Die Cranach-Stiftung im Herzen der Lutherstadt Wittenberg (Markt 4, 06886 Lutherstadt Wittenberg) zeigt bis zum 14. September in ihrem Museum die farbigen Aquatinta-Radierungen von Johnny Friedlaender (1912–1992) aus der Sammlung von Pirckheimer-Freund Dr. Gerd Gruber. Friedlaender, 1912 in Schlesien geboren, gilt als Meister der modernen Farbradierung, er lernte beim Brücke-Künstler Otto Mueller (1874–1930) in Breslau und kam 1930 nach Dresden, wo er sich als überzeugter Hitler-Gegner den linken Künstlern der Assoziation revolutionärer bildender Künstler (ASSO) anschloss. Eine enge Freundschaft verband ihn außerdem mit Hans und Lea Grundig.
Im April 1933 wurde er von der Gestapo verhaftet und ins KZ Hohnstein deportiert, wo er bis Dezember inhaftiert war. Über Zwischenstationen emigrierte er nach Frankreich, wo er während des Krieges mehrfach interniert wurde und einer Deportation nach Auschwitz entkommen konnte. Nachdem ihn die Nazis die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen hatte, wurde er 1952 französischer Staatsbürger. In der Nachkriegszeit wurde er zu einem der bekanntesten französischen Künstler seiner Zeit. So repräsentierte er beispielsweise Frankreich 1958 auf der Biennale in Venedig, seine Werke wurden ungefähr 300 Einzelausstellungen noch zu Johnny Friedlaenders Lebzeiten gezeigt.
Friedlaender hat die farbige Radierung durch Kombination der verschiedensten Techniken wie Ätzradierung, Kaltnadel, Aquatinta, Aussprengverfahren und Mezzotinto zu höchster Perfektion gebracht, er hat Maßstäbe gesetzt. Er zählt zu den bedeutendsten Grafikern des 20. Jahrhunderts. Johnny Friedlaender fand im Medium der farbigen Aquatintaradierung und besagte Kombination der Techniken neue Ausdrucksmöglichkeiten in der grafischen Kunst, er schuf so malerische Werke von ausgewogener Farbigkeit, entfernte sich dabei immer weiter von der realistischen Darstellung. Inspiration dafür fand er unter anderem in der Natur, in der klassischen Literatur und in der Musik.
Die ausgestellten Farbradierungen entstanden in einem Zeitraum von über 35 Jahren, sie geben einen repräsentativen Einblick in Friedlaenders Radierwerk. Wie kaum ein anderer Künstler hat er der aufwendigen Technik neue Aspekte abgerungen. Im Lauf der Schaffensjahre treten figürliche Darstellungen zugunsten mehr oder minder stark abstrahierter Bildformen in den Hintergrund. Viele seiner Werke lassen ihre Gegenständlichkeit nur noch erahnen. Zunehmend wird die Musik der klassischen Epochen zu einem Thema seiner Arbeit. 1982 erhält er den Lovis-Corinth-Preis. Da zählt Johnny Friedlaender, der 1950 ein Atelier in der Rue Saint-Jacques in Paris bezog, längst zur künstlerischen Elite Frankreichs, stellt aus in Tokio, Mailand, Rio des Janeiro, NY und Dresden.
Neben Farbradierungen aus seiner gesamten Schaffenszeit sind in der Ausstellung auch Kupfer-Radierplatten und die zugehörigen Abzüge ausgestellt – so dass man den Druckprozess einer Radierung nachvollziehen kann. Gerd Gruber kannte Johnny Friedlaender persönlich und traf ihn auch in seinem Atelier in Paris, wovon er in der kleinen 32-seitigen Begleitbroschüre (erhältlich für 4 Euro plus Versandkosten bei der Cranach-Stiftung Wittenberg – Telefon: (0 34 91) 4 20 19-0, Mail: info@cranach-stiftung.de) berichtet. Die Schau ist Mo bis Sa 10 bis 17, So 13 bis 17 Uhr zu sehn.
(André Schinkel/Gerd Gruber/Pressemitteilung)