Pirckheimer-Blog

Empfehlung für den Bibliophilen

Mo, 27.11.2023

Gavarni bei A. R. Meyer. | © Staatsbibliothek zu Berlin

Bibliophiles des Monats I: „Schule der Pierrots“ bei A. R. Meyer

Der Verleger, Schriftsteller und Bohemien Alfred Richard Meyer (1882–1956), auch unter dem Pseudonym „Munkepunke“ benannt, gründete 1907 seinen „Ein-Mann-Verlag“. Ein erster Schritt war der Privatdruck Ahrenshooper Abende (Untertitel: Fünf lyrische Pastelle) in 500 nummerierten Exemplaren. Sich in expressionistischen Kreisen bewegend, veröffentlichte A. R. Meyer die Werke von Dichtern wie Heinrich Lautensack, Paul Zech und Gottfried Benn, der großen und allseits bewunderten Else Lasker-Schüler, Alfred Lichtenstein oder des zweisprachigen Yvan Goll. Die ersten Dokumente von Futurismus und Orphismus im deutschsprachigen Raum – darunter F. T. Marinettis Futuristische Dichtungen (1912) und Guillaume Apollinaires Gedichtzyklus Zone (1912) – würden in diesem Umkreis in der Reihe der Lyrischen Flugblätter (1907–1924) erscheinen.

Unter seinem Pseudonym schrieb er auch eigene Werke: Munkepunkes Malzbonbons (1918), Des Herrn Munkepunkes Gastronomische Bücherei (1919), Des Herrn Munkepunkes Cocktail- und Bowlenbuch (1920), Munkepunkes Dionysos (1921, mit Lithographien von George Grosz, bei Gurlitt). Neben anderen schönen Publikationen veröffentlichte Meyer 1920 ein großformatiges Buch im Pappband mit Buntpapier-Bezug: Gavarnis Die Schule der Pierrots. Die Ausgabe enthält neben dem lithographierten Titel und dem gleichsam lithographierten Impressum acht Tafeln; die „einmalige“ Ausgabe zählt 60 Exemplare, davon zehn als Vorzugsdruck auf echtem Japan-Papier.

Die Lithografien sind eine Auswahl aus der originalen Serie der L’école des Pierrots, die zwischen 1851 und 1853 entstand. Der Pierrot ist eine Figur aus der zu Zeiten des französischen Zeichners, Grafikers und Karikaturisten Paul Gavarni (1804–1866) Lebzeiten populären Pantomime- und Maskenkultur. Die Protagonisten machen unter dem Deckmantel einer „Persona“ derbe Witze, missbrauchen Alkohol und benehmen sich auch sonst zügellos. Die komplette Serie besteht aus 20 Lithografien, die alle signiert (in der Meyer-Ausgabe natürlich nicht mehr möglich) sind. Realisiert wurden die Blätter vom berühmten Berliner Drucker Arthur Rogall, mit dem Meyer mindestens noch eine bibliophile Ausgabe produzierte: Empire von Henry Moses, und 14 Tafeln, die der Maler, Grafiker, Illustrator Moritz Retzsch zu Balladen von Goethe und von Schiller in Kupfer stach.

Nach Herbert Günthers Erinnerung (Alfred Richard Meyer (Munkepunke), der Mensch, der Dichter, der Verleger. In: Imprimatur) wurden viele der wertvollen künstlerischen Blätter in Alfred Richard Meyers persönlicher Bibliothek aufbewahrt, aber am Ende des letzten Krieges verbrannte seine Sammlung ... eine: „Bibliothek voller Rara, Rarissima, Unika, Widmungen, bibliophiler Kostbarkeiten, Dokumente, Erinnerungsstücke aller Art.“ (Paul Gavarni: Die Schule der Pierrots. Titel und 8 lithographische Tafeln nach Gavarni. Berlin-Wilmersdorf: A. R. Meyer 1920. Einmalige Auflage von 60 Exemplaren, davon 10 auf Japanpapier. Handdrucke von A. Rogall, Berlin N. W. 52.)

(Maria Bogdanovich)

So, 26.11.2023

Kein Wal, aber ein Walross aus den Reisenotizen von Albrecht Dürer, der 1520 und 1521 die Niederlande bereiste. Philip Hoare hat ein ungewöhnliches Buch über den Nürnberger Meister der Renaissance, die Kunst an sich und dabei auch sich selbst publiziert.

Philip Hoare: „Dürer und der Wal“

Es ist ganz sicher eines der ungewöhnlichsten Bücher des Jahres: Albrecht Dürer und der Wal. Wie die Kunst die Welt erschaffen hat, im Mai erschienen, aus der Feder von Philip Hoare, der sich mit seinem neuen Opus selbst übertroffen haben dürfte. Es hat in einer Melange aus Recherche, Erfindung, autobiografischem Selbstbericht Mythos und Wahrheit der niederländischen Reise Dürers 1520/1521 zum Thema, über die die Notizen des Meisters Auskunft geben. Dürer ging seiner Sehnsucht nach, am Meer einen Wal zu sehen. Was ihm noch so alles begegnete und sein künftiges Tun beeinflussen sollte, all das steht in diesem Buch, das von großem Reiz ist ... ja, nicht immer völlig faktentreu, aber wer begibt sich angesichts eines solchen Künstlers nicht auch gern mit auf die dünnen Zweige der Legende. Wunderschön ediert bei Klett-Cotta. Tipp! (Philip Hoare: Albrecht Dürer und der Wal. Wie die Kunst die Welt erschaffen hat. Aus dem Englischen von Susanne Held, Stuttgart: Klett-Cotta 2023, geb., 320 S., mit zahlreichen Abb., ISBN 978-3-60898-649-5, 30 Euro.)

(André Schinkel)

Mi, 15.11.2023

Am 16. und auch am 17.11.2023 im "Babylon" zu sehn: Kerem Saltuks Film über Künstler Werner Klemke.

Klemke-Film noch 2x im „Babylon“

Kerem Saltuk, Foto- und Videograf, Filmemacher des Dokumentarfilms über Werner Klemke, lädt noch einmal herzlich zur Vorführung seines Porträts des großen Künstlers und Pirckheimer-Gründungsmitglieds ein. Der Film über das Leben des gebürtigen Weißenseers Klemke (1917–1994) wird noch einmal im Babylon Berlin gezeigt. Insgesamt sind es sogar zwei Vorführungen, die im Rahmen der 34. Berliner Märchentage stattfinden: am Donnerstag, den 16.11., und am Freitag, den 17.11.2023. Sie beginnen jeweils um 20 Uhr. Im Film selbst kommen eine Vielzahl Stimmen zu Wort, die aus der Biografie und von der Künstlerschaft Klemkes, vor allem auch seiner Verwurzelung in seinem Berliner Heimatstadtteil berichten. Kerem Saltuk lebt selbst in Weißensee, gilt als Kenner der Szene und wird im Babylon dabei sein. Kinotipp für den Bibliophilen im November!

(André Schinkel)

Sa, 04.11.2023

Buch des Monats November: Grimms Märchen, Band vier: "Blaubart, Blut und Dinge", neu illustriert von Henrik Schrat, ist soeben erschienen bei Textem in Hamburg. Weltpremiere des Buchs ist am 11.11.2023 in Hamburg daselbst, und die Hauptstadt-Premiere findet am 24.11., beide jeweils mit Ausstellungen verbunden, statt. Nebelmond-Buchkunst au point.

Schrats Märchen, Band Nummero vier: „Blaubart, Blut & Dinge“

Es ist Band vier eines hochambitionierten editorischen Großprojekts: Grimms Märchen (Rodung · Kreuzung · Lichtung), die neue und bibliophile Gesamtausgabe aller Grimm-Texte in fünf Teilen, neu illustriert von Henrik Schrat. Drei Bände, in denen es von Zauber, von Wundern und aber von kontemporären Wesen im Bildteil auch wimmelt, glänzt und leuchtet, liegen bereits vor – und am 06. November erscheint nun mit Band vier: Blaubart – Blut & Dinge, mit den ureigenen Worten des Künstlers höchstselbst der „dunkelste und coolste“ von allen. Das dementsprechend auch bereits im Einband tief-, ja, verdachtsweise um ein Haar spinellschwarze Buch versammelt denn auch so einige der gruselschönsten Märchentexte der ikonischen Vollversammlung dessen, was Jakob (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) in jahrzehntelanger Kleinarbeit vereinten und damit ein Volksbuch der nachhaltigen Art schufen, zeitlos in beide Richtungen, das alte Wissen wie das eherne, über die Ären Gültige fassend (Hamburg: Textem Verlag, 285 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-86485-249-7, 34 Euro). In der neu bebilderten Folge von Schrat (I: Schneefall, II: Dornenrose, III: Lumpengesindel, IV: Blaubart, V: Und Gretel …) kann man im Bildteil auch selbst auftauchen – man möge sich also für den abschließenden Band beeilen. Schrat dazu: „Die 240 Märchen sind in fünf Bände aufgeteilt, die nicht der Grimmschen Sortierung entsprechen, sondern thematische Gruppen bilden und Gegenüberstellungen suchen. [Cameoauftritte für spezielle Märchen bitte [lang vorher anmelden, das Interesse ist groß, und ich muss das limitieren, damit das Märchenbuch keine Portraitsammlung wird. Aber das Erscheinen von realen Personen gibt dem Projekt schon eine entscheidende Wendung der ‚Diesseitigkeit‘ …“ Zunächst aber wird zweimal Premiere gefeiert und ausgestellt – am 11.11. in Hamburg (Frise, Arnoldstraße 26–30, 22765 Hamburg, ab 18 Uhr) und am 24.11. in Berlin (Kurt-Kurt, Lübecker Straße 13, 10559 Berlin, ab 19 Uhr). Danach sind die beiden Exhibitionen samt Gästen (Kollwitz, Hegenbarth ...!) noch bis in den Dezember zu sehen. Alle Infos auf der Webseite des Künstlers. Märchenhaft, ein Buch des Monats November nach Maß.

(André Schinkel)

Sa, 30.09.2023

Wiederentdeckt: Lessings "Die Juden", mit Stichen von Baldwin Zettl verlegt in der Edition Ornament.

Neu – Ein Lessing-Stück zum 80. Geburtstag von Baldwin Zettl

Ein Lustspiel mit dem Titel Die Juden? Darf man darüber noch lachen? Lessings Stück von 1749 flimmert vor unseren Augen. Die Nachgeschichte verwandelt seine Worte in Sprengsätze: Sie seien „gottloses Gesindel“, Betrüger, Diebe und Straßenräuber, sagt ein Gutsverwalter, der sich als Jude verkleidet hat, um seinen Herrn zu überfallen. Das Buch ist die Wiederentdeckung eines Textes, der zuletzt vor zwanzig Jahren von George Tabori am Berliner Ensemble inszeniert wurde. Lessing gab als Erster jenen alltäglichen Antisemitismus dem Verlachen preis, der seit Jahrhunderten von Hass und Neid zehrt. Ein Lachen, das im Halse stecken bleibt. In einem Lustspiel ohne Happyend, das uns zwingt, genau hinzusehen, alles in Frage zu stellen, keiner vorgefassten Meinung zu trauen. Baldwin Zettl, Meister des Kupferstichs, hat Bilder zum Stück geschaffen. Sie zeigen die Figuren in ihrer zeitlosen Gegenwärtigkeit: als Typen, die uns auch im Hier und Heute noch begegnen. Das Buch erscheint zum 80. Geburtstag des Künstlers in der Edition Ornament, herausgegeben und gestaltet vom Pirckheimer Jens-F. Dwars. Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft können das Buch zum Sonderpreis von 12 statt 18 EUR bestellen unter www.edition-ornament.de oder per Mail: jens.dwars@t-online.de. Dort erfahren sie auch Details über die beiden Vorzugsausgaben des Bandes, die in Buchkassetten mit Originalabzügen der Kupferstiche geliefert werden. (Gotthold Ephraim Lessing. Die Juden. Ein Lustspiel in einem Aufzug. Mit Kupferstichen von Baldwin Zettl, hrsg. und gestaltet von Jens-Fietje Dwars, Edition Ornament im quartus-Verlag: Bucha bei Jena 2023, Farbdruck, Fadenheftung im Festeinband, 72 Seiten, 12 x 19,5 cm, ISBN 978-3-947646-56-2, Normalausgabe: 18 Euro, zudem erscheinen zwei Vorzugsausgaben des Bands in Buchkassetten.)

(Jens-Fietje Dwars/Pressemitteilung)

Mi, 27.09.2023

Reihe "Perlen der Literatur" – die ersten 25 Bände.
Einige Erstausgaben und (teils in Sondereinbänden) anderweitige Vorlagen der Klassiker der Moderne.

Input: 25 „Perlen der Literatur“

„Kleine Perlen erhalten die Freundschaft!“ Ja, so formuliert es der Hamburger Verleger des Input-Verlags, Ralf Plenz. Nun, so unerheblich ist das Geschmeide der Reihe Perlen der Literatur, die seit 2021 im „kleinen, aber feinen“ Verlag in der Freien Hansestadt an der Elbe erscheint, gar nicht mehr: Mittlerweile liegen in der fest in dunkelblaues Leinen gebundenen und mit einem je eigens Band für Band gestalteten Umgebinde versehenen Edition 25 feine Bände vor, allesamt bahnbrechende literarische oder anderweitig den sprichwörtlichen Lauf der Dinge beeinflussende Werke des letzten und vorletzten Jahrhunderts: von Gottfried Keller, der in Band 24 mit einer Novelle reüssiert, über Friedrich Nietzsches Streitschrift (Bd. 22: Zur Genealogie der Moral), späte Prosa Franz Kafkas (Bd. 10) bis Maria Montessori (Das Geheimnis der Kindheit, Bd.e 25 und, in Planung, 26) etc. In dem ursprünglich für die Herausgabe eines Autorenratgebers gegründeten Verlag fällt die sanfte Hinwendung zu den schönen, bibliophilen Veröffentlichungen auf. Auch gibt es im Beiprogramm der Perlen-der-Literatur-Reihe einiges Herzerfreuendes zu entdecken, ein feines wie ambitioniertes Notizbuch etwa, in der gleichen blaudunklen und so augen- wie händefreundlichen Aufmachung. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt. In ihrem – durch Zufall eponymen – Blog schreibt Verena Lüthjen etwa dazu: „Mit Hardcover, Fadenheftung, Leinenbezug, Prägung und Premium-Papier wirbt der Verlag für diese Buchreihe, die den Namen meines Blogs hier trägt – ein Zufall, ja, das ist wirklich ein Zufall, das eine Buchreihe und ein Blog namensgleich zusammenkommen. Nun, während ich literarische Perlen mehr finde als suche, oder sie auf mich auf unterschiedlichen Wegen zugerollt kommen, stellt der Verleger Ralf Plenz diese in seinem Verlag her und gestaltet sie kalligrafisch mit. Ein Team von Germanisten, Anglisten, Romanisten, Buchhändler, Bibliothekare, Psychologen und Viellesern, wie er auf seiner Internetseite schreibt, stöbern im Dschungel der hauptsächlich im 19. und 20. Jahrhundert erschienenen Klassiker, ein kleiner Beirat wählt sodann die Titel aus, die teilweise leicht bearbeitet, gekürzt und sprachlich modernisiert werden.“ Solange das noch geht, ist die Welt nicht ganz verloren, möchte man meinen. Eine feine Sache, diese Perlen.

(André Schinkel)

So, 24.09.2023

Bezaubernd: Danilo Pockrandts Wunderwesenbuch.

Büchel des Monats: „Das Lepomu“

„Woran erkennt man ein Folmtutel ...? Warum weigert sich der Lammtroll, Hände auszubilden? Und welche Frage stellt sich das Lepomu tagein, tagaus …“ So wundervoll, wie das Werk selbst ist, teasert der Klappentext des im Hasenverlag erschienenen neuesten Streichs von Danilo Pockrandt – ein Buch, randvoll mit den herrlichsten Wesen, bei denen man versucht sein möchte, an ihre Existenz zu glauben. Der hallesche Buchkünstler, Grafiker und Autor Pockrandt hat sich: teils aus Verschreibern, teils aus der Tiefe des ihm eigenen Staunens an der Welt heraus, auf 100 Seiten eine total zaubrige Bande ausgedacht, sie selbst gezeichnet, ihnen einen Bestimmungstext und im Fußraum jeder Seite noch eine Art „letztes Wort“ gegeben, dass es eine Freude ist. Weiter heißt es im Teaser: „Die feinen, farblich reduzierten Tuschezeichnungen kommen heiter-unterhaltsam daher und werden gewürzt durch kurzweilige Charakterisierungen. Beim Blättern in diesem Band eröffnet sich eine Welt voller Wunderwesen, die uns verwandt und fremd zugleich erscheint. Ein Bilderbuch, auch für Erwachsene!“ Ein Exponat, vor dem auch mancher Pirckheimer nicht gefeit sein dürfte. Sei’s drum, wenn’s der Freude dient. Das Lepomu und andere Wunderwesen. Ein Bestimmungsbuch kommt im Hardcover im Format von 21 x 21 cm zu seinem Besitzer, es hört auf die ISBN 978-3-94537-787-1 und kostet schüchterne 25 Euro. Was für ein Buch: ein Handbuch, feiernd die Fantasie.

(André Schinkel)

Sa, 24.06.2023

Ottilie von Goethe (1796–1872), Gattin Augusts, Schwiegertochter und "Muse" J. W. von Goethes, Vertreterin der deutschen Romantik. | © Klassik Stiftung Weimar / Goethe- und Schiller-Archiv

Mut zum Chaos: Ottilie von Goethe

Sie war die Gattin August von Goethes, mehr aber noch die Schwiegertochter von Großdichter Johann Wolfgang von Goethe und das von ihm eindeutig so benannte „Lieblingskind“: Ottilie von Goethe (1796–1872). Der Tod Augusts 1830 wird denn auch weit mehr vom Tod des Meisters zwei Jahre später überschattet – und die quirlige Romantikerin sah denn da auch das „Licht ihres Lebens“ erloschen. Die Mut zum Chaos betitelte Ausstellung, die anlässlich ihres 150. Todestages 2022 in der Goethe-Stadt Weimar gezeigt wurde, ist nun bis zum 6. September in der Goethe-Stadt Frankfurt am Main zu sehen. Man taucht ein in die Welt einer Freiheitsgeistin und künstlerischen Verkleidungs-Künstlerin, die schon zu Lebzeiten Begeisterung und Widerspruch erntete. Die Schau ist im Deutschen Romantik-Museum ist täglich von 10 bis 18 Uhr, an den Donnerstagen sogar von 10 bis 21 Uhr geöffnet. Lediglich am Goethe-Geburtstag (dem 28.08.) schließt das Haus bereits um 17 Uhr. Die nächste Führung durch die Ausstellung findet am 27. Juni um 16.30 Uhr statt. Tipp für den Bibliophilen: das Album Allerlei, in dem Ottilie von Goethe eine Vielzahl von Gestalten annimmt, und die Zeitschrift Chaos, deren Erscheinen (1829 bis 1832) sie erheblich anstieß und nach der die Ausstellung zu Leben und Werk, die eine Vielzahl weiterer Schätze birgt, benannt ist

(André Schinkel)

Mo, 06.02.2023

Blick in die Sammlung der Neumann-Stiftung in der Universitätsbibliothek Magdeburg. Der Gründer und Stifter Wolfram Neumann führt am 15. Februar um 17 Uhr durch die Kollektion, die etwa 30.000 Bände in über 2.000 Reihen fasst. Der Eintritt zur Führung ist frei, Interessenten sind herzlich willkommen.

2.150 Buchreihen, 30.000 Bände

Magdeburger Pirckheimer laden zum Besuch der Neumann-Stiftung ein

Mittwoch, 15. Februar 2023, 17 Uhr, Universitätsbibliothek Magdeburg

Die Ute-und-Wolfram-Neumann-Stiftung ist vom bloßen Namen her wahrscheinlich vor allem in Expertenkreisen geläufig. Wenn man dagegen einige Titel der Buchreihen nennt, die als Neumann-Sammlung den Kern der Stiftung ausmachen, wird jeder Bücherfreund anerkennend nicken: Pandora, Piper, Weberschiffchen, Seemanns Bibliothek der Kunstgeschichte, Bücherei des Schocken-Verlags und nicht zuletzt die wohl bekannteste und unter Sammlern mithin begehrteste Reihe, die Insel-Bücherei. Zuhause ist die Buchreihensammlung der Stiftung in der Universitätsbibliothek der in dieser Form noch jungen Universität von Magdeburg und damit an einem Ort, der bisher nicht zu den Hotspots der Bibliophilie in Deutschland gehört. 

Warum dieses Sammlung in der Ottostadt an der Elbe beheimatet ist, welche Buchreihen sie umfasst und wie sie im Laufe von Jahrzehnten gewachsen ist, all das ist Thema der nächsten öffentlichen Veranstaltung der Magdeburger Pirckheimer. Am Mittwoch, 15. Februar 2023, treffen sie sich um 17 Uhr in der Magdeburger Universitätsbibliothek. Dort stellt Professor Dr. Wolfram Neumann seine Stiftung zur Erhaltung und Pflege der Buchkultur bibliophiler Kleinbuchreihen des letztvergangenen, bis in die Gegenwart wichtigen 20. Jahrhunderts persönlich vor und führt durch die Sammlung, die im ersten Obergeschoss der Bibliothek aufgestellt ist. 

Die Sammlung Neumann besteht inzwischen aus etwa 2.150 Buchreihen mit insgesamt rund 30.000 Bänden. Sie umfasst den Zeitraum vom deutschen Kaiserreich über die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, die Teilung Deutschlands bis in die Gegenwart. Die Bibliothek findet sich als Teil der Otto-von-Guericke-Universität der Elbestadt am Universitätsplatz 2 in 39106 Magdeburg. Die Veranstaltung ist öffentlich. Gäste sind willkommen. Der Eintritt ist frei

(Ralf Wege)

Di, 26.07.2022

Gustav Adolf Erich Bogeng (1881-1960), etwa 1903
Originalausgabe des Standardwerks von 1922

Die grossen Bibliophilen - Standardwerk wird 100

Vor hundert Jahren, im Jahr 1922, veröffentlichte der Leipziger Verlag E. A. Seemann die einzige Forschungsarbeit ihrer Art zur Geschichte der Bibliophilie – ein dreibändiges Werk mit dem Titel Die großen Bibliophilen. Geschichte der Büchersammler und ihrer Sammlungen von Gustav Adolf Erich Bogeng (1881–1960).  

Das Staatsarchiv Leipzig bewahrt einige Dokumente des Seemann-Verlags auf, darunter die Verträge mit Autoren und Künstlern und einen dreiseitigen Brief des Verlegers vom Dezember 1921 an Bogeng über die Veröffentlichung von Die großen BibliophilenDie Auflage sollte zwischen 2.000 und 2.500 Exemplare betragen, das Autorenhonorar für die Erstauflage betrug 12.000 Mark. Das Titelblatt sollte ursprünglich vom Grafiker, Illustrator und Bühnenbildner des deutschen Impressionismus Max Slevogt (1868–1932) illustriert werden. Eine Werbung in Philobiblon (1931, H. 2) deutet schließlich darauf hin, dass letztendlich der Künstler und Illustrator Hans Meid (1883–1957) diese Aufgabe übernahm.

Der Jurist, Büchersammler und Theoretiker der Bibliophilie G. A. E. Bogeng, Sohn des Kaufmanns und Hoteliers Gustav Bogeng (?–1904), begann seine „bibliophile Karriere“ auf brillante Weise. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seines Werkes war er bereits Mitbegründer des Berliner Bibliophilen Abends und der Maximilian-Gesellschaft, war Mitglied zahlreicher anderer Gesellschaften, gab zwei Zeitschriften für Büchersammler heraus, verfasste zahlreiche Artikel. 1920 zog er von Berlin nach Bad Harzburg und stellte seine öffentliche Tätigkeit nahezu vollständig ein.

Das Werk von Bogeng ist nach wie vor aktuell – es wurde mehrfach nachgedruckt und wird stets zu hohen Preisen auf dem modernen antiquarischen und bibliophilen Markt nachgefragt. Die Geschichte der Bibliophilie wurde nicht wissenschaftlich fortgeführt oder weiterentwickelt. Somit bleibt Bogengs Die großen Bibiliophilen auch nach hundert Jahren die einzige Quelle zur Geschichte des deutschen Büchersammelns.

(Maria Bogdanovich)

Mi, 19.11.2014

Buchempfehlung: Schatzkammer der Revolution

In der Zeit nach der Oktoberrevolution haben Künstler wie Wladimir Majakowski, El Lissitzky und Wladimir Lebedew in der jungen Sowjetunion zusammen mit Dichtern wie Daniil Charms, Samuil Marschak und Kornei Tschukowski Kinderbücher entworfen, die dem Formenkanon von Futurismus und Konstruktivismus verpflichtet waren. In diesen avantgardistischen Kinderbüchern, die das Weltbild einer neuen Zeit manifestieren, werden Postboten die neuen Prinzen, Eisverkäufer die neuen Zauberer und Feuerwehrmänner die neuen Helden.
Da derartige Bücher von der Zensur ausgenommen waren, avancierten sie zu einem wichtigen Medium für Künstler, um ihre Werke einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Schatzkammer der Revolution ist eine Hommage an diese wunderbaren Kinderbücher. Die Originalabbildungen sowie die Texte und Gedichte wichtiger sowjetischer Intellektueller werden erstmals auf Deutsch veröffentlicht. Drei einleitende Essays geben einen Einblick in den Entstehungskontext, die Sowjetunion der 1920er- und 30er-Jahre.

Russische Kinderbücher von 1920-1935: Bücher aus bewegten Zeiten.
Hrsg. von Julian Rothenstein, Olga Budashevskaya. Zürich 2013.
Mit einem Vorwort von Philip Pullman.
19,7 x 26,6 cm. 312 S. mit 339 Abb. Künstlerverzeichnis und Bibliografie.
Fester Einband. Text in deutscher Sprache.
ISBN 978-3037783436
Preisbindung aufgehoben, ursprünglich 60 Euro,