Pirckheimer-Blog

Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft

Di, 06.08.2013

Juro Kubicek (1906 - 1970)

Kubicek gehörte zu den Berliner Fantasten nach 1945, die versuchten mit einer Form des Surrealismus die Kriegsgeschehnisse zu verarbeiten. Seine zeitkritischen Collagen für die Zeitschrift Ulenspiegel sowie die freigeistigen Bilder in der Galerie Gerd Rosen machten die Alliierten auf ihn aufmerksam, was im Berlin der Nachkriegsjahre zu erhitzten Gemütern führte. Sogar der russische Kulturoffizier Alexander Dymschitz fühlte sich 1948 in seinem berüchtigten Artikel zum Formalismus in der Kunst bemüßigt, Kubiceks Werke in negativer Absicht mit denen von Pablo Picasso und Karl Hofer zu vergleichen. Zu dieser Zeit gastierte Kubicek jedoch bereits als erster Deutscher Künstler an der University of Louisville in Kentucky in den Vereinigten Staaten. Bei seiner Rückkehr brachten ihm seine Erfahrungen und Kenntnisse erneut viel Aufmerksamkeit, so dass er 1949 das work and art studio im Amerikahaus am Nollendorfplatz eröffnete, um junge Künstler ganzheitlich im Sinne des Weimarer Bauhaus zu unterrichten. Durch seine Kontakte organisierte und ermöglichte er zahlreiche Ausstellungen in Berlin. 1954 erhielt er schließlich eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste, die er bis zu seinem frühen Tod 1970 innehielt.
Hatte Gerd Rosen Kubicek bereits 1947 eine Monographie gewidmet, so folgten aufgrund seiner in Amerika entwickelten Arbeiten zahlreiche Ausstellungen: eine Wanderausstellung zeigte zum Beispiel seine Fotomontagen 1950 in deutschen Amerika-Häusern und 1953 stellte er seine neuen tachistischen Arbeiten in der Zimmergalerie Franck in Frankfurt am Main aus, wo kein Jahr zuvor die Quadriga das deutsche Informell ins Leben rief. 1956 wurde er als Vertreter der zeitgenössischen deutschen Collage neben Hannah Höch, Theodor Werner und Helmut Thoma in der Rose Fried Gallery in New York präsentiert. Niemand anderes als Herta Weseher, die später das geltende Standardwerk zur Collage verfasste, bat Kubicek deshalb um Mithilfe bei der Organisation der deutschen Beteiligung, u.a. der Werke von Hannah Höch. Noch 1966 präsentierte die Galerie Springer in Berlin seine erotischen Collagen.
Kubiceks realistischere Werke entwickelten sich zu immer abstrakteren und freieren Arbeiten. So wandelten sich die Landschaften zunehmend zu einem zweidimensionalen Liniengewirr um dann zu offenen tachistischen Farbfiächen zu werden - und auch die frühen, politischen und damit eher erzählerischen Collagen weichen abstrakt-erotischen Kurven und Formen. Nach und nach kreiert er daraus seine ureigenen Formen, verbindet verschiedene Techniken und entdeckt wieder Raum und Tiefe in der Abstraktion. Ebenso kann er in den späten 60er Jahren seine weiche endlose Linie mühelos mit großflächigen Farbformationen kombinieren. Seine oft rätselhafte Technik, die ein meisterliches Verständnis von Materialien und Oberflächen beweist, ist verbunden mit einer exakten und klaren Ausführung, selbst dort, wo ein Bild getropft, zerrissen oder geworfen scheint. 50 schrieb Kubicek 1945: "ich erstrebe ruhe und ordnung der farbe, der fläche, arbeit des intellekts im malerischen."
Unter seinen Zeitgenossen war Kubicek bekannt und geschätzt. Zu seinem Freundeskreis zählten insbesondere Hannah Höch, Jeanne Mammen, Hans Thiemann und Hans Jaenisch - aber Kubicek war stets über alle Kunstentwicklungen bestens informiert. Neben zahlreichen privaten Sammlungen besitzt u.a. die Berlinische Galerie hochwertige Collagen sowie ein frühes Ölgemälde von Juro Kubicek.
(Dr. Niklas Becker)
 
Ausstellung: 9. Auguist bis 25. Oktober 2013
Vernissage am Freitag, den 9. August um 19:00 Uhr
 
Rotes Antiquatriat und Galerie Cristian Bartsch
Knesebeckstr, 13/14
10632 Berlin

So, 04.08.2013

Anne Hofmann

Anne Hofmann: Osman, der Angler
Aladin Verlag, Hamburg 2013
Gewinnerin des 6. Troisdorfer Bilderbuchstipendiums, einer im deutschsprachigen Raum einzigartigen Initiative der VR-Bank Rhein-Sieg, des Aladin Verlages, des Künstlerhauses Lukas in Ahrenshoop und des Museums Burg Wissem ist die Berliner Illustratorin Anne Hofmann. Eine unabhängige Jury wählte ihr Bilderbuchprojekt mit dem Titel »Osman, der Angler« aus über 80 Einsendungen aus.
Die Ausstellung zeigt die Illustrationen, die Anne Hofmann während ihrer Aufenthalte in der Stipendiatenwohnung des Museums und im Künstlerhaus Lukas gestaltete und verdeutlicht anhand von Skizzen und dem Storyboard den Entstehungsprozess des Buches.
Eine Auswahl weiterer Bilder ermöglicht einen Überblick über Anne Hofmanns sonstiges Schaffen. Kinderarbeiten von Troisdorfer Schülerinnen und Schülern schließlich veranschaulichen ihre Arbeit mit Schulklassen im Troisdorfer Bilderbuchmuseum.
 
Ausstellung: 31. August bis 16. Oktober 2013
 
è Burg Wissem, Bilderbuchmuseum
Burgallee

53840 Troisdorf

Sa, 03.08.2013

Löweneckerchen, Gulliver und Ali Baba

Künstlerbücher und Buchobjekte moderner Künstler aus der Sammlung Reinhard Grüner

Seit mehr als vier Jahrzehnten sammelt unser Mitglied Reinhard Grüner Künstlerbücher und hat eine der größten Sammlungen ihrer Art in Deutschland zusammengetragen. Künstlerbücher sind Kunstwerke in Buchform, die in kleinen Auflagen oder als Unikate erscheinen und die künstlerischen Spielräume zeigen, die das Buch als körperlicher Träger von Texten bietet.
Für die Internationale Jugendbibliothek hat der Sammler eine Auswahl von ca. 80 Künstlerbüchern und Buchobjekten getroffen, die sich auch auf die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen beziehen. Seien es Märchen oder Jugendbuchklassiker, die Beschäftigung mit der Welt der Tiere und Schöpfungsmythen, Abenteuer, Reisen oder Spiele: die thematische Bandbreite ist ebenso groß wie die formale. Zu sehen sind künstlerische und verspielte Bilderbücher mit Zeichnungen, Radierungen und Lithografien, Pop-up-Bücher, Leporelli und Buchobjekte internationaler Künstler, u. a. aus Deutschland, Frankreich, Russland, Tschechien und der Ukraine.
 
Ausstellung: 9. August bis zum 10. November 2013
- verlängert bis 14. Januar 2014 -

Schatzkammer Internationale Jugendbibliothek
Schloss Blutenburg
81247 München

So, 21.07.2013

Prof. Dr. Lothar Lang (20.03.1928 - 20.07.2013)

Unser langjähriges und verdienstvolles Mitglied Prof. Dr. Lothar Lang ist gestern friedlich in der Nacht eingeschlafen. Ein Nachruf folgt in Kürze.

Lothar Lang wird uns in Erinnerung bleiben als ein kritische Wissenschaftler, der frühzeitig bemüht war, den Ost-West-Antagonismus in den Kunstwissenschaften zu überwinden und der sich um die Pirckheimer-Gesellschaft in ganz besonderem Maße verdient gemacht hat, indem er viele Jahre im Vorstand mitarbeitete und die MARGINALIEN herausgeberisch betreute. Er leistete u.a. auch mit dem Pirckheimer-Kabinett auf Schloß Burgk einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Wahrnehmung buchkünstlerischer Bestrebungen.
Als seine letzte Arbeit hatte Lothar Lang noch einen Katalogtext zur bevorstehenden Ausstellung "der Maler liebt die Einsamkeit" von Felix Furtwängler geschrieben. Elke Lang und der Künstler möchten die Ausstellungseröffnung auf Schloss Burgk nutzen, um allen denen, die Lothar Lang geschätzt haben, Gelegenheit zu geben, Abschied zu nehmen.

Freitag, 16. August, 18 Uhr: Konzert
Samstag, 17. August, 16 Uhr: Ausstellungseröffnung
18 Uhr: Rustikales Dinner in der Schlossküche Sonntag,
18. August, 11 Uhr: Buchpräsentation der Privat Presse Berlin "young, wild & nieuw"
(Anmeldung bei Felix M. Furtwängler erforderlich: 0174/8072070)

Do, 18.07.2013

Treffpunkt Erasmus

Der Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft hatte auf Anregung unseres Mitglieds Matthias Haberzettl bekanntlich einstimmig beschlossen, dass unsere Gesellschaft das Projekt „Treffpunkt Erasmus“ unterstützt, mit welchem die antifaschistische Vergangenheit unseres Gründungsmitglieds, des Grafikers und Buchillustrators Prof. Werner Klemke, bekannt gemacht werden soll. Dieser hatte, wie erst kürzlich belegt werden konnte, in den Niederlanden während der faschistischen Besetzung zahlreiche Juden vor Deportation und Ermordung bewahrt.
Der hierzu erfolgte
Spendenaufruf erbrachte bislang Spenden in Höhe von  4.426  Euro auf das Konto der Pirckheimer-Gesellschaft (wird ständig aktualisiert).
 
... für weitere Informationen siehe hier!

Im Holzstich gebändigte Energie

Karl-Georg Hirsch und Andreas Brylka. Faszination Holzstich und Buchillustration.
Elemente, 1992
Ist dieser bereits seit 13. Mai Fünfundsiebzigjährige nun der klassische disziplinierte Illustrator, oder doch eher der frei eigene Themen gestaltende Grafiker? Diese schwer zu beantwortende Frage erledigt sich bei dieser Ausstellung von selbst, da sie im Museum für Druckkunst Leipzig als Heimstatt gediegenen Buchdrucks stattfindet. Karl-Georg Hirsch wird hier ausschließlich als der mit hochstilisierter Holzstichakribie arbeitende Buchkünstler gezeigt. Zudem ist sein Ausstellungskomplex mit dem eines zweiten dem Buch verpflichteten Holzstechers verflochten, dem des einst ebenfalls an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig ausgebildeten Hamburgers Andreas Brylka. So entsteht im Vergleich zweier ganz unterschiedlicher Temperamente eine umfassende Schau zur bildkünstlerischen Ausdeutung von Literatur.
Dazu muss man sagen - der Ort der Ausstellung hat es schon in sich. Krabbelt man mühsam zur dritten Etage mit den Ausstellungssälen hoch, absolviert man schon ein Programm des Kennenlernens aller Varianten herkömmlicher handwerklicher Buchherstellung. Beginnend im Hochparterre ist die technische Ausstattung einer Druckwerkstatt alten Stils komplett erhalten. Was in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts noch als Offizin Haag Drugulin und Offizin Andersen-Nexö firmierte, war eine gute Adresse für das Herstellen von Büchern, die häufig genug das auszeichnende Prädikat »schönste« erhielten.
Da nun beide Künstler das im 19. Jahrhundert lediglich als schnöde Reproduktionstechnik verbreitete Stechen in Hirnholz (im Unterschied zum Schneiden in Langfaserholz) pflegen, sind sie hier gut aufgehoben. Und sie zeigen, welche ganz moderne Ausdrucksmöglichkeiten sich darin noch verbergen. Allerdings bleibt der sieben Jahre ältere Andreas Brylka in dem Punkt introvertiert bodenständiger. Sein Prä gilt in alter Kleinmeistertradition der Vignette. Verlässt er dieses ureigenste Terrain, wird er in größeren Formaten schnell mit anderen Meistern wie Werner Klemke oder Aristide Maillol verwechselbar.
Karl-Georg Hirsch dagegen hat nach einer Jugend mit Stukkateurberuf und Radrennsport seine enorme Energiepotenz erst mit der jahrzehntelangen Disziplinierung im akademischen Betrieb gezähmt. »Ich mag es, dass mir das Hirnholz so viel Kraft abnötigt«, meint er selbst dazu. Einerseits differenziert er meisterhaft die Grauwerte im Strichgespinst analog dem grafisch bewegten Schriftbild des von ihm illustrierten Buches. Andererseits birst die Welt seiner oft bizarren Menschengestalten oft geradezu im verqueren Zu- und Gegeneinander. Kontrovers jeder Idylle gegenüber reißt er kuriose bis dämonische Konfliktsituationen auf. Allein der feste Umriss der Buchseite begrenzt die unbändige Bewegungslust der Akteure seiner fast dramatisch zu nennenden Kompositionen.
All das lässt sich, anschaulich verteilt auf vielfältige Rahmungen und Arrangements von Buchbeispielen, in Vitrinen betrachten. Die immer wiederkehrende Anmerkung »Leihgabe Dr. Peter Labuhn« deutet an: Hier zeigt mit dem nun bereits im Ruhestandsalter angekommenen Arbeitsmediziner aus Stendal ein passionierter Sammler von Buchgrafik eine Auswahl aus seinen Beständen. Der enge Kontakt zu dem Künstler entstand, als dieser 1976 bis 2003 vom Dozenten und Werkstattleiter zum Professor und Prorektor der Leipziger Kunsthochschule wurde, und dennoch ununterbrochen selbst entwarf und zeichnete, stach und gestaltete. Allein 24 Exlibris entstanden in der Zeit für das Ehepaar Labuhn.
Mit hier gezeigten Entwurfsskizzen, unveröffentlichten Druckbögen und dem Briefwechsel rundet sich das Bild einer engen Beziehung. Jedes Mal unverwechselbar Hirsch, und immer im nuancenreichen Schwarz-Weiß klassischer Grafik. Welch kritisch-aufklärerischer Geist die für LUBOK, die edition burgart, die Büchergilde Gutenberg oder vor allem für die bibliophile Edition Zwiedruck geschaffenen brandaktuellen Blätter prägt, kommt allerdings hier kaum zum Ausdruck. Holzstich hat doch über alles Technische hinaus eine geistige Dimension.
(Harald Kretzschmar in Neues Deutschland, 17.7.2013)
 
Ausstellung: 9. Juni bis 25. August 2013
 
Museum für Druckkunst Leipzig
Nonnenstraße 38


siehe auch: Karl-Georg Hirsch und Andreas Brylka

Mi, 17.07.2013

Roland Berger - Harlekinade

Abbildungen von links nach rechts:
»Sketch«, »RolaRola«, »Jongleur mit Kegeln und Kugeln«, »Zauberstab«
Linolschnittgrafiken aus »Harlekinade«, 2010, je 297 x 210 mm
 
Am Donnerstag, den 25. Juli 2013 wird um 17 Uhr im Hotel Leegebruch eine Ausstellung mit Graphiken unseres Mitglieds Prof. Dr. Roland R. Berger aus Hohen Neuendorf eröffnet. Zu den ausgestellten Bildern wird der der Künstler einen begleitenden Text sprechen.
Aus der Graphikfolge lag der Linolschnitt "... und tschüss!" den MARGINALIEN Heft 209 bei.
 
Die Ausstellung wird bis zum 19. November 2013 zu den Öffnungszeiten des Hotels gezeigt.

Hotel Leegebruch
Eichenhof 3
16767 Leegebruch

18. Juli 2013 - Die Kuratorin Frau Liane Protzmann teilt soeben mit, dass die Ausstellung vom Hotel abgesagt wurde! Ausschlaggebend dafür seien kommerzielle Gründe! 

Mo, 15.07.2013

Herzlichen Glückwunsch zum 60sten

Am heutigen Tag gehen unsere Glückwünsche an unseren Schriftführer Ernst Reif aus Reichertshofen, dem wir bereits erlebnisreiche Tage in Ingolstadt verdanken und der auch jetzt schon wieder fleißig dabei ist, unser Jahrestreffen 2014, welches wir gemeinsam mit den Fränkischen Bibliophilen in Bamberg durchführen wollen, vorzubereiten.
Wir wünschen weiterhin viele glückvolle Erlebnisse als Sammler und danken für sein Engagement im Vorstand und vor allem für seine Bemühungen zum Ausbau unsereres Wirkens für das Buch in den südlichen Teilen unseres Landes.

Mo, 08.07.2013

Paul Raabe (21.02.1927 - 05.07.2013)

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Paul Raabe
Foto © Uwe Frauendorf
Im Alter von 86 Jahren starb am 5. Juli in Wolfenbüttel der wohl bekannteste Bibliothekar Deutschlands. Jahrzehntelang hat er in führenden Positionen seinem Berufsstand alle Ehre gemacht und dabei verstanden, Impulse mitten in die Gesellschaft hineinzugeben. Als Sohn eines Holzbildhauers am 21. Februar 1927 in Oldenburg geboren, absolvierte er die Ausbildung zum Diplom-Bibliothekar an der Landesbibliothek seiner Heimatstadt, um anschließend in Hamburg Germanistik und Geschichte zu studieren. In Marbach übernahm er 1958 die Leitung der Bibliothek des Deutschen Literaturarchivs und trat in dieser Zeit mit ersten, deutschlandweit wahrgenommenen Ausstellungen an die Öffentlichkeit, am bekanntesten war die über den literarischen Expressionismus, mit einem bis heute viel zitierten Katalog (Expressionismus, 1960). Zwei damals begonnene umfangreiche Bibliographien, Die Zeitschriften und Sammlungen des literarischen Expressionismus (1964) und Die Autoren und Bücher des literarischen Expressionismus (1985), zeugen von Raabes großem Sammlerfleiß und von seiner Fähigkeit, Großprojekte durchzustehen. 1968 ging er als Direktor an die Herzog August Bibliothek nach Wolfenbüttel, die sich unter seiner Leitung zu einer europäischen Studien- und Forschungsstätte für das Mittelalter und die frühe Neuzeit entwickelte. Innerhalb der dezentralen deutschen Nationalbibliothek übernahm Wolfenbüttel die Sammlung von deutschen Drucken des 17. Jahrhunderts. Zahlreiche Bauvorhaben wurden von ihm verwirklicht, ein viel genutztes Stipendienprogramm ins Leben gerufen. Ausstellungen und wissenschaftliche Tagungen fanden statt, Publikationen entstanden in nicht abreißender Folge.

Als Raabe sein Ruhestandsalter erreichte, kamen mit der deutschen Einheit neue große Aufgaben auf ihn zu, die seine früheren Leistungen noch übertrafen. In Halle (Saale) ließ er sich von 1992 bis 2000 als Gründungsdirektor der neubelebten Franckeschen Stiftungen in die Pflicht nehmen. Der gesamte Gebäudekomplex mußte saniert werden, alle Einrichtungen des Hauses waren neu zu konstituieren, die berühmte Barockbibliothek war wieder aufzubauen. Im Rahmen des Jahrestreffens 2011 in Halle konnten die Pirckheimer die gelungene Sanierung bestaunen. Selbst mit dem hallischen Engagement endete seine berufliche Tätigkeit nicht, ein letztes großes Projekt war die von ihm initiierte Bestandsaufnahme national bedeutsamer Kultureinrichtungen in den neuen Bundesländern. Diese in dem „Blaubuch“ der Bundesregierung Kulturelle Leuchttürme (2001; 3. Aufl. 2006) erfaßten kulturellen Institutionen erhalten seither eine besondere Förderung durch Bund und Länder.

Raabes Stimme wurde auch in vielen anderen Gremien und Kuratorien gehört, in denen er Mitglied war, so im Stiftungsrat der Klassik Stiftung Weimar und in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, wo er Berater und Förderer von solchen buchkundlichen Großprojekten wie der Fortsetzung des Literaturlexikons „Goedeke“ war. Raabes Einsatz wurde weithin anerkannt, beruhte er doch neben der unbestrittenen Kompetenz unverkennbar auf Uneigennützigkeit; in Halle soll er ohne Gehalt gearbeitet haben. Würdigungen, Preise und Ehrentitel gingen seit den achtziger Jahren in dichter Folge auf ihn nieder, am bedeutsamsten sind darunter wohl die Ehrenbürgertitel von Wolfenbüttel und Halle.

Trotz der Belastungen durch diese vielen Manageraufgaben wußte Raabe sich immer Freiraum zu halten für eine rege eigene Publikationstätigkeit. Alle Themen, die er anfaßte, behandelte er gründlich, auf Quellenstudium basierend. Ein viel benutztes, häufig nachaufgelegtes Buch von Raabe war bezeichnenderweise die Einführung in die Bücherkunde zur deutschen Literaturwissenschaft (1961), in der er das Handwerkszeug für die literaturwissenschaftliche Forschung didaktisch ausbreitete. Hervorgehoben aus der Fülle seiner Arbeiten seien die schon während des Studiums entstandene Monographie Alfred Kubin. Leben, Werk, Wirkung (1957), das Bekenntnisbuch Die Bibliothek als humane Anstalt betrachtet. Plädoyer für die Zukunft der Buchkultur (1986) und die Erinnerungsbände Bibliosibirsk oder Mitten in Deutschland. Jahre in Wolfenbüttel (1992), In Franckes Fußstapfen. Aufbaujahre in Halle an der Saale (2002), Mein expressionistisches Jahrzehnt (2004) und Frühe Bücherjahre (2007).

(Carsten Wurm)

So, 07.07.2013

Benvenuti alla Festa Bodoni

Nicht nur für Typographen steht das Jahr 2013 ganz im Zeichen des über­ragenden italienischen Schriftschöpfers Giambattista Bodoni, dessen unvergleichliches Schaffen vor 200 Jahren (am 29. November 1813) zu Ende ging.
Die Offizin Haag-Drugulin wird das Gedenkjahr als Schriftenfest Dresden begehen. Hat sie doch neben Abgüssen aus Original-Matrizen (!) allein fünf der wichtigsten Nachschnitte Bodonis in ihrem Schriftangebot, Teils als Typen, Teils in Form von Matrizen, die hier zum Guß verwendet werden, die sich anschauen und vergleichen lassen. Überhaupt, von den wenigen Druckwerkstätten, in denen Bücher nach wie vor mit Bleilettern gesetzt und gedruckt werden, verfügt sie über den reichhaltigsten Schriftenschatz. Hier kann man den Setzern, Druckern und Schriftgießern noch bei ihrer Arbeit zuzusehen, deren Fertigkeit und deren Können bewundern.
Neben einer kleinen Ausstellung mit Werken aus der Hand Bodonis stehen Vorträge kompetenter Referenten über Bodoni und verwandte Themen, eine Buchpremiere, Vorführungen und weiteren Aktivitäten auf dem Programm. Engagierter Schriftliebhaber gingen aber noch einen Schritt weiter. Die vielen, auch in anderen Einrichtungen, in Museen beispielsweise, gesammelten Zeugnisse vergangener Epochen mit historischen Matrizen, Schriften, dekorativen Handpressen u. a. m., stellen ein unschätzbares kulturelles Erbe dar; werden aber dann zur toten Materie, wenn es niemanden mehr gibt, der professionell damit umzugehen weiß. Diese Gefahr droht aber immer mehr. Aus dieser Situation heraus haben sich besorgten Fachleute dazu entschlossen, das Schriftenfest auch zur Gründung eines Vereins für die Schwarze Kunst zu nutzen, der dem entgegenwirken soll.

10. und 11. August 2013

Großenhainer Straße 11a, 01097 Dresden
(Gebäude ehemals von VEB Typoart)

Do, 04.07.2013

Sammy Schmitt. Ein Verleger

Am kommenden Mittwoch wird Ferdinand Puhe in der Stammtisch-Reihe der Initiative Buchkultur über Sammy Schmitt, einen Verleger schöner Bücher in der Region Rhein-Main-Neckar sprechen. Heute fast vergessen, hat Schmitt in den 1950er Jahren begonnen, in Viernheim und Zürich bibliophile Bücher in hervorragender Ausstattung mit Originalillustrationen zu verlegen. Der Referent Ferdinand Puhe ist Vorstandsmitglied der Pirckheimer-Gesellschaft und ausgewiesener Kenner und Sammler von schönen Büchern. Wir freuen uns auf einen spannenden Vortrag, der mit Originalbeispielen reich illustriert sein wird.

Stammtisch der Initiative Buchkultur: 10. Juli 2013, 19.00 Uhr

Turm33 Cafédrale, Lutherturm
Maxstraße 33
Ludwigshafen

è Initiative Buchkultur: Das Buch e.V.

Frans Haacken

- ein vernachlässigter Ikonograph Brechts

Im soeben erschienenen Dreigroschenheft findet sich ein Artikel unseres Mitglieds Till Schröder mit einer ausführlichen Beschreibung der Arbeiten von Frans Haacken zu (und mit) Bertolt Brecht, die weit über die Darstellung des Wirkens dieses Graphikers für den Schriftstelle und Dramkatiker hinausgeht, wie sie bereits in der Monographie zu Haacken durch Till Schröder vorgestellt wurden - siehe hier.
"1949 ist ein Jahr der Premieren: Deutschland feiert mit großem Brimborium das Goethe-Jahr, gebiert zwei deutsche Staaten, freut sich über das erste Oktoberfest nach Kriegsende in München und den ersten Rosenmontagsumzug in Köln - und heißt Brecht in Berlin wieder willkommen. Im Januar feiert das "Berliner Ensemble" mit "Mutter Courage" Premiere am Deutschen Theater. Im gleichen Monat tritt zum ersten Mal ein bis dahin unbekannter Akteur in Brechts Umfeld auf den Plan - Frans Haacken (1911-1979). Sein Schutzumschlag zu Brechts erster Prosa-Veröffentlichung in Deutschland nach der Emigration - die "Kalendergeschichten" im Gebrüder Weiss Verlag Berlin - ist der Auftakt einer produktiven, aber vergessenen Zusammenarbeit, die bis zu Brechts Tod 1956 reichen wird. Haacken schuf dabei zwei Ikonen der Brecht-Illustration - "Der verwundete Sokrates" und "Mutter Courage" -, die das visuelle Gedächtnis zu Brechts Werk vor allem in der DDR prägten. ..."
(Till Schröder in Dreigroschenfheft 3/2013, S. 18ff)

Sa, 29.06.2013

Bücher und Graphik aus der Sonnenberg-Presse

Die Sonnenberg-Presse – das sind die Künstlerinnen Bettina Haller (Holzstiche), Andrea Lange(Holzschnitte) und Birgit Reichert (Typographik und Holzschnitte). Gemeinsam und allein schaffen sie Graphiken und Bücher.
Jede der Künstlerinnen bevorzugt eine andere Technik - expressiver Holzschnitt, filigraner Holzstich und die Typographik als Collage von Schrift und Klischees. So entstehen Arbeiten unterschiedlichster Stimmung: von traurig-melancholisch bis hintergründig-witzig ist vieles zu sehen ...
 
Eröffnung der Ausstellung am Samstag, dem 6. Juli, um 16 Uhr
Die Künstlerinnen sind anwesend.
Marc Berger versucht einführende Worte zu finden.
Axel Röhken spielt Gitarre.

Ausstellung: 6. Juli bis 3. Oktober 2013
 
Eremitage Gransee
Mauerstraße 4a

Do, 27.06.2013

weitere Fotos zur Exkursion nach Brandenburg

Von Michael Ley hatte ich heute weitere Fotos und ein Videoschnipsel in Form einer CD im Briefkasten, wovon ich wieder einige Aufnahmen für das Album zur Exkursion auswählte - viel Spaß beim Betrachten. Das Album kann durch Klick auf das oben angezeigte Panorama Lehnins aufgerufen werden.
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Di, 25.06.2013

Verteidigungsrede oder Selbstlob der Gicht

Unser Mitglied Gertraude Clemenz-Kirsch hat eine neue Ausgabe von Pirckheimers Verteidigungsrede oder Selbstlob der Gicht, die in der Ausgabe des Aufbau-Verlages und seinerzeit illustriert von Baldwin Zettl vor genau einem viertel Jahrhundert allen Mitgliedern als Jahresgabe übergeben werden konnte, beim Dingsda Verlag veranlasst.
Der lateinische Text, von Wolfgang Kirsch pointiert und mit feinsinniger Eleganz ins Deutsche übertragen, folgt der Ausgabe von 1988. Neu aufgenommen in diese, von Juliane Jahns illustrierte, und ebenfalls durchaus bibliophil zu nennende Ausgabe wurde auch Pirckheimers Elegie auf den Tod Albrecht Dürers, die in neuer deutscher Nachdichtung von Rudolf Scholz vorliegt.
 
Dingsda Verlag 2013
ISBN 978-3-928498-47-0
Deutsch/Latein
19,90 €