Bildvortrag Paul (Andreas). Weber

Erinnerungstafel für A. Paul Weber in der Mauer vor seinem Wohnhaus in Großschretstaken
Erinnerungstafel für A. Paul Weber in der Mauer vor seinem Wohnhaus in Großschretstaken | © Jan-Herm Janßen | Wikimedia Commons
Werner Schönfeld (r.) würdigte auf Einladung der hallischen Pirckheimer das Schaffen des Künstlers A. Paul Weber
Werner Schönfeld (r.) würdigte auf Einladung der hallischen Pirckheimer das Schaffen des Künstlers A. Paul Weber (1893–1880). | © R. Wege
Zum Vortragsabend über A. Paul Weber trafen sich die Pirckheimer in der Artothek der Stadtbibliothek Halle.
Zum Vortragsabend über A. Paul Weber trafen sich die Pirckheimer in der Artothek der Stadtbibliothek Halle. Dort wurden sie vom Leiter der Regionalgruppe, Dr. Hans-Georg Sehrt (l.), herzlich begrüßt| © R. Wege
Anhand vieler Reproduktionen konnten sich die Gäste ein Bild vom Schaffen A. Paul Webers machen.
Anhand vieler Reproduktionen konnten sich die Gäste ein Bild vom Schaffen A. Paul Webers machen. | © R. Wege
 

Vortrag

Bildvortrag anlässlich des 125. Geburtstages des Graphikers Paul (Andreas). Weber (1893-1980)

Zum 125. Geburtstag von A. Paul Weber 

Der 125. Geburtstag von A. Paul Weber (1893–1880) gab Anlass, das Leben und Schaffen dieses zeitkritischen Künstlers zu würdigen – eine Aufgabe, die Werner Schönfeld, bereits zum wiederholten Male zu Gast bei den halleschen Pirckheimern, gern übernahm und seine Vorliebe für die Weber’schen Bildschöpfungen am 27. März 2018 wort- und bildreich mit den Besuchern des Abends teilte.

Am 1. November 1893 im thüringischen Arnstadt geboren, begann Weber zunächst ein Studium an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Erfurt, das er bereits im Januar 1913 wieder abbrach und seine künstlerische Ausbildung autodidaktisch fortsetzte. Ausgestattet mit technischen Grundkenntnissen und geprägt von einer aus der »Wandervogel«-Bewegung erwachsenen Natur- und Heimatverbundenheit, begann er nun eine Arbeit als selbständiger Gebrauchsgrafiker. Erste Bildbeiträge von ihm erschienen 1912 in den Zeitschriften des »Wandervogels«, anfangs Federzeichnungen, später während seiner kurzen Studienzeit in Erfurt auch Lithografien. Sein Broterwerb als Postkarten-, Plakat- und Reklamemaler endete mit dem Ersten Weltkrieg. Der 20-jährige Weber meldete sich sofort als Freiwilliger: Wie so viele aus der »Wandervogel«-Bewegung war auch er erfüllt von nationalen Ideen. Eingesetzt in einem Eisenbahnregiment an der Ostfront fand seine Begabung schnell Niederschlag als Kriegszeichner und Mitarbeiter der Zeitung der 10. Armee. Es entstanden zahlreiche Zeichnungen und Grafiken zum Soldatenalltag, wobei seine Einstellung zum Krieg noch die eines heldenhaften Kämpfers war, die eine Kritik an den Kriegsschrecken ausschloss. Die weite Verbreitung der Zeitung trug wesentlich dazu bei, dass der Name A(ndreas) Paul Weber bald bekannt wurde.
Nach Ende des Krieges konnte er sich wieder anderen Arbeiten zuwenden, wobei vor allem Exlibrisgestaltungen im Mittelpunkt standen. Rund 170 dieser kleinen Kunstwerke, vorwiegend für Freunde und Bekannte, entstanden in den ersten Nachkriegsjahren. Zunehmend aber rückte die Buchillustration in sein Schaffenszentrum, darunter erste Federzeichnungen zu Hans Sachs (1919), zu Till Eulenspiegel (1921) und zum Simplicissimus. Insgesamt 60 Illustrationsfolgen, in Büchern und Mappenwerken erschienen, sollten es im Lauf seines Lebens werden.

Von großem Einfluss auf sein künstlerisches Werk wurde für A. Paul Weber seine Begegnung mit dem Politiker und Altsozialisten Ernst Niekisch (1889–1967), der linksgerichtete Ideen mit nationalem Gedankengut verband und in diesem Sinne seine Schriften verfasste. Dessen Hauptwerk Hitler – ein deutsches Verhängnis (1932) sowie die von ihm herausgegebenen Zeitschriften Widerstand (1926–1934) und Entscheidung (1932–1933) wurden von Weber mit schonungslosen Federzeichnungen illustriert und buchkünstlerisch gestaltet. Er brachte die Warnung vor einem Unheil, das mit einem Machtantritt Hitlers drohe, unübersehbar ins Bild. Niekisch wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zu lebenslanger Haft verurteilt, und auch Weber musste 1937 einige Monate im Gefängnis verbringen. Doch da er – auch aus Rücksicht auf seine inzwischen sechsköpfige Familie, mit der er seit 1936 bis zu seinem Lebensende in Schretstaken bei Lauenburg lebte – weitere Konfrontationen mit dem Nazi-Regime vermied und auch künstlerische Aufgaben im Auftrag des Reichspropagandaministeriums übernahm, überstand er die Jahre des »Dritten Reichs« ohne größere Einschränkungen in seiner Arbeit. Ein Nazi aber ist A. Paul Weber nie gewesen. Noch im letzten Kriegsjahr wurde er eingezogen und arbeitete als Kartenzeichner im Emsland.

Der Neubeginn nach dem Krieg war schwer. Doch es gelang Weber, eine lange geplante Druckpresse für Lithografien in seinem Haus aufzubauen, so dass er nun auch viele seiner Zeichnungen auf den Stein übertragen und vervielfältigen konnte. Es folgten erste Ausstellungen in Hamburg und Lübeck (1946) sowie anderen Orten. Die meisten seiner Werke nahmen auf Kriegsende und Nachkriegssituation Bezug. Es zeigte sich jedoch bald, dass Webers kritischer Geist auch neuen gesellschaftlichen Problemen, wie Orientierungslosigkeit, Wiederbewaffnung, Kritik an der Kirche und Justiz, später dann die Umweltthematik, nicht auswich. Bekannt wurde sein Kritischer Kalender, den er von 1950 bis 1980, zunächst im Eigenverlag, herausgab – anfänglich ein Abreißkalender mit jeweils zwölf Federzeichnungen, denen er kurze Verse von bekannten Dichtern beifügte, in dem ebenfalls sein kritischer Humor zum Tragen kam. Weber nahm aber auch rein menschliche Schwächen – gern in Tier-Mensch-Vergleichen – in seinen Bildern aufs Korn.

Einen großen Raum in Webers Schaffen nahm wieder die Buchillustration ein, darunter Gottfried August Bürgers Münchhausen (1955), Goethes Reineke Fuchs (1977) und die frechen Francois-Villon-Balladen, die er bereits in einer Ausgabe 1939 schwarz-weiß illustrierte, und zu denen er neue und farbige Bilder schuf, die allerdings erst nach Webers Tod herausgegeben wurden (1982).

Nahezu unübersehbar wurde in seiner zweiten Lebenshälfte die Zahl seiner Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, und noch zu Lebzeiten erfuhr er neben zahlreichen anderen Ehrungen 1973 die Eröffnung eines eigenen Museums, das heute rund 5.000 Arbeiten von ihm, darunter etwa 3.000 Lithografien, beherbergt – das A.-Paul-Weber-Museum in Ratzeburg. Andreas Paul Weber starb am 9. November 1980 in seinem Haus in Schretstaken. Für manchen der Besucher war die gebotene Vorstellung des Künstlers eine Neuentdeckung und gab die Anregung, sich mit diesem Künstler noch intensiver zu befassen. Dank dafür dem Referenten! 

Ute Willer

Artothek der Stadtbibliothek
Salzgrafenstraße 2
06108 Halle (Saale)
Deutschland

Mit
Werner Schönfeld
Zuständige Regionalgruppe
Halle (Saale) und Umgebung