Pirckheimer-Blog

So, 20.11.2022

Arno Nadels Radierung "Hölderlin" von 1923.
Christoph Prignitz samt seiner Publikation und den Entdeckungen zu Arno Nadels Werk.

Arno Nadel – Ein Hölderlin für die Landesbibliothek

Verfolgt vom NS-Regime, in Auschwitz ermordet: Arno Nadel (1878–1943) war Maler, Schriftsteller und Musikwissenschaftler. Seine Werke: zu großen Teilen zerstört. Nun schenkte der Oldenburger Literaturwissenschaftler und Sammler Christoph Prignitz der Landesbibliothek Oldenburg eine Originalradierung des jüdischen Künstlers: ein bisher weitgehend unbekanntes expressionistisches Porträt Friedrich Hölderlins (1770–1843), das in einem Pressendruck von 1923 enthalten ist. Bislang besaßen in Deutschland nur das Jüdische Museum in Berlin und die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar diesen Pressendruck – nun auch die Landesbibliothek Oldenburg.

Nadel arbeitete als Musikwissenschaftler zu jüdischen Volksliedern und zur Synagogenmusik und besaß eine große Sammlung von Musikalien. Bevor er und seine Frau nach Auschwitz deportiert wurden, überließ er seine Sammlung und Teile seiner eigenen Werke der bekannten Künstlerin Käthe Kollwitz. Sie wurden zusammen mit ihrem Atelier während des Krieges in Berlin zerstört. „Ganz zufällig habe ich in einem Berliner Antiquariat das Porträt entdeckt“, erzählt Christoph Prignitz, „der Name Arno Nadel war mir natürlich auch völlig unbekannt.“ Er erkundigte sich beim Jüdischen Museum in Berlin und beschäftigte sich genauer mit Nadels Werk. Daraus ist eine Publikation entstanden, die den Pressendruck in das Werk Arno Nadels einordnet.

Die expressionistische Originalradierung von 1923 verfremde das bekannte Porträt des jungen Hölderlins von Franz Carl Hiemer, erklärt Prignitz – die Gesichtszüge seien viel dunkler und illustrieren damit die im Pressendruck enthaltenen Gedichte aus der Wahnsinnszeit. Eine weitere Zeichnung mit dem Namen Hölderlin-Insel verarbeitet den zunehmenden Kulturverlust in der NS-Zeit, so Prignitz. Der Sammler möchte der Bibliothek noch weitere erhaltene Werke von Arno Nadel überlassen. Die Landesbibliothek erhält auf diese Weise eine kleine Spezialsammlung, die die jüdische Gemeinde in Oldenburg und die überregionale Wissenschaft interessieren dürfte.

Anlässlich des diesjährigen Erinnerungsgangs am 10. November wurde die Spezialsammlung zeitgleich mit der Ausstellung Das geht auch mich an! in der Landesbibliothek Oldenburg präsentiert. Die von Schüler*innen der IGS Helene-Lange-Schule entwickelte Ausstellung war vom 7. bis zum 19. November zu sehen. Prignitz’ Publikation zur Entdeckung erschien bei WVB.

Christoph Prignitz 
Hölderlin: Ein Porträt und eine Skizze
von Arno Nadel (1878–1943)
Berlin: WVB 2022
67 Seiten mit Ill., 19,80 Euro
ISBN 978-3-96138-324-5.

(André Schinkel/Landesbibliothek Oldenburg/Pressemitteilung)

Fr, 18.11.2022

Bernd und Hilla Becher "Wassertürme". München 1988.

Artpeers.de: Für Kunstliebhaber und Bibliophile!

Artpeers.de stellt seine neue Kategorie vor: Kunstbücher. Dem breiten Angebot an originalen Kunstgrafiken wie Holz- und Linolschnitten, Siebdrucken, Lithografien, Radierungen hat die Online-Auktionsplattform nun auch eine große Auswahl an Kunstbüchern hinzugefügt, die auf neugierige Interessenten warten. Hier finden unzählige besondere Drucke und Kunstbücher ein neues Zuhause: Eine wahre Fundgrube für den, der sucht, wie für den, der anbietet. Viele der schönen Exemplare wollen im Bücherschrank eines Kunstliebhabers eigentlich nicht fehlen: Gerhard Richter, Malerei, Hatje Cantz Verlag mit Texten von Robert Storr; Stephan Balkenhol, Sculptures and Drawings, Cantz Verlag, englischsprachige Ausgabe; oder Die Kunst von Gilbert & George von Wolf Jahn, erschienen bei Schirmer/Mosel in München. 

Auch ein handsigniertes Verzeichnis des druckgrafischen Werks 1969–1979 von Karl Korab, erschienen bei E. Hilger in Wien, wäre zu nennen. Eine besondere Kostbarkeit aus der neuen Rubrik ist etwa auch die Erstausgabe von Wassertürme des Künstlerduos Bernd und Hilla Becher, das von beiden Künstlern signiert wurde. Auf langen Reisen durch Mittel- und Westeuropa und die Vereinigten Staaten haben Bernd und Hilla Becher seit 1957 eine Fülle von Beispielen des industriellen Bautyps Wassertürme zusammengetragen. Obwohl es sich bei Wassertürmen um sogenannte Zweckbauten handelt, die in der Hierarchie der Baukunst keinen hohen Rang einnehmen, offenbaren die von den Bechers fotografierten, zwischen der vorletzten Jahrhundert-Wende und der Gegenwart entstandenen Bauwerke eine beispiellose Formenvielfalt, in der sich nationale Stilrichtungen und lokale Tradition ebenso widerspiegeln wie Fantasie, Temperament und Innovationsfreudigkeit ihrer Schöpfer. 

Dieses bei Schirmer/Mosel erschienene Kleinod soll wie die übrigen genannten schönen Bücher beispielhaft für den Reichtum der neuen Sparte bei Artpeers.de stehen. Weitere Informationen und eine Vielzahl weiterer Bücher und Kunstwerke finden sich bei www.artpeers.de.

(Angelika Groenendijk/Pressemitteilung)

Mi, 16.11.2022

Der Verlag Ernst Wasmuth feiert 150. Geburtstag.
Aus dem historischen Programm des Verlags.

150 Jahre Verlag Ernst Wasmuth

In diesem Jahr feiert der 1872 in Berlin gegründete Verlag Ernst Wasmuth sein 150-jähriges Jubiläum. Das über drei Generationen familiengeführte Unternehmen zählte mit seinen Büchern, Mappenwerken, Bildbänden, Schriftenreihen und Zeitschriften zu Architektur, Kunst, ArchäologieKunstgewerbe und Fotografie zu den führenden und international renommierten Fachverlagen Deutschlands. Die Entwicklung auf den jeweiligen Gebieten wurde nicht nur dokumentiert, sondern immer wieder auch durch neue Impulse bereichert. Das kulturelle Erbe der Vergangenheit prägte das Programm dabei ebenso wie die künstlerischen Ausdrucksformen der Gegenwart.

Blütezeiten erlebte der Verlag vor dem Ersten Weltkrieg und erneut in den 1920er Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Wiederaufnahme der Verlagstätigkeit von Tübingen aus, während die Firma Wasmuth Buchhandlung und Antiquariat weiter in Berlin betrieb. Ab 1992 kamen noch einige Museumsshops hinzu. Seit 2019 wird der Verlag in der Hauptstadt als Wasmuth & Zohlen Verlag mit den bewährten Programm-Schwerpunkten fortgeführt. Anlässlich des Jubiläums tritt die Geschichte dieses Verlagsunternehmens wieder stärker in das öffentliche Bewusstsein.

Am Donnerstag, dem 24. November 2022, um 19 Uhr richtet die Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Unter den Linden 8, 10117 Berlin im Wilhelm-von-Humboldt-Saal eine Jubiläumsfeier aus, zu der herzlich eingeladen wird. Es sprechen zu Ehren von Verlag und Geburtstag: Achim Bonte, Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (Begrüßung), Ernst J. Wasmuth (Tübingen/Berlin), Senior Publisher (Grußwort) und Gerwin Zohlen, Wasmuth & Zohlen Verlag (Ausblick). Den Festvortrag zum Thema 150 Jahre Verlag Ernst Wasmuth. Architektur – Kunst – Fotografie hält der Architekturhistoriker Roland Jaeger (Hamburg/Berlin).

Anschließend findet ein Empfang statt und werden Dokumente aus der Verlagsgeschichte des Hauses präsentiert (vergleiche die das Sammlerherze bewegenden Exponate aus der Ernst-Wasmuth-Historie im unteren Bild). Interessenten werden gebeten, sich bis zum 21. November 2022 für die Feier und den Empfang anzumelden. Anmeldungen werden unter der E-Mail events@sbb.spk-berlin.de entgegengenommen.

150 Jahre Verlag 
Ernst Wasmuth
24.11.2022, 19 Uhr
Staatsbibliothek zu Berlin
Wilhelm-von-Humboldt-Saal
Haus Unter den Linden 8
10117 Berlin

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Di, 15.11.2022

Marcel van Eeden ǀ © CC-BY-SA 4.0

Ehrung für Marcel van Eeden

Der Zeichner Marcel van Eeden aus Karlsruhe erhält den mit 25.000 Euro dotierten Hans-Thoma-Preis 2023 des Landes Baden-Württemberg. Die Auszeichnung soll nach Angaben des Landeskunstministeriums am 13. August 2023 in Bernau im Schwarzwald überreicht werden. Begleitet wird die Verleihung des Staatspreises von einer Ausstellung mit Werken des 56-Jährigen im Hans-Thoma-Kunstmuseum. Van Eeden ist Rektor der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Der Hans-Thoma-Preis wird alle zwei Jahre vergeben und zeichnet das Lebenswerk von Künstlern aus, die vorrangig in Baden-Württemberg tätig oder in dem Bundesland geboren sind. Er erinnert an den Maler und Akademie- und Galeriedirektor Hans Thoma (1839–1924). Van Eeden setzt sich grenzüberschreitend für die zeitgenössische Kunst und den künstlerischen Nachwuchs in Baden-Württemberg ein. Der Niederländer sei ein „Ausnahmekünstler mit internationaler Strahlkraft“, sagte der baden-württembergische Kunststaatssekretär Arne Braun. Der 1965 in Den Haag geborene Künstler studierte von 1989 bis 1993 in seiner Heimatstadt, bevor er als freischaffender Künstler lange in Berlin lebte und schließlich dem Ruf nach Karlsruhe folgte. Momentan sind seine Arbeiten, die typischerweise mit Kohle in Serien und -Zyklen u. a. zu Texten von Robert Walser entstehen, in fünf Ausstellungen in den Niederlanden, in Deutschland und Schweden gleichzeitig zu sehen.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

So, 13.11.2022

Die 37. Leipziger Grafikbörse findet vom 13.11.22 bis zum 29.01.23 im Museum für Druckkunst statt.

Turbulenzen in Leipzig

„Turbulenzen“ ziehen mit der 37. Leipziger Grafikbörse in das Museum für Druckkunst ein. Zu diesem Thema haben 90 Künstlerinnen und Künstler grafische Arbeiten eingereicht, die vom 13.11.2022 bis zum 29.01.2023 zu sehen sind. Die Interpretationen sind vielfältig. Es geht um gesellschaftliche Themen wie Wetter, Klima, Politik oder Wirtschaft, aber auch private, zwischenmenschliche oder gedankliche Turbulenzen. Vieles wühlt auf, alles regt zum Nachdenken an. Dabei bedienen sich die Künstler*innen verschiedener druckgrafischer Techniken und experimentieren auch mit Mischformen. Die Ausstellung zeigt die Vielfalt des zeitgenössischen druckgrafischen Schaffens in Leipzig und ganz Mitteldeutschland und ist ein Beitrag zum Erhalt des immateriellen Kulturerbes Drucktechnik. Neben Künstler*innen aus Mitteldeutschland wie Stephanie Marx, Nadine Respondek, Katja Zwirnmann, Andrea Ackermann, Susanne Theumer und Ulrich Hachulla sind auch Arbeiten von Gästen wie Karin Brosa (Essen), Pablo Flaiszman (Paris) oder Olesya Dzhurayeva (Kiew) vertreten. Die Börse begleitend erscheint ein Katalog mit den Abbildungen aller ausgestellten Arbeiten – er ist im Museumsshop für15 Euro erhältlich. Alle gezeigten Arbeiten sind außerdem käuflich zu erwerben. Öffentliche Führungen finden jeweils sonntags um 12 Uhr statt am: 13.11., 04.12. sowie im Neuen Jahr am 29.01. Am Dienstag, den 22.11., 15 Uhr, gibt es eine Führung 60+ mit ermäßigtem Eintritt für Besucher ab 60. 

(André Schinkel)

Sa, 12.11.2022

Ursula Paschke und Esteban Fekete.
In der Edition Anonyma erschien auch Ursula Paschkes Verzeichnis der Werke Esteban Feketes.

Trauer um Ursula Paschke

Am heutigen 12. November findet in Augsburg die Trauerfeier für Ursula Paschke (1934–2022) statt, die am 5.11. im Stadtteil Inningen am Südrand der drittgrößten bayerischen Metropole verstarb. Die gebürtige Düsseldorferin betrieb mehrere Jahrzehnte (1971 bis 2008) die Edition Anonyma in Mülheim an der Ruhr, wo sie lange lebte. In der Edition betreute sie exklusiv einen Großteil des Werks von Esteban Fekete (1927–2009), mit dem sie bis zu seinem Tod eng befreundet war, auch dokumentierte sie seine Arbeit im Anlegen eines Werkverzeichnisses, von dem Ursula Paschke die Bände 2 bis 4 herausgab und mithin zur Zeugin des bewegten Lebens dieses bedeutenden Holzschneiders wurde. Aus den gegenseitigen Besuchen in Deutschland und Irland (in dem Fekete eine späte Herzens-Heimat fand) resultieren eine Reihe Bücher und Reiseberichte (For sale etwa), auch berichtet die Editorin immer wieder in Aufsätzen, Vor- und Nachworten sowie Vorträgen vom Werk und Treiben des Künstlers, hielt Kontakt zu seinen Sammlern und zur zur Wahrung seines Œuvres und Andenkens gegründeten Fekete Stiftung in Roßdorf bei Darmstadt. Ihre Angehörigen widmen sich der Verstorbenen mit einer berührenden Traueranzeige, die einen kleinen Einblick in das unermüdliche und fürsorgliche Schaffen Ursula Paschkes gibt. In einer der nächsten Ausgaben der Marginalien erscheint mit Erinnerungen an Fekete im Übrigen ein Aufsatz unserer Mitglieder Christiane und Norbert Grewe, in dem auch Ursula Paschke noch einmal die ihr gebührende Würdigung erfahren wird.

(André Schinkel)

Fr, 11.11.2022

Karl-Georg Hirsch: "Letzter Tanz. Für Gottfried B.", Holzschnitt mit Tonplatte im Irisdruck.
Sven Großkreutz: "Phoenix aus Aschersleben", Ätz-/ Kaltnadelradierung, Aquatinta, Aussprengtechnik.
Claudia Berg: "Haus bei Burano", Kaltnadelradierung.

Subskriptionsfrist für die Grafikmappe Edition Pirckheimer verlängert

Unserer Zeitschrift Marginalien liegt pro Ausgabe für jedes Mitglied eine Originalgrafik bei. War dies in der Vergangenheit nur in vereinzelten Heften der Fall, so etablierten wir vor fünf Jahren die regelmäßige Beilage mit jeder Ausgabe. Auch ein Grund für unser Mitgliederwachstum. Wir freuen uns, mit den preiswerten Blättern namhafter Künstler wie Max Uhlig, Dieter Goltzsche, ATAK, Volker Pfüller, Strawalde, Frank Eißner, Thomas Ranft und vielen mehr vor allem jüngeren Lesern den Aufbau einer eigenen Grafiksammlung zu ermöglichen. Trotzdem bleibt das paradoxe Problem: Je erfolgreicher die Zeitschrift, je höher ihre Auflage, desto mehr steigen die Kosten und sinkt der Sammlerwert der Grafiken.

Vor drei Jahren haben wir auf dieses Problem mit der Herausgabe einer exklusiven Edition Pirckheimer geantwortet: einer Grafikmappe in kleiner Auflage, die den Sammlern etwas Besonderes bietet und deren Ertrag dabei hilft, die Finanzierungslücke für qualitätsvolle Grafik-Beilagen der Marginalien auszugleichen. Kuratiert von Jens-Fietje Dwars, unter anderem auch Herausgeber der literarischen Edition Ornament im quartus-Verlag, starteten wir mit sieben A3-Blättern in 35er Auflage von den Künstlern Susanne Theumer, Hans Ticha, Klaus Süß, Moritz Götze, Kay Voigtmann, Strawalde und Baldwin Zettl. Mit der diesjährig gestarteten zweiten Mappe der Edition passten wir das Konzept leicht an: Auflage 50 Exemplare, und alle sieben Blätter liegen bereits vor, statt sukzessive ausgeliefert zu werden. Somit weiß jeder, was ihn erwartet, wenn er die Edition abonniert.

Karl-Georg Hirschs Holzschnitt Letzter Tanz krönt eine ganze Reihe oft skurriler Paare des Altmeisters, die weniger harmlos tänzeln, als vielmehr ihre Kräfte messen. Dieter Goltzsche trägt eine kleine Radierung namens Schaukelpferd bei. Max Uhlig gab uns für die Mappe eine radierte Frauenkopf-Studie aus dem Jahr 1978, von der bislang noch keine Auflage gedruckt wurde. Seine Malerkollegin im Geiste, Gerda Lepke, zeichnete in ihrer Algrafie mit bekannt freiem Strich ein geheimnisvolles Paar. Der Grafiker und Maler Gerd Mackensen zeigt mit seiner handkolorierten Radierung Nur Narr! Nur Dichter! einen Nietzsche jenseits verklärender Heroisierung. Als Vertreter nachwachsender Generationen konnten wir Sven Großkreutz gewinnen. Sein rätselhaftes Blatt Phönix aus Aschersleben ist aufwändig in Ätzradierung und Aquatinta, Kaltnadel und Aussprengtechnik gearbeitet. Und Claudia Berg beschließt die Mappe mit einem Blatt aus ihrem jüngsten Venedig-Zyklus: Haus bei Burano ist ein weiteres Zeugnis ihrer atmosphärisch dichten Radierkunst. Die Mappe wird erneut von Silke Steinhagen in Weimar gebunden, ein Beiblatt in Bleisatz von der Pavillon-Presse Weimar gedruckt.

Mit einer Auslieferung rechnen wir im November. Bis zum 31. Dezember kann die Mappe zum Subskriptionspreis von 1.300 Euro erworben werden. Danach kostet sie 1.600 Euro. Wir haben die ursprünglich in den Marginalien (Heft 246) angekündigte Frist verlängert, da die Marginalien bei einigen verspätetet ausgeliefert wurden. Für Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft sowie Sammler der ersten Mappe (auch wenn sie nicht den Pirckheimern angehören) wird ein weiterer Rabatt von 10 Prozent gewährt, sodass die Mappe dann 1.170 Euro zuzüglich Versand kostet. Die Bezahlung ist in drei Raten möglich. Die Verteilung der Nummern erfolgt in der Reihenfolge der Bestellungen. Subskriptions-Bestellungen können gerichtet werden an:

Pirckheimer-Gesellschaft e. V.
c/o Matthias Haberzettl
Ramsbergstr. 12, 86156 Augsburg
E-Mail: haberzettl@pirckheimer-gesellschaft.org

(Jens-Fietje Dwars)

Heft 2022/2 der "Wandelhalle für Bücherfreunde" ist im Oktober erschienen.

Wandelhalle für Bücherfreunde

Auf den Punkt, kurz vor der Frankfurter Buchmesse, erschien das Herbstheft der Wandelhalle für Bücherfreunde der Gesellschaft der Bibliophilen e. V., der ältesten (gegründet 1899) Gesellung von Bücherfreunden und -sammlern in Deutschland. Das Heft, verantwortet von Silvia Werfel, gestaltet von Michael Hempel, verweist bereits im Editorial auf einen elementaren Termin im europäischen Geistesleben: den Eintritt Christoph Martin Wielands als Prinzenerzieher in den Weimarer Hof vor 250 Jahren. Damit, so Vereinsvorsitzende Annette Ludwig, tritt das seinerzeit „kleine Mokchen“ Weimar in den Vorabend der nach ihm benannten Klassik und damit in die Weltliteratur ein. Dazu passend folgt im Heft ein so ausführlicher wie einnehmender Bericht über das Jahrestreffen der GdB im mittelthüringischen Musentempel und lässt das bibliophile Herze angesichts der Ereignisse und vielen Weimarer Sichtungen und Besichtigungen höher schlagen, gefolgt von einem Rückblick auf die Frühjahrexkursion der Fränkischen Bibliophilen. Es gibt weiterhin bibliophile Notizen zu Maximilian Liebenwein, zur Sammlung Onno Feenders in der Landesbibliothek Oldenburg, Meldungen zum Mainzer Gutenberg- wie zum Breslauer Preis für Bibliografie sowie einen kleinen Strauß Rezensionen und Personalia, Meldungen aus der Bücherwelt, eine Betrachtung der Geschichte des Lesens und schließlich die Ankündigung der nächsten Jahrestagung, die im Juni 2023 in Wiesbaden stattfinden wird. Ein rundes und vom ersten bis zum letzten Wort lesenswertes Kompendium zum Stand der bibliophilen Dinge, handlich und im Jahresabo für 10 Euro zu haben. Auch der abschließende Bücher-Tipp ist abgestimmt und aufregend: Im empfohlenen Werk geht es um Goethe und die Geschichte seiner Bibliothek. Ein kleines und doch prallvolles Heft, das man immer wieder gern zur Hand nimmt.

(André Schinkel)

Do, 10.11.2022

Peter Burschels Porträt der HAB erschien in der renommierten Insel-Bücherei.
"Le Chant des morts": Doppelseite aus dem Band.

Die Herzog August Bibliothek. Eine Geschichte in Büchern

Das Buch von Historiker Peter Burschel, seit 2016 Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, ist der Geschichte der Bibliothek gewidmet. Im Jahr 2022 feiert sie ihr 450-jähriges Bestehen. Die 1572 gegründete Bibliothek galt als die größte Bibliothek Europas, gemessen an der Zahl der gedruckten Bücher, und war und ist eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen mittelalterlicher Handschriften. In lebendiger Sprache, mit vielen interessanten Details, unter Verwendung zahlreicher Primärquellen schildert der Autor die wichtigsten Veränderungen in der Geschichte der Bibliothek (Erstellung und Entwicklung des Katalogs, die Öffnung der Sammlungen für die Öffentlichkeit, Erwerb wertvoller Handschriften, Änderungen des rechtlichen Status der Einrichtung usw.).

Eine Reihe von Personen, welche die Geschichte der Bibliothek mitgestaltet haben, treten vor dem Leser auf: „Bibliothecarius“ Leonhard Schröter, der Bibliothekar des herzoglichen Bücherhauses Gotthold Ephraim Lessing, der Buch-Broker und Augsburger Kunsthändler Philipp Hainhofer, auch Bibliotheksdirektor Erhart Kästner und sein Nachfolger Paul Raabe. Von besonderem Interesse ist die Geschichte der Bibliothek im 20. Jahrhundert, der der Autor mehrere Seiten widmet: „Die Geschichte der Herzog August Bibliothek zwischen 1933 und 1945 ist ein Desiderat geblieben – und wird erst seit kurzer Zeit adäquat untersucht; ganz so wie auch die antiquarische Erwerbung der Bibliothek seit 1969 im Rahmen eines NS-Raubguts-Projekts, das vom ‚Deutschen Zentrum Kulturgutverluste‘ finanziert wird.“

Der Autor schlägt vor, „die Geschichte einer Bibliothek immer auch als Wissensgeschichte zu verstehen, die sehr viel mehr ist als die Geschichte einer Institution und ihrer Bestände, hat doch Wissensgeschichte nicht nur die Bücher und die Texte im Blick, die diese Bücher erhalten, sondern auch die Bedeutungszusammenhänge, die ihr Zusammentreffen hervorbringt. „Eine Geschichte in Büchern“ – das heißt vor diesem Hintergrund: eine Geschichte, die Bibliotheks-, Buch- und Wissensgeschichte verbindet, indem sie diese Zusammenhänge offenlegt.“ Das elegante, reich illustrierte Buch enthält fünf Essays sowie eine Quellen- und Literaturauswahl

Peter Burschel:
Die Herzog August Bibliothek.
Eine Geschichte in Büchern
Frankfurt am Main: Insel 2022
Insel-Bücherei Nr. 1496.
123 Seiten, 15,00 Euro
ISBN 978-3-458-19496-5.

(Maria Bogdanovich)

Mo, 07.11.2022

Die Ausstellung "Bibliomania" in der Villa Zander in Bergisch Gladbach nordöstlich von Köln ist noch bis zum 08.01.2023 zu sehen.

Bibliomania in Bergisch Gladbach

Die Villa Zanders in Bergisch Gladbach war einst Wohnsitz der Papier-Fabrikantenfamilie Zanders. Nach wechselvoller Geschichte beherbergt die Villa heute ein Kunstmuseum. Und was könnte geeigneter sein für die Villa ehemaliger Papierfabrikanten als die Präsentation von Kunst zu und aus Papier. Mit Bibliomania zeigt das Kunstmuseum in diesen Wochen auf zwei Etagen Kunst, die dem Buch gewidmet ist: Fotos, Gemälde, Collagen, Künstler-Bücher, eine Ornithologie der Bücher, gemalte Bücherwände voller erfundener Literatur und weitere eigenwillige Objekte, die der Beschäftigung mit dem Buch und seiner kreativen Würdigung gewidmet sind. 

Selbst eine „Bibliothek ungelesener Bücher“ präsentiert das Museum und erlaubt dem Besucher, zuzugreifen und für sich die Ungelesenen zu entdecken. Das ist bei den anderen Objekten der Ausstellung allerdings nicht erwünscht. Dennoch gibt es auch hier viel Bibliophiles, Wunderliches, Spannendes zum Thema „Buch in der Kunst“ in Augenschein zu nehmen. Ein angebotener Ausstellungskatalog zum Preis von 35 Euro informiert mit grundlegenden Artikeln der drei Kuratorinnen und stellt in oft ganzseitigen Fotografien die in der Ausstellung präsentierten Objekte vor. Weitere Informationen: www.villa-zanders.de/ausstellungen/bibliomania/

(Helmut Garritzmann)

Sa, 05.11.2022

Heinz Zander, "Der Engel John Silver betritt den Strand", 1990, Öl (zu R. L. Stevenson).
Heinz Zander: "Harpyie gebiert einen Engel", Zeichnung (zu König Phineus).
Heinz Zander, "Peter Schlemihl", Öl (zu Adelbert von Chamissos berühmtem Roman).

Vernissage: „Puppenspiel mit Moralitäten. Heinz Zander – Bilder zur Literatur“

Zur Eröffnung der Ausstellung Puppenspiel mit Moralitäten. Heinz Zander – Bilder zur Literatur am Sonnabend, 19. November 2022, laden die Magdeburger Pirckheimer zusammen mit der Galerie Thoms in das Literaturhaus Magdeburg ein. Beginn der Vernissage ist um 15 Uhr. Der Eintritt zur Eröffnung ist frei. Für die musikalische Umrahmung sorgen aus Magdeburg Gerd Becker und Stefano Riva. Die Ausstellung ist bis zum 28. Januar 2023 im Literaturhaus in der Thiemstraße 7 im Stadtteil Buckau der Elbestadt zu sehen.

Werke aus dem umfangreichen Œuvre des Leipziger Malers Heinz Zander, der 1939 in Wolfen geboren wurde, befinden sich unter anderem in Museen und Sammlungen in Berlin, Tokio, Dresden oder Leipzig. Ab dem 19. November werden rund 150 seiner Arbeiten im Magdeburger Literaturhaus gezeugt – darunter großformatige Ölbilder ebenso wie kleinformatige Zeichnungen oder Druckgrafik. Dazu kommen die Romane und Erzählungen, die er geschrieben und selbst illustriert hat, sowie künstlerische Arbeiten zur Weltliteratur.

In seinen sechs Jahrzehnten künstlerischen Wirkens hat Heinz Zander als Autor selbst Literatur geschaffen und sich als Zeichner und Maler auch umfangreich mit den Werken anderer Autoren (von Wolkenstein, Poe, Brecht, Hacks) auseinandergesetzt. Die Ausstellung im Literaturhaus vermittelt einen Blick in das Werk Zanders aus diesem speziellen Blickwinkel heraus. Der Kunsthistoriker Oliver Schwulst (Leipzig) wird die Gäste der Vernissage in dessen vielfältige Bilderwelt einführen. Ein Vorblick in die Worte des Laudators sei hier schon gewährt:

„Die Bildwelt Heinz Zanders ist umgeben von der Aura des Poetischen, die viel erzählt, doch mehr verschweigt. Sein gesamtes künstlerisches Schaffen ist durchzogen von zahlreichen Motiven aus abendländischen Märchen und antiken Sagen, aber auch der Weltliteratur der jüngeren Jahrhunderte. Die gleichnishaften Kompositionen spiegeln seine eigene Lese-Arten, die das ursprüngliche Wesen des Textes, hinter einem oft zugespitzten Charakter verbergen. Der Leipziger Künstler verdichtet dabei die literarischen Stoffe zu labyrinthischen Zeichen, wodurch Raum für eigenständiges Erkunden geöffnet wird.

Zanders Themen sind wahrhaft vielfältig. Vom geschichtlich-schicksalshaften Niedergang (Edgar Allen Poe, Der Untergang des Hauses Usher, 1839) über die doppelschneidige Eigendynamik des Erotischen (Daniel Defoe, Moll Flanders, 1722) hin zu nachdenklichen Tönen (Thomas Mann, Der Erwählte, 1951), meist dialektisch gewürzt mit deftig-derben Humor (Bertolt Brecht, Seeräuberballade, 1920er). 

Diese vielseitige, intensive Auseinandersetzung ergoss sich in ein eigenes ergiebiges literarisches Schaffen. Oft begegnet dem Leser und Betrachter eine Ironisierung der Ironie. Heinz Zanders Romane Stille Landfahrten (1981) oder Das sanfte Labyrinth (1984) gründen sich auf der Phantasie eines Insulaners der sich einer urtümlichen Ander-Welt zuwendet, die für aufmerksame Besucher so manches Wunder bereithält.“

(Sigrid und Ralf Wege/Pressemitteilung)

Fr, 04.11.2022

Die artbook.berlin findet vom 18. bis 20.11. statt.
Die Kunst- und Literaturzeitschrift "Herzattacke" erscheint seit 1988/1989 in der Edition Maldoror.
Rita Lass, "Die hohen Tannen" (2020, zu einem Gedicht von R. M. Rilke) ǀ © Matthias Behne

artbook.berlin 2022

Endlich wieder Messe am Mariannenplatz! Nach zwei schweren Jahren für die Buchkunst öffnet die artbook.berlin im November wieder ihre Türen. Die zwölfte Ausgabe der Messe für Künstlerbücher und Editionen findet im Kunstquartier Bethanien am Mariannenplatz 2 in 10997 Berlin-Kreuzberg am 18. (18–21 Uhr), 19. (14–20 Uhr) und 20.11. (11–17 Uhr) statt. An diesen drei Tagen präsentieren etwa 100 internationale Buchkünstlerinnen und Buchkünstler, Editionen und bibliophile Gesellschaften ihre Werke und Produkte. Darüber hinaus findet ein abwechslungsreiches Programm von Vorträgen, Buchpräsentationen und Lesungen statt. Auch die Pirckheimer-Gesellschaft ist mit einem eigenen Stand vor Ort.

Die artbook.berlin wird auch 2022 organisiert von Corn.elius Brändle (Buchkünstler, Siebdrucker, Verleger) und Hanneke van der Hoeven (Zeichnerin, Buchkünstlerin und Autorin). „Als Menschen vom Fach wollen wir keine kommerzielle Buchmesse organisieren, sondern der Buchkunst eine Plattform bieten, ihre außergewöhnliche Qualität zu zeigen, mit Sammler*innen und Besucher*innen ins persönliche Gespräch zu kommen“, so die Veranstalter. Die Messe versteht sich zudem als Treffpunkt für Kolleginnen und Kollegen, Möglichkeit, sich kennenzulernen, Fachgespräche, Diskussionen führen, Inspirationen zu sammeln, Zusammenarbeiten zu verabreden und letztlich auch: „Aufmerksamkeit zu geben für diese Facette im Kunstbetrieb.“

Die Aufzählung ließe fortsetzen wie die große Zahl auch an renommierten Künstlern, Pressen und Editionen, die auf der Messe zu treffen sein werden: Matthias Gubig, Hanif Lehmann, Inka Grebner, Sven Märkisch, Jule Mahn (Verwandte Objekte), Rainer Ehrt (Edition Ehrt), Nadine Respondek, Edition Wasser im Turm, Papierwerkstatt Sifft und, und, und … Auch die hallesche Buchkünstlerin Rita Lass, eine ausgewiesene „Meisterin der Einbandkunst“, wird vor Ort sein, wie nicht zuletzt die Kunst- und Literaturzeitschrift Herzattacke, deren originalgrafische Ausgaben quartalsweise in der 1988 von Maximilian Barck und Markus Metke im seinerzeit noch Ostberliner Stadtteil Friedrichshain begründeten Edition Maldoror erscheinen.

„Das Künstlerbuch ist eine Sprache, in der Geschichten, Gefühle, Meinungen, Erfahrungen und Philosophien vermittelt werden“, so die Organisatoren weiter. „Auf der artbook.berlin sind aber nicht nur Künstlerbücher zu sehen, sondern auch Bilder, Drucke wie Radierungen, Lithografien, Serigrafien, auch Computerausdrucke und analoge wie digitale Fotografie.“ Die Bandbreite der gezeigten Werke ist so weitgefasst wie die Anzahl der Aussteller und Ausstellerinnen. Auch ist es ein Anliegen der Messe, junge Künstler und Künstlerinnen mit erfahrenen Kollegen zusammenzubringen, alte handwerkliche Techniken der Druckkunst und die vielfältigen Möglichkeiten modernster Technik der Buchkunst sehen zu lassen. Weitere Informationen zur Messe erhält man bei info@artbookberlin.de und www.artbookberlin.de.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 02.11.2022

Im Extrablatt des "Hamburger Bothen" lädt der Verlag Angeli & Engel für den 16.11. zur Präsentation mit Rainer Ehrt nach Hamburg ein.

Hamburger Bothe: Extrablatt!

Ein Extrablatt des Hamburger Bothen im November? Ja, so ist es: Rudolf Angeli und Peter Engel laden damit zu einem besonderen Event ein. „Wir freuen uns, diese Sondernachricht zwischen unseren normalen Ausgabemonaten zu versenden. Damit laden wir zu einer Veranstaltung in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ein! […] Liebe bibliophile Leser und Sammler, ladet eure Freunde ein und ‚stürmt‘ die StaBi am 16.11. Zeigt, dass der oft angeführte Niedergang der Bibliophilie eine Mär ist …“ Der Anlass dieser Einladung ist die Präsentation des zweiten Buchs Figur&Kontext – Zeichnungen, Druckgrafik & Künstlerbücher von Rainer Ehrt, die an besagtem Novemberabend um 19 Uhr im Vortragsraum der ehrwürdigen Hamburger Bibliothek (Von-Melle-Park 3, 20146 Hamburg) stattfindet. „Der Maler und Graphiker erweist sich darin als Doppelbegabung und steuert zu seinen Zeichnungen eigene Texte bei“, so die Einladenden weiter. Der Band mit Ehrt, der als vielfach geehrter Grafiker (und Autor) in Kleinmachnow in der Nähe Berlins lebt, ist bereits der zweite im noch jungen Verlag, ihm ging der überaus erfolgreiche Band Vor&Nachbilder – Zeichnungen zur Literatur 1971–2021 von Klaus Waschk voraus. Zum Programm heißt es: „Der Verlag Angeli & Engel widmet sich Publikationen zur Kunst mit bibliophilem Anspruch, Teilauflagen jeder Publikation werden mit Originalgraphiken ausgestattet. Im Frühjahr 2023 ist ein Gedichtband des Lyrikers und Übersetzers Urs Heftrich geplant.“ Zunächst aber ist das Buch Rainer Ehrts zu feiern – die Herausgeber laden herzlich ein! Die Ausgaben des „Hamburger Bothen“ sind über die Mailadresse Rudolf_Angeli@web.de anforderbar. Weitere Informationen finden sich unter www.angeliundengel.art.

(André Schinkel)

Mo, 31.10.2022

Florian Loschs Verse wurden von Andrea Lange ...
... die Texte Kito Lorenc' von Inka Grebner illustriert.

Bibliophiles des Monats: LyrikHefte 29 und 30

„Lyrik ist das beste Heilmittel gegen die nüchterne Unrast jeder Zeit“ – so formulierte es einer der größten Dichter der Moderne, Rainer Maria Rilke (1875–1926), und so steht es auch auf den Schubern, die die beiden Protagonistinnen, Erfinderinnen und Verwirklicherinnen der in Sammlerkreisen mittlerweile legendären LyrikHefte, Bettina Haller und Andrea Lange, anbieten. Mehr denn je scheint das so, und auch in der brennenden Unrast dieser Zeit, die aus womöglich gerechtem Zorn gern mal mit Kartoffelbrei auf Kunstwerke wirft und letztlich damit einen Verbündeten (die Kunst als sensible Maßgabe des Innehaltens, letztlich Humanen) trifft, wird es, bleibt zu erkennen, nicht ohne das lotende Gegengewicht der Kultur gehen. 

Die Rubrik „Bibliophiles des Monats“ wird deshalb im Oktober auch von den beiden jüngsten Veröffentlichungen von der LyrikHefte-Reihe, die in der gemeinsamen Sonnenberg-Presse der beiden Künstlerinnen aus Chemnitz und Kemberg erscheint, bespielt. Seit 2005 publizieren Bettina Haller und Andrea Lange die kleine fadengeheftete Kostbarkeit, die stets einem bekannten oder auch noch bekanntzumachenden Lyriker gewidmet ist, begleitet vom behutsamen Miteinander mit Grafik: Jede Veröffentlichung enthält eine exclusive und eigens fürs Heft geschaffene grafische Folge – Haller und Lange finden sich selbst darunter, aber auch eine Reihe weiterer Künstler*innen wie Inka Grebner, Uwe Pfeifer oder Cornelius Brändle.

Die Hefte 29 und 30, deren Einbände synchron zur übrigen Reihe in je einer gediegener Farbe, zurückhaltend edlen Schrift gehalten und das Faksimile eines Autographen des Verfassers, der Verfasserin tragen, sind dabei Florian Losch und dem großen sorbisch-deutschen Kito Lorenc (1938–2017) gewidmet, begleitet von den Illustrationen von Andrea Lange (Losch) und Inka Grebner (Lorenc). Auf zwanzig Seiten entfaltet sich so ein Kosmos en miniature, der sowohl die Stimme der Gedichte wie auch deren Gespräch mit der beigegebenen Grafik abbildet.

Die in einer Auflage von 200 Exemplaren im Format von 21,5 x 12,5 cm und signiert erscheinenden LyrikHefte können einzeln oder im Abo bezogen werden und wurden mehrfach ausgezeichnet, so mit dem Von Taube Preis (Kategorie Künstlerbuch) und bei der Verleihung des Victor Otto Stomps-Preises in Mainz. Die wunderschönen Hefte mit dem bedruckten Kartonumschlägen sind für 28 Euro je Exemplar zu haben. Als nachfolgende Hefte sind angekündigt: Gedichte von Frank Maibier (Illustrationen: Lukas Maibier) sowie von Ulrike Draesner (Tina Flau). Eine vollständige Präsentation der Lyrik-Reihe vom ersten bis zum jüngsten Heft findet sich unter anderem hier: Lyrikheft – Bettina Haller (sonnenberg-presse.de).

(André Schinkel)

So, 30.10.2022

Frank Wahle: "Tattoo", Farblinolschnitt, 2022.

Hochdruckpartner & Gäste: Grafik-Kalender für 2023

Der Original Grafik Kalender 2023 – Hochdruckpartner & Gäste ist kürzlich in Leipzig erschienen und noch in einer kleinen Reihe Exemplare (gegenwärtig 18) für 200 Euro (zuzüglich Mwst. und Versand) erhältlich. Der Druck des Kalenders für 2023 wurde in der Werkstatt der Galerie und Werkstatt Hochdruckpartner auf Kniehebelpressen und im Museum für Druckkunst Leipzig an einer Andruckpresse von Hand ausgeführt. Er enthält Farbholzschnitte, Linol- und Farblinolschnitte sowie eine Typografik, die eigens für die Veröffentlichung entstanden, von Gabriele Sperlich, Stephanie Marx, Jacomijn den Engelsen, Anna Arnskötter, Nadine Respondek, Lothar Seruset, Frank Wahle, Hans Bote, Harald Alff, Stefan Knechtel, Susann Hoch und Andrea Lange. Der Kalender im Format von 46,5 x 29,7 cm erscheint in einer Auflage von 180 + 24 Künstler-Exemplaren. Weitere Info unter: www.hochdruckpartner.com.

(André Schinkel)

Fr, 28.10.2022

Stephanie Marx, "Tiefgang", 2022, Linolschnitt/-stich, 90 x 70 cm ǀ © Neue Sächsische Galerie
Stefan Knechtel, "Am Stadtrand", 2021, Holzschnitt, 80 x 100 cm. ǀ © Neue Sächsische Galerie

Tiefgang in Chemnitz: Unter Null

Noch bis zum 20. November 2022 findet die Grafikbiennale 100 Sächsische Grafiken 2022 – unter Null in der Neuen Sächsischen Galerie in der Chemnitzer Moritzstraße 20 statt. Die 100 Sächsischen Grafiken 2022 der 14. Biennale sächsischer Druckgrafik sind thematisch fokussiert: Mit unter Null möchte die Ausstellung den Blick auf untergründige gesellschaftliche Prozesse lenken, die zunehmende Kälte des gesellschaftlichen Klimas ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken, auf den Nullpunkt als Umkehrpunkt und gleichzeitigen Teil einer Skala für prozessuale Wahrnehmungen verweisen. Unter Null verlangt nach einer neuen, kritischen Perspektive.

„Auch die Kunst selbst“, schreiben die Veranstalter, „ist anfällig geworden für Schieflagen, für das Abhandenkommen der Maßstäbe und Perspektiven. Die Diskussion um Werke und Konzepte auf der Dokumenta15 hat es für alle sichtbar ans Licht gehoben. Welche Funktionen kann die Kunst, können die Künstler*innen hier übernehmen? Einhundert Werke dieser Ausstellung geben den vielstimmigen Versuch einer Annäherung." Die Arbeiten von sieben Künstler*innen wurden für ihre pointierte Position, ihre künstlerische Lösung mit einem Preis bedacht: Julia Weck, Wolfgang Henne, Harald Alff, Christoph Feist, Susann Hoch, Bettina Haller und Stefan Knechtel.

Und weiter heißt es: „Die Grafikbiennale stellt einmal mehr die Entwicklung der Druckgrafik zu großen Formaten in geringsten Auflagen mit aufwendigen Technologiekombinationen in den Blickpunkt. Parallel lässt sich ein starker Fokus auf den klassischen Linolschnitt in allen Größen beobachten, dessen Ursachen vielfältiger Natur sein können. Er passt zu einem politischen Thema mit klarer Positionierung, er ist flexibel zu handhaben und günstig zu produzieren. Bilden sich auch hier gesellschaftliche Prozesse in der kleinen Blase der Künstlerschaft ab?“

Erstmals wurde vom Kunstverein der Galerie, dem Neue Chemnitzer Kunsthütte e. V., ein Publikumspreis gestiftet, dessen Ergebnis zum Ende der Ausstellung verkündet wird. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit der Abbildung aller ausgewählten Grafiken. Im Beiprogramm gibt es Familiennachmittage, Musikmatineen und Filmvorführungen zum Thema. Öffentliche Führungen durch die Ausstellung finden jeweils dienstags um 17 Uhr statt. Alle Informationen zur Biennale 100 Sächsische Grafiken 2022 – unter Null und zum Programm finden sich unter der Webadresse www.neue-saechsische-galerie.de.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mi, 26.10.2022

Das BookBauFestival an der HfG Karlsruhe findet im Rahmen des Hallenbau-Festivals vom 28. bis 30.10. statt. ǀ © Karla Kniep und Luis Rüttiger

BookBauFestival an der HfG

Das BookBauFestival an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe findet im Rahmen des Hallenbau-Festivals vom 28. bis 30.10. statt. Für das Festival organisieren Studierende und Lehrende der Hochschule eine Künstler*innen-Buchmesse in den Atrien der HfG. Das BookBauFestival steht „im Kontext von Ökonomie, nachhaltiger Produktion sowie der Ausstellung und Sammlung von Künstlerbüchern.“ Sieben Kunsthochschulen, neunzehn Verlage und über dreißig Studierende präsentieren und verkaufen Künstler*innenbücher. ZKM, Städtische Galerie und Staatliche Kunsthalle Karlsruhe öffnen ihre Magazine und stellen Kataloge aus mehreren Jahrzehnten zur Verfügung. Das Programm bietet zudem Workshops und Gesprächsrunden und wurde interdisziplinär mit Studierenden des Seminars Künstlerbücher mit Fotografie im Verbund mit Professorin Susanne Kriemann konzipiert. Weitere Informationen und das vollständige Programm finden sich unter: www.bookbaufestival.de.

(André Schinkel/Pressemitteilung)

Mo, 24.10.2022

Noch bis zum 30.10. sind die Arbeiten aus "Fundervoll" in Halle (Saale) zu sehen.
Die Arbeiten aus der "Fundervoll"-Mappe sind noch bis 30.10. in der Ausstellung "Durch die Tage, durch die Nächte" in Halle zu sehen.

Fundervoll

Nur noch wenige Tage, bis zum 30. Oktober, präsentiert die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt in ihren Räumen (Neuwerk 11, 06108 Halle an der Saale) unter dem Titel Durch die Tage, durch die Nächte Werke aller Genres von 22 Künstlerinnen und Künstlern, entstanden im Rahmen von Arbeitsstipendien der Stiftung. Die Arbeiten befassen sich mit einschneidenden Ereignissen – persönlich als auch gesellschaftlich: verschiedene Fluchtbewegungen, ausgelöst durch den Zweiten Weltkrieg, den Jugoslawien-Konflikt bis hin zum Ukrainekrieg, gesellschaftliche Umbrüche, Landschaftszerstörung, aber auch individuellen Hürden im Leben.

Krisen begleiten Menschen – im Persönlichen wie in größeren Zusammenhängen. Kunst hilft, ein Gegengewicht zu finden, neue Perspektiven zu entwickeln und über die Angst schürenden Probleme gerade unserer Gegenwart hinauszugehen. Welche Erfahrungen gab es in der Vergangenheit – wie werden sie erinnert? Was kann aus Beschädigung, Zerstörung, krisenhaften Situationen erwachsen? Wie kann all dem begegnet werden? Gibt es Chancen für einen Neubeginn? Vorgestellt werden Positionen aus Feature, Film, Fotografie, Grafik, Installation, Literatur und Buchillustration, Keramik, Malerei, Plastik, Skulptur, Objekt- und Textilkunst.

Auf eine bibliophile Köstlichkeit im Rahmen der Schau sei hiermit verwiesen: Fundervoll von Simone Trieder, das als Kassette wie als kleine Mappe den 32. und 33. Druck der Solomon-Presse bildet. Der Text der halleschen Autorin, die mit einer Vielzahl Bücher und Herausgaben auf sich aufmerksam machen konnte und 2021 mit dem Hauptpreis der Akademie für gesprochenes Wort Stuttgart zur Preisfrage „Wächst das Rettende auch?“ geehrt wurde, wird begleitet von originalen Zeichnungen von Karl-Georg Hirsch, Annette Krisper-Bešlić, Yvonne Kuschel und Solomon Wija. In der Ausstellung sind acht Blätter aus der Fundervoll-Kassette zu sehen.

Zunächst erschien 2021 Fundervoll in kleinem Format und in einer Auflage von 200 Exemplaren: 12 x 21 cm, mit handgeschöpftem Einbandpapier, Abbildungen von Hirsch, Krisper-Bešlić, Kuschel und Wija sowie einer Beilage von Yvonne Kuschel, gestaltet und gebunden von Bettina Wija-Stein, gedruckt von ThomasDruck Leipzig, zum Preis von 27 Euro. Die noch exclusivere Kassetten-Ausgabe folgte in diesem Jahr als 33. Druck der Solomon-Presse nach. Weitere Informationen zu beiden Ausgaben des Werks finden sich unter www.solomon-wija.de.

Durch die Tage, durch die Nächte
noch bis zum 30. Oktober 2022
geöffnet Mi–So 14–18 Uhr
Eintritt 3 Euro, ermäßigt 1 Euro
Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt
Neuwerk 11, 06108 Halle (Saale)

(André Schinkel)

Fr, 21.10.2022

Matthias Gubig. ǀ © Thomas Gubig
Es herrschte reger Andrang. ǀ © Thomas Gubig

Retrospektive Matthias Gubig

Die Galerie 100 in Berlin war gerammelt voll. Bis auf die Straße stand man, um der Eröffnungsrede von Hans-Eberhard Ernst zuzuhören – einer Eröffnung für Matthias Gubig. Der Typograf und Grafiker zeigt seit dem 19. Oktober Bilder & Bücher oder, wie er es im Untertitel nennt: „Zeitzeichen aus fünfzig Jahren“. 

Eingestimmt durch die Kompositionen von Jasper Libuda, der mit Kontrabass und Loop-Station seine ganz eigene, melodische Form aus Drone und Kammermusik darbot, führte Ernst durch das Œuvre und Leben von Gubig, der seit acht Jahren auch die Marginalien für die Pirckheimer-Gesellschaft gestaltet. 

Er erzählte vom ausgebombten Kind aus Dresden, das zum Professor für Typografie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee aufstieg, der unzählige Bücher gestaltet hat (auch als »schönste« ausgezeichnete), Grafiken und Typografiken schafft, mit Plakaten die Zeiten kommentiert, und als Typograf eben generell wisse, „wie man mit Umbrüchen“ umgehe. Das Publikum quittierte das Wortspiel lachend. 

Von Holzstichmontagen aus den 1970ern über Buchgestaltungen und Plakate der 1980er und 1990er bis hin zu den Spätdrucken, in Eigenregie von Matthias Gubig geschaffenen Büchern der Jetztzeit, ist die Spannbreite und spielerische anregende Wirkung der ausgestellten Objekte in zwei Räumen groß. Noch bis zum 18. Dezember kann man sich in der Galerie 100 davon selbst überzeugen.

Matthias Gubig:
Bilder & Bücher.
Zeitzeichen aus fünfzig Jahren
Galerie 100
Konrad-Wolf-Str. 99
13055 Berlin
19.10.–18.12.2022

(Till Schröder)

Do, 20.10.2022

Der Neue Lesehallen e. V. lud am 18.10. zur Lesung ins Volksbad in der Jenaer Innenstadt ein.
Ingo Schulzes "Kakoj Koschmar" mit Illustrationen von Julia Penndorf erschien 2021, herausgegeben von den Pirckheimern, in der Friedenauer Presse.

„Erzählen heute“ in Jena

Zu einer denkwürdigen Lesung kam es am 18. Oktober 2022 im Volksbad zu Jena. Der Neue Lesehallenverein e. V. hatte mit Unterstützung von Neustart Kultur und des Deutschen Literaturfonds zur Präsentation aktueller Prosa sowie zum Gespräch drei Autor*innen geladen, die allesamt mit Jena verbunden sind: Nancy Hünger, Ingo Schulze und – Mitglied der Marginalien-Redaktion und Blog-Administrator der Pirckheimer-Gesellschaft – André Schinkel. Durch den von Oliver Räumelt auf dem Akkordeon musikalisch gerahmten Abend führte der Jenaer Autor und Kulturwissenschaftler Dr. Dietmar Ebert, Vorstandsmitglied des Lesehallenvereins, bekannt geworden durch seine eindrücklichen Monografien zu Imre Kertész und Eduard Rosenthal. Auch verwies Ebert in seiner Moderation darauf, dass es sich bei allen Geladenen um Ordentliche Mitglieder der renommierten Sächsischen Akademie der Künste handelte.

Zur Sprache kamen dabei aktuelle Positionen zum gegenwärtigen und, ja, gegenwärtig möglichen Erzählen – so las Nancy Hünger aus ihrem Buch 4 Uhr kommt der Hund. Ein unglückliches Sprechen (2020), Ingo Schulze aus dem zentralen Text seines Erzählbands Tasso im Irrenhaus (2021), der zeitgleich mit dem von den Pirckheimern kuratierten und herausgegebenen Kakoj Koschmar erschienen war, sowie einen kleinen Essay und Schinkel einige Texte aus dem Band Die Schönheit der Stadt, die ich verlasse (2022). Im anschließenden Gespräch ging es u. a. um die Position des erzählenden und Autoren-Ichs (auch im Vergleich zum lyrischen Sprechen), die Kommunikation mit Vorbildern, die Kraft der und das Vertrauen zur eigenen Stimme.

So berichtete Schulze von der Entstehung seiner letzten beiden Romane, während Nancy Hünger von den sich auflösenden Grenzen zwischen den Gattungen sprach und in ihrem zweiten Lesepart folgerichtig ein politisches Statement las, das sowohl als Gedicht, serieller Text und Bekenntnis auffassbar war, während Schinkel mit Fliegen lernen von der Stadt seiner Kindheit berichtete, in der er sich als Siebenjähriger, nachdem sein unberechenbarer Vater an ihm gescheitert war, selbst das Fahrradfahren beigebracht hatte. Alle drei bekannten ihre Verehrung für Wolfgang Hilbig. Der Abend endete im Austausch mit dem Publikum, bei dem die Verbindungen der drei mit Jena in Erinnerung gebracht wurden: Schulze etwa studierte in Jena, Nancy Hünger arbeitete im Schillerhaus und erhielt wie Schinkel das Villa-Rosenthal-Stipendium der Stadt.

(Ralph Aepler)