Pirckheimer-Blog

Mo, 07.01.2019

Botschaften der Vergänglichkeit

Diese Druckprodukte bilden schnell wachsende Stapel auf dem Schreibtisch. Irgendwann entschließt man sich dann doch, sie mit leichtem Bedauern in den Papierkorb zu entsorgen. Die Rede ist von Ausstellungseinladungen. Elke Lang hat 72 Stück aus einem offenbar enormen Konvolut aus dem Nachlass ihre Mannes Lothar Lang herausgefischt, klug sortiert und für einen hübschen Band zusammengestellt. Der erschien bei der edition burgart, die der langjährige Kustos des Thüringischen Landesmuseums Heidecksburg Jens Henkel herausgibt. Die Herausgeberin schrieb für das Buch einen einleitenden Essay, der ein Plädoyer für eine zunehmend von virtualisierter Langeweile verdrängte Kunstform darstellt. So ganz nebenbei entstand damit auch ein sehr persönlicher Blick in eine lebendige Kunstlandschaft beider Deutschlands, die beim Kundigen schmerzliche Erinnerungen hervorruft – und beim Nichtwissenden hoffentlich Erstaunen darüber, dass es im Osten eben doch mehr gab als nur „Staatskunst“ und im Westen auch anderes als nur eine sich in Permanenz selbst lobende „Moderne“.

Beim Blättern fällt die hohe Qualität der den Einladungskarten zugrunde liegenden grafischen Arbeiten von „A“ (Alfred Ahner) bis „Z“ (Baldwin Zettl) auf. Das verwundert nicht. In der DDR wurden die Techniken der Druckgrafik mit großer Leidenschaft gepflegt, sie waren auch für weniger Betuchte – und das waren wohl die meisten Sammler – erschwinglich und somit für die Künstler eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle. Elke Lang hat einige schöne Beispiele von Künstlern ausgewählt, die mit dem offiziellen Kunstbetrieb nichts oder wenig am Hut hatten, und sich auch mit solchen Drucken, zumeist in Kleinst-Auflagen, über Wasser hielten: Bodo Müller, Wolfgang Lehmann („Dottore“), Ute Hünniger („Viola Blum“) zum Beispiel – aber auch die Künstler der von den dortigen Kunstfunktionären heftig befehdeten Karl-Marx-Städter Produzentengalerie „Clara Mosch“.
Langs bedeutende Grafiksammlung existiert nicht mehr. Geblieben sind die Neue Galerie auf Schloss Burgk (nebst dem dortigen Pirckheimer-Kabinett), seine Bücher, seine Artikel für die Weltbühne und die Marginalien – und diese sehr vergänglichen Botschaften aus der Vergangenheit, die Lust auf mehr bereiten.

(Wolfgang Brauer in Das Blättchen, Nr. 1 1/2019)

Elke Lang (Herausgeberin): Vom Briefkasten in den Papierkorb. 72 Einladungen zu Kunstausstellungen zwischen 1964 und 1989 aus dem Nachlass von Lothar Lang, edition burgart, Rudolstadt 2018, 108 Seiten, Aufl. 250 Expl., 24,50 Euro.

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