Pirckheimer-Blog

Deutsche Nationalbibliothek

Sa, 22.06.2024

Unteres Schloss Greiz: Uwe Klos stellt ab 23.06. aus.

Uwe Klos: „Himmelsgegenden etc.“

Zur neuen Ausstellung Himmelsgegenden etc. mit einer umfänglichen Präsentation Arbeiten des Cossengrüner Künstlers und Pirckheimer-Freunds Uwe Klos lädt das Untere Schloss in Greiz (Burgplatz 12, 07973 Greiz) ab dem 23. Juni bis zum 11. August 2024 ins Museum eben jenes ein. Ausgestellt werden in der Retrospektive botanische Fotogramme aus dem Zyklus Naturformen, Radierungen, Künstlerbücher (darunter der jüngste Band: Alant, Mahonie, Zaunrübe, von dem der Blog der Gesellschaft bereits berichtete und der, wie es Klos unnachahmlich freut, „jüngst in die ewigen Büchergründe der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig eingegangen ist“; ferner eine Übersicht von Klosens Beteiligung an der Berliner originalgrafischen Literatur- und Kunstzeitschrift Herzattacke, die seit 1988 bei Edition Maldoror erscheint, Malerei, großformatige Monotypien.

Die Linernotes Vom Staunen in der Kunst dazu lesen sich ganz wunderbar: „Waren die letzten Universalgelehrten Johann Wolfgang von Goethe und Alexander von Humboldt? Ist der sogenannte Jenaer Kreis des ausgehenden 18. Jahrhunderts, deren Vertreter Poesie, Philosophie und Naturwissenschaften genial miteinander verbanden, vergessen? In diesen Jahren war Jena das geistige Zentrum Deutschlands – gemeinsam entdeckten Goethe, Schiller, Fichte, die Brüder Schlegel und Humboldt die Welt, interpretierten sie neu, prägten uns somit bis heute. Obwohl diese Lehren und Erkenntnisse vielen Menschen nicht im Einzelnen abrufbar sind, bilden sie oft einen wichtigen, aber unbewussten Bestandteil, unseres kollektiven, kulturellen Gedächtnisses.“

Und weiter geht getreu des Credos Die Welt entdecken – das ICH entdecken für die Schau: „Die neue Sonderausstellung des Künstlers Uwe Klos in den Räumlichkeiten des Museums im Unteren Schloss lädt zu Entdeckungen ein, die eine empfindsame Inspiration durch das Sehen in uns auslösen kann. Die gewaltige Kraft und sanfte Sensibilität seiner Kunstwerke ist durch die virtuose Nutzung verschiedener Techniken sowie künstlerischer Ausdrucksformen zu erklären. Dadurch wird eine dramaturgische Bandbreite vermittelt, der sich kein Betrachter entziehen kann.“

Nicht nur der Beititel Malerei – Grafik – Fotogramme vermittelt eine Vorstellung von der Vielfalt des Dargebotenen, sie ist auch in der Tempus-Facettierung abzulesen: „Die Ausstellung ist gleichsam als ein Spaziergang durch das Werk verschiedener Schaffensperioden des Künstlers angelegt. Den Auftakt bilden Werke hoch aktueller Ölmalerei, die durch eine großflächig angelegte Farbigkeit bestechen und eine provokative Konfrontation mit dem ICH (sic!) regelrecht provoziert. Versteckte Symbole könnten die Gemälde entschlüsseln, aber die Bildgewaltigkeit von Farbe und Form lässt den Betrachter in einen Kosmos eintauchen und bestenfalls eine Resonanz zum ICH erleben."

Das grafische Werk umfasst Monotypien, fotochemische Malereien, diverse Radierungen sowie die wunderbaren Künstlerbücher von Uwe Klos. Letztere begeistern durch die komplementäre Verbindung von Typografie mit der Thematik der Texte und den angewandten künstlerischen Techniken des Schaffensprozesses. Im Jahrhundert um Goethe wurde eine visuelle Ästhetik zur Bildgeschichte der Botanik entwickelt, die sich ausschließlich grafischer Vervielfältigungsverfahren bedienen konnte. Erst die Erfindung der Fotografie befreite pragmatische Abbildungsverfahren von der Kunst und eröffnete nochmal völlig neue künstlerische Möglichkeiten: Gestalten mit Licht.

Weiter heißt es in der Einladung: „Fotogramme ermöglichen eine Abstraktion, weil sie eigentlich Schattenbilder sind und im Spiel von Aufnahmematerial und Licht entstehen. Diese Fotogramme bilden einen großen Bestandteil im Œuvre des Künstlers Uwe Klos. Sie sind eine künstlerische Neuentdeckung der Natur mit historischen Bildverfahren, die zur höchsten Blüte gebracht wurden. Der Betrachter erlebt das Sehen der täglichen Umgebung völlig neu, weil der schöpferische Akt einer Bildkomposition naturgegebene Details in den Mittelpunkt (...) stellt. Die historische und fast vergessene Technik der Fotogramme erscheint so unfassbar passend, weil sie durch ein unbewusstes kulturgeschichtliches Erleben die Anfänge der Fotografie vermittelt, das künstlerische Potential der historischen Fotografie nutzt und dadurch völlig neue Perspektiven eröffnet.“

Und schließlich: „Das besondere Erlebnis dieser Ausstellung ist die Verbindung von Poesie und Bildender Kunst, ganz im Sinne der Universalgelehrten – viel Freude bei der Entdeckung der Welt in den Himmelsgegenden des Museums im Unteren Schloss.“ Uwe Klos, der 1959 in Gera geboren wurde, stellte vielfach in Deutschland, Litauen, in Portugal, Slowenien, Tschechien und in den USA aus. Seine bibliophilen Werke werden u. a. in Leipzig und Weimar gesammelt. Die Ausstellung im Greizer Schloss ist im genannten Zeitraum jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr zu sehn.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Do, 25.04.2024

Initiator Jürgen Jankofsky am 23.04. vor der DNB.
"Logbuch" und "Verse von einer Universität" – am 23.04. ehrten Christoph Liedtke, Thomas Kunst, Jürgen Jankofsky, Adina Heidenreich und André Schinkel Walter Bauer (1904–1976) in der DNB.

Walter-Bauer-Ehrung in Leipzig

Er dürfte zu den zu Unrecht lange vergessenen mitteldeutschen Autoren des letzten Jahrhunderts zählen: Walter Bauer (1904–1976). Geboren als Arbeiterkind in Merseburg, wurde Walter Bauer Lehrer – es war aber vor allem sein zweites Buch, das ihn 1930 schlagartig berühmt machte: Stimme aus dem Leunawerk. Die Größen der Epoche: Walther Victor, Kurt Tucholsky, Stefan Zweig, Max Tau und Hermann Hesse, lobten diesen Band, der Lyrik und lyrische Prosa enthielt und auf eine neuartige Weise in Tradition von Expressionismus und Neuer Sachlichkeit eine Literatur der Arbeitswelt schuf, die ihresgleichen suchte. Der Beginn eines Werks, das sich weit öffnen sollte und zu Lebzeiten neunzig Bücher zeitigen: Romane, Erzählungen, Essays, Stücke, Hörspiele und immer wieder Gedichte. 1952 wanderte Bauer, von den restaurativen Entwicklungen in der jungen Bundesrepublik und nicht zuletzt durch das Scheitern einer Liebe enttäuscht, nach Kanada aus. Es folgten schwere Jahre als Tellerwäscher und Hilfsarbeiter, danach studierte Walter Bauer in Toronto Sprache und Literatur und brachte es zum Lecturer und schließlich zum Associate Professor. Sein Werk wuchs und wuchs – ein Dilemma seiner Diaspora aber war, dass Bauer weitgehend sein Publikum verlor. Sein Kollege und Bruder im Geiste Jürgen Jankofsky, Merseburger wie er und in Leuna lebend, war maßgeblich an der Wiederentdeckung Bauers in seiner Heimat beteiligt, er vertritt mittlerweile die weltweiten Rechte an dessen Werk. Seit 1980 gibt es eine Reclam-Ausgabe der Stimme aus dem Leunawerk, sie wurde initiiert durch Hans-Martin Pleßke (1928–2010), der mehr als vier Jahrzehnte an der DNB wirkte und einer der ersten Walter-Bauer-Preisträger war. So ehrte die Buchpremiere am 23.04. auch ihn. Gegenstand war der neue Band der Bauer-Reihe im Mitteldeutschen Verlag, der zwei Gedichtbände aus dem Nachlass vereint. Herausgeber Jankofsky hatte dafür mit Thomas Kunst und Pirckheimer-Freund André Schinkel zwei Preisträger und Adina Heidenreich und Christoph Liedtke zwei Bauer-Stipendiaten geladen. Er selbst, Bauer-Preisträger 1996, moderierte den Abend, zeigte die Bücher des Autors und präsentierte seltene Aufnahmen des Dichters. Die Eingeladenen lasen dazu Texte des zu Ehrenden. In der Buchreihe erscheinen neben Sammelbänden und Monografien des Dichters auch die Funde aus dem Nachlass, nebst den Gedichten auch Artikel, Essays und Kindertexte Walter Bauers. Den Abschluss soll eine Auswahl aus den Tagebüchern bilden. In den letzten Jahren ist eine kleine Bauer-Renaissance zu verzeichnen, so fußt das Drehbuch des Hollywood-Films Grey Owl auf einem Band des Autors, werden immer wieder Einzeltitel nachverlegt und sind die Hörspiele Bauers nach wie vor im ÖRR zu konsumieren. Gute Aussicht also zum 120. Geburtstag des Dichters, der seine Herkunft nie vergessen konnte, am 04.11.24, dem Tag, an dem auch ein neuer Walter-Bauer-Preis vergeben wird.

(André Schinkel/DNB/Pressemitteilung)

Sa, 13.04.2024

Patricia F. Blumes neueste Studie "Die Geschichte der Leipziger Buchmesse in der DDR" ist erschienen im März bei De Gruyter Saur und dürfte sich in der Bearbeitung der Materie als Standardwerk erweisen.

Die Geschichte der Leipziger Buchmesse in der DDR

Die Geschichte der Leipziger Buchmesse in der DDR – das 772 Seiten fassende Kompendium von Patricia F. Blume könnte ein neues Standardwerk in der Geschichte der geteilten deutschen Kulturpolitik vor der Wiedervereinigung werden. „Literaturtransfer, Buchhandel und Kulturpolitik in deutsch-deutscher Dimension“ lautet denn das Motto auch, das den Untertitel des Bands, der bei De Gruyter Saur im März 2024 gebunden (ISBN 978-3-11131-596-6, für 69,95 Euro) und als E-Book (der Digital-Download ist direkt auf der Webseite des Verlags möglich) an exponierter Stelle erschien. Der Verlag schreibt zur Publikation: „Die Studie fächert erstmals die Entwicklung der Leipziger Buchmesse von 1945 bis 1990 auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand die Messe ihre Rolle im planwirtschaftlichen Literaturbetrieb. Die DDR nutzte sie als Leistungsschau, um Bücher und Kultur vor internationaler Kulisse in Szene zu setzen. Dabei diente das Frankfurter Pendant als Maßstab. Für die Lesenden in der Diktatur bot die Messe einzigartigen Zugang zu westlichen Medieninhalten und war Ort des legendären Messeklaus. (...) Durch die Messe wurde Leipzig zu einem Knotenpunkt des deutsch-deutschen Kulturaustauschs. Die Verlage der Bundesrepublik suchten den Kontakt und wirkten als Schrittmacher des innerdeutschen Literaturtransfers. Mit Blick auf die konfliktreiche Beziehung beider Börsenvereine leisteten sie einen wichtigen Beitrag zur Entspannung zwischen Ost und West. Auf einer breiten Quellenbasis rekonstruiert Patricia F. Blume die Entstehung der Leipziger Buchmesse, ihre Funktionen und ihren Wandel. Dabei verbindet sie Buchhandelsgeschichte mit Wirtschafts-, Alltags-, Kultur- und Rezeptionsgeschichte.“ Das Werk stammt aus berufener Feder: Die Autorin ist promovierte Buch- und Medienwissenschaftlerin und arbeitet an der Unibibliothek Leipzig in diversen Funktionen, neben anderem leitet sie dort den Fachinformationsdienst für Medien- und Kommunikationswissenschaft – und betreut zudem die beiden Rundfunkarchive der Einrichtung. 2020 bis 2023 war sie als Projektkoordinatorin an der halleschen Burg“ tätig. Ihr Buch stellt einen elementaren Beitrag zur Geschichte der Messe dar.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 09.04.2024

Die "Bücherkinder" in Brandenburg an der Havel. Die Gruppe wird von den Pirckheimern unterstützt, ihr Mentor ist der Pirckheimer-Freund Armin Schubert.
Die "Bücherkinder" publizierten mehrere Bücher. Sie sind zahlreichen Künstlern und Werken gewidmet.
Auch Olaf Scholz schätzt die Arbeit der Domschüler.
Der "Phönix von Aschersleben" von Sven Großkreutz.
Der "Letzte Tanz" von Altmeister Karl-Georg Hirsch.
Claudia Berg: "Haus bei Burano". Die Meisterin der Kaltnadel wurde u. a. mit dem Meid-Preis geehrt.

Blatt für Blatt: „Bücherkinder“ und die „Edition Pirckheimer“

Die Gesellschaft trägt die Lust auf Buchkunst ins Land. Ein Blick auf zwei ihrer Initiativen

Ein hehres Anliegen besitzt zuweilen einen etwas drögen Sound. In der Satzung der Pirckheimer-Gesellschaft heißt es denn auch sachlich: „Der Verein hat den Zweck, das Sammeln von schönen und wertvollen Büchern, von Grafik und Exlibris zu fördern und zu unterstützen, Kenntnisse über Geschichte und Gegenwart des Buches zu verbreiten, Mitglieder und Öffentlichkeit mit Werken der Buchkunst und Grafik vertraut zu machen, zur Entwicklung der grafischen Künste beizutragen und das Exlibris zu pflegen.“ Das klingt nach mächtig viel bibliothekarischer Emphase, ist vielleicht auch der Reeducation-Stimmung der 1950er Jahre geschuldet, in der die Gesellschaft gegründet wurde. Was ist schön? Was ist wertvoll? Welche Werte vermitteln wir? 

Bei solch fluiden Kategorien ist die Bandbreite der Perspektiven groß: Antiquare, Buchhändler, Verleger, Künstler, Drucker, Sammler, Leser gehören zu uns, auch Institutionen wie die Bayerische Staatsbibliothek, das Literaturarchiv Marbach, die Deutsche Nationalbibliothek, die Büchergilde Gutenberg bis hin zu Verlagen wie die burgart presse, die Edition Mückenschwarm oder The Bear Press. Buch und Grafik als Kulturgut, Wissensträger, Kunstobjekt, Geschichtsquelle, Unterhaltungsmedium sind unser Thema, sich widerspiegelnd in den Marginalien, unserer Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie, in Jahresgaben, Grafikeditionen und Buchförderungen. Aber wir wären nicht solch eine lebendige, 600 Mitglieder umfassende bibliophile Gesellschaft in Deutschland, wenn wir das so trocken handhaben würden, wie es klingen mag. Zwei Initiativen unserer Gesellschaft, die Bücherkinder und die Edition Pirckheimer, sollen dafür Beispiel sein. 

Wie bekommen wir Kinder zum Lesen und Erwachsene zum Sammeln? An diesen beiden Herausforderungen arbeiten wir verstärkt seit einigen Jahren. Der Kunstpädagoge Armin Schubert, seit Jahrzehnten Pirckheimer, ist der Kopf hinter den Bücherkindern Brandenburg. Seine Idee: Kinder beschäftigen sich ein Jahr lang mit einem Thema und machen am Ende ein eigenes Buch. In der kreativen Auseinandersetzung mit Originaltexten und -illustrationen wächst Verständnis für Literatur, für Geschichten, Bilder. In den Räumen der Evangelischen Grundschule am Dom zu Brandenburg entstehen so Jahr um Jahr Kleinode. Die Kinder recherchieren, diskutieren, zeichnen, dichten, probieren sich in originalgrafischen Drucktechniken von Linolschnitt über Radierung bis Siebdruck. Am Ende mündet es in einer von Sven Märkisch und Dietmar Block in der Galerie Sonnensegel gedruckten und von Henry Günther in der Edition BuchKunstBalance gebundenen kleinen Auflage. So entstanden schon elf Titel, u. a. zu Theodor Hosemann, Christa Wolf, Werner Klemke, Arno Mohr, Jurek Becker, Harald und Robert Metzkes, Egbert Herfurth, Franz Fühmann.

Zum Thema Schriftstellerkindheiten tauchten die Kinder ein in die Erinnerungen von Günter Grass, Franz Fühmann, Christa Wolf und Jurek Becker. Neben den eigenen Illustrationen der Kinder steuerten erstmals auch bekannte Künstler Originalgrafiken zum Buch Die Farben der Kindheit bei: Rainer Ehrt, Katrin Stangl, Sven Großkreutz, Klaus Süß, Moritz Götze. Das jüngste Buch erschien im Dezember 2023 zum Thema Frieden: Pax questuosa. Aktueller denn je, Hommage jeweils an die einzigartige Künstlerin Núria Quevedo und die große Erzählerin Anna Seghers.

Die Pirckheimer unterstützen finanziell, materiell und mit Kontakten, denn oft genug treffen sich die Kinder mit den Künstlern oder mit Personen, die sie kannten. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kam zu Besuch, schrieb ihnen auch eine Postkarte für das Buchprojekt über Jurek Beckers Karten an dessen Sohn, was die Kinder zu eigenen Karten anregte; es entstand ein langes Filminterview zwischen Klaus Ensikat und Denis Scheck, das die Kinder mit eigenen Texten zu Ensikat-Bildern flankierten; die amerikanische Leseforscherin Maryanne Wolf wurde auf sie aufmerksam u. v. m. Immer geht es den Kindern dabei um den produktiven Austausch mit dem Vorgefundenen. Und auch Bundeskanzler Olaf Scholz ließ es sich nicht nehmen, sie zu besuchen.

Im Falle unserer Edition Pirckheimer denken wir an eine ältere Zielgruppe. Unserer Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophile Marginalien liegt pro Ausgabe für jedes Mitglied eine Originalgrafik bei. War dies in der Vergangenheit nur in vereinzelten Heften der Fall, so etablierten wir vor sieben Jahren die regelmäßige Beilage mit jeder Ausgabe. Auch ein Grund für unser Mitgliederwachstum. Wir freuen uns, mit den preiswerten Blättern namhafter Künstler wie Max Uhlig, Dieter Goltzsche, ATAK, Volker Pfüller, Ottographic, Strawalde, Frank Eißner, Thomas Ranft, augen:falter, b.a.c.H. und vielen weiteren vor allem jüngeren Lesern den Aufbau einer eigenen Grafiksammlung zu ermöglichen. Trotzdemergibt sich daraus ein paradoxes Problem: Je erfolgreicher die Zeitschrift, je höher ihre Auflage, desto mehr steigen die Kosten und sinkt der Sammlerwert der Grafiken.

Vor einigen Jahren haben wir auf dieses Problem mit der Herausgabe einer exklusiven Edition Pirckheimer geantwortet: einer Grafikmappe in kleiner Auflage, die den Sammlern etwas Besonderes bietet und deren Ertrag dabei hilft, die Finanzierungslücke für qualitätsvolle Grafik-Beilagen der Marginalien auszugleichen. Kuratiert von Jens-Fietje Dwars, u. a. Herausgeber der literarischen Edition Ornament im quartus-Verlag, starteten wir mit sieben A3-Blättern in 35er Auflage von den Künstlern Susanne Theumer, Hans Ticha, Klaus Süß, Moritz Götze, Kay Voigtmann, Strawalde und Baldwin Zettl. Obwohl die Subskribenten jenseits des Auftaktblatts von Zettl die Motive nicht kannten, war die Auflage schnell verkauft, und die Besteller freuten sich alle zwei Monate über ein neues Blatt. Ein schöner Erfolg, der auch auf dem Vertrauen der Käufer fußte. Mit der 2022 lancierten zweiten Mappe der Edition passten wir das Konzept leicht an: Auflage 50 Exemplare, alle sieben Blätter liegen bereits vor. Somit weiß jeder, was ihn erwartet, wenn er die Edition abonniert.

Karl-Georg Hirschs Holzschnitt Letzter Tanz krönt darin eine ganze Reihe oft skurriler Paare des Altmeisters, die weniger harmlos tänzeln, als vielmehr ihre Kräfte messen. Dieter Goltzsche trägt eine kleine Radierung namens Schaukelpferd bei. Max Uhlig gab uns für die Mappe eine radierte Frauenkopf-Studie aus dem Jahr 1978, von der bislang noch keine Auflage gedruckt wurde. Seine Malerkollegin im Geiste, Gerda Lepke, zeichnete in ihrer Algrafie mit bekannt freiem Strich ein geheimnisvolles Paar. Der Grafiker und Maler Gerd Mackensen zeigt mit seiner handkolorierten Radierung Nur Narr! Nur Dichter! einen Nietzsche jenseits verklärender Heroisierung. Als Vertreter nachwachsender Generationen konnten wir Sven Großkreutz gewinnen. Sein rätselhaftes Blatt Phönix aus Aschersleben ist aufwändig in Ätzradierung, Aquatinta, Kaltnadel und Aussprengtechnik gearbeitet. Und Claudia Berg beschließt die Mappe mit einem Blatt aus ihrem jüngsten Venedig-Zyklus: Haus bei Burano ist ein weiteres Zeugnis ihrer atmosphärisch dichten Radierkunst. 

Die Mappe wurde erneut von Silke Steinhagen in Weimar gebunden, ein Beiblatt in Bleisatz von der Pavillon-Presse Weimar gedruckt. Sieben Blätter für 1.600 Euro, die in ihrer Zusammenstellung mit hoher künstlerischer Varianz verzaubern. Wofür beim Kind Interesse geweckt wurde, das kann echte Sammlerleidenschaft im Erwachsenenalter zeitigen. So, hoffen wir, geht der Samen auf.

(Till Schröder, Text ist erstveröffentlicht im Begleitbuch der BuchDruckKunst, Hamburg 2024)

Mi, 30.08.2023

Michael Hillens Band "Wo das Gestern geblieben ist" erschien bei Königshausen & Neumann in Würzburg. Darin zeigt sich der Bonner Autor als "Landschafter der Erinnerung" und des Auftreffens dieser auf die Gegenwart. Ein Teil des lyrischen Werks von Michael Hillen erschien auch in originalgrafischen Ausgaben.

Wo das Gestern geblieben ist

Der Bonner Dichter Michael Hillen ist ein im besten Sinne Muster der Beständigkeit, der stillen Lotenstiefe dessen, was zu erinnern und zu verhandeln ist, wie des unabdingbaren Hinblickens in dieser wirren und sich mehr denn je überkullernden Zeit. Im letzten Jahr erschien beim Würzburger Verlag Königshausen & Neumann sein jüngster Gedichtband, der in der Zählung der elfte ist und in einem Dreischritt, den die Kapitel des Buches gehen, der Frage nachstreift, (w)o das Gestern geblieben ist, wie man es aus der Ferne betrachtet, dann in größerer Näherung und was schließlich im Heute noch (so der Titel des Schluss-Zyklus) davon zu erkennen, zu entdecken bleibt. Es ist ein seismisches Zoomen und Loopen in diesen leisen Texten, das überaus berührt und die Voids und Filamente zwischen den Mikrokosmen und Makrokosmen füllt und befährt. Die große und hohe Einfachheit, mit der diese Gedichte treffen, kann frappierend sein. Die Ruhe im Sprechen, mit der Michael Hillen sein Sichtungs- und, ja, Erinnerungswerk in Wo das Gestern geblieben ist fortsetzt, erzählt zugleich von der Kraft, ist zu konstatieren, mit der dieses Sprechen gebündelt und in seiner äußeren Unaufgeregtheit kühl hält, ist zuweilen erstaunlich, wird doch vom Scheitern, auch von Verletzungen berichtet, gibt es ein Bedauern über die aussterbenden Wörter, zeigt sich Hillen de facto als Landschafter der bewahrten und vergessenen Dinge, hält fest, worin sich das eigene und wie die in dieses hineinragenden Leben der andern ein- und auszeichnen ... was noch auf dem Totenbett nach vorn schauen lässt, auch im Angesicht der Bruchkante, die das Leben wie letztlich die Welt im, wie gesagt, Großen wie im Kleinen begrenzt. „Poesie, die mit feinem Instrumentarium sich aufmacht, Vergangenem nachzuspüren und dabei auf unvermutet Gegenwärtiges trifft – seiner Melancholie, bisweilen seinem Schrecken ...“ So beschreibt es der Klappentext des hundert Seiten fassenden Gedichtbuchs, das den Wundbildern (Bordenau/Venezia 2016) und der sympatrisch zu nennenden Vorgänger-Sammlung Antonia und andere Frauengeschichten (Ludwigsburg 2018) nachfolgt – und genau so ist es. Wie die Wundrosen gibt es auch den Zwischenband Stockrosen (2020) als bibliophile Ausgabe, letzteren sogar als hochfeines Kassettenwerk im Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Leipzig. (Michael Hillen: Wo das Gestern geblieben ist, Gedichte. KlBr., Würzburg: Königshausen & Neumann 2021, 100 Seiten, ISBN 978-3-82607-426-4, 14,80 Euro.)

(André Schinkel)

Do, 13.07.2023

Namensgeber Johannes Gutenberg (ca. 1400-1468).
Eines der jüngsten unter den Spector Books: Oskar Negts und Alexander Kluges "Kant-Kommentare".
Spector-Books-Team 'at home'. | © Arthur Zalewski

Leipzig: Gutenberg-Preis für 2023 an Spector Books überreicht

Der renommierte Leipziger Gutenberg-Preis für 2023 musste gar keine lange Reise auf sich nehmen, denn er blieb mit der Vergabe an das Spector-Books-Kollektiv in jener Stadt, die sich an Pleiße und Weißer Elster im Zentrum der nach ihr benannten Tieflandsbucht pulsierend ausbreitet. Dort residiert die Spector Books OHG in der Harkortstraße 10 recht zentral und wurde vielfach als exzellentes Beispiel für die schöne und international zugleich wirksame Publikations-Strategie eines so jungen wie hochambitionierten Editionshauses im Spiegel einer Renaissance Leipzigs als Buchstadt geehrt und gefeiert ... Im aktuellen Programm schlagen 47 prämierte Titel  zu Buche. 

So zeigte sich denn auch bei der Verleihung des Preises am Abend des 20. Juni im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung erfreut, dass die Ehrung einerseits einer ambitionierten Editoren-Gesellung wie dem Team von Spector Books zuerkannt wurde und andererseits diese in der Stadt und weit darüber hinaus als Signet für buchgestalterische Qualität und Kompetenz steht: „Spector Books ist ein Glücksfall für unsere Stadt!“ Und die Dotierung, die sich im Fall des Gutenberg-Preises, der unter anderem bereits an Karl-Georg Hirsch, Eckehard SchumacherGebler oder Judith Schalansky ging, auf stattliche 10.000 Euro beläuft, dürfte gut für die Realisierung („das der Buchstadt zur Ehre gereicht“, wie sich der OB ausdrückte) eines weiteren Projektes von Spector Books angelegt sein.

Die Jurybegründung für die Vergabe der im jährlichen Wechsel mit dem Mainzer Gutenberg-Preis der Gutenberg-Gesellschaft vergebenen Ehrung ist denn auch eindeutig und beruft sich auf die weite und zugleich eindeutige Fassung der Gestaltungsmöglichkeiten, die sich letztlich in einer Art Spector-Credo vereinen, die die Exegese ostdeutscher ‚Archäologien‘ ebenso einbegeift wie indigenes Wissen, neueste fotografische Trends sowie die Denkräume uniquer Geister à la Oskar Negt oder Alexander Kluge und nicht zuletzt auch den Traum von der Mond-Reise: „Mit Spector Books wird ein junger, doch bereits international renommierter und vielfach prämierter Verlag mit dem Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig ausgezeichnet, der das Buch mitsamt seines haptischen, visuellen und inhaltlichen Materials als Erkenntniswerkzeug versteht und mit diesem wie kein anderer die Phänomene und Phantome unserer Gegenwart zu fassen vermag. Zeitgemäßer geht es nicht.“ Geehrt, so heißt es, werden sowohl Output (bisher 800 Werke) als auch Arbeitsweise.

Was da in nur zwei Jahrzehnten entstand, fordert Bewunderung ab. Solange, so die Begründung, „bauen Markus Dreßen, Anne König und Jan Wenzel an einem Publikationskosmos, in dem das Spektrum verlegerischer Praxis und Prozesse stets aufs Neue ausgelotet wird.“ Mittlerweile ist das beachtliche Pensum aber bei weitem nicht allein vom Gründer-Trio zu stemmen, öffnen sich Wege in die verschiedensten Netze und Gewerke, worin sicher eine der plausibelsten Quellen des Erfolges der Verleger liegt – neben der schöpferischen Seite in Autorschaft, Kunst und Gestaltung genießen die ausführenden Zünfte (Lithografie, Druck, Binden) die ihnen gemäße Achtung im Verbund und sucht das Haus gleichsam den Anschluss an die Zukunft und bezieht die Arbeit von Studierenden, Absolventinnen und Absolventen der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) intensiv ein. Das sei „experimentierfreudig wie inspirierend erfahrbar, was es bedeutet, im Zeitalter vorangeschrittener Digitalisierung und schwindender Ressourcen Bücher zu machen …“ Eine solche Ehrung für Spector Books – eine würdige Wahl auf der Höhe der Zeit.

(André Schinkel)

Do, 25.05.2023

"Words like violence / Break the silence": Zeitgleich zum WGT stellen Depeche Mode am 26.05. ihr neues (15.) Album "Memento Mori" in Leipzig vor. Die Stadt ist seit jeher ein Zentrum des "Black Swarm". Und das DBSM bietet im Beiprogramm des WGT am 28. Führungen, Lesung und Workshop zum Thema an.

Eine schwarze Welle in Leipzig

Denkwürdige Tage im Zeichen des Black Swarm stehen der ehrwürdigen und pulsierenden Stadt Leipzig bevor. Pfingsten ist seit vielen Jahren der Zeitpunkt für das europaweit bekannte Wave- und Gotik-Treffen, bei dem sich alle Fans des Gothic, der elektronischen Musik und diverser anderer Künste und Passionen friedvoll vereinen zu zahlreichen Konzerten, aber auch Vorträgen und Lesungen. Und: Der Zufall muss Synthiepopper sein, denn punktgenau am 26. Mai spielen und ausgerechnet am ersten Todestag ihres dritten Mannes Andrew Fletcher mit Depeche Mode Szene-Götter auf der Leipziger Festwiese. Allein dafür werden 75.000 zahlende Zuhörer erwartet. Was hat das nun mit der hehren Stille der Buchkunst zu tun? Einiges: Denn im Beiprogramm des WGT taucht das Deutsche Buch- und Schriftmuseum auf und lädt die Teilnehmer der beiden Events ausdrücklich ein. So beginnt dort am Pfingstsonntag um 11 Uhr eine Führung durch die, nun, gar fantastischen Sammlungen unter dem Titel Monströs! Von Drachen, Fabelwesen und anderen Ungethümen. Das Dunkle, Zaubrische ist ja seit jeher auch das Wesen von bildender Kunst und Literatur. Um 12 Uhr gibt es eine weitere Führung zur schwarzen, hier nun der Buch-Kunst, Peter Schöffer gewidmet. Um 14 Uhr liest mit Christian von Aster ein tiefer Kenner der Gothic-Szene Düster-Vergnügliches im DBSM, gefolgt von einem Workshop im Anschluss, bei dem sich Waver aus alten Büchern ein Dark-Art-Journal bauen können. Die Do-it-yourself-Strecke des Tages endet um 17.30 Uhr. Das neue Album von DM heißt übrigens Memento Mori ... so passt alles zusammen. Da ist eine schwarze Kunst bei der anderen zuhause. Und umgekehrt. So soll es sein. Wohl dem.

(André Schinkel)

Mo, 07.03.2022

Zeichnung: Axel Scheffler / Grafik: Tecton

Verbriefte Freundschaft

Schreiben, Falten, Zukleben, Öffnen, Lesen, Erinnern… - handgeschriebene Briefe sind in digitaler Zeit zu etwas ganz Besonderem geworden. Eine neue Ausstellung der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig „Verbriefte Freundschaft“ widmet sich mit den illustrierten Briefumschlägen des bekannten Illustrators Axel Scheffler einer besonders charmanten Form der Briefkultur: Denn wenn Freunde von Axel Scheffler aus London Post bekommen, handelt es sich immer um ein kleines, manchmal privates, manchmal politisches Kunstwerk. Sie dokumentieren enge, zum Teil jahrzehntelange Künstlerfreundschaften (u. a. mit Philip Waechter, Thomas M. Müller, Anke Kuhl oder Julia Donaldson) und zeigen die künstlerische Originalität von Axel Scheffler. Zugleich sind sie eine Liebeserklärung an die analoge Korrespondenz.
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von rund 200 Briefumschlägen von Axel Scheffler, der einige der beliebtesten Kinderbücher illustriert hat, darunter das im Jahr 1999 erschienene und über 18 Millionen Mal verkaufte Kinderbuch „Der Grüffelo“ von Julia Donaldson.

Ausstellungsbegleitend erscheint im Péridot Verlag die PublikationVerbriefte Freundschaft. Illustrierte Umschläge“.
Und unter dem Titel „…schreib mal wieder! Zur Kulturgeschichte des Briefes“ hat die DNB zusammen mit der Deutschen Digitalen Bibliothek eine neue Virtuelle Ausstellung erstellt, die am 11. März veröffentlicht wird.

Eröffnung: 15. März 2022, 19 Uhr
Ausstellung: 16. März - 25. September 2022

Deutsches Buch- und Schriftmuseum
Deutschen Nationalbibliothek
Großer Lesesaal
Deutscher Platz 1, 04103 Leipzig

Do, 14.10.2021

Abb.: Grafisch

Goethes Faust wird virtuell

An "Literatur goes Comic" sind wir dank des boomenden Marktes für Graphic Novel seit wenigen Jahren gewöhnt, kommt jetzt "Literatur goes virtuell"?

Während ersteres von Freunden des Buches nicht unbedingt negativ gesehen wurde, ja diese teilweise eine solche Neuinterpretation klassischer Texte begrüßten, da vielfach nicht nur neue Zugänge zur Literatur sondern sogar eigenständige Kunstwerke entstanden, dürfte die Reduzierung von Weltliteratur, die Trennung des Inhalts vom geschriebenen Text zum spielbaren Gebrauch für den Gamer, den Konsolen- oder Computerspieler, doch etwas problematischer sein. Es ist zwar damit keineswegs, wie eventuell befürchtet, eine weitere Etappe des Endes vom Buch eingeläutet, aber durchaus eine weitere Abwertung der Literatursprache und des gedruckten Kulturguts.

Dennoch, die Deutsche Nationalbibliothek vermeldet stolz: "Ein Klassiker der deutschen Literatur virtuell: Mit „Goethe VR“ bringt die Deutsche Nationalbibliothek an ihren beiden Standorten Goethes Faust I und II vom Buch auf die VR-Brille.
So wird eine virtuelle Welt erschaffen, die atmosphärisch und inhaltlich dem literarischen Vorbild entspricht und den Spieler*innen die Themen von Faust I und II auf visuell ansprechende Art näher bringt. Eine Produktion von ZDF Digital in Kooperation mit dem Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek, den Goethe-Instituten sowie dem Goethe-Museum Düsseldorf, gefördert von der Computerspieleförderung des Bundes.
Ab Ende Oktober wird die „Goethe VR“ im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig sowie in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt am Main zu erleben sein.
"

Als Freund des Buches und als Bibliophile, als Freund von Literatur und Buchkultur wäre zwar eine Akzeptierung dieses Projekts nachvollziehbar, aber dessen Unterstützung durch das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der DNB bleibt mir unverständlich.

(ad)

Fr, 11.09.2020

Dampfbetriebene Schnellpresse mit Bogenmagazin. Kolorierte Lithographie um 1865.

370 Jahre Zeitungsdruck in Leipzig

Mit der nächsten Kabinettausstellung greift die Deutsche Nationalbibliothek das Thema Tageszeitung auf, ein Medium, das aktuell von großen Umbrüchen geprägt ist und bei dem sich ein rückversichernder Blick in die Vergangenheit lohnt. Aus welchem historischen Kontext heraus entstand vor nun fast 4 Jahrhunderten die Idee, einer damals rasant wachsenden Leserschaft täglich portionierte Informationshäppchen anzubieten? Welchen Bedarf an Wissen sollte das Format decken? Wie unterscheiden sich die verschiedenen technischen Phasen der Zeitungsgeschichte? Und was bedeutet die Zeitung für den intellektuellen Horizont einer Gesellschaft, was bewirken zensorische Eingriffe in das Massenmedium?  

Am „Tag der Zeitung“ am 20. September zwischen 11 und 16 Uhr bietet die DNB ein reiches Angebot: Von druckhistorischen Führungen in allen Ausstellungen – z.B. „Spinning Jenny und die Folgen“, „Druck in der DDR-Subkultur“ u.a. – über interaktive Aktionen an der Druckerpresse bis hin zu Lesungen aus alten Tageszeitungen und einer Präsentation von Flugblättern als Vorläufer der Tageszeitung – und noch viel mehr. Ein besonderer Höhepunkt des Programm ist sicherlich die „Maschinenmusik“ von und mit Christoph Schenker.

Ausstellung: 20. September 2020 - 30. Mai 2021

Deutsche Nationalbibliothek
Deutsches Buch- und Schriftmuseum
Deutscher Platz 1, 04103 Leipzig

Fr, 28.08.2020

Richard Amour: Alles begann mit Europa. Limes, Wiesbaden 1958

House of Europe

Mit „House of Europe. Europäische Zeugnisse in der Deutschen Nationalbibliothek“ hat die Deutsche Nationalbibliothek einen Bildband zusammengestellt. Das schriftliche und musikalische Gedächtnis der Nation bietet mit seinen Sammlungen einen guten Startpunkt, um aus der geografischen Mitte Europas heraus einen Blick auf die Geschichte und Gegenwart des Kontinents zu werfen.

Mit 183 Objekten macht es ohne viele Worte und mit der Lust am Bild auf die Geschichte unseres so vielfältigen Kulturraumes neugierig. Gleichzeitig legt es Zeugnis davon ab, dass die „deutsche“ Kultur weder in der Vergangenheit noch heute ohne die europäische Geschichte erfasst werden kann. Kurze Essays ergänzen den Bilderkosmos und bringen namhafte und überraschende Stimmen zu Europa zu Gehör.

Die Publikation ist am 1. Juli im Verlag Hatje Cantz erschienen und steht auch in digitaler Form zur Verfügung.

House of Europe. Europäische Zeugnisse in der Deutschen Nationalbibliothek.
320 Seiten, 183 Abb.
zu bestellen über dnb.de

Mi, 19.02.2020

Grillenkäfig und Wasserpfeife

Großereignisse, die China in diesem Jahr nach Leipzig holen - der EU-China-Gipfel und die Konferenz der European Association for Chinese Studies - dazu zeigt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek eine Kabinettausstellung, die sich einem seltenen Kulturexport aus Südostasien um 1900 widmet: dem Chinesischen Gelehrtenhaus, das 1914 auf der Weltausstellung des Buches in Leipzig präsentiert wurde. Ob Wasserpfeife, Schreibgerät oder Bildrolle, Grillenkäfig oder Zierkachel: Das Gelehrtenhaus gibt einen Einblick in die Arbeitsweise des Gelehrten und erzählt von Inspiration, Kalligrafie und Drucktechnik. Auf der internationalen Ausstellung war es ein Publikumsmagnet und spiegelt die kulturelle Neugier und die Lebhaftigkeit des internationalen Kulturtransfers am Anfang des 20. Jahrhunderts wider. 

Die Universitätsbibliothek gibt unter dem Titel »China in Leipzig« einen gemeinsamen Katalog heraus. 

Ausstellung: 4. März - 15. September 2020

Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig
Deutscher Platz 1, 04103 Leipzig

Sa, 26.10.2019

FREIHEIT - KUNST - GEMEINSCHAFT

Bauhaus-Ideen als Fragen an die Gegenwart

Das Bauhaus interessierte sich nicht nur für Grundfarben, rechte Winkel und weiße Wände, sondern auch für Gesellschaftsmodelle, politische Utopien und soziale Reformen. In einer Tagung zum Abschluss des Bauhaus-Jubiläumsjahres in Sachsen fragen wir, was uns das Bauhaus für unsere eigene politische Gegenwart heute noch zu sagen hat. 

Wenn sich Mitte November 2019 zahlreiche Museen, Galerien, Bibliotheken, Theater und Kunsthäuser in Deutschland in Hunderten von Veranstaltungen und Publikationen der Geschichte und dem »Erbe« des längst mythisch überhöhten Bauhauses mal bewundernd, mal kritisch angenähert haben, stellen wir nochmals andere Fragen an das Bauhaus: 

Das Bauhaus war politisch höchst unterschiedlich aufgeladen und wurde von seinen Gegnern zumeist mit politischen Argumenten bekämpft. Das geriet im Jubiläumsjahr nur sehr selten in den Blick. Damit verblasste eine basale Intention der historischen Kunstschule und ihrer Nachfolge-Institutionen: Galt es doch, die Freiheit und die Individualität von Künstlern und Kunstschülern radikal zu entfalten, um am Ende zu »neuer Gemeinschaft« zu finden. 

Wie verstehen wir die Botschaften, Experimente, ideale und Hoffnungen der historischen Bauhäusler-Generationen heute? 

Wo bleibt das »Erbe« der avantgardistischen Kunstschule in unserer eigenen ästhetischen Praxis? Welche politischen Utopien der Zwischenkriegszeit sind verblasst - oder regen uns zum Weiterdenken an? 

Tagung: 14./15. November 2019

Deutsches Buch- und Schriftmuseum
der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig

Di, 01.10.2019

© Deutsche Nationalbibliothek

Schmutz und Schund. Die Weimarer Republik

So lautet das Thema einer Kabinettausstellung der DNB Leipzig.

Die Weimarer Republik steht für eine Befreiung von Politik, Kultur und Gesellschaft in den Goldenen Zwanzigern. Aber eine konservative Kulturströmung hielt Heimat und Nation, Harmonie und Sittlichkeit hoch. Der Kampf um Schmutz und Schund in der Weimarer Republik ist der Kernpunkt dieser Auseinandersetzungen.

Hinter den hehren Worten der Gesetzes-Befürworter versteckte sich ein Kampf um die moralische Deutungshoheit auf kulturellem Gebiet: Bürgerliche Eliten wollten auch weiterhin bestimmen, wer was lesen darf. Umgekehrt zeigen die Urteile, dass in den billigen Heftehen durchaus emanzipative Botschaften steckten. Die Schilderung starker Frauenrollen erregte die Prüfstellen, viele Abenteuerhelden erschienen ihnen als undeutsch, Verbrecher, die ohne Reue ihr Treiben schilderten, wirkten aufrührerisch. 

Eröffnung: 10. Oktober 2019, Begrüßung: Michael Fernau, Direktor der DNB Leipzig,  Dr. Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums, Einführung: Jun.-Prof. Dr. Patrick Merziger, Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, Musik: Christoph Schenker, Cello
Ausstellung: 11. Oktober 2019 - 26. Januar 2020

Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig
Deutscher Platz 1, 04103 Leipzig

 

Fr, 17.05.2019

Das Grundgesetz, Ill. Markus Lüpertz, 2012

70 Jahre Grundgesetz

Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig erinnert am 23. Mai an die Geburtsstunde des Grundgesetzes, eine der wichtigsten Publikationen des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland.

Das Deutsche Buch- und Scvhriftmuseum nimmt In einer Veranstaltung, das Grundgesetz und dessen ganz unterschiedliche historische Erscheinungsweisen in den Blick. Zugleich wird auch aktuelle Fragen an den Text gestellt. Denn vier Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft legten die Mütter und Väter des Grundgesetzes Ende der 1940er-Jahre besonderes Augenmerk auf die Begrenzung der Staatsmacht: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus«. Das war ein Befreiungsschlag, der die unterschiedlichen Verfassungstraditionen in Deutschland – von der Paulskirche bis zur Weimarer Verfassung – berücksichtigte.

Was bedeutet das heute? Zu einzelnen Artikeln des Grundgesetzes werden die Veranstaltungsteilnehmer mit einem Juristen des Bundesverfassungsgerichtes Karlsruhe ins Gespräch kommen und es wird eine kleine Auswahl der unzähligen, auch außergewöhnlichen und skurrilen Ausgaben des Grundgesetzes aus den Beständen der DNB vorgestellt.

23. Mai 2019, 17 Uhr

Deutsches Buch- und Schriftmuseum
Museumsfoyer
Deutscher Platz 1, 04103 Leipzig