Letztlich ist die Kunde oder besser die Unkunde von seinem Ende ein Schauermärchen: Heute vor 175. Jahren starb der wohl größte Romantiker der Neuen Welt, Edgar Allan Poe (1809–1849) unter fragwürdigen, rätselhaften Umständen in Baltimore. Geboren in Boston, wurde sein so kurzes wie tragisches Leben zum Signet eines künstlerischen Scheiterns ... für sein Werk, ja, so erschütternd es stellenweise auch ist, kann man das allerdings nicht in Verhaft nehmen. Nein, lugt doch in seinen Erzählungen und Short Stories wie auch in seinen Gedichten bereits der Symbolismus und die sich von diesem aus entspinnende Moderne um die Ecke: Der geworfene Mensch, der oft nicht weiß, wie er in das Verhängnis geriet und der greulich untergehen oder wenigstens verzweifeln muss. Auch wenn Poes Werk vielgestaltig war und auch Essays, Kritiken, Satiren und Aufsätze umfasste, gilt er doch heute als Horrorautor, Wegbereiter des Krimis und der Science Fiction. Zu den bis heute bekanntesten Texten zählen Grube und Pendel, Der Doppelmord in der Rue Morgue, Im Strudel des Mahlstroms sowie die Langgedichte Die Glocken und der vor allem Der Rabe. Letzteres Poem forderte immer wieder die großen Künstler heraus: so Doré und Beardsley, Manet und Tenniel. Am 03.10.1849 wurde Poe verwirrt und zerlumpt auf der Straße aufgegriffen, er starb vier Tage später in den Morgenstunden. Die Umstände seines Todes sind bis heute umstritten. Zu seiner Grablege, die nur drei Minuten dauerte, bezog sich der Himmel, und es war ein schauderlicher Tag, geradeso, als wäre er einem Text des Autors, Der Untergang des Hauses Usher etwa, entsprungen. Der Ruhm seines Werks wie seines traurigen, nur vierzig Jahre währenden Lebens klingt bis heute nach.
(André Schinkel)