Pirckheimer-Blog

Sa, 02.01.2021

Manifest-Illustrationen von Lea Grundig

Auf der letzten stattgefundenen Leipziger Antiquariatsmesse (2019) machte der Verlag 8. Mai beim Antiquariat Walter Markov einen besonderen Fund, einen grauen Umschlag, rot beschriftet: »Manifest der KP 1969 / – nicht veröffentlicht – « mit Andrucken des Dietz-Verlags für Illustrationen von Lea Grundig (1906 - 1977) zum »Manifest der Kommunistischen Partei«.

Der Pirckheimer Andreas Wessel forschte zu den Hintergründen der teilweise bislang unbekannten Tafeln von Lea Grundig und dieser Mappe aus dem Keller des Bonner Antiquariats:
1966 trat der Dietz-Verlag an Lea Grundig mit dem Vorschlag heran, Illustrationen für diese Ausgabe des Manifests zu schaffen. Dem Vertrag ist zu entnehmen, dass diese »Sonderausgabe« mit »12 farbige Zeichnungen« 1968 erscheinen sollte. Lea Grundig konzentrierte sich auf diese Arbeit, stellte andere Projekte in den Hintergrund: »Ich wollte die Wahrheit des Kommunistischen Manifestes darstellen an den Ereignissen unseres Jahrhunderts. Es sollten also keine Illustrationen des Textes sein, der 1848 geschrieben wurde, sondern die künstlerische Beweisführung für seine Gültigkeit in unserer Gegenwart.« Die großformatigen Blätter waren, wie man es bei Lea Grundig weniger kennt, ungewöhnlich farbig, in zwei Fällen sogar mit Blattgold, ein Blatt entstand mit Collageelementen, eine Technik, mit der Lea Grundig offensichtlich der damaligen Formalismus-Aburteilung trotzte.
Bislang konnte nicht geklärt werden, woran die Veröffentlichung dieser Publikation scheiterte, was im Februar 1970 im ZK der SED endgültig besiegelt wurde. Sicher war auch der bewusste Bruch mit der damals herrschenden Kunstauffassung dafür maßgeblich oder auch eine 1967 erschienene (weitere) Ausgabe des Manifests mit Illustrationen von Frans Masereel, aber auch die seinerzeitigen drucktechnischen Möglichkeiten, so die Einarbeitung von Blattgold und die damit verbundenen Kosten können für das Scheitern des Projekts den Ausschlag gegeben haben.

Umso mehr ist es zu begrüßen, dass im Jahr des 200. Geburtstages von Friedrich Engels diese Ausgabe nun doch noch erschien, 52 Jahre nach der aus Anlass des 120. Jahrestag der Erstveröffentlichung des Manifests geplanten Edition. Die Illustrationen von Lea Grundig werden damit erstmals und in bester Qualität komplett veröffentlicht (nur bei Volk und Wissen gab es in den 70gern den ungeschickten Versuch, einige Tafeln für Schulen zu publizieren). Damit schließt der Verlag 8. Mai nicht nur eine Lücke der Verlagstätigkeit der DDR, sondern hält mit dieser bemerkenswerten Publikation die international beachtete Künstlerin und langjährige Präsidentin des VBKD in würdiger Erinnerung.

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Lea Grundig, Elfteiliger Bildzyklus zum Manifest der Kommunistischen Partei von Karl Marx und Friedrich Engels,
Einl.: Dietmar Dath, Nachwort: Andreas Wessel
128 S., Fadenheftung, Lesebändchen
Verlag 8. Mai, Berlin 2020
Nummerierter Sonderdruck für Subskribenten, 100 Expl., Ln. mit SchU., vergriffen
Normalausgabe, gebunden, 22,90 €
ISBN 978-3-931745-41-7

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