Pirckheimer-Blog

André Schinkel

So, 27.10.2024

Johannes Herwig leitete die "Bödecker-Werkstatt" und Autorenbegegnung für 2024 in Haus Sonneck.

Haus Sonneck: „Freischwimmer“

Es ist die traditionelle Autorenbegegnung, die Jahr für Jahr der Friedrich-Bödecker-Kreis in Sachsen-Anhalt e. V. organisiert, und in diesem Jahr stand sie unter dem Thema Freischwimmer. Per Kopfsprung in die Kinder- und Jugendliteratur eintauchen, einem der Kardinalanliegen dieses verdienstvollen und erfolgreichen Vereins, der auch eine Reihe Landesaufgaben wie die Herausgabe der Landesliteraturzeitschrift oda – Ort der Augen und das Interlese-Festival realisiert. Vom 25. bis zum heutigen 27. Oktober versammelten sich junge und gestandene Autorinnen und Autoren zum Austausch in der Akademie „Haus Sonneck“ im Großjenaer Telegraphenweg, weit oberhalb der Welterbestadt Naumburg, in der wohl schönsten Landschaft des inneren Mitteldeutschland. Es gab neben den intensiven Werkstattparts, die Johannes Herwig aus Leipzig leitete, eine Lesung in der Naumburger Stadtbibliothek sowie Vorträge von Prof. Dr. Eva Maria Kohl, deren Verdienst als Sammlerin von Kindertexten nicht hoch genug geschätzt werden kann, und des Verlags Böhm & Böhm. Unter den Teilnehmenden waren einige illustre Autorinnen und Autoren, Gestalterinnen und Gestalter, die an der Seite des Nachwuchses diskutierten und Einblick gaben ... Dabei waren Juliane Blech, Simone Trieder, Wolf Stein, Britta Vorbach und Annett Stütze – Thilo Schwichtenberg sowie Gundula Ihlefeldt und auch der soeben mit dem Peter-Härtling-Preis geehrte Tobias Wagner. Ja, und zugleich gab es einige Teilnehmerinnen, die ihre Texte zugleich illustrieren und gestalten: Gerda Raidt etwa und Irene Leps. Unter der fachkundigen und höchst kollegialen Ägide von Johannes Herwig, eines mit dem Paul-Maar- und dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichneten Jugendbuchautors, wurde das Treffen zu einer runden Sache. Im Anschluss erscheint im März 2025 eine Anthologie mit den Werkstattbeiträgen der Teilnehmenden, deren Redaktion in den Händen von Pirckheimer-Freund André Schinkel liegt. Dank gilt den guten Seelen des FBK: Sandra Heuchel, Jana Piermeier. 

(Kevin Konopke)

Fr, 20.09.2024

Buchpremiere im halleschen Literaturhaus – André Schinkel im Gespräch mit Künstlerin Katja Schiller.
Das "Mondlabyrinth" hüllt eine Grafik von Susanne Theumer. Die Künstlerin legte am Premierentag eine exclusive Reihe Tuschzeichnungen für den Band vor.

Klopfzeichen im Literaturhaus: Premiere des „Mondlabyrinths“

Das ist wohl der Lohn des Lyrikers, der jahrein, jahraus in seinem Skriptorium hockt und für seine, wenn er Glück hat, 23 Leserinnen und Leser schreibt: Am gestrigen Abend waren es über 50 Gäste, die der Buchpremiere von Pirckheimer-Freund André Schinkel beiwohnten, der, soeben frisch der Rekonvaleszenz entsprungen und – moderiert von seinem Weggefährten und Freund, dem Dichter und Theatermann Ralf Meyer, dessen Fragen zu Passion und Werdegang Rede und Antwort stand und aus seinem gerade publizierten Gedichtband Mondlabyrinth das erste Mal las. Das Buch, das am 01. September im Mitteldeutschen Verlag erschien, fasst 92 Gedichte auf 140 Seiten, die unter dem lunaren Nachtlicht eine Expedition an den Flüssen entlang quer durch den Doppelkontinent von Mitteldeutschland bis an die Ausläufer des Kaukasus unternimmt. Einen ganz erheblichen Teil in den vier Kapiteln, die laut Aussage des Autors wie eigenständige Bücher fungieren können, füllen Liebesgedichte und Reminiszenzen, auch Reisetexte kommen vor, obwohl Schinkel das Reisen gar nicht so leicht fällt. Der Band, liebevoll layoutet von Anja Nöhles, ist gehüllt in die beidseitig das Cover umgreifende, ein eindrückliches Mansfelder Motiv zeigende Kaltnadelradierung Pappeln von Susanne Theumer, die auch am Abend im Publikum, in das sich eine linde Reihe Autorinnen und Autoren, Künstlerinnen und Künstler, in deren Umkreis sich Schinkel bewegt, mischte, war ... Die Grafikerin und Zeichnerin machte dem Buch auch ein ganz besonderes Geschenk – aus Anlass der Premiere legte sie als Beigabe zum Band eine Serie von zehn Tuschzeichnungen vor, die im Verbund mit dem Büchlein am Abend zum einmaligen Subskriptionspreis von 100 Euro erwerbbar bzw. vorbestellbar waren. Ein Restbestand dieses unikalen und bibliophilen, von der Künstlerin wie dem Autor signierten Bundles zum nun regulären Preis ist noch zu haben. Und: Einstweilen sitzt Schinkel, wenn ihn nicht gerade die Iden des Existenzerwerbs piesacken, am vierten Band der Lyrik-Tetralogie, deren dritten Band das Mondlabyrinth bildet, und raschelt mit den Versfüßen herum ...

(Ernst-Günther Liebetraut)

Fr, 06.09.2024

Wird ausgezeichnet: Romina Nikolić. | © Tina Peißker

Deutsche Schillerstiftung: Preise für R. Nikolić und P. Wawerzinek

Die Deutsche Schillerstiftung von 1859 hat in einer Pressemitteilung die Preisträgerin und den Preisträger der diesjährigen Ehrungen durch ihre Gremien bekanntgegeben. Dabei werden auch eine Autorin und ein Buch, an dessen Herausgabe ein Pirckheimer-Freund beteiligt ist, ausgezeichnet. Die Schillerstiftung dürfte die älteste Institution sein, die in Deutschland Ehrungen vergibt, und in diesem Jahr sind die Geehrten jeweils dem spannenden Metier zuzurechnen, aus den Ankern in der eigenen Biografie bedeutende Literatur zu schöpfen ... Ausgezeichnet wird mit der Ehrengabe der Schillerstiftung, die mit 10.000 Euro dotiert ist, der Schriftsteller Peter Wawerzinek. Geboren 1954 als Peter Runkel in Rostock, hat Wawerzinek einen langen, kurvenreichen künstlerischen Weg auf sich genommen; er war Teil der alternativen Autorenszene im Berlin der späten DDR und sorgte mit seinem Roman Rabenliebe (2010) für große Aufmerksamkeit: Das Buch wurde in Klagenfurt bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis geehrt. Danach war Wawerzinek Stadtschreiber in Jena, Magdeburg und Dresden. Ja, und der Förderpreis der Anke Bennholdt-Thomsen-Stiftung für ein literarisches Debüt geht 2024 an Romina Nikolić für ihr im letzten Jahr erschienenes Langgedicht Unterholz. Der Text, in der von Pirckheimer-Freund André Schinkel herausgegebenen Edition Muschelkalk publiziert, war derart erfolgreich, dass in Kürze eine zweite Auflage nötig wurde, für einen Lyrikband stets ein kleines Wunder. In Unterholz geht die 1985 in Suhl geborene und in Jena lebende Autorin den Spuren der Herkunft wie den Filamenten des Bevorstehenden, des Gangs in die Welt in einer ihr ganz eigenen, am ehesten an Vorausgängern wie Paulus Böhmer geschulten Sprache nach ... Es entsteht, im hohen Ton wie auch den eingebauten itzgründischen Mundart-Passagen, ein berührender, faszinierender Kosmos. Die Preisverleihung findet am 29. November 2024 um 18 Uhr im Goethe-Nationalmuseum in Weimar (Frauenplan 1, 99423 Weimar) statt. Mit Schinkel, selbst Preisträger der Stiftung, wird auch ein Pirckheimer im Publico sein. Und über dem Abend wird das Doppelgestirn Goethe und Schiller stehen: Wohl dem.

(Kevin Konopke/Pressemitteilung)

Do, 01.08.2024

Im jüngsten "oda"-Heft zu Gast: Andrea Ackermann.

Neue ODA mit Kunstteil von und zu Andrea Ackermann erschienen

Sie ist, seit 1993 übrigens, die Landesliteraturzeitschrift in Sachsen-Anhalt, seit 1999 erscheint sie im Oschersleber Verlag von Dr. Harry Ziethen: oda – Ort der Augen, viermal jährlich aufgelegt und regional als Organ der Autorinnen und Autoren des Bundeslandes mit Fokus auf Mitteldeutschland und auch deutschlandweit und international arbeitend, fungierend ... Bisher waren in oda Beiträge aus etwa dreißig Ländern, mit Schwerpunkten auf Partnerregionen in Bosnien-Herzegowina, Polen, Armenien, der Slowakei, Bulgarien und Frankreich, zu Gast. Nachdem Gründungsredakteur Erich-Günther Sasse (1944–2016) die Realisierung der oda 2005 abgab, übernahm Pirckheimer-Freund André Schinkel die Leitung der Redaktion, die er bis heute innehat. Zum Redaktionsbeirat gehören aktuell Simone Trieder, Sabine Raczkowski, Maria Meinel und Torsten Olle, letzterer ist von Anfang an der oda verbunden. Jeder Ausgabe ist auch ein Kunstteil, der sich stets mit einer knappen Kommentierung der Komposition der Nummer einfügt, beigegeben. Im neuen Heft 2/2024 werden in diesem Arbeiten der aus Dresden stammenden und nun in Halle an der Saale lebenden Malerin und Grafikerin Andrea Ackermann präsentiert. Die Künstlerin, die an der Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design bei Ronald Paris (1933–2021) studierte und bei Thomas Rug die Meisterschülerinnenschaft absolvierte, arbeitet seit vielen Jahren freiberuflich in der Saalestadt. Sie hat ein umfangreiches Werk vorgelegt: Gemälde, Grafiken und originalgrafische Bücher und Mappen, derzeit bereitet sie eine große Ausstellung in Gera vor. Im Kunstteil der oda präsentiert sie ein paar ihrer eindrücklichsten Arbeiten, eine Reihe Bilder, Kaltnadelradierungen, Farbholzschnitte und Aquatinten. Eine schöne Werkschau, kommentiert und von einem Beitext begleitet. Neben den wunderbaren Arbeiten Andrea Ackermanns enthält das Heft neue Gedichte des Büchnerpreisträgers Jan Wagner, Texte von Ron Winkler und Marit Heuß sowie eine Reihe Erzählungen etwa von Roland Grohs, Philipp Kampa, Tobias Wagner. Das Heft hat 96 Seiten und kostet brave 4,90 Euro.

(Othmar Kasulke/Pressemitteilung)

Fr, 26.07.2024

Susanne Theumer: "Blick auf die Stadt" – illuminierte (Aquarell und Kreiden) Kaltnadelradierung, Unikat, 21 x 16 cm (Radierung von 2016, Illumination von 2024).
Holger Uske lebt als Autor und Herausgeber in Suhl. Zuletzt veröffentlichte er den Lyrikband "Windgras" und die Erzählungensammlung "Am Saum der Zeit".

„Alte Ziegelei“ von Holger Uske

nach einer Grafik von Susanne Theumer

Wo ich nicht mehr sein will. Wo nur der Wind noch wohnt. Herangekarrt erstmal die Steine, damit man später sagen kann: Wie außen, so innen. Die alte Ziegelei. Weil die Bäume wieder ungehindert wachsen, weil die Büsche die wärmespendenden Wände lieben, liegt die Fabrik wie hingeduckt im Gelände. Der Schornstein abgerissen. Wahrscheinlich war er zu baufällig schon, um noch als Antennenmast dienen zu können. 

Und hatte so ein schönes Tor, würde Onkel Robert wohl sagen. Der immer hier gewohnt hat. Für den die Ziegelei ein Segen war. Erst der Betrieb sicherte das Einkommen für die Familie. Die Landwirtschaft reichte nicht mehr, weißt du, wir hätten einen größeren Hof gebraucht. Bei euch im Osten war das anders. Da hatten sogar die Bauern mal Urlaub. So blieb mir noch die Nebenerwerbs-landwirtschaft. Die Tongruben in der Nähe. Und auch das Wasser vom Fluss. Über viele Jahre hinweg. Als dann der Ton zur Neige ging, wurde es zum ersten Mal kritisch. Aber dann konnten wir den von drüben holen. Von euch. Für wenig Geld.

Ich stell’ mir vor, wie über das Anschlussgleis der Ton hier ankam. Wie er in die großen Bottiche kam und von dort in die Formenhalle. Dann der Brand. Tag um Tag. Nein, der Ofen konnte auch mal ausgeh’n, nicht wie bei Glas. Den Ofen bestücken, ich höre das Wort noch. Wie seltsam Onkel Robert manchmal sprach. Gebrannte Steine für das Land, Ton für Brot.

Zwischen den Ziegeln bröckelnder Mörtel. Moosgrün. Birkenruten. Was schnell wächst, setzt sich zuerst fest. Wie durch ein Lichtgitter hindurch der Blick auf die alte Fabrik. Wer sollte das Werk denn abreißen. Das machen sie doch nur, wenn sie das Grundstück brauchen. Für Felder auf Dauer unbrauchbar. Wer weiß, wie viel Ziegelschutt unter der Grasnarbe liegt. Aus Rot im Grün wird Grün im Rot, und nicht mehr lange, und es ist nur ein Schimmern dunkler Wände zwischen dem wuchernden Grün noch wahrnehmbar. Den Rückbau, mein Junge, müssen wir nicht machen, das holt sich die Natur von ganz allein.

Zeitenreste. Vom Ziegelzaun noch ein paar Fundamente. Die Tortürme halb zerfallen. Stützen die Steine die Bäume oder die Bäume die wacklig gewordenen Tormauerreste? Das Huschen von Tieren im Gras. Schwalbenflug um die alten Lagerhallen. Hinter der Fabrik in den Wiesen haben Pferde Auslauf. Längst sind die Souvenirjäger durch, die letzten Verkaufsmuster verloren. Vielleicht finden sie sich noch in einem der Häuser im Dorf, von Mitarbeitern bewahrt. Häherkreisen. Im Sommer vielleicht mal ein flatterndes Kleid. Winters nichts als das Knarren der Äste im Wind. Und sein Sirren über die alten Mauern hinweg, das wieder sumpfiger werdende Land. Der Horizont ist eine graue Linie am Ende meines Blicks. 

Anmerkung: Der Text entstand während der alljährlichen Südthüringer Literaturwerkstatt, bei der Pirckheimer-Freund André Schinkel seit 2015 die Prosaklasse leitet. Bei den Schreibwochenenden in der Rhön oder zuletzt in Rohr kamen auch Reproduktionen von Kunstwerken, so Radierungen von Susanne Theumer sowie Gemälden und Zeichnungen Frank Hauptvogels, inspirativ zum Einsatz.

(Holger Uske)

Mo, 01.07.2024

In der schönen Südpfalz trafen sich 12 Autorinnen und Autoren aus Armenien und Deutschland zum Projekt "Poesie der Nachbarn" zu Austausch und Nachdichtung. Es entstand dabei eine Reihe von Gedicht-Übersetzungen, die in zwei Lesungen in Edenkoben und Germersheim präsentiert werden.

Künstlerhaus Edenkoben: „Poesie der Nachbarn“ (Jahrgang 2024)

Es dürfte eines der schönsten, in die idyllischste Landschaft zudem gebauten Domizile der Art im deutschsprachigen Raum sein, das in den südpfälzischen Weinhängen und in Sichtweite der Haardt liegende Künstlerhaus Edenkoben. Das seit 2010 unter der glückvollen Ägide des Heidelberger Dichters, Übersetzers, Herausgebers und Peter-Huchel- wie Basler Literaturpreisträgers Hans Thill segelnde Flaggschiff der rheinland-pfälzischen Kunstförderung beherbergt Jahr für Jahr ein Dutzend Künstlerinnen und Künstler der schreibenden wie der bildenden Zunft. Meisterwerke wie die um das düster-geniale Zentromer Alte Abdeckerei kreisenden Erzählungen Wolfgang Hilbigs (1941–2007) entstanden hier. Zur guten Tradition wurde auch die renommierte, im Haus angesiedelte, von Gregor Laschen (1941–2018) begründete und Hans Thill fortgeführte Begegnungsreihe Poesie der Nachbarn, die 2024 im 36. Durchgang stattfindet. Gastland in diesem Jahr ist Armenien, das zu den großen Kulturvölkern gezählt wird und auf eine reiche Literatur-, Musik- und Kunstgeschichte von 3.000 Jahren bis in die Gegenwart verweisen kann. Eine Woche lang waren Birgit Kreipe, Odile Kennel, Lisa Goldschmidt, Dominik Dombrowski, Jan Röhnert und Pirckheimer-Freund André Schinkel eingeladen, die Gedichte der armenischen Gäste: Gohar Galstyan, Violet Grigoryan, Arpi Voskanyan, Khachik Manukyan, Karén Karslyan und Vahé Arsen, in einer Auswahl nachzudichten, und haben, unterstützt von Armenuhi Drost-Abgarjan und einer Reihe weiterer guter Seelen, dazu die Gelegenheit, die Gäste vor Ort zu konsultieren, ausgiebig genutzt. Gestern nun fand die Matinee im Künstlerhaus mit den Originalen wie den Adaptionen der Texte statt, die von Liebe, Tradition, Emanzipation und dem Schicksal der Armenier erzählen: ein überaus berührendes Event. Heute findet die Woche ihren Abschluss im Institut für Translation der Uni Mainz mit Sitz in Germersheim. Im Nachgang erscheint wie jedes Jahr eine Anthologie mit den Texten im Verlag Das Wunderhorn, für seine schönen Bücher bekannt ... Völkerverständigung in wackliger Zeit!

(Bert Blaubart)

Di, 04.06.2024

Side, Provinz Antalya: Platz vor dem Amphitheater.
Treibt Erkundungen am Mittelmeer: André Schinkel.

Nachricht aus Side: Die „Zeichen“

Von der heißen Türkisküste erreicht uns folgende Nachricht: Die Zeichen und Denkmale unserer Liebe, sag’ ich, vereint und zerteilt in einem, so stehend und zugleich fliehend mit der Zeit. Erging es uns schon in Goseck, erging’s uns in Pömmelte so? Einmal kehre ich dahin zurück, glaube ich; aber ich weiß nicht, ob ich dich dann dabeihaben darf … auch in den Tempeln und Tälern im Süden, hinter dem Meer, bleibst du mir fern. Ich habe mich daran gewöhnt, nicht ohne Trauer daran gewöhnen müssen. Ja ... und auch dort glaubte ich noch, es in den Zeichen und Denkmalen eingeschrieben zu sehen – in der Mondhieroglyphe, der Wasserhieroglyphe und der, die mit dem Rechteck das bestellte, in Besitz genommene Land anzeigt. Umringt von Tauben, Sperlingen und Bülbüls schreibe ich dir nochmal von einer anderen Seite des hieroglyphischen Meers. Es ist heiß, aber vom Meer geht immer der Wind. Es wäre das zentrale Bild, Signal, Zeichen, Meer unserer Liebe gewesen, weiß ich. Und in den Palmen singt die gehäubte Nachtigall, der orientalische Haubenpirol, der türkische Bülbül für dich, die du fern bist – und das Häubchen, das ich spreize, ist schwarz und leuchtet im Wind, der vom Meer kommt, als wäre dies bei allem Verstreichen ein unverlöschliches Signet, daß es weitergeht in der Welt, an welcher Stelle auch immer, und der Singsang der Zeichen dereinst auch von uns, von dir und mir und unserer Liebe, noch einmal berichten wird ...“ An der Stelle brechen die Aufzeichnungen ab. Die Ausgrabungen dauern noch an.

(André Schinkel/vorläufiger Grabungsbericht)

Fr, 24.05.2024

"Licht und Labyrinth": André Schinkel liest aus neuen Publikationen in der Alten Kanzlei in Bleicherode.

Schinkel: „Licht und Labyrinth“

André Schinkel, der in Halle an der Saale lebt und dem Verein „Dichterstätte Sarah Kirsch“ über Lesungen, Porträts und Ausstellungen sehr verbunden ist, wird am 25.05.2024, 14.30 Uhr zwei neue Projekte in der Alten Kanzlei in Bleicherode vorstellen: Saale-Licht, das beruhend auf einer Idee von und in enger Zusammenarbeit mit der Malerin und Grafikerin Andrea Ackermann über mehrere Jahre entstand, sieben Einblätter mit Radierungen und Texten enthält und 2023 als originalgrafische Mappe erschien, sowie seinen neuen Lyrikband Mondlabyrinth. Die Gedichtsammlung bildet den dritten Band seiner „Gestirn“-Tetralogie und wird im September 2024 im Mitteldeutschen Verlag erscheinen. Die Covergestaltung lag bei Susanne Theumer, die unlängst im Schloss Heringen ihre Arbeiten zu Gedichten Mascha Kalékos ausstellte. Schinkel liest und erzählt, beantwortet und stellt Fragen. Alle Interessierten sind zu diesem literarischen Nachmittag herzlichst eingeladen.

(Neue Nordhäuser Zeitung/Pressemitteilung)

Mi, 15.05.2024

André Schinkel "Mondlabyrinth" im September 2024.

„Mondlabyrinth“ im September

[Ex ungue leonem.]

 

Horus erscheint, der Stern an der Spitze des Himmels,

Jetzt, wo unser der Untergang ist. Das Mansfeld

Durchfurcht, durchspreizt von pharaonischen Schiffen

Aus Schutt oder Sonne; und die knurrigen Heiden

Ushebtis: die Pyramiden langsam zu glätten, die Spitzen

Zu richten mit Steinstaub aus Tura ... und: ihr Ge-

Heimnis fortan zu bewahren. Die raschelnde Hand

Neferirkares, die verschollene Büste des Cheops in einem

Papierkorb versteckt am Eisleber Meer. Zunächst aber 

            rollen

Die heiligen Loren durch die Mittleren Seen, in gläsernen

Röhren und Taucheranzügen; über die eisigen Gletscher

Der Alpen, um schließlich im Erzherz von Deutschland

Zu landen, vermeintlich geschützt, vor den Blicken

Derjenen, die wissen; ohne Halt ohne Rast, quer durch

Europa, es sei denn, an der Todesstation Glacier Similaun.

 

André Schinkels Buch Mondlabyrinth, enthaltend 92 neue Gedichte und Akrostichen in vier Kapiteln, erscheint im September in seinem Haus-, dem Mitteldeutschen Verlag. Broschiert, 160 Seiten, ISBN 978-3-96311-686-5, 20 Euro. Die Umschlagradierung für die Sammlung stammt von Susanne Theumer. Buchpremiere am 19. September, Literaturhaus Halle, Grüner Salon, 19 Uhr.

 

(Bert Blaubart)

So, 24.03.2024

"Umberto Eco: La biblioteca del mondo." Der Film ist im März in den Kinos in Deutschland angelaufen.

Eco: „Eine Bibliothek der Welt“

Umberto Eco (1932–2016) dürfte wohl als einer der größten Intellektuellen unseres umwitterten Doppeljahrhunderts gelten – eine Stimme wie die seine wäre in diesen Monaten und Jahren, da die im besten Sinne Maßgaben der Aufklärung mit dem Arsch auf Grundeis gehen, von großer Wichtigkeit. Der Denker und Semiotiker landete zugleich mit seinem fulminanten Plot Der Name der Rose, der postmoderner, Adoleszenz-, Kunst-, Kriminal- und Liebesroman in einem ist, 1982 einen Welterfolg, es sollte nicht sein letzter sein. Ecos private Bibliothek war von Babel’schen, Borges’schen und gleichsam wohl auch baustatisch relevanten Ausmaßen – sie umfasste sage und schreibe 32.000 Bände, quasi das Basiscamp und die Handbibliothek ihres Meisters. Diesem Kompendium und seinem Adlatus ist der Film Umberto Eco: La biblioteca del mondo von Davide Ferrario gewidmet, der nun endlich, im März, auch in Deutschland angelaufen ist. Es kann nur eine Bibliothek der Welt gewesen sein, die Eco für seine Erkundungen, Erfindungen, Kolumnen, Aufsätze und Bücher zu Gebote stand, vielleicht, daß sich eher die Welt in ihren Reihen spiegelte als umgekehrt – das hätte sicher auch Ecos Hausgott Jorge Luis Borges (1899–1986) gefallen. Diese Eröffnung eines magischen Kosmos, eines Inner Sanctum des Denkens, dürfte für jeden, der dem Buch als Neugieriger, als Bibliophiler oder, wenn es denn gar nicht anders geht, Bibliomaner begegnet, elektrisieren. Die sprichwörtliche Bibliothek von Babel, wie sie in den ältesten Schriften kursiert und bei Borges wie Eco moderne Volten schlägt, es dürfte sie im Ansatz wirklich gegeben haben, und sie stand, man lese und staune, in Mailand. Der Blog der Pirckheimer-Gesellschaft ist befugt und berufen, für diesen Film vier Freikarten, auf Papier gedruckt, zu verlosen und mit dem späteisenzeitlichen Vehikel des Briefes zu befördern. Pro Interessenbekundung, die bitte an die allgemeine Blogmail blog@pirckheimer-gesellschaft.org zu richten ist, gibt es eine Freikarte via gesigntem Gutschein, die Verteilung übernimmt der Blog-Administrator. Also: Die Lose 1 bis 4 gewinnen. Till Schröder hat übrigens ein Interview zum Film durchgeführt – dazu in Kürze mehr. 

(André Schinkel)

Do, 29.02.2024

Mappe "Saale-Licht" (2023). | © Andrea Ackermann

Bibliophiles des Monats: „Saale-Licht“ von Andrea Ackermann

Auch wenn sie von der Elbe stammt und das wohl auch ihr Fluss bleiben wird, ist die Saale so etwas wie ein Favorit in ihrer Arbeit, lebt doch die in Dresden geborene Andrea Ackermann seit vielen Jahren in der Saale-Metropole Halle: Hier hat sie studiert, hier befindet sich der Mittelpunkt ihres Lebens. Ihre Lehrer an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein waren Ronald Paris (Malerei) und Thomas Rug (Grafik), nach dem Absolvieren der Meisterschülerinnenschaft arbeitet Andrea Ackermann seit Mitte der 2000er Jahre freiberuflich als Malerin und Grafikerin im Nordteil der Innenstadt des gern verkannten Großstädtchens, das mit der Weißen Elster (die hier in die Saale mündet) gleich noch einen elementaren, die mitteldeutschen Landschaften stark prägenden Fluss aufweist. Zu ihrem Werk gehören auch insgesamt acht Grafik- bzw. Text-Grafik-Kassetten, die haben unter anderem Norwegen, Venedig und den Wörlitzer Park zum Thema. Mit Saale-Licht vollendet die Künstlerin gewissermaßen eine Flusstrilogie, die 2015 mit Über dem Fluss begann, seine erste Fortsetzung mit Das innere Delta (2017) hatte und die nun in der Mappe mit sieben Einblättern im Format von 41 x 37 Zentimetern (plus Deckblatt und Signaturen im Impressum) ihren Abschluss findet. Die Texte der Trilogie, die mit Im Park 2019 noch einen Ableger, eine Art Balkonblick zum Welterbe Wörlitz besitzt, stammen von einem der Blogredaktion bekannten Pirckheimer-Freund. In ihrem jeweiligen Aggregatzustand als Neugierige und dem Authentischen Hingegebene näherten sich Künstlerin und Autor den Orten ihrer Erwägung, skizzierten, fingen Atmo ein, formten. Die Gattung des Einblattdrucks schien, gewissermaßen als Ligatur von Bild und Text, dabei das ideale Genre einer Engführung des Erwogenen zu sein. Jedes Blatt, auch wenn ihm innerhalb des Zyklus sein Platz zugewiesen ist, funktioniert auch als eigenständiges Kunstwerk und ist auch so zu haben. Sieben der zwanzig Abzüge der Gesamtauflage sind zu einer Kassette zusammengefasst. Während die Künstlerin den Druck der Radierungen selbst besorgte, fanden die Texte bei Bettina Haller in Chemnitz auf die Bögen. Am heutigen Tag eröffnet Andrea Ackermann an der Seite ihrer Kunstkolleginnen und ehemaligen Mitmeisterschülerinnen Susanne Theumer und Claudia Berg im Forum Altes Rathaus in Borken (der Blog berichtete davon) die gemeinsame Ausstellung Die Tiefe des Grats, die dort bis zum 05. Mai zu sehen sein wird. Und auch auf der am 01.03. öffnenden Grafikbörse in Borken wird Andrea Ackermann mit einem Stand vertreten sein. Alle weiteren Informationen zum Werk der Künstlerin finden sich auf ihrer Webseite im Internet.

(Bert Blaubart)

Do, 11.01.2024

Daniela Danz, die viele Jahre in der Saalestadt lebte, kommt nach Halle. Die Thüringerin, die heute zu den bedeutendsten Lyrikerinnen ihrer Generation zählt, arbeitet als Autorin/Kulturmanagerin in Kranichfeld.

Halle: Lesung mit Daniela Danz

Es ist gewissermaßen der zweite Ort, an dem alles begann: Im halleschen Ortsteil Kröllwitz lebte Daniela Danz viele Jahre, ehe sie wieder in ihr Ursprungsland Thüringen zurückging. Von hier aus publizierte sie ihre ersten Bücher, promovierte in Kunstgeschichte, gründete eine Familie ... Heute zählt sie zu den bedeutenden Lyrikerinnen ihrer Generation, neben vier gefeierten Gedichtbänden veröffentlichte sie zudem zwei Romane und zudem den Essay-/Exegesenband Nichts ersetzt den Blick ins Gelände (Wallstein 2023). In der jüngst wiederbelebten Lese- und Gesprächsreihe Szene Mitteldeutschland wird die Autorin im halleschen Literaturhaus zu ihrem Wirken und Leben berichten und auch aus ihrem Werk lesen, für das sie bereits vielfach geehrt und erst kürzlich mit dem Thüringer Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Durch den Abend führt Pirckheimer-Freund und Kollege André Schinkel, der die Moderation der Reihe Ende 2023 übernommen hat und mit dem Werk von Daniela Danz, die zudem als ausgewiesene Hölderlin-Expertin und -Verehrerin gilt, vertraut ist. Das Event findet am 01.02. um 19 Uhr im Grünen Salon statt. Eintritt: 10 bzw. 8 Euro.

(Literaturhaus Halle/Pressemitteilung)

So, 24.12.2023

Frohe Weihnachten 2023 (hier eine Zeichnung aus einem Schulschreib-Projekt in Magdeburg, geleitet von Sabine Raczkowski) – oder wie auch immer die festlichen Tage sich nennen und gestalten am Ende eines kräfteziehenden Jahres – sollen es nun sein.

X-Mas: Rezept zum Glücklichsein

Was braucht man zum Glücklichsein?
Mir fallen folgende Zutaten ein:
Schlafen und Träumen wäre geil –
im Traum trifft mich der Liebespfeil.
Wir sitzen unterm Weihnachtsbaum
und naschen Zuckerwatteschaum.
Vanilleeis natürlich auch:
Der Weihnachtsmann reibt sich den Bauch.
Das Zimmer riecht nach Zimt-Aroma,
da schmunzelt auch die Tick-Tack-Oma.
Filme gucken, fröhlich sein:
Mit Freunden ist man nicht allein.
Lieder hören, tanzen, springen –
da hören wir die Wolken singen.
Alles ist fürs Glück gemacht,
so feiern wir bis in die Nacht.

(Kinder der Klasse 4b der Grundschule Diemitz/Freiimfelde, Halle an der Saale, Kindsein-Projekt des Friedrich-Bödecker-Kreis in Sachsen-Anhalt, Projektleitung: Cornelia Marks, André Schinkel; Klassenleitung: Judith Querengässer. Das Projekt fand von April bis Dezember des Jahres statt).

Do, 21.09.2023

Aus der "Poesie am Wegesrand". | © Claudia Richter

Buchpräsentation der „Poesie(n) am Wegesrand“ in Bleicherode

Am kommenden Samstag lädt der Förderverein Dichterstätte Sarah Kirsch e. V., um 14.30 Uhr zu einem poetischen Nachmittag in die Alte Kanzlei in Bleicherode (Alte Hauptstraße 131, 99752 in Bleicherode) ein. Der Verein, der in diesem Jahr seine Wirkstätte in Limlingerode, dem Geburtsort der großen Dichterin und Büchnerpreisträgerin aus dem Südharz, verlor, setzt damit seine umfangreiche und für den Landstrich elementare Kulturarbeit, die über viele Jahre mit dem aktiven, segensreichen Tun von Heidelore Kneffel verbunden war, fort. Die Meisterin der Einbandkunst und vielfache geehrte Buchkünstlerin Claudia Richter sowie Lyriker und Pirckheimer-Freund André Schinkel aus Halle an der Saale werden dort ihr gemeinsames Kunst-Projekt Poesie am Wegesrand vorstellen. Claudia Richter ist Absolventin der halleschen Kunsthochschule, die Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Bucheinbände, Künstlerbücher, Grafik und die Fotografie. André Schinkel ist als Autor, Herausgeber, Lektor und Redakteur tätig, er schreibt Gedichte, Essays und Erzählungen, die in zwanzig Sprachen übersetzt wurden. Im Winter 2020 sammelte Claudia Richter am Wegesrand Pflanzenreste und Verwelktes, fotografierte das Gefundene und transformierte das Unscheinbare und Unbeachtete in Fotogravuren. So entstanden neun grafische Arbeiten, von denen sich André Schinkel zu neuen Texten inspirieren ließ. Der Original-Kassette mit den Gravuren und zwölf Texten des Autors folgte 2021 eine „Volksausgabe“ in Buchform, alle Fotovorlagen und die Texte enthaltend, die für schlanke 30 Euro bei der Künstlerin erwerbbar ist. Am Sonnabend werden beide das Entstandene in Wort und Bild vorstellen. Alle Interessierten sind dazu herzlichst eingeladen.

(Neue Nordhäuser Zeitung/Pressemitteilung)

Sa, 17.06.2023

Auch Petra Kaltwaßers "Kalabrische Festplatte", eine Assemblage aus Fundstücken, wird gezeigt.
Eine Arbeit Norbert Kaltwaßers heißt "Caritas" und zeugt von Skurrilität und Abgründigkeit zugleich.

Halle: Kaltwaszer & Kaltwaszer

„Nichts wissen wir, und Phantasie ist alles. Umkränz mit Rosen dich und trink und liebe. Und schweig. Der Rest ist nichts.“ Mit diesem Pessoa-Zitat beendete Mitte Mai Helmut Brade seine wunderbare Rede zur Doppelausstellung mit neuen Assemblagen und Fotografien von Petra und Norbert Kaltwaßer, die noch bis zum 1. Juli in der halleschen Galerie Zaglmaier in der Großen Steinstraße 57, 06108 Halle an der Saale zu sehen ist. Seit einer Reihe von Jahren nun stellt Thomas Zaglmaier in seinem kleinen, feinen Ausstellungshaus etablierte wie neue Künstler aus, flankiert von einer kleinen Schar Veranstaltungen für jede Kampagne. So waren denn auch zum 75. Geburtstag Uwe Pfeifers neueste Arbeiten des bekannten Malers und Grafikers aus der Saalestadt zu sehen.

Es ist das Credo dieses so beeindruckenden wie gleichsam wundersamen Künstlerpaars, dessen Arbeiten einem leidenschaftlichen Leben in Aufmerksamkeit und ausdrücklicher Sammelgabe entspringen. Petra Kaltwaßer war viele Jahre in Halle als Oberärztin tätig und hat auf dem Gebiet der Gynäkologie Medizingeschichte geschrieben. Ihre Assemblagen, arrangiert aus Fundstücken aus aller Welt, sind mittlerweile weithin gerühmt und bewundert. Bei Norbert Kaltwaßer wurde der Beruf schließlich zur künstlerischen Passion. Arrangiert mit Sinnlichkeit und Verve, blicken den Besucher die Arbeiten der zwei in der Galerie unterhalb des halleschen Steintors an: das Vitale wie das Morbide, das Stille und das Schöne, auch Skurrile hat darin seinen Platz, lässt immer wieder staunen ob der Vielfalt der Kaltwaßer’schen Blicke. Aber wie konnte es zu diesen kommen?

Lauschen wir dazu noch einmal Helmut Brade, dem renommierten Plakatkünstler, europaweit gefeierten Bühnenbildner: „Amulette des Anthropozäns, Menschwerdung nachgespielt. Festplatten sind Speichermedien, wie sie – was auch immer – speichern, bleibt unsichtbar. Anders nun bei den hier ausgestellten etwas größeren Festplatten, sie legen etwas offen: die burgundische, die sizilianische, die katalanische, die japanische Vergangenheit in einer noch heute überlieferten sichtbaren Form. Es sind also nicht etwa nur schöne Assemblagen, sie strotzen von Inhalten. Festgetretene und korrodierte vergangene Wirklichkeiten öffnen sich zu Schönheiten der Gegenwart.“ Oder hinwiederum mit Blick auf die arrangierten Fotografien Norbert Kaltwaßers: 

„Was schweben soll, muss mühsam an Fäden ins Bild gehängt werden. Wichtig ist auch das Licht, unerklärbar die Wirkungen. Naturalistische Bilder, die wirklich naturalistisch sind. Was man für raffiniert gemalt hält, ist Wirklichkeit, die Wirklichkeit aber fremd und neuartig. So etwas hat man noch nie gesehen. Dass die fotografische Bildwerdung perfekt ist, kommt dazu. Kollagen, wo nichts kollagiert aussieht, nirgends eine Naht, nirgends ein verräterischer Schatten. Nicht alles ist heiter (...) bedrückende Stimmungen, Räume der Angst und des Erschreckens. Zwangsvorstellungen, Obsessionen. Surrealität, die nicht auflösbar ist, durchaus gespeist aus erfahrener Todesdrohung.

So ist das Lichte mit dem sorgsam arrangierten Ernst in eins verbunden. Die Galerie Zaglmaier am Ostrand der halleschen Innenstadt öffnet ihre Räume immer von Mittwoch bis Sonnabend von 13.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Den bereits stattgefundenen literarischen Abenden innerhalb der Schau folgt das Gespräch mit den Künstlern am Abend des 17. Juni (18 Uhr) und endlich, kurz vor der Finissage, am 24. Juni eine Lesung mit einer, nun, der Redaktionsleitung des Pirckheimer-Blogs bestens bekannten Person unter dem Titel Vor der Mondbucht. Die Veranstaltung zu Ehren von Petra und Norbert Kaltwaßer beginnt um 18.30 Uhr und beinhaltet eine Auswahl neuer Texte.

(André Schinkel)