas übernehmen oder bei Natalia Noszczyńska, die mit feinem Strich slawische Sagen in ihren Plakaten thematisiert.

Die hier Genannten können nur stellvertretend für die große Zahl qualitativer Gestaltungen auf der „Targi Plakatu“ stehen. Zur Vertiefung sei an dieser Stelle auf die Webseite der Messe verwiesen mit vielen Beispielen (www.targiplakatu.pl). Zum Einstieg kann auch die Buchreihe Plakaty des Bosz-Verlags empfohlen werden, die in kurzen Werkmonografien die wichtigsten Künstler und Künstlerinnen vorstellt. Und wer nicht bis zur nächsten Plakatmesse warten möchte, nehme kurzentschlossen den Weg in die Berliner Postergalerie „Pigasus“.

Abschließend lässt sich festhalten, dass Warschau weiterhin das Mekka für Posterfans ist. Neben der Plakatmesse verdeutlichen auch die Internationale Biennale des Posters, das staatliche Plakatmuseum und die Vielzahl an Postergalerien in der Stadt den hohen Stellenwert, den die Plakatkunst in unserem Nachbarland weiterhin genießt.

(Sascha Fricke)

Di, 27.12.2022

Ein bibliophiles Wunderwerk in progress: die Grimm-Gesamtausgabe à la Rodung Kreuzung Lichtung.
Band 3 ("Lumpengesindel") ist soeben erschienen.
Henrik Schrat: Illustration zu "Die treuen Tiere".

Bibliophiles des Monats: Grimmschrats Märchen

In memoriam Petra von Hoffen

Grimm und kein Ende: Auf ganze fünf Bände angelegt ist die Gesamtausgabe der Grimmschen Märchen in einem neuen, gestalterisch zeitgenössischen Gewand, an denen Henrik Schrat seit 2019 arbeitet. Soeben ist der dritte Band erschienen: Nach Band 1 (Schneefall: Himmel & Hölle, 2020, Werner Klemke gewidmet) und Band 2 (Dornenrose: Liebe & Reise, 2021, gewidmet Joyce Pensato) heißt der vor kurzem erschienene dritte Teil in (nach schieferblauem und rosa Cover) Beige und Braun nun Lumpengesindel: Tiere & Menschen und ist Unica Zürn zugeeignet.

Die Bände 4 (Blaubart: Blut & Dinge) und 5 (Und Gretel: Zauber & Zukunft) sollen 2023 und 2024 erscheinen. Das Besondere ist bei dem Mammut-Unterfangen unter anderem, dass man sich an der Realisierung beteiligen kann und dabei als gezeichnete Gestalt in den Reigen der Märchen einzieht oder sich an einem in die Illustrationen verfügten reellen Ort wiederfindet. Näheres dazu erfährt man auf der Webseite des Projekts: www.grimmschrat.de. Jedem Teil der Märchenausgabe ist dabei ein eigenes Gepräge, das die Textkomposition stützt, gegeben. 

Bei Band 3, der im November dieses Jahres erschien, ist dies nach Aussage des gestaltenden Künstlers. der 1968 im thüringischen Greiz zur Welt kam, in Dresden und London studierte und heute in Berlin lebt, im Gegensatz zum Vorgänger ziselierter: „Das Weiche, Aquarellige der Zeichnungen des zweiten Bandes weicht feiner Schraffur. Zum Pinsel kommt die Feder hinzu. Die Doppelseiten, die Band 2 als offene Landschaften der Reise bestimmten, verschwinden wieder. Es gibt viele Einzelobjekte, die sich vergnüglich auf der Seite herumtreiben. Kritzel-Kratzel wäre das Geräusch, das Band 3 macht.“ Ein Kritzel-Kratzel, das für ein bibliophiles Vergnügen sorgt.

Das ist zeitgenössisch und berückend zeitlos zugleich, edles Kunstwerk im besten Buchsinne und Graphic Novel in einem. Schrats Adaption der berühmten Märchensammlung schlägt dabei im mittleren Buch der Ausgabe einen Bogen, der mit Vorspiel und einer Durchführung in drei Akten das Verhältnis von Mensch und Tier in allen in den Grimmschen Ausgaben beleuchteten Facetten lotet und illustriert. Skurril und kieksig kann das sein, monströs, albern, filigran, berührend. Und am Ende ist womöglich nicht ganz geklärt, wer das eigentliche Lumpengesindel sei: Mensch oder Tier, und die Suche im reichen Fundus, der in den Illustrationen auch ins Jetzt zeigt, beginnt (nicht zuletzt im Vergleich zu den und Zu-Rate-Ziehen der beiden Vorgängerbände) von vorn. 

Gelungen auch die Mischung von Grimmschen All-Time-Standards und Geheimtipps, die wohl nur dem (nach Enzensberger) „mager nistenden“ Germanisten vertraut sein dürften. Schrat dazu in der Vorschau: „Einige berühmte Märchen des Bandes werden sein: Die Bremer Stadtmusikanten, Der Wolf und die sieben jungen Geißlein, Tischlein deck dich, Der Froschkönig, Hase und Igel, Der gestiefelte Kater. Weniger bekannt sind Das Märchen von der Unke, Vom Tod des Hühnchens und Die Wassernixe, und gegen Ende gibt’s Die Gänsehirtin am Brunnen, eines der wirklich schönsten Märchen überhaupt, und meinen Langzeit-Favoriten: Der Rabe.“ Ein Projekt, mit dem Henrik Schrat Augen und Herzen von Märchen- und Büchernarren erfreut. Chapeau!

Grimm-Gesamtausgabe Rodung Kreuzung Lichtung.
Neu bebildert von Henrik Schrat, Band 3:
Lumpengesindel: Tiere & Menschen.
HC, geprägter Bezug, farbiger Buchschnitt.
Hamburg: Textem-Verlag 2022,
264 Seiten, 350 Abbildungen, 34 Euro.

(André Schinkel)

Fr, 23.12.2022

Eckehart SchumacherGebler (1934–2022)
Zuletzt erschienen bei SchumacherGebler Haiku von Uwe Claus mit Zeichnungen von Olaf Stoy.

Ein Held für das Buch: Trauer um Eckehart SchumacherGebler

Als hätte das üble Schnitterjahr den Schlund noch immer nicht voll genug: Nunmehr ist auch der Tod von unserem Pirckheimer-Freund Eckehart SchumacherGebler zu beklagen. Der Drucker, Büchermacher und Honorarprofessor für Buchdruck an der Hochschule der Bildenden Künste Saar starb am 17. Dezember im Alter von 88 Jahren. Das vermeldet der Verein für die Schwarze Kunst e. V. aus Heidelberg in einem berührenden Nachruf. Er schreibt:

„Es gibt oder gab Menschen, bei denen sich der Gedanke an die Vergänglichkeit des Lebens nicht einstellen will, ohne die man sich eine, ‚seine Welt‘ nicht vorstellen mag. Sie schienen schon immer da zu sein und waren bis ins hohe Alter von scheinbar unbeugsamer Schaffenskraft. Eckehart SchumacherGebler war ein solcher Mensch. Bis zuletzt trieb ihn seine Leidenschaft für die Schwarze Kunst um, nahm er an Veranstaltungen teil wie der Verleihung des Gutenberg-Preises an ihn im Juni, oder er war auf Schriftsuche und fuhr vor allem immer wieder zwischen Bad Tölz und der Offizin Haag-Drugulin in Dresden hin und zurück.

Nun, nach 88 Jahren, hat seine Reise am 17. Dezember geendet, und die Gemeinde um die Schwarze Kunst wird sich ohne ihn weiter für den Erhalt und die Förderung des Buchdrucks einsetzen müssen. Der ‚Verein für die Schwarze Kunst‘ verdankt Eckehart SchumacherGebler nicht nur seine Existenz, sondern sein Wirken für den Erhalt und die Förderung des handwerklichen Buchdrucks hat uns, wie viele weitere Menschen, inspiriert und neue Zuversicht für unser Engagement vermittelt. Seine antreibende Schaffenskraft, sein enormes Wissen und sein geschulter, überaus präziser ‚typographischer‘ Blick werden uns – neben dem Menschen selbst – sehr fehlen. Sein Erbe aber werden wir bewahren.“

Die Verdienste Eckehart SchumacherGeblers sind in der Tat schwer zu überschauen. So rettete der aus einer süddeutschen Druckerfamilie Stammende nach der Wende die 1829 in Leipzig gegründete Druckerei Offizin Haag-Drugulin, deren Abwicklung und Umwidmung in ein Versandhaus drohte. SchumacherGebler gilt als Bewahrer unzähliger Bestände der Druckerei wie des DDR-Schriftbetriebs. Im Jahr 1994 gründete SchumacherGebler schließlich das Museum für Druckkunst in der Leipziger Nonnenstraße und rief die Leipziger Typotage ins Leben. Bereits 1997 erhielt er für seine überaus wirksame Arbeit den Antiquaria-Preis

Außerdem betrieb SchumacherGebler in Dresden eine Druckerei mit dem Namen Offizin Haag-Drugulin, ein Studio für Typografie sowie einen Verlag. Die Offizin Haag-Drugulin arbeitete noch im Handsatz und im Monotypesatz. In Verlag und Druckerei erschien u. a. Bücher zu Hans und Lea Grundig sowie die Bände Dresdner und anderer renommierter Autoren, darunter Michael Wüstefeld, Franz Hodjak und Richard Pietraß. Der jüngste Band, die Haiku-Sammlung Vokabeln des Lichts des Dresdner Dichters Uwe Claus mit Zeichnungen von Olaf Stoy, hatte am 6. Dezember Premiere. Die Welt der Bücherfreunde verliert einen ihrer wirksamsten Streiter.

(André Schinkel/Pressemitteilung) 

Do, 22.12.2022

Zwei Exlibris von Žibuntas Mikšys (1923–2013).

Exlibris von Žibuntas Mikšys

Klaus Rödel teilt im jüngsten FISAE-Newsletter Interessantes über einen litauischen Exlibris-Künstler mit, dessen 100. Geburtstag im nächsten Jahr ansteht. Er schreibt: „Liebe Exlibrisfreunde, aus Litauen kommt ein Artikel über den Künstler Žibuntas Mikšys mit einer Auswahl seiner interessanten Exlibris. Es ist erfreulich, dass unsere Exlibrisfreunde in Litauen […] mit Material für den FISAE-Newsletter beitragen.“ Jonas Nekrašius, ein ausgewiesener Kenner des ganz eigenen, außergewöhnlichen Werks wie des Lebens von Mikšys, würdigt dessen Vermächtnis wie folgt:

„Die Exlibris von Žibuntas Mikšys (1923–2013) heben sich aus dem Universum der von zeitgenössischen litauischen Künstlern gestalteten Exlibris ab. Seine Exlibris sind einzigartig in ihrer Sensibilität, Transparenz, Klarheit der Botschaft, Eleganz und Plastizität. Inspiration für die Arbeit des Künstlers sind: der Mensch als Wesen, die Welt um ihn herum, Bilder der Natur, Fragmente der Stadt, architektonische Motive, Schriftzüge und Inschriften.

Wir glauben, dass der Künstler über 150 Exlibris entworfen hat, darunter einzigartige Collagen. Linolschnitt und Radierung, oft mit Aquatinta veredelt, sind seine bevorzugten Techniken zur Herstellung von Exlibris. Mikšys hat erwähnt, dass sein erstes Exlibris Ex libris Ž. Mikšys ein Linolschnitt aus dem Jahr 1940 war. Der Künstler signierte seine Exlibris nur selten und vertrat die Ansicht, dass Exlibris in mehreren Exemplaren gedruckt und in die Bücher gelegt werden sollten, um die Eigentümerschaft anzuzeigen. Seine Exlibris zeichnen sich durch ein organisches Bild aus – eine Mischung aus grafischen und linearen Strukturen des assoziativen Denkens.

Eine Linie, eine Zeichnung und virtuos eingebettete Schrifttexte, die in den Werken des Miniaturdrucks zu einer einzigen Struktur zusammenwachsen, bewahren nicht nur die Integrität und Dekorativität des künstlerischen Bildes, sondern wecken auch eine eigentümliche Spannung und eine Kette von Assoziationen, die uns dazu anregen, Symbole zu durchdringen und nach einem tieferen Sinn zu suchen. Er schuf solche Exlibris für die Schauspieler S. Pilka, L. Noreika, die Künstlerkollegen V. Antanavičius, V. Kisarauskas und A. Švažas, die Dichter S. Geda und M. Karčiauskas, den Publizisten J. Keliuotis, den Ethnografen V. Milius und andere. 

Der Künstler fertigte auch eine Reihe von Exlibris-Collagen an, in die er häufig Poststempel, handgeschriebene Texte, Drucke und andere Materialien einarbeitete. Zusammen mit dem deutschen Künstler Rainer Mordmüller entwarf er einen „Giganten“ – wie er es selbst nannte – ein Exlibris mit der Aufschrift Ex libris Rainer Gottlieb Mordmüller, das nicht dem für seine Drucke üblichen Maßstab entsprach. […] Die Exlibris […] wurden auf zahlreichen europäischen und nordamerikanischen Ausstellungen gezeigt, darunter auf Exlibris-Kongressen und anderen internationalen Wettbewerben. Diese Präsentation ist Teil des Projekts der litauischen Exlibris-Schöpfer für ein enzyklopädisches Nachschlagewerk, das vom litauischen Kulturrat und der Stadtverwaltung von Šiauliai finanziert wird.“

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 20.12.2022

Andrea Lange: "Wunder geschehn", Farbholzschnitt, 2022 (im Kalender für 2023 das Februar-Blatt).

Andrea Lange: Grafikkalender

„Scherben bringen Glück“ – so heißt der neue Grafikkalender der Kemberger Künstlerin Andrea Lange für 2023. Wie jedes Jahr gibt es da viel zu entdecken, der Kalender für das kommende Jahr ist bereits der 25. aus der Werkstatt Andrea Langes. Das Motto fürs Künftige ist dabei am Ende dieses so vergessenswürdigen wie beschwerlichen 2022 kein leichthin gesetztes: Glück wird diese Welt brauchen, um sich, wie zu hoffen bleibt, wiederzufinden und beisammenzuhalten. Da sind die beiden Holzschnitte (Titel und Impressum), neun Farbholz- und drei Farblinolschnitte sicher ein guter Auftakt. Die Kalendarien im Handsatz befassen sich mit berührenden Themen wie den Angehörigen und Nahen, dem zu Erreichenden, dem Idyll der Kinderzeit wie dem Spiel. Das Format der 14 Grafiken beträgt ca. 50 x 35 cm (Kalenderformat 60 x 47 cm), der Druck erfolgte auf Bütten Alt Bern und Alt Worms durch die Künstlerin, die Ringbindung nimmt Holger Eggert aus Magdeburg vor. Die 32 Exemplare erscheinen in der Sonnenberg-Presse, die Andrea Lange gemeinsam mit Bettina Haller (Chemnitz) betreibt, der Preis für das Werk wird mit 320 Euro angesetzt. Die Auflage wird in Kürze vollständig aufgebunden und erhältlich sein, Interessenten für den Kalender melden sich bitte unter folgender Adresse: andrea-sonnenberg@gmx.de.

(André Schinkel)

So, 18.12.2022

Heinrich Vogeler (Porträt des Künstlers von 1897).

150 Jahre Heinrich Vogeler

Am 12. Dezember jährte sich der Geburtstag Heinrich Vogelers (1872–1942) zum 150. Mal. Der epochenprägende wie vielseitige Künstler, dessen Leben untrennbar mit Worpswede wie dem Jugendstil verbunden ist und der nach der Zuwendung zur Sowjetunion und zum Sozialismus ein tragisches Ende in der kasachischen Steppe fand, wurde aus diesem Anlass mit diversen Ehrungen und Erinnerungen bedacht. Die Heinrich-Vogeler-Gesellschaft unterstützte gemeinsam mit der Deutschen Exlibris-Gesellschaft (DEG) und der Heinrich Vogeler Stiftung Haus im Schluh einen Grafik-Wettbewerb zum 150. Geburtstag Heinrich Vogelers. Die Organisation und Durchführung des Wettbewerbs lagen in den Händen von Siegfried Bresler. Im April prämierte eine Jury drei der eingereichten Werke samt zwei Besonderer Erwähnungen. Alle eingereichten Grafiken werden seit dem 26. November 2022 und noch bis Anfang März 2023 in Worpswede im „Haus im Schluh“ und vom 11. bis 14. Mai 2023 zur DEG-Tagung in Paderborn ausgestellt und in einem sehr interessanten und lohnenden Katalog veröffentlicht, der alle Beiträge zum Wettbewerb samt der Preisträgerinnen (Marianna Antonacci, Carla Fusi, Ekaterina Kuberskaia) und Besonderen Erwähnungen (Katarzyna Handzlik, Carsten Heuer) enthält. Insgesamt waren 100 Arbeiten von 72 Künstler*innen aus 13 Ländern eingereicht. Der Katalog zur Ausstellung ist im „Haus im Schluh“ in Worpswede und zur DEG-Tagung in Paderborn erhältlich. Die prämierten Werke können auf der Webseite der DEG (www.exlibris-deg.de) eingesehen werden.

(André Schinkel)

Fr, 16.12.2022

Rainer Ehrt: "Kinderbild Christa Wolf", Druck nach einer Zeichnung.
Katrin Stangl: "Franz Fühmann", Farb-Linolschnitt.

Bücherkinder entdecken die Farben der Kindheit

20 Verkaufsexemplare mit Originalgrafiken von Rainer Ehrt, Katrin Stangl, Sven Großkreutz, Klaus Süß und Moritz Götze

Seit vielen Jahren unterstützt die Pirckheimer-Gesellschaft die Bücherkinder Brandenburg. Der Kunstpädagoge Armin Schubert ist der Kopf hinter den Bücherkindern. Seine Idee: Kinder beschäftigen sich ein Jahr lang mit einem Thema und machen am Ende ein eigenes Buch. In der kreativen Auseinandersetzung mit Originaltexten und -illustrationen wächst Verständnis für Literatur, für Geschichten und Bilder. So entstehen Jahr um Jahr Kleinode. 

Die Kinder recherchieren, diskutieren, zeichnen, dichten. Sie probieren sich in originalgrafischen Drucktechniken von Linolschnitt über Radierung bis Siebdruck.  Am Ende mündet es in einer von Sven Märkisch und Dietmar Block in der Galerie Sonnensegel gedruckten und von Henry Günther in der Edition BuchKunstBalance gebundenen kleinen Auflage. So entstanden schon neun Titel, unter anderem zu Theodor Hosemann, Christa Wolf, Werner Klemke, Arno Mohr, Harald und Robert Metzkes, Egbert Herfurth und Franz Fühmann.

Gerade haben die Mädchen und Jungen die Arbeit am zehnten Buch abgeschlossen, das die Kindheit von Schriftstellern zum Thema hat. Dafür tauchten die Bücherkinder ein in die Erinnerungen von Günther Grass, Franz Fühmann, Christa Wolf und Jurek Becker. Neben den eigenen Illustrationen der Kinder steuern diesmal auch bekannte Künstler Originalgrafiken bei: Rainer Ehrt, Katrin Stangl, Sven Großkreutz, Klaus Süß und Moritz Götze. (Eine Auswahl zweier Grafiken findet sich anbei im Bildteil, die übrigen beigesteuerten Blätter werden in Kürze über die Rubrik Publikationen auf dieser Webseite einsehbar sein.)

Bücherkinder Brandenburg: Die Farben der Kindheit

Buch mit Texten und Grafiken der Kinder – und den Originalgrafiken von Rainer Ehrt, Katrin Stangl, Sven Großkreutz, Klaus Süß und Moritz Götze. Nur 20 Exemplare der 60er Auflage sind für den Verkauf bestimmt. Die Originalgrafiken liegen dem Buch bei. Preis bis 31.12.2022 für Pirckheimer- und Büchergilde-Mitglieder: 298 Euro (Normalpreis: 398 Euro). Interessenten wenden sich bitte an Matthias Haberzettl unter: haberzettl@pirckheimer-gesellschaft.org.

(Till Schröder/Ralf Wege)

Do, 15.12.2022

Wulf Kirstens Band "flurgänger" erschien 2019 mit Grafiken von Susanne Theumer bei Thomas Reche.

Trauer um Wulf Kirsten

Die Verluste in diesem in vielerlei Hinsicht atemnehmenden Jahr sind groß – am 14. Dezember 2022 starb in Bad Berka mit Wulf Kirsten eine der bedeutenden Dichtergestalten unserer Zeit. Der einzigartige „Landschafter“, der sich mit seinen Gedichten, Erzählungen und Essays wie auch als Herausgeber von akribischer Genauigkeit und Weitsicht und große Gestalt des gesamtdeutschen Literaturbetriebs einen bleibenden Namen machte, wurde 1934 im sächsischen Klipphausen geboren, sein Lebensmittelpunkt war für viele Jahre die Klassikerstadt Weimar. Für sein Werk, das ab Ende der sechziger Jahre entstand und unter so sprechenden Titeln wie Stimmenschotter (1993), Wettersturz (1999), Die Prinzessinnen im Krautgarten (2000) oder Erdanziehung (2019) erschien, wurde Kirsten mit großen Ehrungen wie dem Huchel-, dem Breitbach- oder dem Ringelnatz-Preis sowie dem Ehrendoktorat der Universität Jena ausgezeichnet. Zuletzt erhielt der Autor, der zugleich Mitglied zahlreicher Akademien und Künstler-Sozietäten war, 2015 den Thüringer Literaturpreis. Im Freistaat begründete er in den 1990ern zunächst die Thüringen-Bibliothek und im Anschluss die bis heute existierende Edition Muschelkalk, die im Wartburg-Verlag erscheint. Auch im bibliophilen Bereich publizierte Kirsten immer wieder. Mit Susanne Theumer etwa verband ihn eine kongeniale Künstler*innen-Freundschaft, die sich in mehreren gemeinsamen Projekten niederschlug, so 2014 in was ich noch sagen wollte, herausgegeben von Jens-Fietje Dwars, und im wuchtigen Text-Bild-Band flurgänger, der im Verlag von Thomas Reche erschien. Die Literaturwelt trauert um einen unbestechlichen Dichter von Rang.

(André Schinkel)