»Sola Scriptura«

Martin Luther: Einblattdruck, Nürnberg: Hieronymos Höltze, 1517, © Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
der Nürnberger Druck, UNESCO-Weltdokumentenerbe
Martin Luther: [Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiuarum] Amore et studio eliucidande vertitatis: hec subscripta disputabu[n]tur Wittenberge. Presidente R. P. Martino Lutther: Artiu[m]|| et S. Theologie Magistro: eiusdemq[ue] ibidem lectore Ordinario. Quare petit: vt qui non possunt verbis|| presentes nobiscu[m] disceptare: agant id literis absentes. In no[m]i[n]e d[omi]ni nostri hiesu chr[ist]i. Ame[n]
Einblattdruck, 38,4 x 26,7 cm - Satzspiegel 33,5 x 22,9 cm
Nürnberg: Hieronymos Höltze, 1517
Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, gr. 2º Luth. 54 R
© Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
Realkatalog, Katalogeinträge Lutherschriften | © Ninon Suckow
Realkatalog, Katalogeinträge Lutherschriften | © Ninon Suckow
Realkatalog, Luthersammlung Bd. 1 | © Ninon Suckow
Realkatalog, Luthersammlung Bd. 1 | © Ninon Suckow
 

Vortrag

„BIBEL – THESEN – PROPAGANDA. Die Reformation erzählt in 95 Objekten“ ist der Titel der Ausstellung, die die Staatsbibliothek zu Berlin bis zum 2. April zeigte. »Es ist der Staatsbibliothek zu Berlin Privileg und Freude, aus der Fülle der eigenen Beständen diese Ausstellung zusammenstellen zu können, die sich ganz und gar auf zentrale zeitgenössische Dokumente der vor 500 Jahren einsetzenden Reformationsbewegung konzentriert«, sagt Barbara Schneider-Kempf, Generaldirektorin der Staatsbibliothek. Wer der damaligen Zeit nahe kommen wolle, so Schneider-Kempf weiter, sollte sich mit den in der Ausstellung  gezeigten handschriftlichen und gedruckten Quellen jener Bewegung befassen, die  Martin Luther mit seinen Werken auslöste und in der Folge die christliche Welt tiefgreifend veränderte.

Anlässlich des Evangelischen Kirchentages vom 24. bis 28. Mai 2017 öffnet die Staatsbibliothek die erfolgreiche Reformationsausstellung erneut.

Vor diesem Hintergrund  freuen sich die Pirckheimer aus Berlin zum Vortrag »SOLA SCRIPTURA« von Andreas Wittenberg einzuladen. Er arbeitet in der Abteilung »Historische Drucke«  der Staatsbibliothek und wird über die Luther-Sammlung der Bibliothek sprechen und damit sicher auch über manchen Druck, der in der Ausstellung zu sehen war.

Auf der Webseite der Staatsbibliothek heißt es über die Sammlung unter anderem: »…In Hinblick auf Qualität und Quantität galt die Luther-Sammlung der Preußischen Staatsbibliothek mit 5.641 Drucken als die größte der Welt. Im Zweiten Weltkrieg vollständig evakuiert, ist ihr Schicksal bis heute ungeklärt. … Die Staatsbibliothek hat es sich jedoch zur Aufgabe gemacht, … Luther-Drucke von besonderer Relevanz erneut zu erwerben und der Forschung zugänglich zu machen. Inzwischen ist die Sammlung wieder auf 900 Drucke angewachsen.«

Die Pirckheimer und ihre Gäste können sich also auf einen interessanten und spannenden Abend freuen.
Gäste sind herzlich willkommmen!

Die Luther-Sammlung der Staatsbibliothek

Die Berlin-Brandenburger Pirckheimer trafen sich im Mai zum zweiten Mal in diesem Jahr in den Räumen der Staatsbibliothek zu Berlin im Haus Unter den Linden. Unter dem Motto »Sola scriptura – allein durch die Schrift« stellte Andreas Wittenberg, Referatsleiter in der Abteilung Historische Drucke die Luther-Sammlung der Staatsbibliothek vor. Erstmalig traf man sich im neuen Konferenzsaal 4, der in dem Bereich des Hauses liegt, der nach umfangreichen Baumaßnahmen nun schrittweise für die Mitarbeiter und nach und nach auch für die Öffentlichkeit zur Verfügung stehen wird.

Über die Sammlung von Lutherdrucken, die in der Berliner Bibliothek im Laufe von Jahrhunderten aufgebaut wurde, zu sprechen – so Andreas Wittenberg – bedeute immer, dass Freude und Leid sehr dicht beieinander liegen. Es sei eine Geschichte von glücklichen Erwerbungen und schmerzhaften Verlusten.

Begonnen hat diese Geschichte schon zu Zeiten des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Die Privatbibliotheken der brandenburgischen Kurfürsten waren 1661 der Gründungsbestand der »Churfürstlichen Bibliothek zu Cöln an der Spree« und enthielten bereits eine kleine Büchersammlung, die aus dem Nachlass von Martin Luther stammte. Diese Bücher waren nach Luthers Tod in den Besitz seines Sohnes Paul gekommen. Dessen Söhne verkauften die Bücher des Großvaters und den medizinischen Nachlass ihres Vaters – Paul Luther war unter anderem kurfürstlich-brandenburgischer Leibarzt – für 1.600 Taler an den Administrator des Erzbistums Magdeburg und späteren Kurfürsten von Brandenburg Joachim Friedrich. Im Laufe der Zeit kamen weitere Lutherdrucke in die Bibliothek, die ab 1701 »Königliche Bibliothek« hieß.

Bibliothek des Freiherrn Karl Hartwig Gregor von Meusebach

Entscheidende Bedeutung für den weiteren Aufbau der Sammlung wurde die Tatsache, dass im 19. Jahrhundert mehrere große Privatbibliotheken erworben werden konnten. Die zweifellos wichtigste davon war die Bibliothek des Freiherrn Karl Hartwig Gregor von Meusebach. Dieser opferte für den Aufbau seiner Bibliothek sein gesamtes Vermögen, so dass nach seinem Tod die Witwe gezwungen war, diese zu verkaufen. Meusebachs Interesse galt vor allem der deutschen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts. Er sammelte zeitgenössische Quellen, historische Einblattdrucke, Flugschriften und natürlich auch Drucke zur Reformation. Nach schwierigen Verhandlungen konnten die 36.000 Bände für die Bibliothek übernommen werden.

Lutherdrucke werden eigenständige Sondersammlung

Als man 1841 damit begann, der Gesamtbestand der Bibliothek neu zu katalogisieren und neu aufzustellen war die Anzahl der zu Luthers Lebenszeit erschienenen Einzel- und Gesamtausgaben so stark angestiegen, dass man sich dazu entschloss, dem Rechnung zu tragen. Im Fach Theologie des »großen Realkatalogs« wurde die Signaturen-Gruppe »Luth.« eingerichtet und die Ausgaben dort chronologisch verzeichnet. Die bisher über den Gesamtbestand verteilten Lutherdrucke bildeten fortan eine eigenständige Sondersammlung.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden auch die Lutherdrucke ausgelagert und wir müssen davon ausgehen, dass diese einmalige Sammlung in den Wirren der letzten Kriegswochen vollständig vernichtet wurde. Einzig der Plakatdruck der 95 Thesen war nicht ausgelagert worden und entging so dem Schicksal der übrigen Drucke. Alle zeitgenössischen Lutherdrucke, die heute im Bestand der Staatsbibliothek vorhanden sind, sind Nachkriegserwerbungen. Im OPAC der Stabi sind wieder mehr als 900 verzeichnet. Daneben ist auch in der großen Portrait-Sammlung der Bibliothek reichhaltiges Material zu Luther und seinen Zeitgenossen zu finden.

Auch wenn die Spitzenstücke wegen der nochmaligen Präsentation der Ausstellung »Bibel, Thesen, Propaganda« aus Anlass des Kirchentages nicht gezeigt werden konnten, präsentierte Andreas Wittenberg eine erstaunliche Auswahl. Der Bogen spannte sich von den eigentlichen Reformationsschriften bis hin zu zu Luthers Auseinandersetzungen mit anderen religiösen Bewegungen und mit dem Bauernkrieg. Den Abschluss bildeten die Bibeldrucke, darunter das berühmte »Septembertestament« und das nicht weniger berühmte »Dezembertestament« mit den Holzschnitten aus der Cranach-Werkstatt.

Ninon Suckow

Staatsbibliothek, Haus Unter den Linden
Eingang Dorotheenstraße 27, Treffpunkt Rotunde
10117 Berlin
Deutschland

Mit
Andreas Wittenberg

Die Abteilung Historische Drucke bewahrt in ihren Sammlungen seltene und kostbare historische Druckschriften für künftige Generationen.
Mit rund 265 000 Bänden handelt es sich hierbei um die umfangreichsten Sammlungen dieser Art in einer deutschen Bibliothek. Darüber hinaus ist die Abteilung für die Erwerbung und Erschließung der zwischen 1501 und 1912 erschienenen historischen Druckschriften verantwortlich.
Quelle: Staatsbibliothek zu Berlin

Zuständige Regionalgruppe
Berlin-Brandenburg