Pirckheimer-Blog

Bernd-Ingo Friedrich

Do, 14.03.2024

Soeben erschien die 252. Ausgabe der "Marginalien", der Zeitschrift der Pirckheimer. | © Katrin Aepler

Marginalien: Heft 252 erschienen

Frisch zur Leipziger Buchmesse und zum morgen anstehenden Tag der Druckkunst auf den Tisch kommt die neue Ausgabe der Marginalien, Heft 252 (2024/1). Üppig ist, was Chefredakteur Till Schröder mit seiner Crew zusammengebaut hat: Um Künstlerbücher und was das denn sei, geht es im Startheft des neuen Jahrgangs, um Shakespeare, Gerd Sonntag, Matthias Gubig, um Abecedarien, um Grandville, antike Kräuterbücher und um Lug und Trug und Hinterlist, aufs Buch beklopft und editorisch besehen. Die Typografische Beilage ist als de facto Sündenregister mit den Letternteufelchen von Typografiegroßmeister Albert Kapr gespickt; und die Originalgrafische Beilage ist in zwei Ausführungen ein Ereignis: Kein Geringerer als der Maître Rolf Münzner, der in je 325 Stücken Schablithografien beisteuerte, um die Ausgaben mit dem Ruch der großen Kunst zu füllen, ist da in den Heften der Mitglieder der Pirckheimer zu finden! Kathrin Nitzschkes Beitrag würdigt den bewegten, schweren Weg von Gert und Alfred Eberlein in und aus der DDR. Das Heft wird beschlossen mit Rezensionen, Pirckheimer-Nachrichten, der Einladung zum Jahrestreffen in Magdeburg (13. bis 15.09.2024) sowie den Nachrufen auf Elke Lang und Bernd-Ingo Friedrich.

(André Schinkel)

Sa, 20.01.2024

Bernd-Ingo Friedrich (2019) | © bei Hagen Schnauss

Bernd-Ingo Friedrich gestorben

Bereits am 09. Januar starb der Autor und Kulturhistoriker Bernd-Ingo Friedrich (1952–2024) in seiner Heimatstadt Weißwasser. Friedrich, der auf ein bewegtes, durch äußere Verwerfungen teils tragisches Leben zurückschaute, galt als ein streitbarer Intellektueller und Bibliophiler sowie als ausgewiesener Spezialist für die Epochen von Aufklärung und Biedermeier – seine Forschungen zu Fürst Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871), Leopold Schefer (1784–1862) und Heinrich Stieglitz (1801–1849) setzten Standards. Ein Teil seiner Exegesen zur Buchkunst erschien auch in Publikationen der Pirckheimer-Gesellschaft wie auch in den Marginalien (dort vorrangig in den ersten anderthalb Jahrzehnten des dritten Jahrtausends). Die Resultate seiner weitgefassten Kultur-Interessen erschienen in den unterschiedlichsten, inhaltlich zum Teil geradezu diametralen Medien.

(André Schinkel/Pressemeldung) 

Sa, 09.01.2021

Alice Kaprolat, die schlesische Spottdrossel, plaudert über Kerfe

Der auch als Autor in den Marginalien schon hervorgetretene Maler, Graphiker, Publizist und Büchermacher aus Leidenschaft Sebastian Hennig empfiehlt sich mit einer reizenden Neuerscheinung.

"Die Herausgabe dieser Gedichtsammlung zu fördern, beweist einmal mehr, daß und wie helle die Sachsen sind. Wenn Sie wollen. Die Dichtungen von Alice Helene Kaprolat (1920–2016) gehören nämlich einer Gattung an, deren Vertreter man gewöhnlich in Anthologien mit so dezent geringschätzigen Titeln wie Lustige Lyrik (Stuttgart 2003) oder Die komischen Deutschen (Ffm 2004) zusammenfaßt. Aber gerade heute hätten die Deutschen viel mehr Humor nötig, als sich aus den rund 500 Jahren ihrer Literaturgeschichte zusammenkratzen läßt. ..."
(aus dem Vorwort, komplett hier)

Alice Kaprolat: Plaudereien über Kerfe. Gedichte.
Mit einer Einleitung von Bernd-Ingo Friedrich und sechzehn Federzeichnungen von Sebastian Hennig.
Auf sechsundneunzig Exemplare limitierter Handpressendruck
gesetzt aus der Petit Candida, am Handtiegel gedruckt auf 120 g Carta Pura
sechsundfünfzig Seiten, 13 x 20 cm
Fadengeheftete Klappenbroschur
Verlag C. C. Meinhold & Söhne Dresden 2020
ISBN 978-3943721-02-7
46 Euro

Do, 26.12.2019

Bernd-Ingo Friedrich 2019, fotografiert von Hagen Schnauss

Umzug Nr. 12 und die Folgen

Hier geht sie hin, da geht sie hin – meine halbe Bücherei: Der polyglotte „Pierer“, Vaters „Brockhaus“ (das „Allbuch“) von 1942, der „DDR-Meyer“, das erbärmliche Lexikon von Bertelsmann. Kindlers Literatur Lexikon. Sämtliche Literaturgeschichten. Zwei Meter Philosophie. Karl Julius Weber. Anderthalb Meter „Bibliothek des 18. Jahrhunderts“. Casanova. Jonathan Swift, Edgar Allan Poe. Mark Twain bis auf Reise um die Welt, Bummel durch Europa, Die Arglosen im Ausland und Der geheimnisvolle Fremde. 28 Bände Herder; Goethe, Schiller, Heine; Treitschke, Ranke, Bismarck, Spengler; Alfred Brehm und Albert Schweitzer. Alle Bändchen „ad libitum“ und die „Erkundungen“. Max Goldt. Rund vier Meter Insel-Bändchen. Vincent van Gogh. Salvador Dali und Leonor Fini. Kunst- und Reiseführer. Erwin Strittmatter außer Der Laden, Arno Schmidt außer Das essayistische Werk zur deutschen Literatur. Und: Alle Regionalliteratur bis auf ein paar Nachschlagewerke, so gut wie alle Sekundärliteratur zum Biedermeier, Sengle inklusive; die Schefer- und die Pückler-Sammlung; über ein Dutzend „Schatzkästlein“, Andachts- und Gesangbücher. Und viele andere mehr. Schluß. Aus. Schnauze voll. Nie wieder umziehen mit Büchern, hatt‘ ich mir geschworen, aber das hab‘ ich dann doch nicht fertig gebracht.

Wenigstens hab‘ ich mir mit meinen Abschaffungen die Rückkehr auf Gebiete abgeschnitten, wo nichts als Ärger auf einen wartet. Geschichte, Regionalgeschichte … – Wozu? Die Sachsen waren, sind und bleiben untertänigst-dämlich, weil sie gar nichts anderes wollen. Schluß. Aus. Schnauze voll. Das Aus lag quasi in der Luft. Der Umzug als Katalysator. Fünf Monate lang habe ich keinen Hirn- und keinen Handschlag für den Geist getan.
Ich schreibe nichts, ich lese nichts, ich bin entsetzlich faul,
ich stopfe bloß noch 4 x täglich mein Schlaraffenmaul.

Das war vor einer Woche, kurz bevor die Vergangenheit in Gestalt des „Hongloumeng“, des großen Romans der Chinesen, mich wieder einholte. Inzwischen ist der Artikel „Wie ‚Die Geschichte vom Stein‘ unter die Räder kam“ fix & fertig; 48.789 Zeichen = 33 Seiten, die im Dezember in „minima sinica“ erscheinen werden. – China …!
Nächst „Stieglitz“ war die vor rund einem Jahr schon beendete Arbeit an diesem Beitrag der letzte Sargnagel für meinen Glauben an die Wissenschaft. Schluß. Aus. Schnauze voll: Ausgaben ohne Ende, Ärger mit Redakteuren, Herausgebern und Verlegern ohne Maß, Einkünfte unter aller Sau. Und bei Mehrkosten von 111,99 Euro monatlich fürs traute Heim zerstiebt die Hälfte meiner „Luftschlösser“ sowieso. Wenn überhaupt, schreib‘ ich künftig nur noch Katzen- oder andere Geschichten, für mich; für Katrin bring‘ ich vielleicht „Venedig“ (ohne Exkurse!) noch zu Ende, und, das Maximum: sollte mich jemand – was aber ganz unwahrscheinlich ist – sehr dazu überreden, würd‘ ich den Briefwechsel zwischen Schefer und Pückler noch edieren. Wär schon schön. Ist ja nun einmal (fast) fertig, das Ganze. Daß es nutzlos wäre, weiß sogar der Kuckuck, denn während ich das hier schreibe, sitzt ein halbes Dutzend älterer Damen am PC und tippt dem impotenten Pückler Heldengeschichten à la Casanova. Traurig. Bald werd‘ ich nicht mehr dran denken und alles wird gut. Die Stereo-Anlage? Die Schallplattensammlung? Schon vergessen. Wer in meinem Alter braucht schon noch Musik im Gegenwert von einigen Monaten Freizeit auf zentnerschwerem PVC? Die schönste Musik gibt’s auch im Netz, jede Menge niemals gepreßte obendrein.
Punktum: der Umzug hat uns gutgetan. Wir haben uns an die relativ niedrigen Decken der kleinen Wohnung gewöhnt; genießen die Ruhe am Ortsrand, frieren nicht ohne zu heizen, und meine Brillen such‘ ich selten. Alles „isi“. Katrin findet die neue Küche „geil“ und blüht darin förmlich auf. Sogar eine Kürbistorte mit Blätterteigboden gab es schon. Ausgewalzt hatte sie den Teig mit einer Flasche: Das Nudelholz hatten wir verschenkt.
Aber im Grunde gibt es kaum etwas, das uns wirklich fehlen könnte. Bis auf die Katze …

(Bernd-Ingo Friedrich, 12.11.2019, nach seinem dritten Umzug seit der Wende, der nach Verkauf erzwungen wurde.)

Mo, 18.03.2019

Mona Höke vor zwei Arbeiten zu Ingeborg Bachmann. Hoyerswerda 2019. © Bernd-Ingo Friedrich

Mona Höke in Hoyerswerda

Mona Hökes Kunst lebt von dem urkindlichen Verlangen nach Stift und Farbe …“ (Jörg Sperling). Die Cottbuserin hat – außer Katalogen – leider noch kein „richtiges“ Buch gemacht. Sie könnte aber. Wie die winzigen Sprachblätter von Carlfriedrich Claus die Vergrößerung gut vertragen, wären Mona Hökes Arbeiten auf Leinwand und Papier auch prädestiniert für die Verkleinerung zur Buchillustration. Oder -bebilderung. Denn seit vielen Jahren experimentiert Mona Höke mit Schrift, Zeichen und kalligraphischen Elementen. Ihre großformatigen und dennoch grazilen Arbeiten lassen sich partiell lesen wie Palimpseste. Mona Hökes Palette reicht dabei von Schwarz-Weiß über Schwarz-Weiß-Rot bis verhalten farbig. Für jeden etwas. Literarisch von Ingeborg Bachmanns Lyrik oder wortmächtigen Zeit- und Raumgenossen wie Hans Scheuerecker (ihrem langjährigen Mentor, vorgestellt in „Hans Scheuereckers Bücher“ von Bernd-Ingo Friedrich im Heft 211 der Marginalien), Kai-Uwe Kohlschmidt und Steve Sabor oder den auswärtigen Seelenverwandten Elke Erb, Johannes Jansen, Bert Papenfuß, Kai Grehn und Kiev Stringl inspirierte Werke sind derzeit in der Hoyerswerdaer Kulturfabrik zu sehen. Zu den ausgestellten Arbeiten auf Papier gehört die von Mona Höke im künstlerischen Dialog mit den oben Genannten erarbeitete Grafik-Lyrik-Mappe „die gunst der woge ist gischt“, bestehend aus 18 Siebdrucken im Format 50 mal 70 Zentimeter, die Thomas „Trümmel“ Lehmann (vgl. ebenfalls Marginalien 211) besorgte. Sie setzen sich in einem „bibliophilen Kopf“ von selbst zu einem Buch zusammen. Japanische Fadenheftung …

(Bernd-Ingo Friedrich.)

Kunstraum XII: Mona Höke (Cottbus): 16.März - 6.Mai 2019

Kulturfabrik Hoyerswerda

Do, 14.03.2019

Hokkei, Stillleben: Ukifune, Abbn. © MKG Hamburg

Surimono?

Surimono (japanisch „Drucksachen“) stellen eine besondere Form des japanischen Farbholzschnitts dar. Der Begriff bezeichnet Grußkarten mit kurzen Dichtungen wie Haiku oder Kyoka, die von Einzelpersonen, Dichtervereinigungen, Unternehmen wie Restaurants oder Theatern in Auftrag gegeben und zu verschiedenen Anlässen an Freunde und Bekannte verschenkt wurden. Im Unterschied zu den handelsüblichen Farbholzschnitten waren Surimono nicht für den Verkauf bestimmt. Produziert wurden sie über einen Zeitraum von annähernd 150 Jahren zwischen 1730 und 1880.

Die Formate der Drucke reichen von kleinen Blättern mit den Maßen 6 x 8 cm bis hin zu Großformaten mit den Abmessungen 36 x 58 cm. Viele der heute noch erhaltenen Surimono wurden in aufwendigen und kostenintensiven Druckverfahren hergestellt, die auch Prägungen, Gold- und Silbereffekte einschließen konnten. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie bei Sammlern japanischer Farbholzschnitte aus Europa und den USA zu begehrten Objekten, seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden sie auch in Japan hoch geschätzt. (Nach: Wikipedia.)

Zu den Künstlern, die sich dieser intimen Graphik widmeten, gehörten beispielsweise Katsushika Hokusai (1760–1849), dessen Einfluß auf europäische Künstler wie Vincent van Gogh, Paul Gauguin, Egon Schiele und Gustav Klimt allgemein bekannt ist; sein Schüler Totoya Hokkei (1780–1850), oder der hier mit einem „in seiner graphischen Gestaltung und seinen Farbkontrasten besonders exquisiten Blatt“ vorgestellte Hokuga Yamadera, von dem man wohl nur weiß, daß er um 1830 bis 1853 tätig war.

Mit dem dreibändigen, im OSTASIEN Verlag in Gossenberg erschienenen Katalog Warten auf das Neujahrslicht werden alle bis einschließlich 2006 in den Bestand des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKGH) gekommenen Surimono vorgelegt. Er führt dem Leser jedes der 173 Einzelblätter und ein Album der Sammlung mit farbigen Abbildungen sowie Übersetzungen und Interpretationen der Gedichte in deutscher und japanischer Sprache vor Augen, erklärt die angewandten Drucktechniken und bettet die Surimono in ihren kulturellen Hintergrund ein. Detailaufnahmen bieten Einblicke in bemerkenswerte Techniken und Arbeitsweisen.

Ein ausführliches Glossar, in dem für das Verständnis der Graphiken und Gedichte wichtige Begriffe aus der japanischen Geschichte, dem Theater, der Fauna und Flora oder anderen Bereichen erläutert werden; Verzeichnisse der Surimono-Künstler und ihrer Siegel; der Dichter sowie der Dichterclubs, in deren Auftrag viele der Surimono entstanden, und deren Marken und Embleme runden die Darstellung ab.

Die Katalogbände werden auf der entsprechenden, informativ verlinkten Webseite des OSTASIEN Verlags in Text und 17 Bildern anschaulich vor- und dargestellt. Hervorhebenswert ist die Rezension in den Hamburger China-Notizen.

Der in dieser Ausführlichkeit und opulenten Bebilderung seinesgleichen suchende Katalog dürfte nicht nur die Liebhaber von Japonica, sondern auch Bibliophile begeistern, die sich dem Sammeln von Gelegenheitsgraphik verschrieben haben.

(Bernd-Ingo Friedrich)

Warten auf das Neujahrslicht. Japanische Grußblätter (Surimono) aus dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Herausgegeben von Ursula Lienert, Hannelore Dreves und Mizuki Wildenhahn. Gossenberg: OSTASIEN Verlag 2011. (Deutsche Ostasienstudien 5.)

Sa, 09.03.2019

Heinrich Stieglitz, ein Denkmal

Bernd-Ingo Friedrich veröffentlichte jetzt bei Arnshaugk, Neustadt den zweiten Teil seiner Forschung zu Heinrich Stieglitz.

Heinrich Stieglitz (1801-1849) gehört zu den Persönlichkeiten, deren Bild sich durch interessengeleitete Wahrnehmung, Deutung und Bewertung schon zu Lebzeiten weitgehend verfestigt hat. Ein solches auf verschlungenen Pfaden tradiertes und durch die Macht steter Wiederholung erstarrtes Bild infrage zu stellen, gehört zu den vorrangigen Aufgaben biographischer Forschung, wie sie sich der Pirckheimer Bernd-Ingo Friedrich bereits zu Gottlob Leopold Immanuel Schefer (1784–1862) und Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) verschrieb.

Der zweite Band des Denkmals für Heinrich Stieglitz ist seinem Werk gewidmet.
In einem ersten Teil werden „Der Dichter Heinrich Stieglitz“, seine Bilder des Orients und die im vierten Band derselben enthaltene Tragikomödie „China“ in Beziehung zur Gesamtheit der deutsch-orientalischen Dichtung des 19. Jahrhunderts gesetzt. Ein Verzeichnis der Publikationen und nachgelassenen Produktionen runden die Bestandsaufnahme ab. Dem Anhang „Heinrich Stieglitz als Texter“ folgt eine ausführlich kommentierte Bibliographie der Vertonungen seiner Gedichte. Der zweite Teil besteht aus rund 90 „Nachklängen“, also „einer kritischen Sichtung und Neubewertung überlieferter Interpretationen und bekannter Quellen“, sowie einer kurzen Zusammenfassung. Ein dritter Teil enthält die Register für beide Bände der Monographie.

Eine Rezension on U.E.G. Schrock erschien in Marginalien, # 229, S. 96f

Friedrich, Bernd-Ingo: Heinrich Stieglitz, ein Denkmal.
Erster Teil: Biographie und Exkurse. Arnshaugk Verlag 2018. ISBN 3-944064-88-7. 58,– €
Zweiter Teil: Anhänge, Nachklänge und Register. Arnshaugk Verlag 2019. ISBN 3-944064-89-5. 58,– €

So, 13.01.2019

Eine kleine Kostbarkeit aus China

Die Verlagsphilosophie des in Gossenberg in Oberfranken ansässigen OSTASIEN Verlags „besteht darin, Bücher herauszubringen, die wissenschaftlich fundiert und daher für Spezialisten von Wert, zugleich aber auch für einen allgemeineren Leserkreis von Interesse sind.“ Eine der zehn Reihen, mit denen die promovierten Sinologen und Verleger Martin Hanke und Dorothee Schaab-Hanke diesem Anspruch gerecht zu werden versuchen, ist die Reihe mit dem programmatischen Titel „Phoenixfeder“ (RPF). Man macht nicht viel falsch, wenn man sie eine bibliophile Reihe nennt, denn mit ihr widmen sich die Verleger trotz bescheidener Mittel auf hohem wissenschaftlichem und ästhetischem Niveau der Veröffentlichung von kulturhistorischen Schätzen aus über 3000 Jahren ostasiatischer Schriftgeschichte und der Gegenwart.

Das vorjüngste, 44. Kind der „RPF“ trägt den Namen Fünfzehn Schnüre Käsch. Eine Novelle aus der Ming-Zeit; nacherzählt von Wang Zhaoqi (geboren 1936), mit Illustrationen von He Youzhi (1922–2016), aus dem Chinesischen übertragen von Jessica Aicher unter Mitarbeit von Rupprecht Mayer. (Weitere Angaben kann die Verlagswebseite vermitteln.) Das Aparte an dieser Ausgabe ist ihre Erscheinungsform, denn die kommentierte, nur 9,2 x 12,5 cm große Übersetzung erschien „im Bundle mit dem [gleich großen] chinesischen Original“.

Das selten gewordene, von den Verlegern auf Umwegen in kleiner Stückzahl erworbene Heft war 1979 im Shanghaier Kunstverlag des Volkes erschienen. Die Verlagsangabe „mit Illustrationen“ ist allerdings etwas irreführend, weil es sich bei den 142 ganzseitigen Zeichnungen um eine Art Comic mit Untertiteln handelt. – Mehr sei hier, an dieser Stelle, über die 159 Jahre vor Schillers Kriminalbericht „Der Verbrecher aus verlorener Ehre“ für eine Anthologie mit dem beziehungsreichen Titel „Sentenzen zur Aufrüttlung der Welt“ niedergeschriebene Kriminalerzählung nicht vorweggenommen. Die beiden (inhaltlich) gewichtigen Bände kosten ja nur 14,80 Euro …

(Bernd-Ingo Friedrich)

So, 30.12.2018

Historische Briefbeschwerer

Die Sammlungen der Pirckheimer sind vielfältig und nicht immer auf Bücher und Graphiken beschränkt. Im Fall von Bernd-Ingo Friedrich umfasst sie auch Briefbeschwerer. Daraus entstand nun das zur Leipziger Buchmesse 2019 erscheinende Buch "Historische Briefbeschwerer - Paperweights aus Brandenburg und Sachsen", in dem erstmalig der Zusammenhang zwischen der Industrialisierung der Lausitz und dem Aufkommen einer Volkskunst thematisiert wird, die bislang noch keine Würdigung erfahren hat. Ein grundlegender Text führt unterhaltsam in das Thema ein, fast 900 farbige Abbildungen machen es zu einer Augenweide.

Verlag Gunter Oettel
21 x 27 cm, Hardcover, ca. 300 Seiten, Farbabbildungen, ca. 24,00 €
ISBN 978-3-944560-49-6

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So, 12.11.2017

Leopold Schefer, um 1860

Einige Dichter, die Marginalien und andere „Organe“

Ich habe im Lauf der Jahre in den Marginalien (seit 2003) und anderswo etliche Artikel veröffentlicht, die zu meinen Bemühungen gehören, Leopold Schefer, Heinrich Stieglitz, Max Waldau und andere zu Unrecht vergessene Dichter in die Literaturgeschichte des Biedermeier zurückzuholen. Sie ergänzen zum Teil die in der Wikipedia unter „Bernd-Ingo Friedrich“ aufgeführten Publikationen, zum Teil auch einander. Mich bekümmert, daß sie so weit verstreut erschienen sind (in den Marginalien z. B. nur das, was sich „bibliophilengerecht“ verarbeiten ließ) und kaum wahrgenommen werden. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf einige interessante Artikel aufmerksam machen, die (leider) nicht in die Marginalien paßten.

(Bernd-Ingo Friedrich)

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Sa, 11.11.2017

„Strömungen II“, 1978
Radierung, 150 x 200 mm
Umschlaggestaltung für Margaret Atwood, Strömung, Leipzig 1979
„Erscheinungen“, 2000
Farbradierung, 122 x 196 mm
Beilage in: Heft 30 der Reihe 24 x 34. Blätter zu Literatur und Grafik
Hrsg. Leipziger Bibliophilen-Abend, Leipzig 2000

Der Zauberer von Dittersdorf: Thomas Ranft

Thomas Ranft wurde 1945 geboren. Damit gehört er ganz und gar der Nachkriegsgeneration an, was einschließt, daß der Vater im Krieg geblieben war. Rechnet man die ersten Jahre der Kindheit als Inkubationsphase ab, ist der wesentliche Teil seiner Biographie auch vollumfänglich die eines DDR-Bürgers. Das Aufwachsen in einer nahezu idyllischen Umgebung, die Zugehörigkeit zur anthroposophisch ausgerichteten „Christengemeinschaft“ Weimars und die Tätigkeit seiner Mutter als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Goethe-Haus am Frauenplan prägten seinen Intellekt und seine Weltanschauung. Eine Schule, sagt Ranft, habe er eigentlich nicht gebraucht. Sechs Jahre Lehre und Arbeit als Landschaftsgärtner in Weimar und Markkleeberg und ein vierjähriges Intermezzo am Arbeitertheater in Böhlen erbrachten einen Grundstock an Lebenserfahrung. Die anschließenden Jahre des Studiums an der Hochschule für Grafik und Buchkunst 1967 bis 72 in Leipzig erwiesen sich als der biographische Volltreffer, und auch die Übersiedlung nach Karl-Marx-Stadt sollte sich als Glücksfall erweisen.

„Am Anfang war die Tat.“ Diesem Goethe-Wort folgend, besetzten die jungen Künstler von Karl-Marx-Stadt energisch den fast noch jungfräulichen Kunstraum der Industriestadt, das heißt: Sie nutzten ihre Chance. Die Anfänge wurden von der Suche nach Gleichgesinnten, unter anderem zu diesem Zweck veranstalteten Plenairs (+ Dokumentationen, auf die ihre Macher besonders stolz zu sein scheinen) sowie organisatorischen Aktivitäten beherrscht. Thomas Ranft wurde zum (Pro-) Motor der Bewegung; Initiator und Mitbegründer der Künstlergruppe „Clara Mosch“ und ihrer gleichnamigen Galerie, Vorstandsmitglied der „Galerie oben“ und später, nach der Wende, Initiator des Vereins „Kunst für Chemnitz e.V.“ Die Inbesitznahme und die mit einem gesellschaftlichen Großereignis für Chemnitz verbundene Bestandssicherung des „Heck-Art“-Hauses wären eine eigene Darstellung wert. Künstlerisch wurde Ranft ein Spiritus rector für Osmar Osten, Steffen Volmer, Klaus Hähner-Springmühl, E. Wolfgang Hartzsch, Wolfram A. Scheffler und den „Hilfs-Mosch“ Klaus Süß. (Vgl. Marginalien 222, S. 4.)

„Ich habe mich in der DDR immer frei gefühlt.“ Die wichtigste Episode im Leben Ranfts und der mit ihm eng verbundenen Künstler Carlfriedrich Claus, Dagmar Ranft-Schinke, Michael Morgner und Gregor-Torsten Schade (kurzzeitig Schade-Adelsberg, heute Kozik) hieß „Clara Mosch“. Der Untergang der von Beginn an weit über Karl-Marx-Stadt hinaus einflußreichen Gruppe war für die Staatsorgane der DDR bald eine fest beschlossene und aufwendig durchgeführte Sache. Um „CFC“ kümmerte man sich nicht. Morgner wurde protegiert, Kozik klandestin als Stasi-Spitzel – der er nie war – denunziert; Ranft sollte als Künstler ignoriert und menschlich korrumpiert werden. Seine Bibliographie in Verstecktes Spiel listet demzufolge, allerdings in einer Auswahl, bis 1989 nur fünf Kataloge auf und ganze dreimal „Weiterführende Literatur“ (Lothar Lang, Wolfgang Hütt, Karin Thomas).

(Bernd-Ingo Friedrich, Auszug aus einem bislang unveröffentlichten Artikel)

Do, 24.08.2017

Heinrich Stieglitz um 1840

Ein „Denkmal“ für den Dichter Heinrich Stieglitz

Von unserem Pirckheimer-Freund Bernd-Ingo Friedrich erscheint voraussichtlich zur Herbstmesse 2017 ein zweibändiges „Denkmal“ für den Dichter Heinrich Stieglitz (Arolsen 1801 – 1849 Venedig).

- Das Erscheinen der Bücher mußte in den Februar 2018 verschoben werden. -

Als die 28jährige Charlotte Stieglitz sich den Dolch, den sie elf Jahre zuvor ihrem Verlobten Heinrich Stieglitz geschenkt hatte, ins Herz senkte, tat sie das in der Absicht, den inzwischen zu ihrem Mann gewordenen, kranken Dichter „durch einen furchtbaren Schmerz, einen ungeheuren Schreck“ von einem vermeintlichen „Wahnsinn“ zu heilen. Damit hatte sie zwar, aus heutiger Sicht, instinktiv das Richtige getan, doch sie hatte nicht mit der kalkulierten Niedertracht gerechnet, die sich ihrer Tat bemächtigen sollte. Tatsächlich führte diese im Weiteren dazu, daß Heinrich in einer einzigartigen, bis heute andauernden Rufmordkampagne sowohl literarisch als auch menschlich vernichtet wurde. Die Biographie Heinrich Stieglitz, ein Denkmal entstand im Ergebnis von über fünf Jahren akribischer Recherche vor allem zur Ehrenrettung des zu Unrecht verfemten Dichters. In einem zweiten Teil werden sein Werk und dessen überwiegend positive Rezeption durch die Zeitgenossen betrachtet. Nicht zuletzt widmet sich die Monographie ausführlich dem allein (und nicht nur!) im Falle Stieglitz nun schon fast 200 Jahre währenden Totalversagen der Literaturwissenschaft.

Acht Exkurse, überschrieben: „Zur Hygiene in Berlin“, „Die Medizin im Biedermeier“, „Vorbilder, Förderer und Freunde“, „Friedrich Wilken und seine Bibliothekare“, „Noch etwas vom Gelde“, „Vom Werden der Bilder des Orients“, „Heinrich Heine, Voß & Co.“, „Das Junge Deutschland“ und „Einiges über den Selbstmord“, weiten die erste (!) präzise recherchierte und daher so umfangreiche Biographie zu einem eindrucksvollen Panorama der Berliner Zustände in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts.

Die Anhänge „Der Dichter Heinrich Stieglitz“, „Die deutsch-orientalische Dichtung“, „Heinrich Stieglitz‘ Bilder des Orients“ und „Heinrich Stieglitz‘ China“ erschließen Stieglitz‘ Hauptwerk, die vierbändigen Bilder des Orients, aus unvoreingenommener Sicht.

Die Kapitel „Heinrich Stieglitz als Texter“ und ein Verzeichnis der „Vertonungen von Gedichten“ widmen sich dem speziellen und besonders erstaunlichen Aspekt der Rezeption zahlreicher Stieglitzscher Dichtungen durch die Musiker.

  • Heinrich Stieglitz, ein Denkmal. Erster Teil: Biographie und Exkurse. Neustadt an der Orla: Arnshaugk Verlag 2018. 540 Seiten mit 4 Abb. Pp. 8°. 58,00 Euro. ISBN 3-944064-88-7.
  • Heinrich Stieglitz, ein Denkmal. Zweiter Teil: Anhänge, Nachklänge und Register. Neustadt an der Orla: Arnshaugk Verlag 2019. 434 Seiten mit 5 Abb. Pp. 8°. 58,00 Euro. ISBN 3-944064-89-5.

Eine Studie Beiläufiges zur Wahrnehmung Chinas ..., die während der Arbeit an dieser Monographie entstand, wurde bereits im Dezember 2016 veröffentlicht. In ihr geht es vor allem um die Überbewertung von Goethes „chinesischen“ Dichtungen im Gegensatz zur völligen Abwertung von Heinrich Stieglitz‘ Tragikomödie „China“ im vierten Band der Bilder des Orients.

Di, 13.12.2016

Beiläufiges zur Wahrnehmung Chinas ...

Bernd-Ingo Friedrich hat sich mit den Sichtweisen von vier sehr verschiedenen Autoren auf die Literatur und Geschichte Chinas in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts befasst. Seine Studie wird am 20. Dezember als Beiläufiges zur Wahrnehmung Chinas in der Literatur des Biedermeier erscheinen. 
 
Sie wurde inspiriert durch die Arbeit des Autors an einer Biographie von Heinrich Stieglitz (1801–1849), deren Erscheinen für den Herbst 2017 vorgesehen ist.
Friedrich bespricht Stieglitz’ umfangreiche Tragikomödie „China“ in dessen Sammlung Bilder des Orients und stellt sie achtzehn „chinesischen“ Gedichten Johann Wolfgang von Goethes gegenüber, welche mit dem Werk von Stieglitz – nach Ansicht des Autors widersinniger weise – gern verglichen werden.
Zu Wort kommt auch der Muskauer Dichter und Komponist Leopold Schefer (1784–1862) und dessen gemeinhin wenig bekannte Novelle „China’s Erretter“.
Indem der Autor die Werke dieser „Außenseiter“ genauer beleuchtet und sie den sowieso Berühmten, allen voran Goethe, gegenüberstellt, kommt Friedrich zu ungewöhnlichen und für Interessierte an der deutschen Chinaliteratur des 19. Jahrhunderts faszinierend neuen Einsichten und Gewichtungen.
 
Bernd-Ingo Friedrich: Beiläufiges zur Wahrnehmung Chinas in der Literatur des Biedermeier. Gossenberg: OSTASIEN Verlag 2016. (Reihe Gelbe Erde 12.) Paperback, 20,5 x 14,0 cm, 143 Seiten mit 14 SW-Abbildungen, € 19,80. ISBN: 978-3-946114-35-2.

Sa, 27.08.2016

Do, 18.08.2016

Klaus Süss, originalgraphische Beilage zu den Marginalien Heft 222

Marginalien 222

Das neueste Heft der Marginalien steht kurz vor der Auslieferung! Für Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft liegt diesmal neben der Schrift von Mark Forsyth "Lob der guten Buchhandlung ..." der Farbholzschnitt "Zwei Schwestern" von Klaus Süß bei, gedruckt von Bettina Haller.
 
Mit dieser Originalgraphik wird auch gleich auf den ersten Artikel verwiesen, Jens-Fietje Dwars schreibt über den Buchkünstler Klaus Süß unter dem Titel "Die Lust am Ausprobieren". Außerdem plaudert Ursula Lang über den Schöpfer von Bilderbüchern Nikolaus Heidelbach, Marc Berger berichtet, "Wie aus einem Kalender eine Ausstellung wurde: Dada ist 100" und Hans Altenhein äußert sich unter dem Titel "Malik oder die lange Zukunft" über die Gründung des Verlages vor hundert Jahren. Der Artikel von Bernd-Ingo Friedrich über Deutsch-Orientalische Bücher wurde hier bereits vorgestellt, des weiteren findet sich eine umfangreiche Darstellung von Thomas Reinecke über "Friedrich Rückert in Schweinfurt".
Carsten Wurm gratuliert Herbert Kästner zum 80. Geburtstag, Rüdiger Schütz zum 80. Geburtstag von Ursula Lang und Hans-Georg Sehrt würdigt das literarische Werk des verstorbenen Umberto Eco.
Selbstverständlich gibt es in Heft 222 auch wieder Rezensionen, Berichte aus der Pirckheimer-Gesellschaft und Nachrichten für den Bücherfreund.
Die Gedichte der typografische Beilage zum Thema Schattenseiten wurden von Jürgen Engler ausgesucht und sie wurde von Matthias Gubig gestaltet.

Übrigens: Das Jahresabonnement kostet 74 € zzgl. Versandkosten - Mitglieder der Pirckheimer-Gesellschaft erhalten die Marginalien kostenlos. Für ein Probeheft senden Sie bitte einfach eine Nachricht.