Pirckheimer-Blog

Peter Sodann

Sa, 12.05.2018

Der alte Mann und die Bücher

Peter Sodann sucht Genossen, um den Weiterbetrieb seiner DDR-Bibliothek zu sichern

... Staucha in der Lommatzscher Pflege: Weite Felder oberhalb des Elbtals bei Meißen; geduckte Dörfer, knorrige Menschen. Einer von ihnen ist der Schauspieler Peter Sodann, der einst Kommissar im »Tatort« und Chef eines Theaters in Halle war und nun ein Biotop betreut: ein Refugium für die Literatur der DDR. Nach der, wie Sodann es formuliert, »Zeit ihres Seins« wurden auch die Bücher der DDR vielerorts aus den Regalen geräumt, landeten auf dem Müll oder im Ofen. »Ich wollte, dass diese Schweinerei aufhört«, sagt Sodann. Er begann, die verstoßenen Bücher aufzubewahren, musste mit den Unmengen an Kisten aber eine Odyssee antreten, weil er in Halle nicht bleiben durfte und in Merseburg auch nicht. Danach klapperte er zwei Dutzend alte Schlösser und Fabriken ab. In Staucha kam er schließlich unter. Zwei Jahre wurde umgebaut und eingeräumt, im Mai 2012 eröffnet. Es gab ein schönes Fest und viele weitere Bücherkisten als Gastgeschenke. Bürgermeister Peter Geißler, der Sodann in sein 758 Jahre altes Dorf geholt und viel Fördergeld besorgt hatte, träumte von Staucha als »Bücherdorf«.
Fünf Jahre später füllt die DDR-Literatur geschätzte zehn Regalkilometer unterm hölzernen Dachstuhl über dem alten Kuhstall. ...

(Hendrik Lasch, ND 12.Mai 2018)

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Sa, 08.07.2017

Pirckheimer ist Namensgeber für einen Bus

Bereits vor zwei Tagen berichtete der MDR, dass in Halle ein Bus den Namen "Peter Sodann" trägt. Das Fahrzeug mit dem Namen des früheren Intendanten des "neuen theaters", Ex-Tatort-Kommissars und Pirckheimers wurde am Mittwoch übergeben. Die Benennung war ein Vorschlag von Bürgern der Stadt. Seit vier Jahren trageb die Busse der Halleschen Verkehrs, die durch neue ersetzt werden die Namen von prominenten Hallensern. Peter Sodanns Bus ist der 24. in der Reihe..

Wir gratulieren herzlich!

Do, 02.02.2017

Mord in der Klosterbibliothek

So ist ein Artikel in der heutigen Sächsischen Zeitung über die schriftstellerische Entwicklung des Pirckheimers Harald Kugler, über die hier schon häufig berichtet werden konnte, betitelt. Der Artikel kann durch Klick auf den Ausriss aufgerufen werden.
Lesungen: (gelegentlich begleitet von dem Dresdner Rockmusiker Udo Krause)
7. März, 20 Uhr, bei der Open-Mic-Nite in der Spielbühne Freital
Frühjahr (Termin steht noch nicht fest), Peter Sodanns Bibliothek in Staucha

Do, 15.12.2016

Peter Sodann liest Bertolt Brecht

Das Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft, der Künstler, Schauspieler und Bibliophile Peter Sodann geht als 80-Jähriger noch einmal auf Tournee und greift dabei mit den „Flüchtlingsgesprächen“ zu einem hochaktuellen Text von Bertolt Brecht.
Bertolt Brecht: Flüchtlingsgespräche, mit 12 Holzschnitten von Hans Ticha,
Leipzig 1997 (Reihe Leipziger Drucke des LBA)
Die in den frühen vierziger Jahren geschriebenen Dialoge handeln vom Alltag der aus Deutschland Vertriebenen, vertreten durch den Intellektuellen Ziffel und den Arbeiter Kalle, die sich im Restaurant des Hauptbahnhofs von Helsinki über die internationale Lage und die eigene Situation unterhalten. Sie führen ausgesprochen subversive Dialoge, etwa über die deutsche Herrschaft und Geschichte oder die Machtverhältnisse in ihrem Exil, die bis heute nichts von ihrer sprachlichen Kraft eingebüßt haben. Und es gibt wohl wenige, die Wirkungsmacht und Ton dieser Gedanken derart zum Klingen bringen können, wie Peter Sodann. Ihm ist es eine Herzensangelegenheit, seinem Publikum gerade diesen Text von Bertolt Brecht noch einmal nahe zu bringen. Begleitet wird Sodann dabei vom Pianisten und Sänger Michael Letz, der nicht nur Brechts Ziffel-Song, sondern auch andere Lieder zum Thema beisteuern wird.

Lesung mit Musik: 16. Dezember 2016, 20:00 Uhr

Landrat-Predeick-Allee 1, 59302 Oelde

So, 12.06.2016

Eröffnung in Staucha: Haus zum guten Buch

Das Anliegen der Bibliothek, dem Haus des Vergessens ist, dass man eben nichts vergisst, dass man sich vieler Dinge erinnert, denn die Erinnerung ist eine mysteriöse Macht und bildet den Menschen um. Wer vergisst, was schön war, wird böse. Wer das vergisst, was schlecht war, wird dumm. Und so habe ich manchmal den Gedanken, ich lebe nur unter bösen oder schlechten oder dummen Menschen, aber das stimmt ja nicht. Es gibt ja immer die Ausnahme und die ist ziemlich groß.
(Peter Sodann)
Peter Sodann (links), hier mit Elmar Faber, Foto © Peter Arlt
Nach seinem 80. Geburtstag eröffnet Peter Sodann – Schauspieler, Regisseur und Theater-Intendant, Tatort-Kommissar, Ex-Bundespräsidentenkandidat, Ehrenbürger der Stadt Halle und Bücher-Sammler – in Staucha, dem neuen Lebensdomizil und Ort für seine DDR-Bibliothek, am 18. Juni 2016 ein "Haus zum guten Buch“. Das Haus soll ein Haus gegen das Vergessen und eine Herberge für Menschen sein, die ihn in seinem letzten großen Vorhaben unterstützen wollen oder einfach nur lesen.
(MDR Kultur)

Mi, 01.06.2016

Peter Sodann, Foto © Ralf Wege

Herzlichen Glückwunsch zum 80sten

Peter Sodann auf dem Pirckheimer-Jahrestreffen 2015, Foto © Ralf Wege
Heute kann Peter Sodann, seit drei Jahren Pirckheimer-Mitglied, Schauspieler, Regisseur, Theaterintendant und Bibliophiler zum 80. Geburtstag gratuliert werden, einem Bücherfreund, der sich wie kaum ein anderer um den Aufbau einer nicht nur wahrlich riesigen, sondern vor allem auch wichtigen Bibliothek verdient gemacht hat. Sein Antrieb, entstanden aus dem traurigen Ende der international anerkannten DDR-Buchproduktion, lautet: "In den Bananenkisten des Westens schlummert das Wissens des Ostens.". So sammelt er seit dem Ende der DDR die dort und in der SBZ erschienenen Bücher und schafft ihnen, gemeinsam mit vielen Mitstreitern und Spendern im sächsischen Staucha ein (vorläufiges?) Asyl. Es galt und gilt, ein kulturelles, verlegerisches und editorisches Erbe zu bewahren, wobei nicht nur buchkünstlerisch wertvolle, inhaltlich bedeutende und hervorragend illustrierte Bücher Einzug in seine Bibliothek finden, sondern auch das, was zur Verlagsgeschichte des Ostens gehört, aber inzwischen von Technik, Wissen oder auch Ästhetik überholt wurde. Viele Bücher sind noch in Bananen-Kisten verpackt, aber die Regale füllen sich. Eine Lebensaufgabe, wofür die Pirckheimer-Gesellschaft weiterhin viel Kraft wünscht!

Sa, 21.05.2016

"Der Umgang mit Büchern führt zum Wahnsinn"

Büchernarrenschiffe - Sammler und ihre Bibliotheken
Schon Erasmus von Rotterdam glaubte zu wissen: "Der Umgang mit Büchern führt zum Wahnsinn".
Karl Lagerfelds Bibliothek in Paris umfasst über 300.000 Bände, vor allem über Mode und Kunst. Peter Sodann, Ex-"Tatort"-Kommissar, sammelt alle Bücher, die von 1945 bis 1989 in der SBZ und der DDR erschienen sind und weiß nicht mehr, wohin damit.
Sammeln hat etwas Pathologisches, sagt Mirko Schädel, der die größte Sammlung deutschsprachiger Kriminalliteratur in einem ehemaligen Schweinestall in der Nähe von Bremerhaven untergebracht hat. Über 6.000 Krimis, dazu viertausend weitere Bücher hat er im Souterrain eines Einfamilienhauses in Hamburg-Bahrenfeld aufgestellt, darunter seltene Ausgaben seiner Lieblingsautoren wie Edgar Allen Poe, Robert Louis Stevenson oder Herman Melville. Mirko Schädel erzählt: "Über die Jahre erlebt man einiges, es gibt auch ein paar richtig kriminelle Sammler, die alle paar Jahre im Knast verschwinden und dann wieder auftauchen, die sich durch gezielte Betrügereien Geld verschaffen, um dann ihre Sammlung weiter zu finanzieren. Oder sie versuchen andere Leute übers Ohr zu hauen, auch andere Sammler."
Was bringt Menschen zum Büchersammeln? Wie ordnen sie ihre Bücher, und was sagt die Sammlung über sie aus? Kommen sie überhaupt zum Lesen? Wie sehen sie das Internet, das das Medium Buch zunehmend zu verdrängen scheint? Eine Ortsbesichtigung bei Büchernarren und ihren Schätzen.

Eine Sendung von Susanne von Schenck und Ralph Bei der Kellen:
22. Mai 2016, 00:05 Uhr

Deutschlandradio | Kultur
Manuskript zur Sendung

Di, 16.02.2016

Nachlese: Pirckheimer-Jahrestreffen 2015

Peter Sodann, Gisela Klostermann, Peter Arlt, Ralph Aepler (von oben nach unten)
Für alle Teilnehmer am Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft 2015 in Meißen und Staucha und natürlich für jeden, der sich für die Aktivitäten dieser Buch- und Graphikfreunde interessiert, stellt Frau Gisela Klostermann noch einige Schnappschüsse von dieser Veranstaltung zur Verfügung, aufzurufen durch Klick auf obige Fotos.

1 Kommentar:
Ralf Wege hat gesagt …
Das sind doch schöne Erinnerungen an die Zusammenkunft in Meißen. Liebe Frau Klostermann, vielen Dank! Die Fotos machen gleich noch mehr Lust auf das Jahrestreffen in München. Vom 2. bis 4. September 2016 ist in der bayerischen Landeshauptstadt Pirckheimer-Zeit. Nicht vergessen: Anmeldeschluss für das Jahrestreffen ist der 30. Juni. Mehr dazu unter pirckheimer-gesellschaft.org
16. Februar 2016

Mo, 26.10.2015

Angela Hampel und die Pirckheimer bei Peter Sodann

Mit Büchern – so sagt Angela Hampel – „halte ich auch Zeitgeschichte in der Hand“. Bei der „Kleopatra“ von Theophile Gautier erinnert sie sich an die herrlichen Tage, als sie dafür Illustrationen schuf, doch ebenso an die „Zeit der Container vor den Buchhandlungen“, als sie das weggeworfene frischgedruckte Büchlein entdeckte. Auch deshalb schätzt sie die Arbeit von Peter Sodann als Buchfreund und Verteidiger kultureller Leistungen der DDR, der viele Bücher vor dem Müllkippenschicksal bewahrt hat und jetzt in seiner Bibliothek in Staucha sammelt. Zu den aktuellen Befürchtungen von Spiegel online: Staucha steht! Doch die noch nicht eingearbeiteten und ausgelagerten Bücher in Oschatz sollen aus ihrer Räumlichkeit heraus, weil der freundliche Holländer als Besitzer davongeflogen ist. Doch wohin mit der Büchermenge?
Die Sammlung der Bibliothek in Staucha umfasst in zunehmender Vollständigkeit die 40jährige Buchproduktion der DDR von vier Millionen Büchern. Die kompakte Buchproduktion eines Landes kann sinnlich wahrgenommen werden. Woanders muss man wissen, was man sucht. Doch bei Sodann findet man Ungesuchtes, Überraschendes, stößt auf Bücher und Verlage, von denen man schon viel oder noch nie etwas gehört hat. Jeder kann im Angebot der Bibliothek für seine eigene Büchersammlung, ob er sich für Belletristik, Lyrik, Biologie, Mathematik oder Rechtswissenschaft, Statistik, für Philosophie und Kunst oder für Religion, Geschichte oder Politik interessiert, vielfältige Anregungen bekommen. Das komplexe Publikationsgebiet eines Landes lässt Möglichkeiten und Beschränkungen der DDR erkennen und nähert sich zur deutschen Geschichte nach 1945 in gewissem Sinn der historischen Wahrheit an. Das ist kein Anliegen nur einer Partei, denn es geht darum, die Bücher der DDR, ob herausragende Buchkunst oder schreckliche Druckerzeugnisse als eine Verkörperung dieses Staates geschlossen vorzuweisen.

Die Pirckheimer-Gesellschaft, die anregt, schöne, wertvolle Bücher und Grafik zu sammeln, steht dem bewundernswerten Anliegen Peter Sodanns, der selbst ein „Pirckheimer“ ist, nahe. Sie nutzte ihr Jahrestreffen im September, um dieses Kulturdenkmal ersten Ranges zu besuchen, und versprach mit dem neuen Vorsitzenden Ralph Aepler, zur öffentlichen Resonanz und Unterstützung beizutragen. Manche Pirckheimer wünschen den Sammlungsbestand der Peter-Sodann-Bibliothek zu vervollständigen und, soweit Lust dazu besteht, mit wissenschaftlicher und sammlerischer Potenz den Bestand zu durchforschen, um neue Aspekte darzulegen und die Bücher einer Nutzung in die Zukunft hinein zuzuführen. Zum Jahrestreffen widmete der Verleger und Publizist Elmar Faber Peter Sodann seine historisch weitgreifende Festrede, mit welcher er die Zensur in der Weltgeschichte kompakt erfasste und die verschiedensten Formen in der DDR im Licht der scharfen Analyse grell bis satirisch hervortreten ließ. Angela Hampel (1956) stattete die Jahresmappe für jeden Teilnehmer mit Grafiken aus, über eine Doppelseite hinweg eine farbige Buffet-Grafik mit Liebespaar aus Faun und Nymphe beim Schmaus von Weintrauben unterm Flötenspiel eines Faunes, und eine Grafik zu Christa Wolfs „Kassandra“, ein Fall bibliophiler Buchkunst. Mit der Schriftstellerin auf das freundschaftlichste verbunden, erarbeitete die Dresdener Malerin und Grafikerin Angela Hampel 1984 parallel zur Auseinandersetzung mit deren Buch sieben Blätter zu „Kassandra“, Kopfstudien einer jungen Frau mit ekstatischen Gebärden in Lithographien. Bei ihr wird Kassandra zu einer ganz und gar gegenwärtigen, jugendlichen Frau, einer Punkerin. Sie wird zum Synonym einer ausgesprochen individuellen Lebensart, gegen die das gesellschaftliche Leben – gegen das es aufmüpfig zu provozieren gilt – einförmig und spießig erscheint. Die Künstlerin zeichnete eine fackeltragende Heroin mit Tusche auf Alu-Platte zu einer Algrafie, ein Flachdruck und Lithographie-Variation (vgl. Lothar Lang: „Der Graphiksammler“, Berlin 1979). Darunter schrieb sie Zeilen aus dem Roman „Kassandra“ von Christa Wolf: „Wohin ich blicke oder denke, kein Gott, kein Urteil, nur ich selbst.“ Ein symptomatischer Monolog aus Christa Wolfs Erzählung, der die souveräne Selbstbehauptung dieser Frau und, attribuiert mit der Fackel, ihren prometheischen Geist erleben lässt. In der kurzzeitigen Stauchaer Ausstellung in den Regalen eines Bibliothekteiles, mit den Bildern vor den Büchern, ließ Hampel den funktionalen Aspekt deutlich hervortreten und betonte die Beziehung, welche die Bilder oft zur Literatur eingehen. Die kleinen Grafiken und Leinwände zeigten mit expressiver Bildsprache und exaltiertem Bewegungsausdruck und Farbkontrasten zwischen rot und schwarz, ihre Themen: Minotaurus, Amazone, Medusen, Frauen mit Tieren, Kain und Abel, Rapunzel ... In vereinfachter, fast hieroglyphischer, Gestalt merkwürdige Paarungen, gefleckte Frauen mit Raubtieren oder im „gewand einer schlange“, wie es die sorbische Dichterin Róža Domašcyna bildhaft fasste. Fische und Vögel umspielen die Köpfe der Frauen mit wehendem Haarschopf, wie Organe, von denen Schutz und Gefahr ausgeht. Hampels „Physiologus“ versammelt keine Darstellungen von Tieren, sondern diese verkörpern Eigenheiten bei Frauen wie Männern, wie das Starke und Verletzende, das Schutzsuchende und Zärtliche, die rasende Leidenschaft und besänftigte Wildheit. Frauen zu Frauen und zu Männern, sinnlich zugeneigt, wie Distanz gebietend. Muster abgründiger Triebe und extremer Lebenssituationen, von einer sich mit ungezügelter Leidenschaft durchsetzenden Selbstbestimmtheit in einer menschen- und tierfeindlichen Umwelt. Als Meisterstück wirkte ihr großes magisches Triptychon „Minotaurus“, Mischtechnik auf Leinwand, je 140 x 120 cm. Unter den dolchartigen Hörnern weist sein Blick aus rötlichem Auge zurück und erschreckt; sein animalischer Körper ist mit ihrem Leib, voll zarter Weiblichkeit, vereint, sie wollen ewig Liebe spüren, ein Totentanz, in beängstigender Unmittelbarkeit.

(Peter Arlt)
 
Peter-Sodann-Bibliothek, Thomas-Müntzer-Platz 8, 01594 Staucha
Dienstag bis Freitag 8 – 14 Uhr und auf Anfrage 035268 – 949574
Geldspenden an: DE35 850550003150005000, Sparkasse Meißen In: Ossietzky. Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft, hrsg. von Matthias Biskupek, Daniela Dahn, Rolf Gössner, Ulla Jelpke, Otto Köhler und Eckart Spoo. Interdruck Berger + Herrmann Hannover, 18. Jg., 2015, Heft 21, S. 776-777

Do, 15.10.2015

Buch, Kultur und Gesellschaft: ›Die Peter-Sodann-Bibliothek‹

Gestern Abend fand unsere letzte Veranstaltung im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Buch, Kultur und Gesellschaft“ für dieses Jahr statt. Diese Reihe wird von der Initiative Buchkultur e.V. mit Unterstützung des rem Mannheim und der Pirckheimer-Gesellschaft e.V. durchgeführt.
Das Beste zum Schluss – Peter Sodann! 
Peter Sodann berichtete von der durch ihn initiierten Bibliothek in Staucha/ Sachsen. Bibliotheken gibt es viele, aber nur eine, wo die Bücher nach den Verlagen, in denen sie entstanden, zu finden sind. Dieses einmalige Stück deutscher Kulturgeschichte umfasst die Buchproduktion vom 8. Mai 1945 bis zum Ende der DDR.
Ostalgie ist nicht die Motivation, das Bewahren von Identitäten und Geschichte sind die Charakteristika dieses Vorhabens. Peter Sodann, Kabarettist, Schauspieler, Bibliothekar, Hausmeister, Kneipenwirt – alles beschreibt diesen umtriebigen Zeitgenossen nur unvollkommen. Das konnten wir an diesem Abend erleben. Trotz aller Widrigkeiten lebt er dieses wichtige Projekt, man muss sagen, stellvertretend für uns alle – authentisch „man muss ja was tun, egal wie die Umstände sind“. Ein Überzeugungstäter und jeder der Anwesenden konnte da keine Ossi Klischees erkennen, es geht um tatsächliche Qualität. Die steckt in vielen seiner Bücher. Übersetzungen, gerade russischer Literatur, er hat sie alle. Richtig erklärt versteht man sofort, dass eine gute Dostojewskij (1821-1881) Ausgabe nichts mit sozialistischer Verklärung zu tun hat, sondern nur von der Qualität des Übersetzers abhängt. Und wenn diese Ausgaben auf dem Müll landen sind sie unwiederbringlich weg. Bücher wurden in Deutschland wieder verbrannt und zu viele haben weggeschaut – Peter Sodann aber nicht!
Unsere Unterstützung für dieses Projekt an diesem Abend war die Gabe eines Buches. Johann Wolfgang von Goethe „Gedanken und Aussprüche über das Buch und den Leser“. Dieses Buch, Aufbau Verlag Berlin 1955, existiert nur einmal. Jetzt gehört es der Peter-Sodann-Bibliothek. Unser Dank gilt dem Antiquariat Ballon & Wurm, Berlin für die Besorgung dieser Rarität.
Der Abend wollte, wie immer, nicht enden, es wurden Fragen gestellt, Bücher signiert, geredet und wieder neue Unterstützer für dieses Projekt gewonnen. Alle wurden eingeladen, nach Staucha zu kommen.
Herzlichen Dank an unseren Gast für einen gelungenen Abend. Bis bald in Staucha!
(Dr. Ralph Aepler)

Mi, 07.10.2015

Ein ganzes Land in einer Lagerhalle

Vor wenigen Tagen fand das Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft bei ihrem Mitglied Peter Sodann in Staucha statt und die Teilnehmer bewunderten eine einzigartige Sammlung der in der DDR und zuvor in der SBZ erschienenen Bücher, die durch den "Verein zur Förderung, Erhaltung und Erweiterung einer Sammlung von 1945-1990 im Osten Deutschlands erschienener Literatur" ausgebaut wird. Und in wenigen Tagen wird die Initiative Buchkultur diese, nicht nur kulturgeschichtlich wichtige, Sammlung in der Vortragsreihe "Buch, Kultur & Gesellschaft" würdigen.
Peter Sodann (links), hier mit Elmar Faber, Publizist, ehemaliger Cheflektor und Verlagsleiter bei Edition Leipzig, Direktor des Aufbau-Verlags und Verleger von Faber & Faber, Foto © Peter Arlt
Im Spiegel erschien jetzt ein Artikel über diese Sammlung, in welchem Peter Sodann als "trotziger Nachlassverwalter der DDR" vorgestellt wird, der als "linker Querkopf" in Sachsen, ähnlich dem bekannten gallischen Dorf, der Realität des "kollektiven Wandels" widersteht, es ist die Rede, von "West-Literatur, die hier keiner braucht", wie ein Mitarbeiter zitiert wird, die Rote Armee wird zum "Iwan" und die traurigen Wahrheit, dass in Staucha "das Wissen des Ostens in den Bananenkisten des Westens schlummert" wird als Treppenwitz der Geschichte bezeichnet.
Aber vielleicht lese ich den Text einfach zu genau und dem Autor Adrian-Basil Müller ist selbst gar nicht bewusst, wessen Sprache er dort spricht.
Der Grund, hier auf diesen Artikel hinzuweisen, ist ohnehin ein anderer, allerdings ein noch bedrückenderer: In Oschatz gibt es ein noch nicht erschlossenes Außenlager, hier stapeln sich 25 LKW-Ladungen mit Bananenkisten voller Bücher.
Ein niederländischer Investor mit Adresse auf der Karibikinsel Curaçao ... versprach dem Büchersammler Sodann angeblich (weiß es der Autor besser?) lebenslanges Nutzungsrecht für dieses Lager. "Nun wird der Holländer mit internationalem Haftbefehl gesucht, und ich soll weg hier." wird Sodann zitiert.

Fr, 02.10.2015

›Buch, Kultur & Gesellschaft‹ – Vortrag 6

Freunde der Buchkultur, wir waren in der sächsischen Provinz! Diese Gegend machte uns neuerdings wenig Freude, gäbe es da nicht jenen kleinen Ort unweit von Meißen, wo sich auf einem ehemaligen Rittergut und im ebenfalls ehemaligen Kuhstall hunderttausende eines besonderen Asyls erfreuen dürfen. Geballtes Wissen türmt sich da, in Büchern, in Regalen und in Bananenkisten.
„In den Bananenkisten des Westens schlummert das Wissen des Ostens” lautet das Motto der Peter-Sodann-Bibliothek im KulturGutStaucha, die sämtliche Publikationen der DDR von 1945 bis 1990 nach Verlagen geordnet und digital erfaßt dem Schlummer – und den Mülltonnen – entreißen will. Noch wird gesammelt, sortiert und bibliographiert; was mehr als zweimal da ist, kommt ins hauseigene Antiquariat, der Erlös dient der weiteren Finanzierung des Projekts.
Fotos © Ralf Wege
Die Initiative Buchkultur freut sich, daß Peter Sodann zum Abschluß ihrer diesjährigen Vortragsreihe am 13. Oktober 2015 nach Mannheim kommt und das Projekt und seine Motivation in seiner unvergleichlichen Art lebendig werden läßt:
Peter Sodann: ›Die Tangente berührt den Kreis nur in einem Punkt. Die Peter-Sodann-Bibliothek‹
(Marita Hoffmann)

Vortrag: 13. Oktober 2015, 19 Uhr

Bitte den geänderten Veranstaltungsort beachten:
Museum Bassermannhaus, C 4, 9, 68159 Mannheim
Wegen geringer Platzkapazitäten bitten wir um rechtzeitige Anmeldung unter Telefon (0621) 293-3150 oder per E-Mail

Do, 24.09.2015

Resümee: Pirckheimer-Jahrestreffen und Mitgliederversammlung 2015

Ralph Aepler, Foto: privat
Der 45-jährige Unternehmer Dr. Ralph Aepler aus Mannheim wurde am 18. September durch die Mitgliederversammlung zum Vorsitzenden der Pirckheimer-Gesellschaft gewählt. Er löste damit den Germanisten Ulrich Goerdten ab, der, wie auch die bisherigen Vorstandsmitglieder Ferdinand Puhe, Prof. Dr. Roland R. Berger und Abel Doering, nicht mehr zur Wahl angetreten waren. Neu in den Vorstand wurden für die Mitgliederbetreuung Jutta Osterhof (Berlin), für die Koordinierung der Regionalgruppen Matthias Haberzettl (Augsburg) und für die Öffentlichkeitsarbeit Ralf Wege (Magdeburg) gewählt, wiedergewählt wurde der bisherige Schriftführer Ernst Reif (Reichertshofen) als Schatzmeister.
Begrüßt wurden die Teilnehmer des Jahrestreffens durch den Landrat des Landkreises Meißen im historischen Ratssaal des Meißener Rathauses, in dem auch die Mitgliederversammlung stattfand. Das zentrale Thema des Jahrestreffen war der Besuch der Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha.
Tagungsmappe
Für die Unterstützung dieses Anliegens bedankte sich der Organisator des Jahrestreffen Prof. Dr. Peter Arlt beim Landrat Arndt Steinbach u.a. mit folgenden Worten: "... herzlichen Dank! Dieses Entgegenkommen von Ihnen ist sicher nicht allein ein Ausdruck, sich der dringlichen Bitte Peter Sodanns zu entledigen, wie Sie scherzhaft gesagt haben, sondern ein Ausdruck Ihrer großen Achtung für Peter Sodann, für den Theatermann, Buchfreund und Verteidiger kultureller Leistungen der DDR ... und für Ihre Bewunderung seiner Bibliothek in Staucha. Uns ist es ein Ausdruck dafür, dass der Landrat damit rechnet, dass wir als Pirckheimer-Gesellschaft den Aufbau und die Arbeit der Bibliothek unterstützen.
Alle unsere Mitglieder mit unterschiedlicher politischer Einstellung könnten in der allmählichen Vollständigkeit des Bibliothekbestandes, die Möglichkeiten und Beschränkungen der DDR erkennen und sich so der historischen Wahrheit annähern."
Foto © Ralf Parkner
Der Pirckheimer Peter Sodann führte die Teilnehmer durch die Bibliothek. Auf großes Interesse stießen ebenso die Ausstellung mit Werken der Dresdener Malerin und Illustratorin Angela Hampel und das Theaterstück „Speer“ von Esther Vilar, aufgeführt durch Peter Sodann und Schauspielkollegen. Den Festvortrag hielt Elmar Faber, Publizist und ehemaliger Cheflektor und Verlagsleiter bei Edition Leipzig, Direktor des Aufbau-Verlags und Verleger von Faber & Faber. Das traditionelle Festessen mit einer Auktion von Graphiken aus Sammlungen der Mitglieder beendete den offiziellen Teil des Treffens in der Winzergenossenschaft Meißen.
Die Teilnehmer einigten sich darauf, dass das Jahrestreffen 2016 Anfang September in München stattfinden wird.
(ad)

Mo, 21.09.2015

Fotos vom Pirckheimer-Treffen

Herbert Kästner im Gespräch mit Prof. Dr. Peter Arlt, der das Treffen organisierte
Ralf Parkner hat die ersten Fotos vom Jahrestreffen 2015 der Pirckheimer-Gesellschaft in Meißen und Staucha in seinem Facebook-Konto zur Verfügung gestellt, darunter auch die oberen hier abgebildeten.
Ralf Parkner im Gespräch mit Peter Sodann
Auch Peter Arlt hatte seine Kamera dabei - hier eine Aufnahme anlässlich des Festvortrags von Elmar Faber mit Peter Sodann am Rednerpult in der Bibliothek.

Fr, 24.07.2015

eine Veranstaltung der Initiative Buchkultur

REIHENWEISE Die Sammlung Klimmt

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Buch, Kultur & Gesellschaft hatten wir gestern Herrn Reinhard Klimmt zu Gast. Viele kennen Reinhard Klimmt nur als Politiker, ehemaliger Bundesminister und Ministerpräsident des Saarlandes, aber weit gefehlt, er sammelt Bücher von Kindesbeinen an. So entstand „Das Tollhaus im Saarland“, wie der CICERO einst sein Haus bezeichnete - eine beeindruckende Sammlung. Unsere Pirckheimerfreunde Klaus Walther und Dieter Lehnhardt stellten in ihrem Band „Haben Sie das alles gelesen? (erschienen im Mironde-Verlag), neben anderen bedeutenden Sammlern, wie Wulf D. und Akka v. Lucius, Elmar Faber oder Carsten Wurm, auch die Sammlung Klimmt vor.
Gestern Abend standen allerdings die Taschenbücher im Vordergrund. Reinhard Klimmt führte unser Publikum durch die Zeitgeschichte in Ost und West, zeigte die vielen Gemeinsamkeiten und die Unterschiede auf und stellte sie versiert in den historischen Kontext. Er berichte über die Jagd nach Informationen, über Gestalter und Illustratoren, die heute keiner mehr kennt, deren Werke aber bewahrt werden müssen! Die Sammelei mündet bis zur Leipziger Buchmesse 2017 in einem zwei bändigen Werk über die Taschenbuchlandschaft bis zum Ende der fünfziger Jahre mit ihren Reihen und Verlagen. Natürlich möchten er und seine Mitstreiter danach mit den 60er weitermachen… Dieses Projekt wird meiner Meinung nach die gleiche Bedeutung erlangen wie der Blickfang von Jürgen Holstein, ein unersetzbares und einzigartiges Nachschlagewerk und bibliophiles Sahnestück!
Unser Publikum war sehr interessiert und Herr Klimmt schwelgte gemeinsam mit den Anwesenden zwischen den toll gestalteten Taschenbüchern und den darin eingepackten Geschichten.
Unseren Dank an Herrn Klimmt äußerten unsere Mitglieder Katrin Kirchner und Günther Berlejung mit einem deutsch, französischen Buch: Liebesgedichte, die Distanzen überwinden, die Nähe und Intimität vermitteln, die Unsagbares in Worte fassen, in denen Leidenschaft sich nicht zurückhält. Erotik wird im Sprachspiel umschrieben, Sinnlichkeit und Gefühl im Erlebnis unmittelbar.
Katrin Kirchner dringt vor zum eigentlichen Anliegen der Poesie. Ihre Gedichte sind berührend und anrührend. Und eine Liebeserklärung, in Prosa, an Ludwigshafen, eine spröde Stadt, deren Reiz sich nicht dem ersten Blick erschließt. Die Radierungen von Günther Berlejung, beidseitig und durchscheinend, wurden exklusiv für diesen Band geschaffen. Sublim und eindringlich zugleich stehen sie als eigenständige Kunstwerke in assoziativer Beziehung zu den Gedichten.
Zur bibliophilen Kostbarkeit wird das Buch neben seiner feinen Ausstattung auch durch die außergewöhnliche Typografie von H.-J. Kotarski. Sie integriert Text, Bild und Übersetzung buchstäblich transparent. Die einfallsreiche Konzeption übersetzt die künstlerische Aussage noch einmal visuell. Ein Buch, in dem man blättern möchte, ein Buch zum gemeinsamen Lesen.
Natürlich wurde die Ausgabe durch ein Original von Günther Berlejung „angereichert“! Wir hoffen, dass Herr Klimmt noch Wandfläche in seinem „Tollhaus“ frei hat, um dieses wunderbare Blatt anzubringen.
Am 24.Juli feiern wir unser Sommerfest mit verschiedenen Künstlern, einer Buchvorstellung und natürlich mit kulinarischen Highlights! Jeder, der kommen möchte, ist herzlich eingeladen.
Nach der Sommerpause endet unsere Reihe in diesem Jahr am 13. Oktober um 19. Uhr im Bassermann Haus, C4, 9 mit Peter Sodann und seiner Bibliothek.

P.S. Die Planungen für 2016 laufen und wir versprechen erneut ein ansprechendes Programm für alle Interessierte an der Reihe „Buch, Kultur & Gesellschaft“.

(Dr. Ralph Aepler)
è Initiative Buchkultur: Das Buch e.V. c/o Llux
Postfach 25 02 09
67034 Ludwigshafen
Tel. (06 21) 68 50 275