Am 18. Januar 2024 trafen sich sechs Pirckheimer und vier Gäste in der Universitätsbibliothek in Augsburg. Andrea Voß, Fachreferentin Germanistik, präsentierte an dem Tag Hintergründe und herausragende Einzelstücke aus zwei der bedeutenden Sondersammlungen der Unibibliothek Augsburg: zum einen die Sammlung Salzmann – Die Bibliothek der verbrannten Bücher, und zum anderen die Sammlung Klaus W. und Ilsedore B. Jonas.
In ihrem Aufsatz Der Sammler Georg P. Salzmann im Sammelband Die Bibliothek der verbrannten Bücher (Allitera: München 2019) schreibt Voß: „Ende der 1970er Jahre beginnt Georg Salzmann, Antiquariate und Flohmärkte nach Erstausgaben von Lion Feuchtwanger, Vicki Baum, Ernst Toller, Leonhard Frank, Stefan Zweig und vielen weiteren zu durchsuchen. Zehn Jahre später ist sein privates Dokumentations- und Forschungsarchiv 10. Mai 1933 – Deutsche Literatur auf dem Scheiterhaufen auf mehrere Tausend Bände angewachsen. Salzmanns Ziel: Das Gesamtwerk von rund 70 der seit 1933 geächteten deutschsprachigen Autorinnen und Autoren in Erstausgaben zu archivieren. Gegen das Vergessen. Für die Erinnerung.
Georg Salzmann ist weder Literatur- noch Zeithistoriker. Er ist Finanzkaufmann. Zeitzeuge des Nationalsozialismus und schon als Junge literarisch interessiert. Eine gerade Linie von der Kindheit im NS-Staat hin zum akribischen Sammlertum im Alter lässt sich jedoch nicht ziehen. 1929 im thüringischen Waltershausen geboren, ist Georg Salzmann gerade vier Jahre alt, als am 10. Mai 1933 [...] die Bücher brennen.“ Die weltweit einmalige Sammlung, die um die 12.000 Titel umfasste (darunter über 3.000 Doubletten), ist seit Juli 2009 im Besitz der Universitätsbibliothek der Stadt am Lech, wo sie auch zum überwiegenden Teil frei zugänglich ist. Außerdem kann jedermann eine virtuelle Dauerausstellung (unter diesem Link erreichbar) des Sammelbestands besichtigen.
Nach ihren ausführlichen Erläuterungen präsentierte Voß die mitgebrachten Schätze seltener Erstausgaben und limitierter und signierter Drucke. Sie konnten in die Hand genommen und durchgeblättert werden, etwa Stefan Zweigs Schachnovelle in der deutschen Erstausgabe, erschienen posthum im Dezember 1942 im Pigmalion Verlag Buenos Aires, in einer limitierten Auflage von 300 Exemplaren, und Anna Seghers’ Das siebte Kreuz, ebenfalls in der deutschen Erstausgabe (Verlag „El Libro Libre“: Mexiko 1942) – beide aus der Salzmann-Bibliothek.
Aus der Sammlung Klaus W. und Ilsedore B. Jonas, die Autoren der klassischen Moderne umfasst wie Thomas Mann, Golo Mann sowie weitere Mitglieder der Familie Mann, zudem Rainer Maria Rilke, Hermann Hesse, Hermann Broch und Gerhart Hauptmann, gab es Thomas Mann und Hesse zu sehen, so zum Beispiel die Buddenbrooks-Erstausgabe mit einem vierseitigen Autografen des Autors, oder die beiden Hesse-Bändchen Erwin (Erzählung, 1965 bei der Vereinigung Oltner Bücherfreunde erschienen) und Gedichte aus dem S. Fischer-Verlag mit einer Signatur des Sohnes Heiner Hesse – alle mit dem Exlibris des Sammlerehepaares Jonas versehen.
(Hans Rabenbauer/Matthias Haberzettl)