Pirckheimer-Blog

Edition

Mi, 04.12.2024

Juliane Stiegele im Interview zu "Toolbox.3" beim DLF, das eben erschien: "Kann ein Volk überhaupt überleben, das seine Poesie verloren hat?" (28.11.)

„Utopia Toolbox.3: Warming the globe by 1° C“ final erschienen

Erwärmung für Abkühlung, das ist der Ansatz von Juliane Stiegeles Buch Utopia Toolbox. Darin geht es um die wachsende Unterkühlung unseres Lebens in Ökonomie, Arbeitswelt und mehr. Die Designerin hält dem Wärme, Poesie, Liebe und Kreativität entgegen. Der dritte und letzte Band der Reihe will der wachsenden Unterkühlung unseres Lebens entgegenwirken, in Bereichen wie Ökonomie, Arbeitswelt, Bürokratie, Kommunikation, Technologie, im Umgang mit Tier und Pflanze. Das Buch schlägt sich entschieden auf die Seite der Intuition und favorisiert im Angesicht der Abgründe der Gegenwart Qualitäten wie Wärme, Poesie – alle Erscheinungsformen von Liebe. Und wie alle Toolbox-Bände setzt es unerschütterlich auf die menschliche Kreativität. Teil 1 & 2 der Buchreihe sind auch noch erhältlich! (Utopia Toolbox.3: Warming the globe by 1° C, 456 Seiten, Hardcover, 23 x 17 cm, zahlr. Abb., Augsburg: Toolbooks 2024, ISBN 978-3-9816731-1-1, 44,80 Euro.)

(André Schinkel)

Di, 12.11.2024

"Blutmond über Nordhausen." | © Heidelore Kneffel
André Schinkel: "Mondlabyrinth". Das Buch erschien, umhüllt von einer Radierung Susanne Theumers, im Mitteldeutschen Verlag. Die Künstlerin schuf für den Band eine Serie von zehn Tuschzeichnungen, die im Verbund mit dem Buch beim Autor erhältlich sind.
Licht für das Mondlabyrinth? Caspar David Friedrich: "Blick auf Arkona mit aufgehendem Mond" (1805).

Summend unterwegs im Labyrinth des Lebens. Zum „Mondlabyrinth“

„Gerade das Nicht-Mehr, eben das Noch-Nicht.“ Wer sich auf diesen Einstieg in den neuen Gedichtband von André Schinkel einlässt, wird ihm alsbald verfallen. Möglicherweise nicht gleich beim ersten Lesen. Aber beim Wieder-und-wieder-Lesen jedes Mal ein bisschen mehr. Es ist ein Einstieg wie von den Sternen her. Was geschieht (uns) wann, wo stehen wir im Labyrinth – oder schon mitten in Schinkels erstem Kapitel auf dem versunkenen Kontinent, auf dem Apfel und Szepter regieren – und das „Sriii“ der Mauersegler. Wir spiegeln uns im All wie das All in uns. 

Solch ein Einstieg ... – Schinkels unglaubliche 140 Seiten unfassendes Buch ist in vier Kapitel gegliedert. In jedem von ihnen finden sich Texte von zarter Schönheit und tiefer Berührung, die sich abwechseln mit durchaus auch in poetisches Neuland reichenden Arbeiten. Länder werden durchschritten (und durchlitten), Landschaften aus ihrem Schlaf erweckt. Die „kupfernen Herzen des Mansfelds“ kommen ins Wort. In Saaleck II heißt es beispielsweise: „Über den Bändern der singende Greif: / Das sind die Stimmen der Landschaft, wenn es Nacht wird / An den summenden Kesselrändern des Paradieses.“ Eindrucksvoll, wie sich der Hallenser Dichter in vielen Texten seiner Wahlheimat annähert. Der aus dem einstigen Chemiesmog wieder zu neuem Leben erwachten Stadt werden in diesem Buch zarte Verse gewidmet.

Dabei ist der Dichter offensichtlich selbst verstrickt in wunderbare Begegnungen der Liebe. „Unsere erschöpften Glieder am Abend: / Zentromere im Licht eines anderen Planeten (...) Draußen torkelt die Welt (...) Darüber die unglaubliche Ruhe, das / Zelt und die Schönheit deines Schlafs. Ich / Liege in deinem Duft und bewege mich nicht.“ Das Staunen kommt einen an beim Lesen solcher Verse. Es ist, als böte Schinkel alles auf, um die Schönheit von Augenblicken zu zeigen: was alles möglich ist im Labyrinth unter dem Mond ... Dabei kommen immer wieder auch thüringische Landschaften durchs Wort ins Bild, wie Zeitgeschichte, die bis heute den Atem stocken lässt, etwa in Ein Ginkgo für Clara zur Geschichte der Villa Rosenthal in Jena. Und auf geheimnisvolle Weise reicht diese Geschichte bis in den nächsten Text Am Hang hinein, der endet: „Von den Bergen schlagen die Nachtvorhänge herein.“ Manche Texte bergen so viel Intimes, dass der Rezensent sie gar nicht zu erwähnen wagt. Es bleibt der Entdeckungstour des Lesers und der Leserin vorbehalten, sie zu entdecken und zu entziffern. Versprochen: Sie werden auf ihre Kosten kommen.  

Formal wendet sich André Schinkel in diesem Buch zumeist der Langzeile zu, was die Poesie seiner Wortwellen zu verstärken scheint. Der Anstrengung, sich dem Wellengang hinzugeben, sollte sich der Leser nicht versagen. Daneben tauchen Verse mit so sorgsam gesetzten Reimen auf, dass sie erst beim wiederholten Lesen so recht zur Wirkung kommen. Formen, vielfältig wie das Leben – auch das zeichnet diesen Lyrikband aus, der dennoch unverkennbar immer den Schinkel’schen Duktus beibehält, das Eindringen in die Tiefe des Erlebten durch Tiefe und Schönheit der Sprache. Vielleicht ist dieser Band der naturverbundenste des Dichters in der von ihm vorgesehenen lyrischen Tetralogie (auch wenn Band vier des Werkzyklus noch aussteht). Sicher enthält er einige der innigsten Liebesgedichte, die in jüngster Zeit in Mitteldeutschland zum Druck kamen. Durch dieses Buch sollte man sich Seite für Seite tasten, staunend, wispernd in die Stille der Worte und lauschend, was davon nachklingt, wo immer man ist. 

André Schinkel: Mondlabyrinth. Gedichte. Mit einer Radierung von Susanne Theumer als Cover. Halle: Mitteldeutscher Verlag 2024. 140 Seiten, br., ISBN 978-3-96311-686-5, 20 Euro. Zum Buch erschien eine Serie von zehn unikalen Tuschen Susanne Theumers, die beim Autor erhältlich sind.

(Holger Uske)

Mi, 06.11.2024

Yvonne Kuschel: Zeichnung zu "Idyll" (Detail). Der 33. Druck der Solomon-Presse – "Fundervoll" – geht am 07. November als Schenkung ans Stadtarchiv Halle.

„Fundervoll“ – Ausstellung und Lesung im Stadtarchiv zu Halle

Eine herzliche Einladung ins Stadtarchiv von Halle (Saale) sprechen Autorin Simone Trieder und Halles Beigeordnete für Kultur und Sport, Dr. Judith Marquardt, sowie der Stadtarchivar des Saalemetropölchens, Ralf Jacob, für den 07. November 2024 aus. Die Veranstaltung im Stadtarchiv (Rathausstraße 1, 06108 Halle an der Saale) findet aus dem Anlass der Schenkung der Kassette Fundervoll mit Texten der Autorin sowie originaler Kunst auf handgeschöpften Papieren, Handsatz und Originalzeichnungen von Karl-Georg Hirsch, Annette Krisper-Bešlić, Yvonne Kuschel und Solomon Wija an die Stadt Halle statt. Es handelt sich bei Fundervoll um den 33. Druck der Leipziger Solomon-Presse – während der Feierstunde wird sie, flankiert von einer Ausstellung der Blätter und der Lesung Simone Trieders aus den Texten der Veröffentlichung, von Bettina Wija-Stein vorgestellt. Das hallesche Stadtarchiv sammelt seit vielen Jahren auch die Erzeugnisse der in Halle lebenden Künstlerinnen und Künstler, Autorinnen und Autoren und kann auf eine rege Ausstellungstätigkeit verweisen. Simone Trieders reguläre Bücher erscheinen im Mitteldeutschen Verlag. In diesem Herbst legte sie den Roman Gastrow oder die Poesie der Technik vor. 2005 war sie Stadtschreiberin in der Saalestadt. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 21.10.2024

"Nacht am Gebirgssee" (Lyrische Blätter X), Text von Stefan Zweig, Grafik: Klaus Raasch, Umschlag: Gerit Depping, edition sonblom 2024, Auflage: 30 numm. Exemplare: Das "Bibliophile des Monats" im Oktober.

Zweigs „Nacht am Gebirgssee“

Leise zieht mein Boot in blassen Wellen,

Die den Sternenreigen funkelnd spiegeln, 

Breite, duftumhüllte Silberquellen 

Rinnen von den mondbeglänzten Hügeln. 

 

Und der Nebel sinkt in faltenschweren 

Lichtgewanden müde um die Bäume, 

Dunkeltrotzig starren rings die Föhren 

Wie versteinte, sorgendüstre Träume. 

 

Und von wildzerzackten Felsenwänden 

Schwebt die Nacht behutsam durch die Stille 

Und sät Frieden aus mit leisen Händen … 

Lautlos zieht die blanke, schwanke Zille. 

 

Lautlos schmiegen sich die weichen, feuchten 

Bergseefluten an die helle Planke … 

Tiefe Ruh … Nur fern ein Wetterleuchten 

Wie ein wachgewordener Gedanke …

 

Stefan Zweigs (1881–1942) Gedicht erschien soeben als zehnte Ausgabe der Lyrischen Blätter in der Münsteraner edition sonblom mit einem Farbholzschnitt von Klaus Raasch. Das Kleinod, das die Herzen der Lyrik- wie auch der bibliophilen Freunde gleichermaßen höherschlagen lässt, ist in einer Zahl von 30 Exemplaren aufgelegt worden. Zu haben ist es für 130 (im Abo 110) Euro.

 

(André Schinkel)

Sa, 19.10.2024

Im neuen Kalender von Hochdruckpartner: Susann Hoch, "Rabenstunde", Holzschnitt, vier Platten.

Hochdruckgrafik-Kalender 2025

Die Präsentation des neuen originalgrafischen Kalenders hochdruckpartner und Gäste 2025 am 26. Oktober 2024 in der Galerie (Lützner Straße 85, 04177 Leipzig der aus Susann Hoch, Stephanie Marx, Gabriele Sperlich und Harald Alff bestehenden Leipziger Gruppe statt. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr. Die drei Künstlerinnen und der Künstler schreiben dazu in ihrer Einladung: „Am Samstag, dem 26. Oktober 2024 erscheint zum 18. Mal unser originalgrafischer Hochdruck-Kalender. Daran wirken mit: Eleonora Damme, Lauriane Dine, Foxxi, Gustav Körnig, Leon von der Lippe, Jens Schubert, Frank Wahle, Aafke Ytsma  und wir Hochdruckpartner – alle Blätter wurden exklusiv für den Kalender gestaltet und gedruckt.“ Der Druck der Kalenderauflage (180 Exemplare zuzüglich den 24 Belegexemplaren für die beteiligten Künstlerinnen und Künstler) erfolgte durch hochdruckpartner an den Kniehebelpressen bzw. der Andruckpresse Grafix in der eigenen Werkstatt. Komplettiert wird der Kalender durch ein originalgrafisches Deckblatt, 12 Monatsblätter hinter den Grafiken sowie ein Informationsblatt mit Künstlernamen, Titeln und Angaben zur Technik. Natürlich sind alle Hochdrucke von Hand signiert und nummeriert. Das Papierformat der Grafiken beträgt 36 x 29,7 cm, mit Kalendarium hat der Kalender eine Gesamtgröße von 45 x 29,7 cm. Der Preis für den neuen Kalender beträgt 220 Euro (zzgl. Versandkosten, so gewünscht). Weiter schreiben die Einladenden: „Wir freuen uns schon auf Ihr Interesse an unserem Kalender 2025 und Ihre Bestellung!“ Weitere Infos und die Bestellmaske für den Kalender finden sich hier.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 14.10.2024

Neue Editionen und Ausstellung – die "Holzwege & Schnittstellen" von Klaus Raasch in diesem Herbst.

„Holzwege & Schnittstellen“: Die neueste Kunst von Klaus Raasch

Gleich dreimal gute Neuigkeiten gibt es aus der Werkstatt von Klaus Raasch. Zum einen legte der Hamburger Künstler und langjährige Prinzipal der BuchDruckKunst letzten Montag seinen zweiten Band der Trilogie Im Atelier vor. Das gute Stück wird momentan an die Subskribenten verschickt, allerdings vorerst nur in der reinen Papierversion. Für die gesamte Riege der Sammelbesteller wird die Ausgabe noch mit Umschlägen aus Bütten bestückt, und die Vorzugsausgaben erhalten noch Box, Titel- und Rückenschild. Ab dem 15.10. sollen auch diese Versionen ihren Weg in die Welt finden. In der Büchergilde Hamburg wird das Projekt am Donnerstag, den 06. November 2024, um 18.30 Uhr vorgestellt, wo auch bis zum 15. Januar 2025 auch alle noch lieferbaren Holzcollagen, Grafiken und Bücher des Künstlers aus 40 Jahren „Schwarzer Kunst“ (vergleiche das Plakat in der Abbildung) gezeigt werden. Der Einladungsflyer dafür, so Raasch, wird in der zweiten Oktoberhälfte verschickt. Außerdem erscheint in der edition sonblom in der Reihe Lyrische Blätter als Ausgabe Nummer zehn Stefan Zweigs (1881–1942) Gedicht Nacht am Gebirgssee im Handsatz – mit dem vierfarbigen Holzschnitt von Klaus Raasch in einer Auflage von 30 Exemplaren. Das gefalzte Blatt ist in einer handgefertigten Mappe eingelegt und kann aufgeklappt auch gerahmt werden. Eigentlich sollte das Doppel bei Faber & Faber in Leipzig erscheinen, was leider nicht mehr möglich ist; nun freut sich der Bibliophile, dass es in der schönen Lyrikreihe der Edition neu Heimat gefunden hat. 

(André Schinkel)

Do, 10.10.2024

"Paradiesische Dialoge 7" in Leipzig: Der LBA lädt am 14.10.2024 zur Präsentation im Haus des Buches ein.

„Sabrina“: LBA-Buchpräsentation

„Sabrina“: Der Leipziger Bibliophilen-Abend (LBA) lädt am 14. Oktober 2024 um 18.30 Uhr ins Literaturcafé im Haus des Buches (Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig) ein. Ihr Herausgeber Michael Hametner präsentiert den siebenten Band der LBA-Reihe Paradiesische Dialoge, die damit ihren Abschluss findet – mit dabei sind: Lutz Seiler, Michael Morgner sowie Kristina Brusa, die das Werk gemeinsam realisierten. Der Prosatext Sabrina des Georg-Büchner-Preisträgers Seiler erscheint als Erstveröffentlichung mit Grafiken des Chemnitzer Künstlers Michael Morgner. Seine dafür genutzte künstlerische Tiefdrucktechnik ist die heute selten gewordene Heliogravüre. Gestaltet wurde die LBA-Ausgabe von der Leipziger Grafikerin Kristina Brusa. Das Buch erscheint in einer limitierten und von Autor, Künstler und Gestalterin signierten Auflage von 99 Exemplaren, zudem sind sämtliche Grafiken vom Künstler signiert. Michael Hametner als Herausgeber der Reihe Paradiesische Dialoge wird sich im Gespräch mit Lutz Seiler, Michael Morgner und Kristina Brusa den verschiedenen Aspekten dieses Buches nähern. Lutz Seiler wurde 1963 in Gera in Thüringen geboren, arbeitete als Baufacharbeiter, Zimmermann, Maurer, studierte dann Germanistik in Halle und betrat die Lyrikszene 1995; spätestens seit dem Band pech & blende (Suhrkamp 2000) gilt er als einer der wichtigsten zeitgenössischen Lyriker. Seit vielen Jahren leitet er das Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst. 2023 wurde er mit dem renommierten Georg-Büchner-Preis geehrt; die Jury würdigte ihn als Romancier und „dunkel leuchtenden Lyriker“. Mit dem Erzähltext Turksib wie den Romanen Kruso und Stern 111 feierte Lutz Seiler große Erfolge. Der Eintritt am 14.10. ist frei.

(Thomas Glöß/Pressemitteilung)

Mo, 07.10.2024

"The Works of E. A. Poe", die Ausgabe wurde 1874 bis 1875 von John Henry Ingram besorgt und enthält die Prosa, die Lyrik und die Publizistik Edgar Allan Poes.

Edgar Allan Poe: 175. Todestag des großen amerikanischen Autors

Letztlich ist die Kunde oder besser die Unkunde von seinem Ende ein Schauermärchen: Heute vor 175. Jahren starb der wohl größte Romantiker der Neuen Welt, Edgar Allan Poe (1809–1849) unter fragwürdigen, rätselhaften Umständen in Baltimore. Geboren in Boston, wurde sein so kurzes wie tragisches Leben zum Signet eines künstlerischen Scheiterns ... für sein Werk, ja, so erschütternd es stellenweise auch ist, kann man das allerdings nicht in Verhaft nehmen. Nein, lugt doch in seinen Erzählungen und Short Stories wie auch in seinen Gedichten bereits der Symbolismus und die sich von diesem aus entspinnende Moderne um die Ecke: Der geworfene Mensch, der oft nicht weiß, wie er in das Verhängnis geriet und der greulich untergehen oder wenigstens verzweifeln muss. Auch wenn Poes Werk vielgestaltig war und auch Essays, Kritiken, Satiren und Aufsätze umfasste, gilt er doch heute als Horrorautor, Wegbereiter des Krimis und der Science Fiction. Zu den bis heute bekanntesten Texten zählen Grube und Pendel, Der Doppelmord in der Rue Morgue, Im Strudel des Mahlstroms sowie die Langgedichte Die Glocken und der vor allem Der Rabe. Letzteres Poem forderte immer wieder die großen Künstler heraus: so Doré und Beardsley, Manet und Tenniel. Am 03.10.1849 wurde Poe verwirrt und zerlumpt auf der Straße aufgegriffen, er starb vier Tage später in den Morgenstunden. Die Umstände seines Todes sind bis heute umstritten. Zu seiner Grablege, die nur drei Minuten dauerte, bezog sich der Himmel, und es war ein schauderlicher Tag, geradeso, als wäre er einem Text des Autors, Der Untergang des Hauses Usher etwa, entsprungen. Der Ruhm seines Werks wie seines traurigen, nur vierzig Jahre währenden Lebens klingt bis heute nach. 

(André Schinkel)

Fr, 04.10.2024

Diese "unversöhnliche" Ausgabe 14 der "MaroHefte" ("Der Prozess"), widmet sich einem heiklen Thema.

Maro: Ein unversöhnliches Heft

Es ist nicht der Prozess Frank Kafkas, das uns hier als MaroHeft #14 auf 36 Seiten in Englisch und Deutsch anblickt, nein, es ist auf ganz andere Weise ein unversöhnliches (so auch der zweite Untertitel der Maro-Neuerscheinung) Heft, eine Auseinandersetzung mit dem Völkermord an den OvaHerero und Nama durch deutsche Soldaten zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts im heutigen Namibia. Die zweisprachige englisch-deutsche Ausgabe in der Verfasserinnenschaft von Christiane Bürger und Sahra Rausch, übersetzt von Ryan Evers und mit Originaldruckgrafiken (Zyklus We are still waiting) der in Windhoek lebenden, arbeitenden Tuaovisiua Betty Katuuo bestückt, wirdmet sich damit einem so wichtigen wie aktuellen, heiklen Thema: Warum klagen die Nachkommen der OvaHerero und Nama seit Jahrzehnten erfolglos gegen die Bundesrepublik Deutschland? Was ist auf völkerrechtlicher Ebene passiert, seit deutsche Soldaten zu Anfang des 20. Jahrhunderts Zehntausende Menschen auf dem Gebiet des heutigen Namibia ermordeten? Und wie gelingt es dem deutschen Staat immer wieder bis heute, eine juristische Verurteilung wegen Völkermords abzuwehren? Anhand der Klagen, die die Nachkommen wiederholt einreichten, wirft dieses Heft einen Blick auf Deutschlands Umgang mit seiner Geschichte als frühere Kolonialmacht. Im Brennpunkt steht auch die Verfasstheit eines historisch gewachsenen Völkerrechts, das anti-rassistische Aktivistinnen und Aktivisten verstärkt einer postkolonialen Rechtskritik unterziehen ... Ein weiteres Mal führt Deutschland vor, wie es gelingt, die Forderungen der Nachkommen von Ermordeten abzuweisen – und zugleich als der große „Wiedergutmacher“ der Weltgemeinschaft aufzutreten. Ein unversöhnliches Heft über einen „Prozess“, der im gegenwärtigen Sturm der Epochenbrüche unterzugehen droht. Alle Informationen zum Heft und den anderen Heften der Reihe (mittlerweile sind zwei weitere Ausgaben der bibliophilen Reihe erschienen) finden sich hier.

(Kevin Konopke)

Di, 01.10.2024

"Was gibt’s denn da zu lachen? Die komische Kunst des Walter Moers" – seit dem 22.09. in Oberhausen.

„Was gibt’s denn da zu lachen?“

Die Frage ist in der Tat berechtigt, wenn auch nicht ganz so ernst gemeint, denn, der Mann ist kein Kontinent, sondern ein ganzer Kosmos: Walter Moers. Und unter eben dem Titel Was gibt’s denn da zu lachen? Die komische Kunst des Walter Moers zeigt seit 22.09. die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen (Konrad-Adenauer-Allee 46, Oberhausen) einen Einblick in das wohlgemerkt ganze Moers-All. Bis zum 24.01.2025 ist die Schau in Oberhausen zu sehen, nebst einem umfangreichen Beiprogramm samt öffentlichen Führungen an Sonn- und Feiertagen jeweils um 11.30 Uhr durch die Direktorin Dr. Christine Vogt (die nächsten Termine finden am 06. und am 20.10. statt). Und in der Exhibition begegnet man, natürlich, Käpt’n Blaubär und Hein Blöd ... dem unsympathischen Kleinen Arschloch und Adolf, der Nazi-Sau ... den Wesen des großen Zamonien-Romanzyklus und vielen anderen Figuren aus den Büchern und Comics von Walter Moers. Zur Schau im Schloss erschien ein 256-seitiger Katalog bei Kerber zum Preis von 43 Euro. Alle Infos unter diesem Link. Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr geöffnet. Der Eintritt: 8 (ermäßigt 4) Euro.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 29.09.2024

Vor 250 Jahren erschienen: "Die Leiden des jungen Werther" von Johann Wolfgang Goethe. Das Buch war sofort ein europaweiter Erfolg ... Innentitel der Ur-Ausgabe 1774. | © H.-P. Haack via CC BY-SA 3.0

Buch des Monats: Goethes „Die Leiden des jungen Werther“

Es ist sicher eines der Werke, das Johann Wolfgang Goethe (1749–1832) in seinen späten Jahren durchaus als „Brandrakete“ aus seiner Sturm-und-Drang-Zeit zu bezeichnen wusste, ähnlich wie sein ungeheuerliches Prometheus-Gedicht – gleichwohl ist sein erster Roman Die Leiden des jungen Werther (in der Erstausgabe noch mit dem Genitiv-s, das später revidiert wurde, im Titel) einer der fulminantesten Roman-Erfolge in der deutschsprachigen Literatur der Neuzeit. Im September 1774, vor nun 250 Jahren, erschien der Briefroman des jungen Autors und machte europaweit Furore; ja, und nicht jeder verzweifelt Liebende konnte erfolgreich davon abgehalten werden, es Werther gleichzutun, der am Ende des Buchs, nachdem er sich das Leben nahm, beerdigt wird, flankiert von dem ikonischen wie erschütternden letzten Satz des Werks: „Kein Geistlicher hat ihn begleitet.“ Davor macht der Protagonist, der von Lotte (die eine autobiografische Wurzel im Leben des jungen Goethe anreißt) nicht erhört wird, erhört werden kann, eine Verwandlung vom homerischen zum Ossian-Gemüt durch, verdunkelt sich seine Seele. Was für ein Buch, das vom möglichen Wirken von Literatur erzählt, seither in unzähligen Auflagen erschien und immer wieder vorgeholt werden mag. 

(André Schinkel)

Mo, 16.09.2024

Farbholzschnitt "Mädchen mit Pfauenfeder" (2012) – 65 Jahre wird sein Schöpfer, Frank Eißner, heute alt.

Schnitt und Gegenschnitt: Frank Eißner zu seinem 65. Geburtstag

Frank Eißner, der wunderbare, aus Leipzig stammende, ja, und heute in Aschaffenburg lebende und dort auch wirkende Holzschneider, dessen Spezialstrecke Farbholzschnitte, nicht selten in der hohen Ausübung der verlorenen Form, und nicht zuletzt zaubrig-dunkelbunte Exlibris sind, wird heute 65 Jahre alt. Einher geht das mit dem 35. Geburtstag auch seiner Handpresse, die eine Vielzahl Bögen, Plakate und Bücher und, wiederum last, but not least, Jahr für Jahr einen großformatigen Kalender voller Holzschnitte hervorbringt. Kalender sind das, die man gern an der Wand lässt, auch wenn das Jahr darauf schon verflossen ist ... und so blickt auch mich das herrliche Rotkehlchen ganz auf weißem Grund aus der 2023er Ausgabe nach wie vor in meinem Domizil an. Kaum zu denken, ein gemeinsames Buch zu machen, aber: Es ist passiert, eine Reihe Farbholzschnitte zu fünf Texten, dem Fluss gewidmet, der uns beide beschäftigt: der Mulde. Voraus gingen dem Adaptionen zu den Hymnen an die Nacht von Novalis, biblischen Texten und dem Gedichtzyklus erde und feuer des Schönebecker Dichters und existentialistischen Essayisten und Briefeschreibers Holger Benkel ... Ein Highlight dürften die bisher drei Kollaborationen in Buch- und Mappenform mit der Kollegin und engen Freundin seit einer Reihe von Jahren, Susanne Theumer, sein: Zuletzt widmeten sich die beiden der Sommernacht-Ode eines Großmeisters der Empfindsamkeit, Friedrich Gottlieb Klopstock. Frank Eißners Ausdruck, der in seiner Expressivität und Farbigkeit die Faszination für den Jugendstil und die altägyptische Kunst nicht leugnet, ist dabei als einzigartig in seiner Gattung zu bezeichnen. Zur Zeit sind Eißners Arbeiten in der Papiermühle Homburg zu sehen, dort stellt er bis Mitte Oktober gemeinsam mit Urte von Maltzahn-Lietz aus (der Blog berichtete). Es bleibt, dem Virtuosen in Schnitt und Gegenschnitt zu seinem heutigen Ehrentag alles Gute zu wünschen!

(André Schinkel)

Fr, 13.09.2024

Im Literaturhaus zu Magdeburg wird heute Abend die "Common-sense"-Ausstellung im Rahmen der 51. Jahrestagung der Pirckheimer feierlich eröffnet.

Pirckheimer-Jahrestagung lädt ab heute nach Magdeburg ein

Heute beginnt das 51. Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft in der ehrwürdigen Elbe- und Ottostadt Magdeburg, das am Sonntag, den 15.09. mit der Mitgliederversammlung des Vereins endet. Auf die Teilnehmenden der Tagung wartet ein so umfangreiches wie bücher- und kunstaffines Programm. Die sachsen-anhaltische Landeshauptstadt ist ein Ort voller Geschichte und Kultur, der Wirtschaft und des Wissens, was man auch an dem reichen Programm, das die Magdeburger Pirckheimer unter der umsichtigen Ägide von Sigrid Wege organisiert haben, ablesen kann. Ab 14.30 Uhr gibt es Stadtführungen und Besichtigungen, so rund um den Magdeburger Dom, der die Grablege Ottos I. und seiner Gemahlin Editha ist, und zur Johanniskirche, für die Max Uhlig die Fenster geschaffen hat. Ein weiteres Highlight an literaturgeschichtlich bedeutsamem Ort ist die Eröffnung der Common-sense-Ausstellung im Literaturhaus in der Thiemstraße 7 im Stadtteil Buckau heute abend um 18 Uhr. Der Künstler Ulrich Tarlatt und der Lyriker und Architekt Jörg Kowalski gaben die bibliophile Reihe über 30 Jahre in ihrer Edition Augenweide heraus. Beide Herausgeber sind anwesend. Am morgigen Samstag gibt es Einblicke in das Forum Gestaltung, das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen, die Universitäts- und die Stadtbibliothek sowie das Kulturhistorische Museum; der Tag endet mit dem Festessen und einer herzvollen Versteigerung. Krankheitsbedingt wünscht Unterzeichnender aus der kleinen Ferne bestes Gelingen für die Tage!

(André Schinkel)

Fr, 06.09.2024

Wird ausgezeichnet: Romina Nikolić. | © Tina Peißker

Deutsche Schillerstiftung: Preise für R. Nikolić und P. Wawerzinek

Die Deutsche Schillerstiftung von 1859 hat in einer Pressemitteilung die Preisträgerin und den Preisträger der diesjährigen Ehrungen durch ihre Gremien bekanntgegeben. Dabei werden auch eine Autorin und ein Buch, an dessen Herausgabe ein Pirckheimer-Freund beteiligt ist, ausgezeichnet. Die Schillerstiftung dürfte die älteste Institution sein, die in Deutschland Ehrungen vergibt, und in diesem Jahr sind die Geehrten jeweils dem spannenden Metier zuzurechnen, aus den Ankern in der eigenen Biografie bedeutende Literatur zu schöpfen ... Ausgezeichnet wird mit der Ehrengabe der Schillerstiftung, die mit 10.000 Euro dotiert ist, der Schriftsteller Peter Wawerzinek. Geboren 1954 als Peter Runkel in Rostock, hat Wawerzinek einen langen, kurvenreichen künstlerischen Weg auf sich genommen; er war Teil der alternativen Autorenszene im Berlin der späten DDR und sorgte mit seinem Roman Rabenliebe (2010) für große Aufmerksamkeit: Das Buch wurde in Klagenfurt bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis geehrt. Danach war Wawerzinek Stadtschreiber in Jena, Magdeburg und Dresden. Ja, und der Förderpreis der Anke Bennholdt-Thomsen-Stiftung für ein literarisches Debüt geht 2024 an Romina Nikolić für ihr im letzten Jahr erschienenes Langgedicht Unterholz. Der Text, in der von Pirckheimer-Freund André Schinkel herausgegebenen Edition Muschelkalk publiziert, war derart erfolgreich, dass in Kürze eine zweite Auflage nötig wurde, für einen Lyrikband stets ein kleines Wunder. In Unterholz geht die 1985 in Suhl geborene und in Jena lebende Autorin den Spuren der Herkunft wie den Filamenten des Bevorstehenden, des Gangs in die Welt in einer ihr ganz eigenen, am ehesten an Vorausgängern wie Paulus Böhmer geschulten Sprache nach ... Es entsteht, im hohen Ton wie auch den eingebauten itzgründischen Mundart-Passagen, ein berührender, faszinierender Kosmos. Die Preisverleihung findet am 29. November 2024 um 18 Uhr im Goethe-Nationalmuseum in Weimar (Frauenplan 1, 99423 Weimar) statt. Mit Schinkel, selbst Preisträger der Stiftung, wird auch ein Pirckheimer im Publico sein. Und über dem Abend wird das Doppelgestirn Goethe und Schiller stehen: Wohl dem.

(Kevin Konopke/Pressemitteilung)

So, 01.09.2024

Der künstlerische Tausendsassa setzt seine Tournee durch Bonn fort: Am 15.09. lädt Thomas Franke zur Lesung ein. Es kommen Werke von Roland Betsch, Gustav Meyrink, Grenville Murray, Wilhelm Busch, Edwin Bormann, H. P. Lovecraft und letzthin Michail Bulgakow zu Gehör. Außerdem wird Franke über den Fortgang seiner Herausgabe der Werke Herbert W. Frankes und von Arno Schmidts "Gelehrtenrepublik" berichten, die er illustrierte und bibliophil edierte.

Faunalogical Songs. Geschichten über tierische u. a. Störenfriede

Thomas Frankes 18. Lesereise durch die Bonner Altstadt geht nach der just am 28. August 2024 erfolgten Verabreichung der schönen und respektive tiefen Dinge ans Weltrund weiter. „Ich könnte selbstverständlich wie alle meine Kolleginnen und Kollegen Bekanntes vortragen, ein paar Seiten aus Harry Potter, ein paar Seiten aus Edgar Allen Poes Die schwarze Katze oder auch gleich die ganze Erzählung, und so weiter und so fort, und damit Publikum ziehen. Allerdings fühle ich mich den unbekannteren Schriftentstellernden besonders verbunden und werde also – wie immer – Spezielles vortragen. Der Betreiber der Zone Bluesbar, Martin Linder, und ich laden demzufolge sehr herzelichst ein, sich diesen Vortragsabend szenischer Gruselantien und Ulkereien nicht entgehen zu lassen …“ Am Sonntag, den 15. September 2024, in der Zone Bluesbar (Maxstraße 2a, 53111 Bonn), Einlass ist 19 Uhr) ... und die Sache heißt: Der Schauspieler Thomas Franke sangsingt Faunalogical Songs. Geschichten über tierische und andere Störenfriede. Zudem: „Hinsichtlich der Auswahl der an diesem Abend vorgetragenen Werke liegt das Hauptaugenmerk auf Spannung, Moritätlichem und Humor.“ Es kommen Texte von Roland Betsch, Gustav Meyrink, Grenville Murray, Wilhelm Busch, Edwin Bormann, H. P. Lovecraft und, wenn noch Platz ist, Michail Bulgakow zu Gehör. Der Vorverkauf läuft über die Altstadtbuchhandlung & Büchergilde: (0228) 63 67 50, und direkt über die Bluesbar: (0228) 69 57 57. Der Eintritt für das Event am 15.09. beträgt 9 Euro. Hingehn!

(André Schinkel)