In diesen Zeiten, für die bereits vor gut 100 Jahren eigentlich schon Franz Kafka die richtigen Worte fand, also in diesen wahrlich kafkaesken Zeiten, soll auch ein Titel dieses Schriftstellers unser "Bibliophiles des Monats" Mai sein: der unvollendete, 1914/15 entstandene und postum 1925 gegen Kafkas Willen von Max Brod herausgegebene Roman „Der Prozess“.
Kurt Tucholsky prophezeite in der Weltbühne 1926 unter dem Pseudonym Peter Panter in einer Rezension zu diesem Buch: „Franz Kafka wird in den Jahren, die nun seinem Tode folgen, wachsen. Man braucht Niemand zu ihm zu überreden: er zwingt. […] die Frage Warum? ist so töricht, beinah so töricht wie in der realen Welt.“
Das Manuskript dieses Werkes, von Max Brod 1939, wenige Stunden vor dem Einmarsch der faschistischen Wehrmacht aus Prag gerettet und nach Palästina in Sicherheit gebracht, während der Suez-Krise in einem Schweizer Safe verwahrt, wurde bei Sotheby’s in London zur Auktion gegeben und am 17. November 1988 für das Marbacher Literaturarchiv ersteigert, wurde 2017 im Gropius-Bau ausgestellt.
Die abgebildete erste Ausgabe aus der Sammlung des Blogbetreiber erschien am 26. April 1925 im Berliner Verlag „Die Schmiede“, der Einbandentwurf stammt von Georg Salter (vgl. Jürgen Holstein: Georg Salter. Bucheinbände und Schutzumschläge aus der Berliner Zeit 1922–1934), gedruckt wurde die Erstausgabe bei Poeschel und Trepte in Leipzig.