Pirckheimer-Blog

Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft

Mo, 21.01.2013

Änderung im Vorstand der Pirckheimer-Gesellschaft

Der Vorstand teilt mit, daß Prof. Dr. Peter Arlt mit Wirkung vom 16. Januar 2013 auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand ausgeschieden ist. Der Vorstand hat in einem Schreiben Prof. Arlt für seine mehrjährige Mitarbeit gedankt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Gesellschaft weiterhin mit dem Rat und der Tat des Mitglieds rechnen darf. Auch der Vorsitzende ... hat seinen Rücktritt angekündigt und wird nur noch bis zur Mitgliederversammlung am 7. Juni tätig sein. Das wird von den Mitgliedern des Vorstands zutiefst bedauert. ... hat sich seit über zwölf Jahren um die Pirckheimer-Gesellschaft mit großem persönlichem Einsatz verdient gemacht. Der Vorstand hofft, daß sich bis zu der im Juni stattfinden Mitgliederversammlung zwei engagierte Mitglieder zur Mitarbeit im Vorstand bereit erklären.

Verboten und verfälscht. Heinrich Zille im Nationalsozialismus

So bekannt die Bilder des beliebten Berliner Zeichners Heinrich Zille (1858–1929) sind, so unbekannt sind manche Kapitel seiner Rezeptionsgeschichte. Nur wenige wussten bislang, dass der Künstler im „Dritten Reich“ zuerst als „sozialistischer Volksschädling“ diffamiert und dann zu einem antisemitischen Vorarbeiter des Nationalsozialismus verfälscht wurde. Was mit den Bildern, Büchern und Denkmälern Zilles genau geschah, blieb bis heute unerforscht. Um so spektakulärer ist dieses Buch: Neue Archivfunde unseres Mitglieds Pay Matthis Karstens bringen Licht in das Dunkel dieses Rezeptionsgeflechts und zeigen auch, dass sich Verbote und Vereinnahmungen sogar häufig überschnitten.

Pay Matthis Karstens
Verboten und verfälscht. Heinrich Zille im Nationalsozialismus
Vergangenheitsverlag 2013
160 S., Klappenbroschur, 20 Abb.
ISBN: 978-3-86408-134-7
 
Buchpräsentation: 30. Januar um 19 Uhr

Villa Oppenheim
Schloßstraße 55
14059 Berlin

Fr, 04.01.2013

Neujahrsgruß aus HST

© und Vertrieb: Edition Staeck, Heidelberg
Mit dieser Abbildung eines Plakates von Klaus Staeck sende ich einen Neujahrsgruß und meinen herzlichen Dank an alle Pirckheimer-Mitglieder und Leser dieses Blogs, die sich in die Petition für den Erhalt der alten Stralsunder Ratsbibliothek eingetragen haben, es waren sehr viele!
Gisela Klostermann

von Altenbourg bis Zettl

Grafische Mappenwerke und Einzeldrucke in der Weimarer Galerie Hebecker

Wer Kunst aus der DDR präsentieren will und dabei kaum Grafik zeigt, bedarf einer Ergänzung. Somit tritt der großen Ausstellung im Neuen Museum Weimar die neue Präsentation der Galerie Hebecker an die Seite. An ihren Grafiken spürten die Künstler die Reaktionen auf ihre oft kritischen Botschaften. Und dank erschwinglicher Preise trug Grafik zur demokratischen Kunstverteilung bei.
Immerhin 155 Grafikmappen wirkten zur differenzierten Kunstentwicklung mit – im Auftrag von Parteien und Massenorganisationen, vom Kulturfonds der DDR, Staatlichen Kunsthandel, Verband bildender Künstler oder Ateliergemeinschaften wie in Erfurt, von der die Jahresgabe „Schatten“-Blätter zu sehen ist.
Von „Altenbourg bis Zettl“ ist die Ausstellung kühn überschrieben, von A bis Z, alles umfassend. Aber mit 37 Künstlern und ihren Werken der 1940er-Jahre bis 1989 umspannt sie einen pluralen künstlerischen Spielraum, weilt bei Altenbourg in den lyrisch unbestimmten Wildnissen der Psyche, weist bei Zettl ins Metall geritzte glasklare Analyse vor.
Jeder war bestrebt, einzigartig zu sein. Dabei suchten sie oft bei Dichtern, wie Arendt, Bobrowski, Böll, Brecht, Bulgakow, Dostojewski oder den Manns, „Tangenten“. Mit der gediegenen Ausbildung erwarben die Künstler ein profundes Können. Grafische Werke europäischer Spitzenklasse werden zu Grundmodellen von Arbeit und Solidarität, Glück und Leid und anderen präsentiert, die Sisyphos-Holzschnitte Wolfgang Mattheuers, das sterbende Pferd Fritz Cremers oder Hans Theo Richters Mutter mit Kind, deren Zuneigung zueinander er poetisch zart erfasst. Die deutsche Schuld an den Verbrechen in Lidice klagt schon 1948 Horst Strempel in einer kaum bekannten, aber großartigen Radierung an.
 
Heinz Plank, Aus dem Leben des Galilai, © für die Abb.: Galerie Hebecker
Vor allem weist die Präsentation Meister der Kunst Senefelders aus: Lithografien zur Dreigroschenoper von Bernhard Heisig, ein Druckerexemplar an Horst Arloth von Arno Rink, „Am Kreuz“ von Werner Tübke oder ein Liebespaar von Willi Sitte. Als Meister der Asphaltschab-Technik zeigt sich Rolf Münzner, bei dem in subtilster Manier aus geschabten Linien eine Figurenwelt in Erscheinung tritt. In ihrer ästhetischen Souveränität versteckt Ursula Mattheuer-Neustädt Hunderte Motive im Schablitho-Blatt „Phantasie“ und verwandelt die Bildfantasie des Berliners Horst Hussel in dem großen Farbholzschnitt „Der Magier“ Wirklichkeit in Kunst.
 
Wolfgang Mattheuer, aus Sisyphos © für die Abb.: Galerie Hebecker
Der naive Albert Ebert fasziniert in der Mappe „Varieté-Zauber“ mit veränderten Szenen auf dem Umdruck des Bühnenrahmens und teilweise abgeschliffenen Stellen. Mit Mitteln der Übertreibung, Satire und Groteske verweist das sezierende ökologische Blatt „Der falsche Antonius“ von Baldwin Zettl mit christlicher Ikonografie auf jenen von Padua, der vor Fischen predigt, die zu ihm die Köpfe aus dem Wasser hoben, wobei sein Kupferstich von 1989 das Wasser verlandet und mit Müll verschüttet zeigt. Einen Rückblick auf den jungen Heinz Plank und seinen rationalen Weltentwurf bietet die Radierfolge „Aus dem Leben des Galilei“ von 1972 gegen die doktrinäre Erzwingung der Lüge.
„Planks neue Malerei eines oszillierenden Universum“ indes wird derzeit bis zum 19. Januar von den Erfurter Hebeckers gezeigt. Im gesteigerten surrealen Stil malt Plank virtuos wie Genesis und Apokalypse zusammenfallen, der Zwiespalt geboren wird, Elemente entstehen und sterben, die Leere nach der Zeit.
Auf der Suche nach originärer Individualität entwickelten die Künstler handwerkliches Können, um nicht allein mit virtuos kombinierten Techniken zu brillieren, sondern um eine gestalterische Dichte und fantasievolle Zeichenfindung zu erzielen. Vieles wird über Zeit und Leute ausgesagt − und alles verweist zudem auf aktuelle Bedeutungen.
(Peter Arlt in: Thüringer Allgemeine, 3. Januar 2013)
 
Ausstellung: 15. Dezember 2012 bis 16. Februar 2013
 
Galerie Hebecker
Schillerstr. 18
99423 Weimar

Do, 03.01.2013

BuchDruckKunst

Zur 8. Norddeutschen Handpressenmesse BuchDruckKunst 2013 zeigen 50 per Losentscheid ausgewählte Buchkünstlerinnen und Buchkünstler aus dem In- und Ausland ihre Buchschätze und zeitgenössischen Werke und bieten sie zum Verkauf. Pressendrucke, Künstlerbücher, Mappen-Werke, Buchobjekte, die in ihrer Vielfalt ein buntes Bild von der Lebendigkeit und Kreativität der Szene vermitteln, werden präsentiert. Im Begleitprogramm bekommen die Besucher Einblicke in die Welt des Druckgewerbes, der künstlerischen Drucktechniken, sowie der Buch- und Papierherstellung. Die Mitarbeiter des Museums demonstrieren an historischen Maschinen Buchdruck, Schriftguss, Hand- und Maschinensatz, das Fräsen von Holzbuchstaben und die Anfertigung von Klischees.

19. bis 20. Januar 2013
Eintritt inkl. Ausstellerverzeichnis 10 Euro, erm. 8 Euro, Kombiticket für 2 Tage 15 Euro / erm. 12 Euro

Museum der Arbeit
Hamburg

Do, 27.12.2012

Sa, 22.12.2012

Das Gute zum Schluß…

Im langsam ausklingenden Jahr 2012 erhielt ich gestern die zwei neuesten Publikationen der Initiative Buchkultur: Das Buch e.V.

Ernst Gassenmeier [1913-1952]
Zwölf Illustrationen
Zu Robert Musils Roman
DER MANN OHNE EIGENSCHAFTEN

für weitere Informationen bitte anklicken
Ernst Gassenmeier [1913-1952]
Zehn Illustrationen
Zu Thornten Wilders Roman
DEM HIMMEL BIN ICH AUSERKOREN

für weitere Informationen bitte anklicken
Llux Agentur & Verlag und die Initiative Buchkultur: Das Buch e.V. stellen mit den beiden aktuellen Publikation einen Künstler vor, welcher zu Unrecht nur eine regionale Bekanntheit besitzt. Die Werke sind eine kontinuierliche Fortsetzung der beachtenswerten Arbeit der Initiative Buchkultur: Das Buch e.V.. Die verwendeten Illustrationen stellen eine so mir bisher nicht bekannte Interpretation der Romane dar. Ernst Gassenmeier muss beide Romane sehr gemocht haben. Nur eine so große Zuneigung lässt die Passung von Bild und Text erklären. Die Bände sind in bewährter Weise von Marita Hoffmann und Hans-Joachim Kotarski gestaltet. Auch die enthaltenen Erläuterungen vertiefen den Eindruck, beachtlich!
Ernst Gassenmeier war Chemiker, was ihn 1938 nach Mannheim/ Ludwigshafen führte. Seit 1942 betrieb er Malstudien als seine „Überlebenstrategie“ [Hans Dowoch] in dieser dunklen Zeit. Die in der Nazizeit unterdrückte Moderne in der Bildenden Kunst wurde von Gassenmeier und seinen Mannheimern Mitstreitern in der Vereinigung zeitgenössisches Geistesleben Mannheim e.V. wiederbelebt und dem Publikum vorgestellt. Angesichts der Auflagenhöhe sollten sich Interessierte schnell und am Besten direkt hier klicken, damit diese tollen Bücher sich schnell im eigenen Besitz befinden.
(Dr.Ralph Aepler, Mannheim 22.12.2012)

Di, 18.12.2012

Katalog zur 27. Antiquaria

Der Katalog zur Antiquaria in Ludwigsburg ist online und kann als Druck-Ausgabe bestellt werden. Im Katalog findet sich auf den Seiten 104 bis 109 auch ein interessantes Angebot unseres Mitglieds Volker Riepenhausen, u.a. der Band von Johannes Sievers zur Graphik von Käthe Kollwitz mit einer beiliegenden signierten Originalradierung eines Sebstbildnisses der Künstlerin.
Zum Betrachten bitte auf die Abb. klicken.
 
27. Antiquaria 24. bis 26. Januar 2013

Ein alter Kalender "passt wie neu"

Schon im März 2007, als ich Professor Wolfram Körner in seiner Wohnung in der Scharnhorststraße besuchte und neben vielen Geschenken auch die Möglichkeit erhielt, die beiden vorliegenden Kalenderblätter aus dem Gewerkschaftsteben zum Kopieren mit nach Hause zu nehmen, keimte der Plan der „Wiederverwertung" für eine meiner Jahresgaben. Es galt nur noch zu prüfen, wann Neujahr wieder auf einen Dienstag fallen würde so wie 1985. Das war zwar schon im Folgejahr 2008 der Fall - da dies allerdings ein Schaltjahr war, hieß es weitere fünf Jahre abwarten.
Erfreuen Sie sich also nun an diesen typischen Klemke-Illustrationen, die wohl für die Mehrzahl meines Adressatenkreises neu sind; und wenn auch die oder der Eine oder Andere anno '85 das Original an der Wand hängen hatte, so ist das ja auch schon eine Zeitlang her. Ich habe diesmal eigens auf das Heften der Blätter verzichtet, um den Kalender problemlos herausnehmen zu können.
Uns als kleines Schmankerl gibt's weiter hinten noch den SIBYLLE-Kalender von 1970 die Extra-Beilage in der Mitte des Heftes 6/1969, zusammen mit einer Zeichnung aus Heft 5 desselben Jahrgangs. Dazu noch Abbildungen von drei „Kalender-Rückwänden", die Klemke Anfang/Mitte der Sechziger für den Buchbindermeister Werner G. Kießig schuf; manchen ist ja vielleicht der Katalog und/oder das Plakat zu der großen Kießig-Ausstellung im Frühjahr 1984 in der Deutschen Staatsbibliothek bekannt.
Und damit gehen wieder einmal herzliche Weihnachts- und Neujahrsgrüße von Augsburg aus „in alle Welt" - wo immer sich die vielen Brief- und Sammlerfreunde auch aufhalten, und einem hoffentlich glücklichen & gesunden Jahr 2013 entgegensehen.

(Matthias Haberzettl, Augsburg, im Dezember 2012)

Werner Klemke - Kalender 2013
Sammlung Matthias Haberzettl
Augsburg im Dezember 2012
Auflage 70 Exemplar

Do, 13.12.2012

PF 2013

 
Heute erreichte mich ein erster Wunsch für frohe Feiertage und ein ertragsreiches Neues Jahr, den ich gern an alle Pirckheimer weitergebe - ein Linolschnitt von Thomas R. Richter, gedruckt von Peter Rensch (Andante Handpresse).

Mo, 10.12.2012

Das verlassene Kreuz

Parallel zu der Ikarus-Ausstellung präsentiert in Erfurt das Angermuseum die Exposition »Tischgespräch mit Luther«, 100 Werke von 56 Künstlern (bis 20. Januar 2013).
Der Untertitel »Christliche Bilder in einer atheistischen Welt« weist auf »das Paradoxon« hin, daß »trotz atheistischer Staatsdoktrin durchaus religiöse Themen ihren Platz hatten«. Ein journalistisch gern genutzter Topos, um auf die Aufmüpfigkeit in der Unfreiheit der DDR hinzuweisen. Dabei stellen im Vorwort des Kataloges (29,95 Euro) die Kuratoren Kai Uwe Schierz und Paul Kaiser klar, daß sich die Künstler damals wie jetzt naturgemäß bleibende Werte der Weltkunst aneigneten, und zeigen auch die »Fortwirkung des Phänomens in der Gegenwart« mit dem Papierschnitt »Schweißtuch« der Annette Schröter, Volker Stelzmanns Gemälde »Auffahrt Niederfahrt« und Horst Sakulowskis Zeichnung »Christuskopf«. Seinen »Christophorus« malte er 1987, parallel zu Lothar Warneckes Film »Einer trage des anderen Last«. Wie im Bild der kommunistische Häftling den als Christus bezeichneten rettet, soll ihre gemeinsame ethische Wurzel bekräftigen. 1998 präsentierte das Bild die Melbourner Ausstellung »Moderne Kunst und religiöse Imagination«.

Uwe Pfeifer - Tischgespräch mit Luther, Triptychon 1984
 Wenn Künstler in der DDR christliche Themen gestalteten, mag das weniger die von Karl-Siegbert Rehberg vermutete »Rückkehr des Religiösen« gewesen sein, als das völlig unparadoxe Verlangen nach künstlerischen Deutungsmustern. Von der Schöpfung, von Tod und Auferstehung oder von großen Fluten finden sie in den Überlieferungen Vergleichbares: Der biblische Prediger Salomo fragt wie ein Bruder des mythischen Sisyphos und der Mensch heute nach dem Gewinn für all die Mühe des Lebens. Durch christliche Kultur geprägt und sich an menschheitlichen Grundmodellen sinnvergewissernd, verbindet sich die Kunst mit der Tradition des Figürlichen, ad hominem, und künstlerischen Gattungen. Auf den jagenden Prozeß künstlerischer Innovation wird mit »Entschleunigung«, Besinnung und Zeitkritik reagiert. Nach dem Weltkrieg gab es bei Künstlern das Verlangen, Leid und Not lindern zu helfen, in der Trauer Trost zu spenden, aber auch die Schuldigen anzuklagen. Ohne Christ zu sein, malte der in beiden deutschen Staaten arbeitende Otto Dix in einer Trümmerlandschaft »Hiob«, der unverschuldet alles verlor, ein alttestamentarisches Leidensbild. Das neutestamentarische, der Gekreuzigte, bildet das christliche Hauptthema, nach 1945 aufgegriffen von Rene Graetz und Herbert Kitzel. Mit der Kreuzigung und ihrer Umdeutung kritisieren Künstler das von Gott verordnete Schicksal, die gottgleiche Forderung von Regierungen an Kinder ihres Volkes, im Krieg für fragwürdige Interessen ihr Leben zu opfern. Heidrun Hegewald klagt es mit ihrem Gemälde »Mutterverdienstkreuz in Holz« (1979) an. Zuvor zeichnete Joachim John das »Verlassen der Kreuze«, das sich eindrucksvoll in der Bronzeplastik »Genug gekreuzigt« (1982) des Bildhauers Fritz Cremer protestierend erhebt, ebenso beim Gemälde Bernhard Heisigs »Christus verweigert den Gehorsam« (1986-88). Gegen den Spruch »alles so weise eingerichtet«, reißt er sich vehement vom Kreuze los und zerrt die Dornenkrone vom Kopf. Eine typische Kunst aus der DDR, die zeitunabhängig, auch heute, zur Verweigerung von Kriegseinsätzen aufruft.
Biblische Themen als Deutungsfolie nutzen seit den 1960er Jahren Wolfgang Mattheuer, Fritz Cremer, Willi Sitte, Harald Metzkes, Werner Tübke und andere. Eine der prägnantesten Metaphern erfand 1965 Wolfgang Mattheuer mit dem »Kain«, den Erfurt zeigt, zudem die Kalksteinplastik »Brudermord« (1971) von Hartmut Bonk. Damals empfand man das als neuartigen allegorisch-symbolischen Ausdruck, der vom Vorbildschema abwich und sich aus den Niederungen des abbildhaften »sozialistischen Realismus« zu prägnanter, sinnschichtenreicher Bildhaftigkeit erhob. Wer das jetzt entdeckt und meint, daß dies »bisher kaum näher untersucht wurde«, kennt nicht die Forschungen Irma Emmrichs (1979), Helga Möbius' (1983), das schöne Buch »Dialog mit der Bibel« von Jürgen Rennert (1984) oder die Hochschulforschung beispielsweise in Erfurt. Die christlichen Themen, ob vom Weltuntergang zum Brudermord, von der Passion bis hin zu erotischen Bildern, nahmen alle stilistischen Richtungen auf, ob die lapidare von Rene Graetz und Gerhard Kurt Müller, die konstruktive von Philip Oeser und Hermann Naumann, die expressive von Joachim John, Michael Morgner, Werner Schubert-Deister oder Joachim Völkner, die punkige von Hartwig Ebersbach, die veristische von Volker Stelzmann und Norbert Wagenbrett, die sinnliche von Christoph Wetzel und Winfried Wölk, die surreale von Heinz Plank, die manieristische von Heinz Zander und Michael Triegel oder die naive von Albert Ebert.
Die Kunst in der DDR, jetzt als weniger konservativ und indoktriniert erkannt, entwickelte enorm solid und plural einen künstlerischen Spielraum. Das sollte Toleranz herausfordern. Selbst »staatsnahe« Kunst gab es zweifach. In Weimar zu sehen, aber nicht in Erfurt, die affirmative Kunst, die mit der Didaktik des unmittelbaren Realismus sich den politischen Redensarten eingängig angepaßt hat. Einbezogen in Weimar und Erfurt eben solche Kunst, die dem Ideal einer sozial gerechten und friedlichen Gesellschaft mit hoher künstlerischer Qualität verpflichtet ist und vom Staat manchmal weniger akzeptiert war.
Kuriose journalistische Versuche gegen die DDR sind Bilderdeutungen. So sieht jemand im Bild von Alexandra Müller-Jontschewa, den »Turm« als DDR-Staat und bei ihm »ein verhärmtes Volk hausen«. Tatsächlich sind sichtbar, nach Motiven von Albrecht Dürer, der Heilige Hieronymus als Übersetzer, darüber die grüblerische »Melancholie« und als drittes Motiv Raffaels streitende philosophische Schulen von Athen. Je höher im Turm von Babel der Wissensweg gelangt, je differenzierter, widersprüchlicher ist die menschliche Einsicht zur Wahrheit. Eine nicht auf die DDR bezogene essayistische Bildform, sondern auf die Welterkenntnis.
Das Hauptwerk in Erfurt, Uwe Pfeifers Triptychon »Tischgespräch mit Luther« (1984), durch einen Stuhl erweitert, der den Betrachter in das Gespräch zwischen Luther und dem MP-bestückten lateinamerikanischen Befreiungstheologen einbeziehen soll, drängt zur Frage über den Weg der vita activa zur gerechten Gesellschaft in der Welt. Damals und heute.

(Peter Arlt)

aus Ossietzki 25/2012, S. 981 - 983

Sa, 08.12.2012

Nachruf auf eine Linksammlung

Wirtschaftlich und effizient muss auch die Servernutzung an der Freien Universität sein, daher soll der UB-Server und mithin auch der Account der „Germanistischen Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin“ zur Zentraleinrichtung Datenverarbeitung (ZEDAT) verlegt werden. Dort müsste ein neuer Account mit neuer Adresse angelegt werden, wodurch alle Verlinkungen, die vom WWW aus auf diese Sammlung verweisen, funktionsunfähig würden. Mehr noch: das vertraute Erscheinungsbild der Datensammlung würde verloren gehen, das Seitenlayout müsste überall erneuert werden.
Diese Aussichten haben einer von Zeit zu Zeit aufgetauchten Überlegung zu neuem Schwung verholfen, die darauf hinausläuft, das ganze Projekt zu beenden. Die Linksammlung ist inzwischen so umfangreich geworden, dass ein einzelner Bearbeiter mit ihrer Pflege überfordert ist. Sie ist ein zu den Maßen eines Dinosauriers ausgewachsenes Relikt aus der Frühzeit der Interneteuphorie, das nicht mehr recht in die Gegenwart passt. Andererseits hat die Sammlung über viele Jahre hin die Aufmerksamkeit von Studenten der Literaturwissenschaft, von Lehrern und anderen Interessierten auf die UBFU gelenkt, wie aus den Aufrufstatistiken hervorgeht. Von 1999 bis etwa 2006 stand die germanistische Linksammlung immer an erster Stelle der Benutzungsstatistik. Inzwischen sind längst andere Angebote an diese Stelle vorgerückt, ...
weiterlesen in Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 11

(Ulrich Goerdten)

Do, 06.12.2012

Eine doppelt versteckte „versteckte“ Bibliographie

Eine doppelt versteckte „versteckte“ Bibliographie in Edmund Edels „Der Witz der Juden“

Mit seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 1909 hat Edmund Edel versucht, eine erste feuilletonistisch angelegte monographische Darstellung über den jüdischen Witz unter Benutzung des jüdischen Witzes in deutscher Sprache vorzulegen. ...

(Jürgen Gottschalk)

weiterlesen auf antiquare.at

Di, 04.12.2012

Antiquarische Blätter Nov./Dez. 2012

 
Außer der Reihe wurden von unsere Mitgliedern Gabriele Ballon und Dr. Carsten Wurm soeben drei neue Antiquarische Blätter verschickt:
 
- Sonderausgabe Nov 2012 Sammlung Arnold Zweig (zum 125. Geburtstag am 10. November 2012)
- Nov 2012 Lagerkatalog Buchkunde / Bibliothekswesen
- Dez 2012 Der Insel-Bote Nr. 1 (Insel-Bücherei)

Mo, 03.12.2012

Warum schöne Bücher?

Mit dieser Frage lädt die Stiftung Buchkunst zur Feier ihres Umzugs in das Haus des Buches zu einem Abend mit schönen Büchern, Gespräch und Musik im Fenster zur Stadt Frankfurt/M. ein. An alle Studenten verschenkt die Stiftung Buchkunst zu diesem Anlass Kataloge der »Schönsten deutschen Bücher« aus den letzten Jahren!
Es sprechen: Alexandra Sender, Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst
Dr. Eva Linhart, Kuratorin für Buchkunst und Graphik, Museum für Angewandte Kunst Frankfurt
Sandra Doeller, Gestalterin, Lehrbeauftragte für Typografie an der Hochschule Darmstadt, Vorstandsmitglied Design-Verein Frankfurt
Wolfgang Kraus, Creative Consultant bei Orange Hive / Frankfurt, Ex-»Kunst-Buch«/ Frankfurt
Musik: Ata Macias und Oliver Hafenbauer
 
11. November 2012 um 19:30 Uhr
 
Fenster zur Stadt c/o Margarete
Braubachstraße 18 – 22

60311 Frankfurt am Main