Pirckheimer-Blog

Allgemein

Mo, 20.01.2025

Dichter und Theoretiker Eugen Gomringer wird 100.

20.01.: 100 Jahre Eugen Gomringer

Von den Großmeistern der Konkreten Poesie ist er der letzte und Langüberlebende: Am heutigen Montag wird der bolivianisch-schweizerische Dichter und Literatur- und Kunsttheoretiker Eugen Gomringer sage und schreibe einhundert Jahre. Der neben den Generationsgenossen Ernst Jandl (1925–2000) und Franz Mon (1926–2022) bedeutendste und wohl unbestechlichste Vertreter der nicht von allen Literaturenthusiasten geliebten Zunft hat viele Jahrzehnte an seinen von ihm selbst als Konstellationen bezeichneten Texten gearbeitet, und auch wenn ihn mit seiner bolivianischen Geburt gar nicht allzuviel, da er im Kleinkindalter bereits in die Schweiz kam, verbindet, gilt er dort bis heute als großer und überaus verehrter Vertreter des konkreten Dichtens, das sich zuweilen nur aus einer kargen Idee speist, aber eben auch (als Paradebeispiel gelte sein Gedicht silencio, bei dem die Stille in der freigelassenen Mitte des Textblocks entsteht) überraschend und faszinierend sein kann. So gesehen, dürfte Gomringer unter den „Konkreten“ sicherlich der zeitloseste, ja, und mithin auch originellste sein. Zuletzt erschien 2018 eine Sammelausgabe seiner – konkreten – Sonette. Und da seine Texte immer auch eine grafische Komponente (vgl. Textbeispiel) haben, dürften sie zugleich auch ein Sammelgebiet bilden. Zuletzt gab es Wirbel um seinen Text avenidas, ein Umstand, der wohl für alle beteiligten Parteien nicht glücklich ausging: Wenn die Künstler nicht mehr die belebte Wesenheit bewundern dürfen, ist ihr Gebaren an sich obsolet. Es bleibt zu hoffen, dass heute Eugen Gomringer im Kreis seiner Kinder, darunter die gleichsam als Autorin, Interpretin und Slammerin berühmt gewordene Nora Gomringer, einen grandiosen Tag erlebt – herzlichen Glückwunsch!

(André Schinkel)

Vor Ort im Rathaus-Center Pankow: Thomas Döring.

Bücher und Grafiken in Pankow

Mathias Salomon, Christine Klemke, Rita Bellmann zu Gast in Berlin-Pankow: Vom 20.01. bis zum 08.02.2025 bietet jeweils in der Zeit von 11 bis 19 Uhr Pirckheimer-Freund Thomas Döring im Rathaus-Center Pankow (Breite Straße 20, 13187 Berlin) antiquarische Bücher an. An drei Tagen (jeweils Donnerstag von 14 bis 16 Uhr) ist ein Grafiker bzw. eine Grafikerin zu Gast: Am 23. Januar Mathias Salomon, am 30. Januar Christine Klemke und am 06. Februar Rita Bellmann. Die weiteren Infos zu den Angeboten und Terminen des Buchverkäufers aus der Knaackstraße finden sich hier.

(André Schinkel via Thomas Döring)

Sa, 18.01.2025

"Das Salz der Bibeln": noch bis 30.03.25 in Lüneburg. Die Stadt war im Barock für ihr Salz und ihre Bibeln (in Fässern!) aus der Stern’schen Druckerei berühmt.

„Das Salz der Bibeln“: bis 30.03.25

Noch bis zum 30.03.2025 präsentiert sich Lüneburg (im Museum Lüneburg, Willy-Brandt-Str. 01, 21335 Lüneburg) als Stadt des Buchdrucks. Vor 400 Jahren errichteten hier die Brüder Johann und Heinrich Stern eine Druckerei, die sich zu einem Zentrum des Bibeldrucks entwickelte. Stern’sche Bibeln waren ein Bestseller des Barockzeitalters und nach dem Salz der wichtigste Verkaufsschlager Lüneburgs. Wie zuvor das „Weiße Gold“ wurden auch die Erzeugnisse der „Schwarzen Kunst“ in Fässern transportiert und in ganz Nordeuropa gehandelt. Zur bisher größten Sonderausstellung des Museums Lüneburg erschien ein Katalog in dessen Schriftenreihe. Das Museum ist Di, Mi und Fr von 11 bis 18, Do von 11 bis 20 Uhr, an den Wochenenden von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Alle Infos hier.

(André Schinkel)

Fr, 17.01.2025

Einladung zur DEG-Jahrestagung vom 08. bis 10. Mai in Memmingen

Die Deutsche Exlibris-Gesellschaft (DEG) lädt zu ihrer Jahrestagung in Memmingen vom 8. bis 10. Mai 2025 herzlich ein. Vorstandsvorsitzender und Organisator Utz Benkel schreibt: „ Nach 2004 findet zum zweiten Mal unsere Jahrestagung in der ‚Stadt der Freiheitsrechte‘ in Memmingen im Allgäu statt. (...) Memmingen lag bereits im Mittelalter sehr verkehrsgünstig im Schnittpunkt der alten Fernhandelsstraßen. Es waren dies die schon immer viel befahrene Nord-Süd-Achse zum Fernpass und weiter nach Italien sowie die berühmte Salzstraße für das bayerische Salz aus der Salzburger Gegend. Heute lässt das nahe Autobahnkreuz der A7 und A96 die Reisenden häufig an dieser wunderschönen, mittelalterlich erhaltenen Stadt vorbeibrausen. Dabei lohnt es sich, über die großzügigen Plätze und durch die idyllischen Gassen und Straßen zu schlendern und Geschichte buchstäblich zu spüren.“ Nachgerade der ideale Ort für Exlibris-Enthusiasten, sich noch einmal, im Verbund mit einem reichen und tollen Programm samt Ständen und Tauschbörse sowie Führungen, in der ehrwürdigen Stadt zu versammeln. Es wird um Anmeldung bis zum 31. März 2025 unter folgendem Kontakt: Utz Benkel, Dorfstraße 26, 17375 Hintersee, E-Mail: grafik-benkel@t-online.de, gebeten. Dort gibt es auch Info zu Kosten sowie Modalitäten für Mitglieder und Gäste.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 16.01.2025

Brachial und zärtlich: Thomas Franke lädt am 26.01. in Bonn zu Vortrag und Lesung ein. Der Gig beginnt um 18 Uhr, Aufwandsbeitrag: 10 Euro. Wild und gut!

„In einer Welt voller Narren“: Ein Abend mit Thomas Franke in Bonn

„In einer Welt voller Narren kann man sich nur mit Unfug behaupten“, so klingt die Ankündigung des neuen szenischen Vortrags des Pirckheimer-Freunds Thomas Franke für den 26. Januar 2025 im Künstlerforum Bonn (Hochstadenring 22–24, 53119 Bonn) im Rahmen der Ausstellung Vier Jahreszeiten der Kryptiker schon mal überaus vielversprechend. Der Mime, Autor, Grafiker und Herausgeber der gesammelten Werke Herbert W. Frankes zelebriert in seiner Erscheinungsform als Poeta brachialis per se „eigenköpfig ausgedachte und deftig-krude Banallyrik voll bösen Witzes nebst André Schinkels kohlestaub- und ramazzottigebeiztem Hirn abgerungene Poesie in purpurn getönter Sinnlichkeit ...“ Ja, ein wüstes Joint adventure gewissermaßen, über die Ebenen hin, so von Pirckheimerich zu Pirckheimerich und wieder zurück ... In seine eigenen Texte, die es gleichsam zwischen die Buchdeckel zieht, deren Präsenz via Textvortrag in Bonn Legende ist, webt Franke lunare Gedichte aus Schinkels frisch aufgelegtem Lyrikband Mondlabyrinth (Mitteldeutscher Verlag 2024). Und: „Beide, Thomas Franke und André Schinkel, befinden sich seit vielen Jahren auf Expeditionen: der eine sucht auf Abwegen nach Teufeln und Hexen und pflegt seine Lust am bösen Schabernack, der andere erforscht, sich vorsichtig durch das Mondlabyrinth tastend, die Möglichkeiten eines Dialogs mit der Welt, die nur widerstrebend antwortet auf seine Fragen nach Stolz, Verantwortung, Demut, Zweifel und Sehnsüchten, Sein oder Nichtsein …“ In gewisser Weise ein in mehrfacher Hinsicht bewegender Abend dürfte das werden, wenn Thomas Franke mit dem Lichtschwert des Wortes und der Stimme die Welt aufwühlt und sie dann vielleicht auch wieder auf die Füße stellt. Wenn das mal gutgeht ... Aber schön, schön wird es auf jeden Fall. Dadaistisch. Jandlisch. Buschisch. Hingehn, die Ohren und das Herze klingeln lassen! Um 18 Uhr am 26.01. fängt das Donnern, Säuseln und Deklamieren an. Man melde sich gern schon einmal an: (0228) 9695309.

(Kevin Konopke)

So, 12.01.2025

Einer der Dichter-Jubilare 2025: Rainer Maria Rilke, gezeichnet als junger Mann von Leonid Pasternak.

Dichter-Jubiläen im neuen Jahr

War 2024 schon ein Jahr der großen Geister, Jubiläen oder sich ründenden Todestage (Kant, Klopstock, Kafka, Kästner, Mayröcker), so stehen auch in diesem eben begonnenen Jahr 2025 einige besondere Jahrestage an. Einer der größten Lyriker, der auch als Erzähler und Dramatiker, zudem als Mentor und Briefeschreiber hervortrat, der Moderne ist Rainer Maria Rilke (1875–1926), dem in diesem und dem darauffolgenden Jahr quasi doppelt gedacht wird: 2025 zum 150. Geburtstag, 2026 zum 100. Todestag. Da Rilke einer der Haus- und Erfolgsautoren des Insel Verlags ist, wird sicher mit dem einen oder anderen schönen Band auch in der legendären Insel-Bücherei zu rechnen sein. Und ein weiterer Großgigant wird gefeiert: Thomas Mann (1875–1955), einer der gewaltigsten deutschsprachigen Erzähler der Dekadenzzeit und ja mehr noch der Klassischen Moderne, was im Hinblick auf den gebürtigen Lübecker wörtlich genommen werden darf. In der Nachfolge von Kleist und Fontane sind der erheblichste Teil seines Werks in die Unsterblichkeit überführt. Nun ja, und ob der ikonisch zu nennende dänische Erzähler Hans Christian Andersen (1805–1875) zum 150. Todestag besondere Ehren erfährt, wird sich zeigen, gilt er doch vor allem mit seinen Märchen als Dauerbrenner und nicht zuletzt bibliophiles Sammelgebiet. Weniger auffällig wird vielleicht der 100. Geburtstag von Ernst Jandl (1925–2000), der durch seine Laut- und Dialektpoesie berühmt wurde, im Sommer verlaufen; immerhin hat sein Hausverlag Luchterhand einiges zu seiner Ehre in petto, und es wird vielleicht nicht verkehrt sein, wenn man sich auch seiner regulären Dichtung zuwendet, in der der Lebensmensch von Friederike Mayröcker (1924–2021) neu zu entdecken wäre. 

(André Schinkel)

Di, 07.01.2025

P. F. 2025: Neujahrsgrüße/-wünsche trafen u. a. von Constanze Kreiser, Beate Schotte und Uwe Klos ein.

P. F. 2025: Weitere Neujahrsgrüße

Imagine there’s no Heaven
It’s easy if you try
No Hell below us
Above us, only sky
Imagine all the people
Living for today ...

John Lennon, again.

Es trafen und treffen nach wie vor weitere gute Grüße und Wünsche zum Neuen Jahr ein – so von Pirckheimer-Freundin Constanze Kreiser aus Brandenburg an der Havel, deren Credo für dieses eben angebrochene und, ja, schon wieder Volten schlagende Jahr sein soll: „Genaues Hinsehen und vernunftgeleitete Entscheidungen für 2025!“ Das Eine wie das Andere, im Guten wie im Prekären der Weltlage, dürfte auch mit dem Neubeginn elementar sein und bleiben. Die hallesche Grafikerin Beate Schotte wünscht mit einer Zeichnung des Doms der Saalestadt: „Immer gut behütet durch 2025!“, während Konzeptkünstler Wieland Krause, ebenfalls an der Saale ansässig, Hoffnungsgrün verschickt. Ein starker Wunsch, der sich da durch eine Anmutung des Nazar-Amuletts an die Seele legt. Und aus Cossengrün bei Greiz traf heute das Fotogramm Farn (Auflage: 30) von Pirckheimer-Freund Uwe Klos am zerzausten Redaktionsschreibtisch ein, das dem Jahr und seinen Bewohnern Milde, Güte und Liebe wünscht. „No Hell below us“ – es möge die Welt in Ordnung kommen.

(André Schinkel)

Sa, 04.01.2025

Hans-Jürgen Wilke spricht über Conrad Felixmüller. Der Vortrag findet am 05.01.2025 in Cottbus statt.

Hans-Jürgen Wilke: Vortrag „Zum Drucken mit Conrad Felixmüller“

Im Rahmen der hochfeinen Ausstellung Mit dem Auge und dem Herzen. Conrad Felixmüller aus der Sammlung Hans-Jürgen Wilke, die seit dem 09. November 2024 und noch bis zum 02. Februar 2025 im Cottbuser Dieselkraftwerk (Uferstraße/Am Amtsteich 15, 03046 Cottbus) gezeigt wird, lädt das Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst für morgen, Sonntag, den 05. Januar 2025, zum Vortrag mit dem Eigner der Sammlung und Pirckheimer-Freund Hans-Jürgen Wilke herzlich ein. Er wird unter dem Thema Zum Drucken mit Conrad Felixmüller stehen und etwa eine Stunde dauern. Hans-Jürgen Wilke ist der letzte Drucker Conrad Felixmüllers (1897–1977) und wird an dem Tag im Gespräch mit Caroline Kühne von seiner Zusammenarbeit mit dem großen Künstler der Moderne, der ein Meister des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit war, berichten. Die Ausstellung legt den Fokus auf Felixmüllers grafisches Werk aus der Sammlung Wilkes; die Sammlung umfasst sowohl druckgrafische Blätter aus allen Schaffensdekaden als auch originale Druckstöcke und Ausgaben linker Zeitschriften, die Felixmüller über mehrere Jahre mit Bildbeiträgen versorgte (Abbildung: Der Revolutionär II von 1919, Holzschnitt, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Ludwig Rauch). Der Vortrag beginnt um 14.30 Uhr. Und auf einen weiteren Termin sei noch hingewiesen: Am Dienstag, den 28. Januar gibt es eine Matinee-Führung durch Mit dem Auge und dem Herzen. Conrad Felixmüller aus der Sammlung Hans-Jürgen Wilke. Sie startet um 11 Uhr, Dauer: ebenfalls etwa eine Stunde. Alle Informationen zur Ausstellung finden sich hier. 

(Robert Grieger und Ninon Suckow/Pressemitteilung)

Di, 31.12.2024

Ein gesundes neues Jahr 2025!

Wenns alte Jahr erfolgreich war,
dann freue dich aufs neue.
Und war es schlecht,
ja, dann erst recht.

(Albert Einstein)

In diesem Sinne wünschen wir euch einen guten Rutsch und ein, vor allem, gesundes neues Jahr.

Matthias, Till, Hans, Dan und Robert

So, 29.12.2024

Gute Grüße für 2025 erreichen den Blog gerade von allen Seiten – etwa von der Neuhauser Kunstmühle.

2025: Die Grüße für das neue Jahr

Allenthalben treffen nun von allen Seiten die guten Wünsche für das in Kürze neue Jahr ein, sei es aus Österreich, sei es aus den Niederlanden, der Schweiz und ganz Deutschland; auch Grüße aus dem fernen Armenien und über den Newsletter der FISAE auch aus Übersee gibt es, verbunden mit der Hoffnung, das sich aufründende Vierteljahrhundert möge wieder zu Ruhe und Räson kommen, das  Schwarz-Weiß-Geplappere möge abflauen und die Menschen und ihre Leidenschaften seien sich zugetan. Denn dann geht es auch der blauen Murmel, die unser Planet ist und der auch 2025 mit dem Licht der Leselampen in den Bordbibliotheken wie auch Plänen für neue Bücheregale und Grafikschränke auf den Nemo-Brücken der Sammler gesegnet sein soll, gut und ist die Bedingung für gesellendes Tun, gemeinsames Genießen und Betrachten. Dieser Wunsch, dass alles wieder besser werden möge, ist quasi jedem der eintreffenden Grüße und Wünsche zu entnehmen. Gut so.

(André Schinkel)

Sa, 28.12.2024

Ist sicher die berührendste Wiederentdeckung des Literaturjahrs 2024: F. G. Klopstock. Kai Kauffmann widmet dem Dichter die erste Monografie seit 140 Jahren. Sie erschien im Wallstein-Verlag Göttingen.

Buch des Monats Dezember – zum Abschluss des Klopstock-Jahrs

Es dürfte, bei gleichzeitigem Kant-, Kästner- und Kafka-Jahr, die berührendste Ehrenrettung in 2024 gewesen sein: Die Würdigung Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724–1803) zum 300. Geburtstag. Ja, nun: Ehre, wem Ehre gebührt – mit Klopstock! Eine Biographie legt Gemanist Kai Kauffmann das wohl fundierteste denkbare Werk dieses nicht hoch genug einzuschätzenden Vorausgängers von und Toröffners für Goethe, Schiller, Hölderlin, Novalis ... kurzum, der Dichter-Elite um 1800, im Wallstein-Verlag in Göttingen vor. Kauffmanns wuchtige Monografie ist dabei das umfassendste Lebensbild dieses Meisters der Empfindsamkeit, der sich, ad astra per aspera, aus den Plattitüden der Anakreontik befreit ... und zugleich die antiken griechischen Metren aus der quantitierenden zur akzentuierenden Sprache auslöst und transformiert, wodurch überhaupt erst ihre Anwendung und Vollendung durch die ihm Nachfolgenden möglich ist, seit 140 Jahren. Und dabei ist der Ruhm Klopstock alles andere als an der Wiege gesungen: Gilt doch sein Familienzweig innerhalb seines Stands als gescheitert und muss da einiges an Energie aufgewandt werden, dass FGK in Pforta zur Schule gehen und in Jena und Leipzig studieren kann. Klopstock selbst weiß da längst um seine Mission: Dichter will und muss er werden und mit dem Messias der deutschen Sprache ein eigenes Epos um Jesus Christus geben. Seinerzeit hochberühmt, gilt es heute als wohl ungelesenstes Werk der Weltliteratur. Mit dem dänischen König wird schließlich 1750 ein Mäzen gefunden, dass Klopstock an seinem Opus magnum arbeiten und es vollenden kann. Wichtig ist F. G. Klopstock gleichwohl geblieben: als Dichter geistlicher Lieder und Oden, in denen er mit Gott brüderlich spricht. Vor allem aber seine Liebeslyrik gehört zum Schönsten, was das Abendland hervorbrachte: Rein um der Liebe willen dichtete er Großes wie Das Rosenband. Diesen Meister und ersten Star der neuzeitlichen Literatur dem Vergessen entnommen zu haben, ist das gewaltige Verdienst von Kai Kauffmann. (Kai Kauffmann: Klopstock! Eine Biographie. Göttingen: Wallstein-Verlag 2024. 420 S., mit 30 z. T. farb. Abb.en, geb., Schutzumschlag, 14,4 x 22,7 cm, ISBN 978-3-8353-5569-9, 36 Euro.)

(André Schinkel)

Do, 26.12.2024

Dietmar Hörnig ist Mitstreiter der Südthüringer Lite-raturwerkstatt, die wieder im März tagt. Pirckheimer André Schinkel leitet dort seit 2015 die Prosaklasse.

Gedicht zur Jahreszeit: „Winter“

Ich stehe am Fenster und schaue verträumt hinaus.
Über Nacht verändert sind Garten, Hof und Haus.
Silberweiße Bänder zieren den alten Apfelbaum,
ob er wohl versunken in einem Apfelblütentraum?
Das zarte Gras der Wiese, mit einem Zuckertuch belegt.
Eigenartig das Gefühl, das im Innern mich bewegt.
Irgendwie ein Abschied, Gedanken an Gewesenes zurück,  
und dennoch keimt Hoffnung auf Liebe, Freude, Glück.

(Dietmar Hörnig)

Mi, 25.12.2024

"Les Fleurs du Mal" – A. Vollards Ausgabe, Paris 1916.

Charles Baudelaire: „Die Katze“

Komm, schöne Katze, und schmiege dich still
An mein Herz, halt zurück deine Kralle.
In dein Auge ich träumend versinken will,
Drin Achat sich verschmolz dem Metalle.

Wenn meine Hand liebkosend und leicht
Deinen Kopf und den schmiegsamen Rücken,
Das knisternde Fell dir tastend umstreicht
Sanft, doch berauscht vor Entzücken,

Dann seh’ ich sie. Und ihres Blickes Strahl
Er scheint dem deinen, schönes Tier, zu gleichen,
Ist tief und kalt, scharf wie geschliffner Stahl,

Und feine Düfte fühl’ ich zitternd streichen,
Gefährlich süssen Hauch, der gluterfüllt
Den braunen Leib von Kopf zu Fuss umhüllt.

(Aus dem Französischen von Terese Robinson)

Di, 24.12.2024

Ein frohes Weihnachtsfest

Ein frohes Weihnachtsfest, ein paar Tage, 
Zeit spazieren zu gehen und die Gedanken schweifen zu lassen, 
Zeit für sich, die Familie, für Freunde
Zeit, um Kraft zu sammeln für das neue Jahr. 
Ein Jahr ohne Angst und große Sorgen, 
mit so viel Erfolg, wie man braucht, um zufrieden zu sein, 
und nur so viel Stress, wie man verträgt, um gesund zu bleiben, 
mit so wenig Ärger wie möglich und so viel Freude wie nötig, 
um 365 Tage lang glücklich zu sein. 

Dazu gehört auch ein schönes Buch in der Hand. 

Dies alles wünscht Ihnen der Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft

Matthias, Till, Hans, Dan und Robert

Mo, 23.12.2024

"Franz Hohler & friends" erschien bei Luchterhand. Der berühmte Schweizer Autor würdigt, porträtiert Menschen, die ihm in über 50 Jahren begegneten.

Gelesen übers Jahr · Extra: Franz Hohlers „Franz Hohler & friends“

Es sind große Namen dabei und solche, die man vielleicht nur in der Schweiz oder in Zürich kennt: Mit Elias Canetti ein leibhaftiger Nobelpreisträger, ja, und mit Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch noch zwei, die unbedingt den Nobelpreis verdient gehabt hätten; und dass der Tausendsassa Franz Hohler mit Wolf Biermann und Lutz Rathenow befreundet ist, liest sich hier neu, ist aber, wenn man es nun weiß, auch ganz und gar folgerichtig. Über Emil und Peter Bichsel wundert man sich nicht, denn das ist die Sorte an Qualität, mit der man Hohler per se auf der Rechnung haben muss. Der große Erzähler (Cellist und Kabarettist ist er zudem) Franz Hohler (dessen Aufmaß an Realismus und Surrealismus in seiner Arbeit auch Teil des Gesprächs mit Canetti, den er im Zug trifft, ist, und ihn berühmt machte) legte mit Franz Hohler & friends kein Meet-&-Greet- oder Best-of-Album vor, nein, es sind: Erinnerungen, Ansprachen, Würdigungen, Bekundungen, Trauerreden, die auf Begegnungen reagieren oder je anlässlich dieser gehalten werden. Aus fünf Jahrzehnten plus wählt der Autor diese, ein Kompendium, mit Gedichten und auch Dialektalem durchsetzt, jede Begegnung eine kleine Offenbarung, ein „Lob der Freundschaft“, wie man es dem Weltenwanderer und Freundschaftsgeist F. H. zutraut. Das Buch, das in schöner Ausstattung ähnlich der sammelnden Bände des Autors erscheint und sich so, gleichwohl ein ergänzendes Opus, nahtlos in die Phalanx des sortierten Werkbände: zweimal Erzählungen, die Gedichte, zuletzt die Bahnhofsromane, und die späten Prosakollektionen einfügt, gibt auch Einblick in den weiten Kreis derer, die dem Autor in den Blick treten und ist im Übrigen auch ein kleines, mit Verlaub, Bestiarium litteraricum der Schweiz. Leise wünscht man, man wäre selbst mit Hohler befreundet, und er käme und sagte ein paar Worte über einen, und es wäre noch nicht die Beerdigung, bei der man das zu hören bekommt, denn dann könnte man ihn mal in den Arm schließen hernach und zu einem Viertele einladen. Naja, aber das klappt auch noch. (Franz Hohler: Franz Hohler & friends. Reminiszenzen/Würdigungen. München: Luchterhand 2024. Hardcover mit Schutzumschlag, 304 Seiten, ISBN 978-3-63087-775-4, 24 Euro.)

(André Schinkel)