Pirckheimer-Blog

Leseprobe

Di, 06.08.2024

Klopstock (1724–1803) gilt als größter Dichter der Epoche der Empfindsamkeit und Pfadbereiter der Literaturbewegung um 1800. Seine Oden, Elegien, politischen und theoretischen Schriften wie sein Messias-Epos gehören zum Kanon der Weltliteratur.

Klopstock: „Die Sommernacht“

Wenn der Schimmer von dem Monde nun herab
     In die Wälder sich ergießt, und Gerüche
          Mit den Düften von der Linde
               In den Kühlungen wehn;

So umschatten mich Gedanken an das Grab
     Der Geliebten, und ich seh in dem Walde
          Nur es dämmern, und es weht mir
               Von der Blüte nicht her.

Ich genoß einst, o ihr Toten, es mit euch!
     Wie umwehten uns der Duft und die Kühlung,
          wie verschönt warst von dem Monde,
               Du o schöne Natur!

Diese wunderbare Ode Friedrich Gottlieb Klopstocks, dessen Geburtstag sich 2024 zum 300. Mal jährte, entstand 1776 und gehört zu den schönsten Texten dieses ersten großen Dichters der jüngeren Neuzeit. Soeben entstand auch zum Text eine originalgrafische Mappe mit Radierungen von Susanne Theumer und Holzschnitten Frank Eißners: Davon wird an dieser Stelle noch zu berichten sein. Klopstock gilt als deutscher Vertreter der Weltliteratur im Vorfeld Goethes, Schillers, Hölderlins, in der Epoche der Empfindsamkeit als einzigartiger Liebes- und religiöser Dichter.

(André Schinkel)

Fr, 26.07.2024

Susanne Theumer: "Blick auf die Stadt" – illuminierte (Aquarell und Kreiden) Kaltnadelradierung, Unikat, 21 x 16 cm (Radierung von 2016, Illumination von 2024).
Holger Uske lebt als Autor und Herausgeber in Suhl. Zuletzt veröffentlichte er den Lyrikband "Windgras" und die Erzählungensammlung "Am Saum der Zeit".

„Alte Ziegelei“ von Holger Uske

nach einer Grafik von Susanne Theumer

Wo ich nicht mehr sein will. Wo nur der Wind noch wohnt. Herangekarrt erstmal die Steine, damit man später sagen kann: Wie außen, so innen. Die alte Ziegelei. Weil die Bäume wieder ungehindert wachsen, weil die Büsche die wärmespendenden Wände lieben, liegt die Fabrik wie hingeduckt im Gelände. Der Schornstein abgerissen. Wahrscheinlich war er zu baufällig schon, um noch als Antennenmast dienen zu können. 

Und hatte so ein schönes Tor, würde Onkel Robert wohl sagen. Der immer hier gewohnt hat. Für den die Ziegelei ein Segen war. Erst der Betrieb sicherte das Einkommen für die Familie. Die Landwirtschaft reichte nicht mehr, weißt du, wir hätten einen größeren Hof gebraucht. Bei euch im Osten war das anders. Da hatten sogar die Bauern mal Urlaub. So blieb mir noch die Nebenerwerbs-landwirtschaft. Die Tongruben in der Nähe. Und auch das Wasser vom Fluss. Über viele Jahre hinweg. Als dann der Ton zur Neige ging, wurde es zum ersten Mal kritisch. Aber dann konnten wir den von drüben holen. Von euch. Für wenig Geld.

Ich stell’ mir vor, wie über das Anschlussgleis der Ton hier ankam. Wie er in die großen Bottiche kam und von dort in die Formenhalle. Dann der Brand. Tag um Tag. Nein, der Ofen konnte auch mal ausgeh’n, nicht wie bei Glas. Den Ofen bestücken, ich höre das Wort noch. Wie seltsam Onkel Robert manchmal sprach. Gebrannte Steine für das Land, Ton für Brot.

Zwischen den Ziegeln bröckelnder Mörtel. Moosgrün. Birkenruten. Was schnell wächst, setzt sich zuerst fest. Wie durch ein Lichtgitter hindurch der Blick auf die alte Fabrik. Wer sollte das Werk denn abreißen. Das machen sie doch nur, wenn sie das Grundstück brauchen. Für Felder auf Dauer unbrauchbar. Wer weiß, wie viel Ziegelschutt unter der Grasnarbe liegt. Aus Rot im Grün wird Grün im Rot, und nicht mehr lange, und es ist nur ein Schimmern dunkler Wände zwischen dem wuchernden Grün noch wahrnehmbar. Den Rückbau, mein Junge, müssen wir nicht machen, das holt sich die Natur von ganz allein.

Zeitenreste. Vom Ziegelzaun noch ein paar Fundamente. Die Tortürme halb zerfallen. Stützen die Steine die Bäume oder die Bäume die wacklig gewordenen Tormauerreste? Das Huschen von Tieren im Gras. Schwalbenflug um die alten Lagerhallen. Hinter der Fabrik in den Wiesen haben Pferde Auslauf. Längst sind die Souvenirjäger durch, die letzten Verkaufsmuster verloren. Vielleicht finden sie sich noch in einem der Häuser im Dorf, von Mitarbeitern bewahrt. Häherkreisen. Im Sommer vielleicht mal ein flatterndes Kleid. Winters nichts als das Knarren der Äste im Wind. Und sein Sirren über die alten Mauern hinweg, das wieder sumpfiger werdende Land. Der Horizont ist eine graue Linie am Ende meines Blicks. 

Anmerkung: Der Text entstand während der alljährlichen Südthüringer Literaturwerkstatt, bei der Pirckheimer-Freund André Schinkel seit 2015 die Prosaklasse leitet. Bei den Schreibwochenenden in der Rhön oder zuletzt in Rohr kamen auch Reproduktionen von Kunstwerken, so Radierungen von Susanne Theumer sowie Gemälden und Zeichnungen Frank Hauptvogels, inspirativ zum Einsatz.

(Holger Uske)

Mi, 26.06.2024

Ruinen in Aspendos – das ideale Biotop des Hardun. Die antike Stadt ist berühmt für ihr Amphitheater.

Nachricht aus Side II: Der Hardun

Das Kopfnicken, der Schwanzschlag des Hardun in der größten Hitze am Aufweg zur Akropolis zeigt den Schwierigkeitsgrad der Schritte in das Innere der wüstgefallenen Stadt für mich an. In ihrem Bauch wird gegraben, seit die Kunde von ihr vor hundert Jahren wieder den verwilderten Hecken und Lauben unter den Strauchgefachen entstieg. Ich muß aufgestiegen sein zu den Mauern und Zisternen, bevor die Mittagshitze mich trifft. Und einen Weg suchen, unbeschadet wieder abzusteigen, bevor der Vogelgesang in den Dämmern über den nördlich sich erhebenden Bergen verlischt. Aber ich will mit der Kunde in die Ebene kehren, daß ich dort war, wo einst Tausende lebten und heute der Hardun das Terrain mit seinem Kopfnicken und Schwanzschlagen beherrscht.

(André Schinkel/nach der Rückkehr aus Aspendos)

Di, 04.06.2024

Side, Provinz Antalya: Platz vor dem Amphitheater.
Treibt Erkundungen am Mittelmeer: André Schinkel.

Nachricht aus Side: Die „Zeichen“

Von der heißen Türkisküste erreicht uns folgende Nachricht: Die Zeichen und Denkmale unserer Liebe, sag’ ich, vereint und zerteilt in einem, so stehend und zugleich fliehend mit der Zeit. Erging es uns schon in Goseck, erging’s uns in Pömmelte so? Einmal kehre ich dahin zurück, glaube ich; aber ich weiß nicht, ob ich dich dann dabeihaben darf … auch in den Tempeln und Tälern im Süden, hinter dem Meer, bleibst du mir fern. Ich habe mich daran gewöhnt, nicht ohne Trauer daran gewöhnen müssen. Ja ... und auch dort glaubte ich noch, es in den Zeichen und Denkmalen eingeschrieben zu sehen – in der Mondhieroglyphe, der Wasserhieroglyphe und der, die mit dem Rechteck das bestellte, in Besitz genommene Land anzeigt. Umringt von Tauben, Sperlingen und Bülbüls schreibe ich dir nochmal von einer anderen Seite des hieroglyphischen Meers. Es ist heiß, aber vom Meer geht immer der Wind. Es wäre das zentrale Bild, Signal, Zeichen, Meer unserer Liebe gewesen, weiß ich. Und in den Palmen singt die gehäubte Nachtigall, der orientalische Haubenpirol, der türkische Bülbül für dich, die du fern bist – und das Häubchen, das ich spreize, ist schwarz und leuchtet im Wind, der vom Meer kommt, als wäre dies bei allem Verstreichen ein unverlöschliches Signet, daß es weitergeht in der Welt, an welcher Stelle auch immer, und der Singsang der Zeichen dereinst auch von uns, von dir und mir und unserer Liebe, noch einmal berichten wird ...“ An der Stelle brechen die Aufzeichnungen ab. Die Ausgrabungen dauern noch an.

(André Schinkel/vorläufiger Grabungsbericht)

Mi, 15.05.2024

André Schinkel "Mondlabyrinth" im September 2024.

„Mondlabyrinth“ im September

[Ex ungue leonem.]

 

Horus erscheint, der Stern an der Spitze des Himmels,

Jetzt, wo unser der Untergang ist. Das Mansfeld

Durchfurcht, durchspreizt von pharaonischen Schiffen

Aus Schutt oder Sonne; und die knurrigen Heiden

Ushebtis: die Pyramiden langsam zu glätten, die Spitzen

Zu richten mit Steinstaub aus Tura ... und: ihr Ge-

Heimnis fortan zu bewahren. Die raschelnde Hand

Neferirkares, die verschollene Büste des Cheops in einem

Papierkorb versteckt am Eisleber Meer. Zunächst aber 

            rollen

Die heiligen Loren durch die Mittleren Seen, in gläsernen

Röhren und Taucheranzügen; über die eisigen Gletscher

Der Alpen, um schließlich im Erzherz von Deutschland

Zu landen, vermeintlich geschützt, vor den Blicken

Derjenen, die wissen; ohne Halt ohne Rast, quer durch

Europa, es sei denn, an der Todesstation Glacier Similaun.

 

André Schinkels Buch Mondlabyrinth, enthaltend 92 neue Gedichte und Akrostichen in vier Kapiteln, erscheint im September in seinem Haus-, dem Mitteldeutschen Verlag. Broschiert, 160 Seiten, ISBN 978-3-96311-686-5, 20 Euro. Die Umschlagradierung für die Sammlung stammt von Susanne Theumer. Buchpremiere am 19. September, Literaturhaus Halle, Grüner Salon, 19 Uhr.

 

(Bert Blaubart)

Mo, 27.02.2017

Pirckheimer-Jahrestreffen 2017

Im kommenden Heft der Marginalien findet sich auch ein Beitrag zu untenstehendem Thema, für den durch Klick auf das Pirckheimer-Logo eine Leseprobe aufgerufen werden kann.

Aus der Pirckheimer-Gesellschaft
Einladung zum Jahrestreffen 2017

Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft erhalten das Heft kostenlos, für diese wird dem Heft 224 zusätzlich eine Originalgraphik beiliegen.
Abo pro Jahr (4 Hefte) 74 € zzgl. Versandkosten. Bestellung bitte per E-Mail.

So, 12.02.2017

Marginalien # 224

Durch Klick auf das Pirckheimer-Logo kann hier bereits ein Beitrag aus dem in der letzten Märzwoche erscheinenden Heft 1/2017 der Marginalien aufgerufen werden, der auf eine Messe aufmerksam macht, welche dann leider bereits vorbei ist.

Klaus Raasch  BuchDruckKunst in Hamburg:
Erlesenes auf Papier
BuchDruckKunst wurde 1998 als Gesellschaft zur Förderung zeitgenössischer Buchkunst in Hamburg gegründet. Bereits 1999 organisierte der Verein die 1. Norddeutsche Handpressenmesse, die zunächst alle zwei Jahre ausgerichtet wurde, ab 2013 nun jährlich stattfindet. Dort stellen sich Buchkünstler, Drucker, Buchbinder und Verleger von Pressendrucken, vorwiegend aus dem norddeutschen Raum, vor. 2017 trägt diese nun bereits 12. Messe BuchDruckKunst einen neuen Untertitel, Erlesenes auf Papier, der neben traditionellen auch auf moderne Druckverfahren und auf die vielfältigen Facetten des künstlerisch gestalteten Buches verweist. Ausdrücklich werden damit auch Unikate, wie beispielsweise kalligrafisch gestaltete Werke, einbezogen. ...

Messe: 18./19. März 2017

Museum der Arbeit
Wiesendamm 3 · 22305 Hamburg

Marginalien # 224

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Bergung eines Schatzes
Roland Krischke über Altenbourg in Altenburg und das Lindenau-Museum
Im Gespräch mit Jens-Fietje Dwars

Anke Polenz  Digitale Metamorphosen
Über den Exlibriskünstler, Buchgestalter und Schriftsteller Krzysztof Marek Bąk

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Sa, 11.02.2017

Marginalien # 224

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Elmar Faber  Verlegerbriefe zu einem Dichterleben
Zum 90. Geburtstag von Werner Heiduczek

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Marginalien # 224

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Thomas Reinecke  Eduard Grisebach (1845–1906) –
ein bibliophiler Weltliteratur-Sammler

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Marginalien # 224

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Astrid Nischkauer  ENTWERTER/ODER 100

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Marginalien # 224

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Marita Hoffmann  Keine Lust auf schlechte Bücher
Zehn Jahre »Initiative Buchkultur: Das Buch e.V.«

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Fr, 10.02.2017

Marginalien # 224

In der letzten Märzwoche wird das Heft 1/2017 der Marginalien ausgeliefert. In den nächsten Tagen erhält man hier schon mal einen Eindruck davon, was den Leser erwartet. Interessiert? Durch Klick auf das Pirckheimer-Logo neben der Inhaltsangabe kann für die ersten Beiträge eine Leseprobe aufgerufen werden.

Ute Willer Zu Egbert Herfurths Grafik
Über sieben Brücken musst du gehen

Sebastian Hennig Die blaue Blume
Ein Radierzyklus von Wolfram Hänsch

Till Schröder Der Sound des Sammelns
Hartmut Andryczuk schaut Fans des Künstlerbuchs in die Seele

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Marginalien # 224

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Peter Labuhn Meister der Miniatur
Ein Spaziergang durch meine Horst-Hille-Sammlung

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