Black is beautiful: Das ist für Jürgen Meyer Jurkowskis Druckgrafik-Werk ein Bekenntnis zur Nichtfarbe Schwarz. Die StudioGalerie Othmarschen hat den Reiz des Unbunten entdeckt und setzt mit der Präsentation von mehr als 100 druckgrafischen Arbeiten aus dem Œuvre des Hamburgers und Pirckheimer-Freunds der unerbittlichen medialen Farbüberflutung ein lebendiges, beruhigendes Schwarz entgegen. Die Druckgrafik – bis auf wenige Lithografien v. a. Holzschnitte und Radierungen –, ist für Meyer Jurkowski weder stiefmütterlich behandelte Nebenbei-Kunst noch kunstmarktkonjunkturelle Phase, sondern elementarer Bestandteil seiner Arbeit. Sie steht gleichbedeutend neben Malerei, Aquarell und Zeichnung. Etwa 600 Werke, gleichmäßig verteilt auf beide Techniken, die seit den 1970er Jahren entstanden sind, belegen dies eindrucksvoll. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl der letzten Jahrzehnte sowie Bücher mit Originalgrafik, die Jürgen Meyer Jurkowski (JMJ) illustriert, gestaltet und in seiner Edition M & M seit 1998 verlegt hat.
Kunst gegen den Mainstream – Meyer Jurkowskis Themenpalette ist unzeitgemäß – klassisch ergo – breit gefächert: Landschaft (Hamburg, Berge, Irland), Stillleben, Akt/Figur, Porträts (u. a. von Schriftstellern wie Ringelnatz, Karl Valentin) und Tiere (Serie Picassos Tiere). Sowohl im malerischen wie im druckgrafischen Werk von JMJ überwiegen die narrativen Elemente. Es ist eine Art „ins Bildkünstlerische übertragene ‚écriture automatique‘“, eine Melange aus Versatzstücken des Alltags, aus Erinnerungen, Anspielungen, Bildzitaten, in der Banales gleichberechtigt neben Ernstem und Erhabenem stehen können. Spontane improvisierte, unkontrollierte „Bild-Ergüsse“ – zunächst mit dem Bleistift auf Papier festgehalten – sind oft Ausgangspunkt für Druckgrafik oder Malerei. Es gibt meist keine bewusst kalkulierten Bildideen, keine vorgefasste Sinnkonstruktion, sondern eine Hinwendung zum Phantastisch-Grotesken, zum Surrealen – angemischt ist das immer mit einem kräftigen Schuss Scherz, Satire, Ironie und manchmal schwärzestem Sarkasmus. Der Betrachter wird hineingezogen in ein Wechselspiel zwischen Realismus und Rätselhaften.
Zum narrativen Konzept gehört unbedingt die Betitelung der Arbeiten. Sie ist aber keine feste Größe, die eine Interpretationsrichtung für den Betrachter vorgeben wollen. Sie bleiben immer subjektive Andeutung, geben höchstens die Richtung an, wie JMJ sein fertiges Bild am Ende selbst liest. Es kommt vor, dass die Titel später noch – teils mehrfach – geändert werden. Der Kunsthistoriker Friedrich Gross hat die künstlerischen Ambitionen Meyer Jurkowskis ganz gut charakterisiert, als er schrieb: „Verdichtungen in Schwarzweiß formen die lebensgesättigten Striche und Flächen der Grafik Jürgen Meyer Jurkowskis. Deren Ausdrucksspanne reicht von der Bänkelsang- und Volkserzählwelt aus Mythen, Märchen, Großstadtprosa bis hin zu surrealem Überschlag und Alltagsgroteske. Sozialkritische sowie politische Themen behalten neben den Naturdarstellungen und freien Phantasien stimulierende Kraft. Kritische, ironische, satirische Züge geben dieser Schwarzweiß-Kunst Schärfe. Ohne Up-to-date, ja, in betontem Gegensatz zu Kunst-Moden bietet sie mit verständlicher Bildsprache Alltagserfahrungen, -empfindungen des Heute ...“
Inspirationsquelle Literatur – Eine wichtige Inspirationsquelle ist seit 1968 immer wieder die Literatur. So entstanden frühe Illustrationen zu Gedichten von Wolf Biermann, Bertolt Brecht, Hans Magnus Enzensberger, Peter Rühmkorf, Franz Xaver Kroetz und François Villon sowie zu einigen Erzählungen von Siegfried Lenz aus dessen Geschichten-Band So zärtlich war Suleyken. 1988 beginnt die Beschäftigung mit Alexander Puschkins Novellenzyklus Die Erzählungen des verstorbenen Ivan Belkin. 1998 erfolgte die Gründung seiner Edition M & M, in der Bücher mit Originalgrafik erscheinen. Die bisherige Bilanz sind acht Künstlerbücher: Henryk Bardijewski Der Marschallstab, Wolfgang Borchert Die Hundeblume, Johann Peter Eckermann Die Heimath, Paloma Meyer In der Nacht erwacht die Katz …, Frank Schulz Sternzeichen-Fick-Info. „Hausautor“ der Edition ist Alexander Puschkin mit den Erzählungen Der Sargmacher und Der Schneesturm (beide mit Holzschnitten) sowie mit einem Band kleiner erotischer Gedichte (Linolschnitte).
Jürgen Meyer Jurkowski
Helldunkel-Gefunkel im lichten Druckgrafik-Wald.
Radierungen, Holz- und Linolschnitte, Künstlerbücher
20. Oktober bis 26. November 2023,
Öffnungszeiten nach Vereinbarung,
Eröffnung: Freitag, 20. Oktober, 19 Uhr.
Studio-Galerie Othmarschen
Ansorgestraße 19, 22605 Hamburg
Telefon: (040) 5 53 50 06
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(Jürgen Meyer Jurkowski/André Schinkel/Pressemitteilung)