Pirckheimer-Blog

Elmar Faber

Mo, 06.11.2023

Volker Braun: "Luf-Passion", bei Faber & Faber 2022.

Leipzig: Faber & Faber insolvent

Es ist eine Hiobsbotschaft, die vor wenigen Tagen, nachdem das Gerücht eine Weile intern kreiste, große Verbände und Medien wie das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung vermeldeten: Der renommierte, auch und vor allem im bibliophilen Segment so aktive wie hochgeschätzte Leipziger Verlag Faber & Faber ist insolvent. Es komme nun auf die Verständigung mit dem Insolvenzverwalter an, so Verlagsleiter Michael Faber, der das Haus 1990 mit seinem berühmten Vater Elmar Faber begründete. Denn gerade für die bibliophilen Reihen Die graphischen Bücher und Edition de Bagatelle bestünden durchaus Ideen und Möglichkeiten ihres Fortbestands. So steht für letztere ein Förderangebot der Hans-Meid-Stiftung für mehrere Jahre im Raum. Faber & Faber machte sich im buchkünstlerischen wie auch im regulären Segment einen Namen für ausnahmslos schöne Bücher. Zu seinen Autoren zählen Größen wie Roswitha Quadflieg, Christoph Hein oder Clemens Meyer; die Zahl der bedeutenden Künstlerinnen und Künstler ist Klang und Legion: Karl-Georg Hirsch, Klaus Waschk, Hubertus Giebe, Egbert Herfurth, Sighard Gille. Gerade war mit Frédéric Brun ein hierzulande zu Unrecht unbekannter französischer Autor entdeckt worden. Angesichts der momentanen Lage und Situation ... ob in den Äthern oder den Buchhandlungen, bleibt zu fürchten, dass das nur der Anfang ist. Und es stellt sich die Frage: Wie kann der Buchfreund helfen? Vielleicht, wenn er es vermag, dass er im schönen Angebot des Verlags etwas Feinzartrobustes für seine Sammlung entdeckt. Denn es kann doch nicht sein. Und soll es auch nicht. Und kann ja das Herze des Bibliophilen nicht unberührt lassen.

(André Schinkel)

Mo, 18.03.2019

Faber & Faber startet neu

Auf boersenblatt.net fand sich heute eine, vermutlich nicht nur für Pirckheimer, sondern für alle Freunde des gut gemachten Buches, erfreuliche Nachricht:

"Nach fünf Jahren Pause meldet sich der Leipziger Verlag Faber & Faber zurück. Im Herbst erscheint das erste Programm des wiedergegründeten Hauses.
Der 1990 von Elmar Faber und seinem Sohn Michael gegründete Verlag Faber & Faber gehörte zu den wenigen Nachwende-Gründungen, die die gebeutelte Buchstadt auch überregional im Gespräch hielten. Nachdem Michael Faber ins Amt des Leipziger Kulturbürgermeisters gewechselt war (von 2009 bis 2016), und sich kein geeigneter Mehrheitseigner finden ließ, wurde die Verlagsproduktion 2014 eingestellt; im Dezember 2017 verstarb der Verlagsgründer Elmar Faber.
Im kommenden Herbst wird sich der wiedererweckte Verlag nun mit neuen Büchern unterm alten Namen zurückmelden. Michael Faber hat den Verlag mit seinem älteren Bruder, dem Arzt Renaldo Faber und einem weiteren stillen Gesellschafter neu gegründet. [...]
Das neue Programm, das 16 Titel umfassen soll, wird in vielen Belangen auch das alte sein: Belletristik, Kulturgeschichte und Kunst, vor allem aber hochwertig illustrierte Literatur. „In die Lücke, die wir da hinterlassen haben“, so Faber, „ist kein Verlag wirklich reingezogen“. [...]
Deutlich stärker als bislang will sich Faber auf dem Feld der zeitgenössischen Literatur engagieren. Quasi als „Türöffner“ für das neue Programm und als Verbeugung vor Alt-Verleger Elmar Faber wird bereits im Sommer dessen Briefwechsel mit Christoph Hein ausgeliefert („Ich habe einen Anschlag auf Sie vor“). Hein, der im April seinen 75. Geburtstag begeht, hat über 37 Jahre mit Elmar Faber korrespondiert, sagt Michael Faber, der den Briefband ediert hat
[...Die Reihe „Graphischen Bücher“ wird mit Texten] von Ingeborg Bachmann und Carl Einstein [...] fortgeführt. [...]
Michael Faber weiß, dass er sich auf ein ehrgeiziges Unternehmen eingelassen hat. In den Jahren, in denen er im Leipziger Rathaus saß, haben ein verändertes Leseverhalten, der Strukturwandel der Medien und die Digitalisierung die Branche ziemlich nachhaltig umgekrempelt. Rezepte, die gestern noch funktionierten, müssen für morgen und übermorgen nicht unbedingt taugen. Michael Faber gibt sich zuversichtlich: „Wir hoffen, in den kommenden zwei, drei Jahren den Platz, den wir verlassen haben, wieder besetzen zu können.“

 (Nils Kahlefend)

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Do, 19.07.2018

Lichtung im Unterholz

Die Rettung jener Phänomene, die Rettung verdienen, vollzieht sich mittels Ideen - so sagte es Walter Benjamin. Welche Idee zum Beispiel? Dass nicht jede Anpassung an die fragmentierten Verhältnisse als Lebenskunst zu preisen sei. Und: dass es die Schönheit gibt, die Feinheit, die Kostbarkeit. Worunter freilich sehr Verschiedenes verstanden werden darf. So meinte der Verleger Elmar Faber, an einer Autobahnraststätte in Thüringen gebe es die besten Bratwürste - während sein Autor Christoph Hein behauptete, die schmeckten ein bisschen nach Bitumen und röchen nach Diesel. Was also ist schön und fein? Immer sind es die Fragen, die uns binden - die Antworten trennen uns.

Diese Antwort allerdings schafft Einigkeit: »Marginalien«, die Zeitschrift für Buchkunst und Bibliographie, herausgegeben im Auftrag der Pirckheimer-Gesellschaft, ist ein Kleinod, das sich mit seiner Hinwendung zum schönen Buch sinn- und formbewusst weiter durch die Gegenwart des Schnelldrucks, der papiernen Billigprodukte und der Verfallsdaten rettet. Nun setzt eine verjüngte Redaktion das Werk des langjährigen Kollegiums um Carsten Wurm fort, neuer Chefredakteur ist Till Schröder. Im ersten Heft nach dem Wechsel [# 228] werden eine Ausstellung von Klaus Ensikat betrachtet, Jurek Beckers Postkartenpoesie sowie Druckgrafiken von Hélène Habbot Bautista. Die traditionelle typographische Beilage bietet acht Wald-Gedichte (so Charles Baudelaire, Oskar Loerke, Heiner Müller, Nico Bleutge), gesetzt in der Joanna italic, einer Schrift, »steil und in behutsamer Schräglage« (Matthias Gubig). Peter Gosse hält eine Laudatio auf den Grafikkünstler Karl-Georg Hirsch: »Ethos kommt nicht umhin, vom Ästhetischen hinterschimmert zu werden.«

Bewegung ist Gegenläufigkeit: Neues Redaktionsleben öffnete sich neuen Buchwelten - der Tod schlägt Lebensbücher zu. Im Heft zu lesen: die Grabrede Christoph Heins für den 2017 verstorbenen Präger des Aufbau-Verlages, Elmar Faber. Darin die anfangs erwähnte Bratwurst - die überhaupt kein Gegensatz ist zur Tiefe, mit der hier ein Verleger-Leben genau, grandios heiter und hellsichtig erzählt wird. Einen »tapferen Husaren« nennt Hein diesen Draufgänger im Zweckkostüm des listigen Kunst-und-Kultur-Diplomaten. Hermann Wiedenrot betrauert den ebenfalls 2017 verstorbenen Buchdruck-Meister Wolfgang Tiessen, und verabschiedet wird auch Horst Hussel - von Jens-Fietje Dwars, letzter, in Sorgfalt und Unermüdlichkeit so zugeneigter Verleger des Bild- und Zeichenzauberers: »Hussels Kunst bleibt Nicht-Kunst, um ihrer selbst einzugreifen, und sei es als Irritation.« »Marginalien«, 1957 ins Leben gerufen, ist seit jeher eine Art Lichtungsfreiheit im »Unterholz« des wechselnden Blätterwaldes, wie es die Redaktion betont. Ein Auftrag, der Zukunft hat: die Beharrlichkeitscourage der Büchersammler und -gestalter gegen »Bunt, Laut, Marktschreierisch«.

(Hans-Dieter Schütt in neues deutschland / 19.07.2018 / S.15)

Fr, 26.01.2018

Rainer Ehrt - FRANZ KAFKA ER, Aufl. 40 Expl., 2016

215. Frankfurter Grafikbrief

Im neuesten, von Wolggang Grätz herausgegebenen, Frankfurter Grafikbrief finden sich Hinweise auf die aktuellen Ausstellungen in der Frankfurter Büchergilde Buchhandlung & Galerie "Politik gestalten! Plakate von Studierenden der UdK Berlin" und im Kabinett "Büchergilde Vorzugsausgaben – ein eigenes Kapitel Buchkunstgeschichte". 

Weitere Themen im 215. Frankfurter Grafikbrief u.a.:

  • Nachruf auf Horst Hussel
  • Elmar Faber 1934 bis 2017
    „Du fehlst!“ Wenn das inzwischen bei vielen Trauerfällen zitierte Ondit aus Grönemeyers Lied wirklich passt – dann bei Elmar Faber, freilich in der Form „Sie fehlen!“ Er fehlt – als leibhaftiger Zeuge von intellektueller Größe, Mut und Unerschrockenheit, stellvertretend für viele in der DDR – als Verleger des Aufbau Verlages: Haben Sie gewusst, dass Faber 1985 ...
  • Susanne Theumer illustriert den berühmten japanischen Schriftsteller Osamu Dazai (1909 – 1948),
  • Franz Kafka hoch geEhrt (ein Kalauer, aber Rainer Ehrts Künstlerbuch verführt dazu)
  • Mathias Roloff bearbeitet auch Borcherts „Küchenuhr“ in einem Pressendruck, wie gerade erst Andrea Lange
  • Anton Mariinsky, Student bei Henning Wagenbreth, hat sich nicht an der großen Plakataktion beteiligt hat, dafür eine ganze Mappe an Grafiken geschaffen, die an die Bildsprache des revolutionären Russland anknüpft, und es ist erstaunlich, wie aktuell das wirkt, diese Mischung aus Comic und Agitprop, die aber auch an die piktogrammatische Figuration eines Gerd Arntz (1900 – 1988) erinnert.

Ausstellungen: 23. Januar - 20. Febrhuar 2018

Frankfurter Büchergilde Buchhandlung & Galerie

Di, 19.12.2017

Foto: Peter Arlt

Trauerfeier für Elmar Faber

"Bei aller Trauer ... [sollten wir dankbar sein] ... für das Glück, über Jahrzehnte mit diesem tollkühnen Husaren gelebt zu haben

"... eine bemerkenswerte Trauerrede [von Christoph Hein], die das ganze emotionale Spektrum abbildet. Von der Trauer und dieser Dankbarkeit, über den warmen Humor, mit dem der Schriftsteller von der felsenfesten bis starrsinnigen Überzeugung des Thüringers Faber berichtet, Thüringens Liedgut und seine Bratwurst seien die jeweils besten der Welt. Von der Bewunderung angesichts der Dreistigkeit, mit der Faber seinen, Heins, Roman „Horns Ende“ an der Zensur vorbei und sogar gegen den erklärten Willen des Oberzensors Kurt Hager veröffentlichte und verkaufte. Von der Hochachtung, mit der Elmar Faber sich über alle Grenzen zwischen den Ländern, den Systemen, den Zeiten hinweg treu geblieben ist, um guten Büchern, schönen Büchern, kostbaren Bücher in die Welt zu helfen, angetrieben von seinem unbeirrbarem Selbstbewusstsein, von seinem Stolz und dem Wissen, die besseren Argumente zu haben – und das bessere Programm. Vom nie verflogenen Groll und Zorn angesichts des Umgangs neuer Herren mit dem kulturellen Erbe der DDR. ..."
(Peter Korfmacher, in Leipziger Volkszeitung, 19.12.2017)

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Mo, 04.12.2017

Elmar Faber 2015, Foto © Ralf Parkner

Elmar Faber (1934 - 2017)

Heute erreichte uns die Nachricht über einen schweren Verlust für alle Freunde des guten Buches - Elmar Faber ist tot. Er starb nach schwerer Krankheit, 83jährig, am 3. Dezember.

1934 in Deesbach im Thüringer Wald geboren, begann Elmar Faber nach einem Studium der Germanistik an der Universität Leipzig seine berufliche Laufbahn als Lektor und Verlagsassistent am Bibliographischen Institut Leipzig, später übernahm er die Leitung der Edition Leipzig, den Aufbau-Verlag und Rütten & Loening, gründete nach dem Ende der DDR den Aufbau Taschenbuch Verlag und, was sich als Glücksfall für das gute Buch herausstellte, den renommierten, leider inzwischen erloschenen Verlag Faber & Faber Leipzig. In dem Metier der Buchproduktion fühlte sich das langjährige Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft Verloren im Paradies! (So der Titel seiner Autobiografie).
Uns bescherte das hervorragend gemachte Bücher und folgerichtig sagte Elmar Faber aufgrund seiner Arbeit als Verleger und seines Wirkens als Mitglied unserer Gesellschaft "dem Buch eine grandiose Zukunft voraus“.

Ein Credo, welches allen Pirckheimern als Vermächtnis und Verpflichtung bleibt.

Die Trauerfeier wird am 19. Dezember um 13 Uhr in der Hauptkapelle des Leipziger Südfriedhofes stattfinden. Die Rede hält Christoph Hein.

Mi, 06.09.2017

Heinz Hellmis. Schrift und Buchkunst als Lebenswerk

Die Herausgeberinnen Linde Kauert und Dr. Brigitte Hammer stellen inmitten der Ausstellung ›Lose und gebundene Kunst der Edition ZWIEFACH‹ das Buch ›Heinz Hellmis. Schrift und Buchkunst als Lebenswerk‹ vor.

2007 gründete Heinz Hellmis (1935-2014) zusammen mit Linde Kauert die Edition ZWIEFACH. Drei Jahre nach seinem Tod wird jetzt das Buch ›Heinz Hellmis. Schrift und Buchkunst als Lebenswerk‹ veröffentlicht. Schon mit 16 Jahren stand der spätere Buchgestalter im Ruf eines Wunderkindes bezüglich seiner Fähigkeiten im Schriftenschreiben. Er hat mit geschriebenen und gezeichneten Alphabeten, gezeichneten und handgeschriebenen Vorlagen für Buchtitel, kalligrafischen- und typografischen Arbeiten ein vielseitiges und umfangreiches Lebenswerk geschaffen, das in diesem Gedenkbuch dargestellt wird. Es basiert weitgehend auf den Entwürfen, die Heinz Hellmis noch eigenständig entwickelt hatte und ist somit das letzte Buch in der Reihe der ›Kiebitzbücher‹ der Edition ZWIEFACH.Es enthält ca. 240 Abbildungen und Texte von Roland Berger, Gotthard Erler, Elmar Faber, Brigitte Hammer, Jürgen Jahn, Linde Kauert, Elke und Lothar Lang, Kuno Lomas, Katharina Pieper, Richard Pietraß, Ursula Popp, Günther H.W. Preuße, Astrid Priebst-Tröger, Wolfgang Rasch, Klaus Schirrmeister, Marlies Schnaibel, Eckehart SchumacherGebler, Eva Strittmatter, Hans Ticha, Silvia Werfel, Hans-Jürgen Willuhn, Carsten Wurm.

Das Buch kann hier bestellt werden.

Ausstellung: 1. September - 26. Oktober 2017
Buchvorstellung: 27. September 2017, 17.00 Uhr

Bezirkszentralbibliothek ›Mark Twain‹ | Artothek Marzahner Promenade 52-54 | 12679 Berlin (im Freizeitforum Marzahn)

So, 02.04.2017

Die Büchermacher

Von Verlegern und ihren Verlagen

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts „produzierte“ der Buchmarkt einen neuen Typ des Verlegers, den des Kultur- oder Individualverlegers. Zwar gab es schon im 19. Jahrhundert Verleger-Autoren-Beziehungen, die weit über die Vermarktung des geschriebenen Wortes hinausreichten. Doch erst als mit dem Strukturwandel der Öffentlichkeit und mit neuen Druckverfahren das Buch zur Massenware und zugleich zu wertgeschätztem Kulturgut wurde, konnte sich eine Vielzahl von Verlagen etablieren, die für einige Zeit oder jahrzehntelang Autoren groß machten und Debatten bestimmten. Berühmte Namen, große Verlage. Unter ihnen Samuel Fischer, Albert Langen, Peter Suhrkamp, Ernst Rowohlt, Elmar Faber. Sie scheinen mehr und mehr vergessen, aber ihre Namen finden sich auf den Titelseiten unvergessener Bücher. Von ihren Lebenswegen, ihrem Büchermachen erzählt Klaus Walther.

Walther, Klaus - Die Büchermacher, Von Verlegern und ihren Verlagen
Quintus Verlag, Berlin 2017
160 Seiten, 61 Abbildungen
Hardcover mit Schutzumschlag,
Fadenheftung, Format: 12,5 x 20,5 cm ISBN: 978-3-945256-89-3 € 20

Sa, 11.02.2017

Marginalien # 224

Im kommenden Heft findet sich auch ein Beitrag zu untenstehendem Thema, für den durch Klick auf das Pirckheimer-Logo eine Leseprobe aufgerufen werden kann.

Elmar Faber  Verlegerbriefe zu einem Dichterleben
Zum 90. Geburtstag von Werner Heiduczek

Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft erhalten das Heft kostenlos, für diese wird dem Heft 224 zusätzlich eine Originalgraphik beiliegen.
Abo pro Jahr (4 Hefte) 74 € zzgl. Versandkosten. Bestellung bitte per E-Mail.

Mo, 07.11.2016

Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft in der Pirckheimer-Gesellschaft an Herbert Kästner übergeben

Der Leipziger Bücher- und Grafiksammler Herbert Kästner wurde anlässlich seines 80. Geburtstages zum Ehrenmitglied der Pirckheimer-Gesellschaft ernannt. Die Ehrenmitglieds-Urkunde überreichte der Pirckheimer-Vorsitzende Ralph Aepler am heutigen Montag, 7. November, im Rahmen eines Empfangs im Leipziger Hotel „Fürstenhof“.
 
Als Gäste waren neben dem gesamten Pirckheimer-Vorstand unter anderen Dr. Thomas Glöß anwesend, Vorsitzender des Leipziger Bibliophilen-Abends, der Typograf Prof. Gert Wunderlich, der Grafiker Egbert Herfurth, der Verleger Elmar Faber, der Schriftsteller Prof. Helmut Richter sowie weitere langjährige Weggefährten von Herbert Kästner.
Mit der Ehrenmitgliedschaft würdigt die Pirckheimer-Gesellschaft Herbert Kästners „langjährige außerordentlichen Verdienste um die Entwicklung der Bibliophilie in Deutschland, sein unermüdliches Wirken für die Pirckheimer-Gesellschaft und seinen wegweisenden und tatkräftigen Einsatz im Redaktionskollegium der Marginalien.
Herbert Kästner ist seit 1972 Mitglied der Pirckheimer-Gesellschaft. 1980 wurde er in den Vorstand der Leipziger Pirckheimer-Gruppe gewählt und übernahm die Aufgabe des stellvertretenden Vorsitzenden, ab 1988 des Vorsitzenden. Am 1. August 1990 schlug Herbert Kästner die (Wieder-)Gründung des Leipziger Bibliophilen Abends vor, die am 8. Januar 1991 erfolgte. Als Förderer der Buchkunst, überzeugter Freund des Buches und der Grafik engagiert sich Herbert Kästner weiterhin in der Pirckheimer-Gesellschaft. Als Mitglied des Redaktionskollegiums der Mitglieder-Publikation „Marginalien“ prägt er bis heute das Gesicht der Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie, die die Pirckheimer-Gesellschaft viermal im Jahr herausgibt.
(Ralf Wege)

So, 28.08.2016

Begegnung und Reflexion.

Kunstkritik in der Weltbühne, so lautet der Titel des neuen Buches des Mitgliedes der Pirckheimer-Gesellschaft Elke Lang mit Texten von Lothar Lang, dem langjährigen Chefredakteur der Marginalien, die dieser von 1953 bis 1993 in der Weltbühne veröffentlichte.
"Die Kunst der Klassischen Moderne bis zum Ende des 20. Jahrhunderts hatte in dem Kunsthistoriker Lothar Lang einen ihrer profiliertesten Kritiker. Seine mitunter persönlich gefärbten Anschauungen zur bildenden Kunst, gaben mitunter Anlass zu heftigen Diskussionen." Wie schrieb Elmar Faber so treffend über LL "Überall, wo Lang ist, geht etwas aus...".
"Lang kam es besonders darauf an, die Arbeit der ostdeutschen Künstler seiner Generation zu fördern. Er wollte zudem seine Leser mit der europäischen Moderne vertraut machen und die „ältere Generation“, an welcher er seine Qualitätsmaßstäbe geschult hatte, vor dem Vergessen bewahren."

Lothar Lang - Begegnung und Reflexion. Kunstkritik in der Weltbühne
Quintus Verlag, Berlin 2016 (Inh. André Förster)
248 Seiten, 9 Abbildungen

Hardcover, Fadenheftung
Format: 13,5 x 21,2 cm
ISBN: 978-3-945256-77-0 € 20,00

So, 12.06.2016

Eröffnung in Staucha: Haus zum guten Buch

Das Anliegen der Bibliothek, dem Haus des Vergessens ist, dass man eben nichts vergisst, dass man sich vieler Dinge erinnert, denn die Erinnerung ist eine mysteriöse Macht und bildet den Menschen um. Wer vergisst, was schön war, wird böse. Wer das vergisst, was schlecht war, wird dumm. Und so habe ich manchmal den Gedanken, ich lebe nur unter bösen oder schlechten oder dummen Menschen, aber das stimmt ja nicht. Es gibt ja immer die Ausnahme und die ist ziemlich groß.
(Peter Sodann)
Peter Sodann (links), hier mit Elmar Faber, Foto © Peter Arlt
Nach seinem 80. Geburtstag eröffnet Peter Sodann – Schauspieler, Regisseur und Theater-Intendant, Tatort-Kommissar, Ex-Bundespräsidentenkandidat, Ehrenbürger der Stadt Halle und Bücher-Sammler – in Staucha, dem neuen Lebensdomizil und Ort für seine DDR-Bibliothek, am 18. Juni 2016 ein "Haus zum guten Buch“. Das Haus soll ein Haus gegen das Vergessen und eine Herberge für Menschen sein, die ihn in seinem letzten großen Vorhaben unterstützen wollen oder einfach nur lesen.
(MDR Kultur)

Di, 12.04.2016

Marginalien 220

Freuen Sie sich auf das 220. Heft der Marginalien. Die aktuellen Exemplare sind heute vom quartus-Verlag auf den Postweg gebracht worden und sollten in den nächsten Tagen bei allen Mitgliedern und Abonnenten im Briefkasten sein. Viel Spaß beim Lesen!
Falls die Marginalien bis kommende Woche nicht eingetroffen sind, melden Sie sich bitte beim Vorstand. Wir kümmern uns darum.
(Ralf Wege)


aus dem Inhalt:
Hans Marquardt, von Westen gesehen | Erinnerung an den Verleger (Hans Altenhein)
Eine Generation auf ihrem Weg durch Kunst und Politik | Betrachtet am Beispiel Joachim John und Lothar Lang
(Elke Lang)
Im Grusel- und Kuriositätenkabinett der Zensur (Elmar Faber)
Angela Hampel für die Pirckheimer und Peter Sodann (Peter Arlt)


Anstelle der typografischen Beilage enthält das Heft das Handschriften-Faksimile mit Aquarellen "Joachim John Vier Gedichte".

Do, 03.03.2016

Aus für einen anspruchsvollen Verlag

Faber & Faber: Zum letzten Mal verlagsfrische Exemplare!

Nun ist es wirklich vorbei: Als ich kürzlich auf die immer noch „aktive“ Website von Faber & Faber gehen wollte, kam das berühmte „404: not found“. Mein Anruf in Leipzig bestätigte: Nun ist der Verlag auch juristisch aufgelöst, man kann nichts mehr nachbestellen bei dem Legende gewordenen Buchkunst-Verlag, hier die letzten verlagsfrischen Bücher, die es gibt!
Nachdem das Auftauchen von Drucken vor allem aus der Reihe der „Graphischen Bücher“ im Modernen Antiquariat die treuen Anhänger der Faber‘schen Buchkunst ganz schön vergrätzt (sic!) hatte, ist dieser Markt nun verlaufen, die Bücher werden wieder ihrem Wert entsprechend bzw. zu steigenden Preisen im Antiquariatsmarkt gehandelt.
Als Schlussschmankerl und Hommage an diese großartige Sammlung von „Erstlingswerken deutscher Autoren des 20. Jahrhunderts“ haben wir je ein Exemplar von 3 der 4 Supplement-Kassetten zu der Buchreihe.
(Wolfgang Grätz im 202. Grafikbrief)

Mo, 26.10.2015

Angela Hampel und die Pirckheimer bei Peter Sodann

Mit Büchern – so sagt Angela Hampel – „halte ich auch Zeitgeschichte in der Hand“. Bei der „Kleopatra“ von Theophile Gautier erinnert sie sich an die herrlichen Tage, als sie dafür Illustrationen schuf, doch ebenso an die „Zeit der Container vor den Buchhandlungen“, als sie das weggeworfene frischgedruckte Büchlein entdeckte. Auch deshalb schätzt sie die Arbeit von Peter Sodann als Buchfreund und Verteidiger kultureller Leistungen der DDR, der viele Bücher vor dem Müllkippenschicksal bewahrt hat und jetzt in seiner Bibliothek in Staucha sammelt. Zu den aktuellen Befürchtungen von Spiegel online: Staucha steht! Doch die noch nicht eingearbeiteten und ausgelagerten Bücher in Oschatz sollen aus ihrer Räumlichkeit heraus, weil der freundliche Holländer als Besitzer davongeflogen ist. Doch wohin mit der Büchermenge?
Die Sammlung der Bibliothek in Staucha umfasst in zunehmender Vollständigkeit die 40jährige Buchproduktion der DDR von vier Millionen Büchern. Die kompakte Buchproduktion eines Landes kann sinnlich wahrgenommen werden. Woanders muss man wissen, was man sucht. Doch bei Sodann findet man Ungesuchtes, Überraschendes, stößt auf Bücher und Verlage, von denen man schon viel oder noch nie etwas gehört hat. Jeder kann im Angebot der Bibliothek für seine eigene Büchersammlung, ob er sich für Belletristik, Lyrik, Biologie, Mathematik oder Rechtswissenschaft, Statistik, für Philosophie und Kunst oder für Religion, Geschichte oder Politik interessiert, vielfältige Anregungen bekommen. Das komplexe Publikationsgebiet eines Landes lässt Möglichkeiten und Beschränkungen der DDR erkennen und nähert sich zur deutschen Geschichte nach 1945 in gewissem Sinn der historischen Wahrheit an. Das ist kein Anliegen nur einer Partei, denn es geht darum, die Bücher der DDR, ob herausragende Buchkunst oder schreckliche Druckerzeugnisse als eine Verkörperung dieses Staates geschlossen vorzuweisen.

Die Pirckheimer-Gesellschaft, die anregt, schöne, wertvolle Bücher und Grafik zu sammeln, steht dem bewundernswerten Anliegen Peter Sodanns, der selbst ein „Pirckheimer“ ist, nahe. Sie nutzte ihr Jahrestreffen im September, um dieses Kulturdenkmal ersten Ranges zu besuchen, und versprach mit dem neuen Vorsitzenden Ralph Aepler, zur öffentlichen Resonanz und Unterstützung beizutragen. Manche Pirckheimer wünschen den Sammlungsbestand der Peter-Sodann-Bibliothek zu vervollständigen und, soweit Lust dazu besteht, mit wissenschaftlicher und sammlerischer Potenz den Bestand zu durchforschen, um neue Aspekte darzulegen und die Bücher einer Nutzung in die Zukunft hinein zuzuführen. Zum Jahrestreffen widmete der Verleger und Publizist Elmar Faber Peter Sodann seine historisch weitgreifende Festrede, mit welcher er die Zensur in der Weltgeschichte kompakt erfasste und die verschiedensten Formen in der DDR im Licht der scharfen Analyse grell bis satirisch hervortreten ließ. Angela Hampel (1956) stattete die Jahresmappe für jeden Teilnehmer mit Grafiken aus, über eine Doppelseite hinweg eine farbige Buffet-Grafik mit Liebespaar aus Faun und Nymphe beim Schmaus von Weintrauben unterm Flötenspiel eines Faunes, und eine Grafik zu Christa Wolfs „Kassandra“, ein Fall bibliophiler Buchkunst. Mit der Schriftstellerin auf das freundschaftlichste verbunden, erarbeitete die Dresdener Malerin und Grafikerin Angela Hampel 1984 parallel zur Auseinandersetzung mit deren Buch sieben Blätter zu „Kassandra“, Kopfstudien einer jungen Frau mit ekstatischen Gebärden in Lithographien. Bei ihr wird Kassandra zu einer ganz und gar gegenwärtigen, jugendlichen Frau, einer Punkerin. Sie wird zum Synonym einer ausgesprochen individuellen Lebensart, gegen die das gesellschaftliche Leben – gegen das es aufmüpfig zu provozieren gilt – einförmig und spießig erscheint. Die Künstlerin zeichnete eine fackeltragende Heroin mit Tusche auf Alu-Platte zu einer Algrafie, ein Flachdruck und Lithographie-Variation (vgl. Lothar Lang: „Der Graphiksammler“, Berlin 1979). Darunter schrieb sie Zeilen aus dem Roman „Kassandra“ von Christa Wolf: „Wohin ich blicke oder denke, kein Gott, kein Urteil, nur ich selbst.“ Ein symptomatischer Monolog aus Christa Wolfs Erzählung, der die souveräne Selbstbehauptung dieser Frau und, attribuiert mit der Fackel, ihren prometheischen Geist erleben lässt. In der kurzzeitigen Stauchaer Ausstellung in den Regalen eines Bibliothekteiles, mit den Bildern vor den Büchern, ließ Hampel den funktionalen Aspekt deutlich hervortreten und betonte die Beziehung, welche die Bilder oft zur Literatur eingehen. Die kleinen Grafiken und Leinwände zeigten mit expressiver Bildsprache und exaltiertem Bewegungsausdruck und Farbkontrasten zwischen rot und schwarz, ihre Themen: Minotaurus, Amazone, Medusen, Frauen mit Tieren, Kain und Abel, Rapunzel ... In vereinfachter, fast hieroglyphischer, Gestalt merkwürdige Paarungen, gefleckte Frauen mit Raubtieren oder im „gewand einer schlange“, wie es die sorbische Dichterin Róža Domašcyna bildhaft fasste. Fische und Vögel umspielen die Köpfe der Frauen mit wehendem Haarschopf, wie Organe, von denen Schutz und Gefahr ausgeht. Hampels „Physiologus“ versammelt keine Darstellungen von Tieren, sondern diese verkörpern Eigenheiten bei Frauen wie Männern, wie das Starke und Verletzende, das Schutzsuchende und Zärtliche, die rasende Leidenschaft und besänftigte Wildheit. Frauen zu Frauen und zu Männern, sinnlich zugeneigt, wie Distanz gebietend. Muster abgründiger Triebe und extremer Lebenssituationen, von einer sich mit ungezügelter Leidenschaft durchsetzenden Selbstbestimmtheit in einer menschen- und tierfeindlichen Umwelt. Als Meisterstück wirkte ihr großes magisches Triptychon „Minotaurus“, Mischtechnik auf Leinwand, je 140 x 120 cm. Unter den dolchartigen Hörnern weist sein Blick aus rötlichem Auge zurück und erschreckt; sein animalischer Körper ist mit ihrem Leib, voll zarter Weiblichkeit, vereint, sie wollen ewig Liebe spüren, ein Totentanz, in beängstigender Unmittelbarkeit.

(Peter Arlt)
 
Peter-Sodann-Bibliothek, Thomas-Müntzer-Platz 8, 01594 Staucha
Dienstag bis Freitag 8 – 14 Uhr und auf Anfrage 035268 – 949574
Geldspenden an: DE35 850550003150005000, Sparkasse Meißen In: Ossietzky. Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft, hrsg. von Matthias Biskupek, Daniela Dahn, Rolf Gössner, Ulla Jelpke, Otto Köhler und Eckart Spoo. Interdruck Berger + Herrmann Hannover, 18. Jg., 2015, Heft 21, S. 776-777